Archiv für den Monat: Juli 2015

Griechenland: Medizinische Versorgung

Brief  von der Fach-Ärztin  Frau Dr. Elisabeth Frank

Wie Ihr sicher wisst, ist das Budget für das griechische Gesundheitssystem massiv gekürzt worden (so z.B.  für das älteste Spital Athens von 19 auf 6 Mill. Euro pro Jahr), dazu kommt, dass bereits etwa ein Drittel der Griechen nicht mehr krankenversichert ist. Leider haben   etliche Ärzte das Land verlassen, um bessere Arbeitsbedingungen in anderen Ländern zu suchen. Die, die geblieben sind, arbeiten unter schwierigsten Bedingungen weiter: lange Arbeitszeiten, wenig Gehalt (wenn überhaupt bezahlt wird). Am schlimmsten für sie ist aber, dass es an nötigen Medikamenten und medizinischen Sachgütern mangelt und sie hilflos zusehen müssen, wie sie Menschen aus diesen Gründen nicht mehr helfen können.

Die Auswirkungen sind drastisch: So steigt etwa die Säuglingssterblichkeit- ein wichtiger Parameter in der Beurteilung der Situation eines „ Entwicklungslandes“-  in Griechenland drastisch an. Die Gründe sind oben angeführt, insbesondere sind viele (werdende) Mütter nicht mehr krankenversichert und können sich die nötigen Untersuchungen und Therapien nicht leisten. Lebenswichtige Medikamente werden rationiert, weil es sie nicht mehr gibt. Durch die vielen Flüchtlinge in Griechenland sind Erkrankungen- wie Kinderlähmung, Tuberkulose…- vermehrt aufgetreten und können mangels Medikamenten nicht behandelt werden… Der Beispiele gibt es viele!

Ich finde es traurig und beschämend, dass wir es  innerhalb Europas nicht  schaffen, für alle Menschen lebensmögliche Grundlagen zu schaffen und die wichtigen materiellen Güter gerecht zu verteilen! Es macht mich auch wütend und erzeugt ein Gefühl der Hilflosigkeit, dem ich aber nicht nachgeben will!

Hingewiesen durch einen Hilfeaufruf der Wiener Ärztekammer bin ich auf die Griechenlandhilfe Österreich gestoßen, die sich intensiv mit den medizinisch schwierigen Bedingungen in Griechenland befasst und aktiv hilft. Ich habe mir die geleistete Arbeit auf der Website angeschaut, mit dem Gründer dieser Initiative, der gerade in Athen ist, und anderen Mitarbeitern telefoniert und bin beeindruckt, wie gezielt und professionell sie die Hilfe anbieten– ein Tropfen auf dem heißen Stein – aber der ist mehr als keiner! Falls es auch euch ein Anliegen ist, Griechenland mit Solidarität zu begegnen- die Griechenlandhilfe Österreich gibt Gelegenheit dazu:

www.griechenlandhilfe.at

 

 

Gutes Tun: Regenwald der Österreicher./4.000 Flüchtlinge in Kirchenquartieren

Hans Högl

Mehrmals wurde versus  „Medienkultur“ der Wunsch herangetragen, über Menschen guten Willens zu berichten.   So informieren  wir über  die wenig bekannte Initiative zur Rettung des Regenwaldes in Costa Rica und fügen daran – nicht ohne Erstaunen –  den großen  Beitrag von Kirchen Österreichs, Asylanten zu helfen.

Verein zur Förderung der Rettung des Esquinas-Regenwaldes in Costa Rica. Naturschutz. Klimaschutz/Artenschutz/Wiederbewaldung/Tropenforschung/Ökotourismus

Der Verein Regenwald der Österreicher, 1991 vom Wiener Musiker Michael Schnitzler gegründet, widmet sich der Erhaltung eines bedrohten Regenwald-Gebietes  in Costa Rica. Ausgehend vom Freikauf von 40 km2 Regenwald und deren Eingliederung in ein Nationalpark umfasst das Projekt mittlerweile auch die Wiederbewaldung von gerodeten Grundstücken, die Anstellung von Wildhütern, den Schutz von Wildkatzen, den nachhaltigen Tourismus und die Tropenforschung.  Die Projekte werden zur Gänze durch Spendengelder finanziert. –Regenwald der Österreicher: Hadrawagasse 16, A-1220 Wien, Österreich  E-Mail: Opens window for sending emailinfo[at]regenwald.at  Telefon: +43(0)1-470 19 35+43(0)1-470 19 3

4.000 Flüchtlinge in Kirchenquartieren

Derzeit leben in Österreich über 4.000 Personen in Grundversorgung in einem kirchlichen Quartier, seit Langem im Missionshaus St. Gabriel bei Mödling.  Außerdem engagiert sich die Caritas österreichweit in der mobilen Flüchtlingsbetreuung für über 10.000 Menschen.  Nicht unerwähnt sei auch die sehr aktive evangelische Diakonie. Die Diözese Eisenstadt plant bis zum Jahresende rund 200 Plätze für Asylwerber in kirchlichen Häusern zur Verfügung zu stellen.  In der Steiermark wurden bisher 580 Quartierplätze   von Caritas, Ordinariat, Pfarren und Orden geschaffen.
Stift Admont schafft Platz für 70 Flüchtlinge. Das Stift Admont kauft das leerstehende Landesschülerheim in Admont und baut es zu einem Asylwerberheim um.   Im September soll die Adaptierung abgeschlossen sein. (Texte aus: Ja. Die neue Kirchenzeitung).

NB. Der Kurier brachte am 18.Juli 2017 den Beitrag „Menschen zuliebe“ von Freiwilligenarbeit in Österreich: 3,3 Millionen Menschen in unserem Land engagieren sich für andere ohne Bezahlung.

 

US-amerikanisches Ehepaar kauft Ländereien in Lateinamerika zwecks Umweltschutz

Hans Högl

Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.  (VACLAV  HAVEL).  – Auch wir von der „Medienkultur“  sind bestenfalls ein sehr kleiner David angesichts der gigantischen Medienwelt,  aber wir sind von der Richtigkeit und der Relevanz unseres Einsatzes überzeugt.

Eine Schlagseite der Medien ist die Konzentration auf Konflikte und negative Erwartungen usw. usw.  Darum  bringen wir ein Positivbeispiel und atypischer Weise von reichen Leuten aus den USA. Unsere Quelle: Die Zeitschrift „Ecos. Die Welt auf Spanisch“, Nr. 2/   2015. Da heißt es: Ein US-amerikanisches Ehepaar kauft Ländereien in Argentinien und Chile und verschenkt sie an deren Regierungen wegen des Umweltschutzes. Es handelt sich um die Fundation Tomkins, die für Umweltanliegen 650.000 Hektar gekauft hat. Die aufgewandte Summe beträgt umgerechnet 240 Millionen Euros.

 

Griechenland: „In der Mangel der Inquisition“

Machtmissbrauch durch Berlin ?

Udo Bachmair

In der öffentlichen wie veröffentlichten Meinung überwiegt die Erkenntnis, dass der konservative deutsche Finanzminister Schäuble gegenüber dem linken griechischen Premier Tsipras besondere Härte und Unnachgiebigkeit an den Tag gelegt hat. Dass Deutschland seine Vormachtstellung in der EU schamlos ausnützen würde, sehen Zeitungskommentatoren allerdings generell nicht so.

Liegt ein Machtmissbrauch Deutschlands vor ? Hans Rauscher beantwortet diese Frage in seinem jüngsten Standard-Kommentar mit „Nein“. Um dann aber gleich abschwächend hinzuzufügen : „Nein,aber“. Denn das Vorgehen Deutschlands in der Griechenlandfrage sei immerhin„hart an der Grenze“. Merkel sollte jetzt „rasch vertrauensbildende Maßnahmen setzen“.

Weniger schaumgebremst auf derselben Standard-Seite unter „Kommentar der Anderen“ ein besonders bemerkenswerter Kommentar des renommierten Zeithistorikers Gerhard Botz. Unter der Überschrift “Griechenland: In der Mangel der Inquisition“ heißt es da u.a. :

„Wir haben eben eine Neuauflage der Inquisition erlebt, noch dazu in ‚Beichtstuhl-Gesprächen‘; dabei haben eine Ex-DDR-Protestantin und ein laizistischer Franzose einem ex-griechisch-orthodoxen Sündenbock für jahrelanges Sündigen seiner Vorgänger die Daumenschrauben angesetzt“

Gerhard Botz weiter:

„Den Griechen sollte als abschreckendes Beispiel für Podemos und andere Kritiker des ungefesselten Finanzkapitalismus das Rückgrat gebrochen werden. Viele europäische Sozialdemokraten haben den Schwanz eingezogen und nicht einmal gewinselt, geschweige denn gebellt“.

Jedenfalls sieht der Historiker und Leiter des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Historische Sozialwissenschaft „die europäische Einheit, wie immer das Griechenlanddrama ausgeht, katastrophal geschwächt“.

Griechenland: Zeitungen der Oligarchen und Feindbilder

Hans  H ö g l

Medienkonzentration ist eine enorme Gefahr für die politische Meinungsbildung. Wählen wir das Beispiel Griechenland. Die wichtigsten Zeitungen sind in den Händen der Oligarchen, der reichsten Familien Griechenlands. Vor einigen Tagen brachten wir dafür die Belege im Detail.  Die Oligarchen vermochten sich  sogar in der griechischen Verfassung mit Zweidrittelmehrheit abzusichern  –  und in den Zeiten der sozialdemokratischen und konservativen Regierungen galt dies, dass sie, die Allerreichsten,  minimale Steuern zahlen mussten und  Profite ins Ausland transferieren konnten.  

Nun fürchten die oligarchischen Familien nichts mehr, als  zur Kasse gebeten zu werden.  Erstaunliches teilte am Donnerstag, den 16. Juli 2015, ein Schweizer Experte im ORF-Morgenjournal mit:  Auch die jetzige griechische Linksregierung hat bisher noch keine Anstalten gemacht,  auf die griechischen Schwarzkonten in der Schweiz zuzugreifen – nach dem Muster der  österreichischen Regierung.

Da bietet sich an,  von den eigenen Verwicklungen der Oligarchen und dem eigenen Verschulden Griechenlands abzulenken und mit unglaublich aggressiven Äußerungen gegen  die Gläubigerinstitutionen zu agitieren und vor allem gegen Deutschland. – Wir können hier nur Bekanntes andeuten,  dass die deutsche Industrie von Griechenland enorm profitierte und dass von den enormen Summen, die an Griechenland überwiesen werden, der größte Teil vor allem an französische und deutsche Banken zurückfließt. Uns geht es hier primär im Sinne von Medienkultur festzustellen, dass griechische Zeitungen anstelle auch eigenes  Mit- Verschulden einzubekennen, extreme Feindbilder aufbauen und darum eine Problemlösung erschweren.

„Krone“ als FPÖ-Organ

Massenblatt verstärkt Stimmungsmache gegen Flüchtlinge

Udo Bachmair

Seit Jahren bereits fällt die größte Zeitung des Landes mit Kampagnen gegen Ausländer unterschiedlicher Herkunft auf. In Glossen und vor allem auf Leserbriefseiten schürt das Kleinformat nun aber immer unverblümter die Stimmung gegen Asylwerber und Flüchtlinge. Bewusst oder unbewusst besorgt die „Krone“ damit auch das Geschäft der Strache-FPÖ.

Das Massenblatt scheint sich dabei gar nicht einmal mehr die Mühe zu machen, auf subtile Weise auf Kopf und Bauch der Menschen einzuwirken. Anti-Flüchtlingspropaganda wird immer offener und plumper auch durch raffinierte Kombination von Bildern und Text verstärkt. Typisches Beispiel die jüngste-besonders viel gelesene-Sonntagsausgabe der Kronen Zeitung.

Unter der Überschrift „Der IS auf dem Weg zu uns“ ist eine Aufnahme zu sehen, auf der Flüchtlinge gerade ihre Zelte ansteuern… Auf dem Bild daneben sieht man ein Schlauchboot voll mit Flüchtlingen auf dem Weg Richtung Europa. Darunter der Satz: „Getarnt als Flüchtlinge werden Islamisten des IS nun verstärkt nach Westeuropa eingeschleust, um noch mehr blutige Zeichen zu setzen“.

Als Quellen des Ängste schürenden Artikels mit dem Untertitel „Wie der Terror nach Österreich kommt“ wird ein anonymer Geheimagent genannt sowie ein ebenfalls anonymer „Insider der heimischen muslimischen Gemeinde“. Beide haben „bestätigt“, dass der IS „den Krieg auch im Westen so richtig zum Ausbruch bringen“ wolle. Jedenfalls wird der Eindruck des Generalverdachts erweckt unter der Devise: Achtung, die meisten der Flüchtlinge sind nichts anderes als getarnte IS-Terroristen, die sich bei uns Schutz erschleichen wollen. Also ganz im Sinne der Propaganda der Strache-FPÖ, die sich über die Gratis-Wahlkampfhilfe die Hände reiben kann.

Ein paar Seiten weiter in derselben Ausgabe des Boulevardblatts eine überraschend direkte FPÖ-Wahlempfehlung des Krone-Kolumnisten Peter Gnam. Im Anschluss an die bewundernde Frage „Wie macht das nur der H.C. Strache?“ erwähnt dessen Sympatisant genugtuend den Vormarsch der FPÖ in Umfragen und merkt an, dass die Wähler sich eben „nichts sagen lassen, bei welcher Partei sie ihr Kreuzerl machen“. Um dann gleich seine leicht nachvollziehbare Empfehlung nachzuschießen: „Wer wählt schon Chaos in der Asylpolitik, Griechenlanddesaster, EU-Versagen usw“. Die Botschaft kommt an: Es gibt also nur eine Partei, die man wählen kann..

Damit nicht genug: Ein paar Seiten weiter lobt der Glossist Michael Jeannee Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl für dessen Koalition mit der FPÖ. Er würdigt ihn als einen, dem „die zornigen Zurufe des großen roten Häupl-Bruders aus Wienherzlich egal sind“. Und Niessl gehöre auch zu denjenigen, die auf das „Geplärre“ gegen die FPÖ „nichts geben“.

Selbstverständlich ist es der „Krone“ unbenommen, sich als Propagandaorgan der FPÖ zu verstehen. Der politisch wache Beobachter fragt sich nur : Warum wird das rechtspopulistische Blatt mit Millionen-Inseraten-Geldern aus dem Umfeld der SPÖ gefüttert ? Wann gehen den Sozialdemokraten die Augen auf über den wahren Kurs der „Krone“, die ihre Politik und Grundsätze klar konterkariert ? Nicht zuletzt Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl selbst wird sich die Frage gefallen lassen müssen: Nimmt er diese Erkenntnisse zur Causa „Krone“ wissentlich in Kauf..?

Griechische Medien: Einseitige Berichte

Vor ein paar Tagen informierten wir über die Pressekonzentration in Griechenland, die zumeist in den Händen von Reedern  und Bauträgern liegt. Nun wird deren Berichterstattung massiv hinterfragt. Die Quelle: Das deutsche Medienmagazin Zapp. Dank an Dr. Öfferlbauer für den wertvollen Hinweis.

Stand: 10.07.2015 16:00 Uhr – Lesezeit: ca.4 Min.

Einseitige Berichterstattung: Rechtliches Nachspiel in Athen

von Daniel Schmidthäussler
Nachdenklich Frau hält auf einer Solidaritäts-Demonstration für Griechenland ein "Oxi" ("Nein")-Schild hoch (3.7.2015). © dpa Fotograf: Kay Nietfeld
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In Griechenland muss vor einer Wahl ausgewogen berichtet werden – daran haben sich offenbar viele Medien nicht gehalten, deshalb wird nun ermittelt.

Die griechische Staatsanwaltschaft und die Athener Journalistengewerkschaft ESIEA haben unabhängig voneinander Ermittlungen gegen die großen privaten Medienunternehmen des Landes aufgenommen. Ihnen wird Parteilichkeit in der Berichterstattung vor dem Referendum am vergangenen Sonntag vorgeworfen.

Hauptkritikpunkt: Im Vorfeld des Referendums sollen die „Nein“-Stimmen in der Berichterstattung deutlich weniger Gewicht erhalten haben als die „Ja“-Stimmen. Das verbietet eigentlich das griechische Wahlgesetz. Wie das Nachrichtenportal „ThePressProject“ schreibt, haben die sechs landesweiten TV-Nachrichtensender insgesamt 8 Minuten und 33 Sekunden von den „Nein“-Protesten berichtet, „Ja“-Demonstrationen seien mit 48 Minuten und 32 Sekunden hingegen überrepräsentiert gewesen.

Nutzung von falschen Bildern, um Angst zu erzeugen

Das spendenfinanzierte Internetprojekt, das sich unter anderem aus vielen Journalisten rekrutiert, die im Zuge der Krise arbeitslos geworden sind, nennt auch konkrete Beispiele für Manipulationen. In einer Reportage im MEGA Channel, Griechenlands größtem Fernsehsender, sei demzufolge behauptet worden, dass die von der Regierung eingeführten Kapitalkontrollen vor den Banken zu kilometerlangen Warteschlangen geführt haben – bebildert mit wartende Menschen in Südafrika, die wohl Jahre zuvor aufgenommen wurden.

Am Wahltag titelten so gut wie alle großen Sonntagszeitungen mit einem großen „Ja“ auf der Titelseite und machten Stimmung gegen die Vorschläge der Regierung.

Die konservative „Kathimerini“ etwa schrieb: „Ja zu Europa, Demokratie und Stabilität.“ In der rechtsliberalen „Proto Thema“ hieß es:

„Nein bedeutet die unmittelbare Kürzung der Spareinlagen, geschlossene Banken und Geldautomaten.“

Dieser Tenor herrschte auch in den Programmen aller privaten Fernsehsender von SKAI über MEGA bis zu ANT1. Für das Nein-Lager setzten sich von den etablierten Medien allein die Syriza-Parteizeitung „Avgi“ und die Pressekooperative „Zeitung der Redakteure“ ein, außerdem der öffentlich-rechtliche Sender ERT, der aber traditionell immer sehr regierungsnah berichtet – unabhängig von der jeweiligen politischen Couleur.

Hintergrund
Griechische Zeitungen hängen an einer Leine.
04:07 min

Griechenland: Tsipras und die Medien-Oligarchen

04.03.2015 23:20 Uhr

Griechenland hat die größte Mediendichte Europas: mehr als 80 Zeitungen, an die 50 Fernsehsender. Doch nun soll für Medienunternehmer ein neuer Wind wehen. Video (04:07 min)

Berichterstattung vor Wahlen muss ausgewogen sein

Dass Medien Stimmung für ihr Lager machen, ist in Hellas an sich nichts Außergewöhnliches. So gehören beinahe ausnahmslos alle Zeitungsverlage und Fernsehsender großen Firmengruppen oder mächtigen Einzelpersonen, die gleichzeitig Baukonzerne, Reedereien sowie Fußballvereine besitzen und ihre Massenmedien nutzen, um in ihrem Sinne Öffentlichkeit zu betreiben. In Griechenland werden sie nur „die Oligarchen“ genannt.

Da im Vorfeld von Wahlen eine unausgewogene Berichterstattung allerdings verboten ist, hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen. Zeitgleich rief die Ethik-Kommission der Journalistengewerkschaft ESIEA die neun wichtigsten Nachrichtensprecher und Nachrichtenchefs zum Rapport, „um sich den Anschuldigungen zu stellen“. In der Pressemitteilung dazu heißt es:

„Statt den uns auferlegten, strengen ethischen Regeln zu folgen, sind leider einige Kollegen, vor allem beim Fernsehen, dazu übergegangen, ihre journalistische Funktion mit unverhohlener Propaganda zu ersetzen.“

Sind die Ermittlungen politisch motiviert?

Weitere Informationen
Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras während eines Interviews mit dem griechischen Fernsehsender ERT am 29. Juni 2015 in Athen. © dpa Fotograf: Alexandros Vlachos
mit Video

ERT nach Wiedereröffnung mit Syriza-Kurs

08.07.2015 23:15 Uhr

Unter der alten griechischen Regierung wurde der öffentlich-rechtliche Sender geschlossen. Der neue Regierungschef hat ihn wieder geöffnet – auch, um ihn für seine Politik zu nutzen? mehr

Die betroffenen Journalisten kritisieren die Ermittlungen stark. Dimitris Kotaridis, ein Journalist des zweitgrößten Fernsehsenders ANT1 und Schatzmeister der ESIEA, sagte der Zeitung „The Age“, die Ethik-Kommission der Gewerkschaft sei von Syriza-Anhängern unterwandert worden. Weil unter den Journalisten keine Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen ERT seien, gehe er davon aus, dass die Ermittlungen „politisch organisiert“ seien.

Auch SKAI-Nachrichtenchef Stamatis Malelis reagiert gereizt auf die Anschuldigungen und wendet sich auf seiner Facebook-Seite direkt an die Partei von Regierungschef Alexis Tsipras:

„An die vielen systemtreuen Parteigänger: Ihr werdet mich nicht zum Schweigen bringen, egal was ihr tut. Keine Macht hat es jemals getan und ihr werdet es auch nicht. Es gibt einen großen Unterschied zwischen uns. Ich habe mein ganzen Leben gearbeitet, während ihr eure Parteisitze gewärmt habt. Ihr verschwendet eure Zeit mit Drohungen. Ich knicke nicht ein. Wer Argumente hat, hier bin ich!“

Der Rundfunkrat ermittel ebenfalls

Die Journalistengewerkschaft ist mit ihrer Kritik allerdings nicht alleine. Der Nationale Rundfunkrat (ESR) beklagt ebenfalls die unausgewogene Medienberichterstattung. Die Behörde ist gemäß der Verfassung Griechenlands für die Kontrolle, Einrichtung und Bewertung von Hörfunk und Fernsehen verantwortlich. Zur weiteren Untersuchung sind die Sender nun aufgefordert, ihr komplettes Programm der letzten sieben Tage vor dem Referendum beim ESR einzuschicken. Der Verdacht besteht ferner, dass noch am Wahltag gezielt Stimmung für ein Lager gemacht wurde – auch das ist laut den gesetzlichen Grundlagen in Griechenland nicht erlaubt. Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen aufgenommen.

Zoi Konstantopoulou, Mitglied der Syriza-Partei und zurzeit Parlamentspräsidentin, kündigte ihrerseits an:

„Es ist die Pflicht des griechischen Parlaments, die griechische Republik zu verteidigen und dazu Maßnahmen zu ergreifen, die sicherstellen, dass Verletzungen des Wahlgesetzes nicht ungestraft bleiben.“

Die „Bild-Zeitung“ macht in ihrer Ausgabe vom 9. Juli daraus „Syriza will offenbar gegen kritische Journalisten vorgehen“, aber das ist eine andere Geschichte.

Geldstrafe zu erwarten, Wahlschlappe schon kassiert

Sollten die Ermittlungen der Staatanwaltschaft sich bestätigen – und danach sieht es aus -, werden voraussichtlich lediglich Geldstrafen verhängt. Das wäre in Griechenland nicht das erste Mal, geändert hat das aber bisher wenig. Vor dem Hintergrund, dass die griechischen TV- und Radio-Sender schon seit Jahrzehnten ohne offizielle Lizenz ihr Programm ausstrahlen, sind auch diesmal keine weiteren Konsequenzen zu erwarten.

Allerdings hat sich, das hat das Referendum eindeutig gezeigt, die griechische Bevölkerung nicht von der Meinungsmache beeinflussen lassen. In keinem Wahlkreis des Landes gewann am Sonntag das „Ja“-Lager. Der jahrelange Missbrauch der journalistischen Organe als Sprachrohr der Oligarchen hat deren Glaubwürdigkeit stark beschädigt und letztlich deren Einfluss entscheidend geschwächt.

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Reich, jung und schön. Bombardement mit TV-Bildern

„In den USA, eigentlich in der gesamten westlichen Welt,  werden wir dauernd mit Bildern bombardiert, die uns an unsere Unzulänglichkeit erinnern. Das schädigt unsere Gesellschaft, denn alle, die nicht reich, jung und schön sind, und das sind die meisten, werden zwangsläufig verunsichert.   Bret Easton Ellis (Zitat in: Brennstoff Nr. 37  2014, p.7. Empfehlenswerte Zeitschrift von GEA/ Herausg.: Heini Staudinger).

Griechenland: Solidarität statt Demütigung

Ökonomen und Vertreter christlicher Kirchen für Solidarität mit Griechenland

Udo Bachmair

Und es gibt sie doch: Alternative Stimmen zum weithin antigriechischen journalistischen Eintopf. Stimmen, die nicht ständig griechische Unfähigkeit und Kompromisslosigkeit brandmarken, sondern Stimmen, die – ökonomisch, sozial und humanitär begründet -Solidarität mit Griechenland bekunden.

In der hiesigen Öffentlichkeit wird das Bild einer inkompetenten griechischen Regierung aufgebaut. Es liege ausschließlich an Athen, sich in der „Schuldenkrise“ zu bewegen. Doch selbst renommierte Ökonomen argumentieren, dass die Krisenpolitik der EU versagt habe.

Nobelpreisträger Joseph Stieglitz von der Columbia University in New York stellt in einer Analyse für den STANDARD fest, dass die Politik der Troika (der „Institutionen“) von Beginn an keine solide Grundlage hatte. Stieglitz zeigt sich überzeugt, dass die griechische Regierung mit ihren Vorschlägen den Forderungen ihrer Gläubiger sehr entgegengekommen sei. Doch, meint Stieglitz, es gehe gar nicht ums Geld :

„Es geht darum, Griechenland mittels Deadlines dazu zu bringen, sich zu unterwerfen und das Unakzeptable zu akzeptieren – nicht nur Austeritätsmaßnahmen, sondern auch andere repressive, strafähnliche politische Strategien“.

Für die Nichtsolidarisierung von EU- Politik und Medien mit Griechenland sieht Stieglitz u.a. folgenden Aspekt:

Viele europäische Spitzenpolitiker wollen erleben, wie die linke Regierung von Premierminister Tsipras scheitert. Schließlich ist es unerfreulich, in Griechenland eine Regierung zu haben, die allen Formen von Politik, die die so viel dazu beigetragen haben, die Ungleichheit innerhalb so vieler fortschrittlicher Länder zu vergrößern, entgegentritt; und die so bestimmt auftritt, die entfesselte Macht des Reichtums zu drosseln“.

Nach dem überwältigen Referendums-Nein der Griechen zu weiteren von der EU verordneten Sparauflagen haben mehrere deutsche Ökonomen einen offenen Brief an Kanzlerin Merkel gerichtet. Darin wird die mächtige EU-Politikerin aufgefordert, das „Spardiktat“ noch einmal zu überdenken:

„Wie von den meisten vorhergesagt, haben Europas finanzielle Forderungen die griechische Wirtschaft zu Fall gebracht, Massenarbeitslosigkeit und den Zusammenbruch des Bankensystems verursacht und die externe Schuldenkrise deutlich verschärft. Die Schulden sind auf unbezahlbare 175 Prozent des Bruttoinlandsprodukts angestiegen. Die Wirtschaft liegt nun am Boden, Steuereinkommen sinken im Sturzflug, Leistungs- und Beschäftigungszahlen sind niedrig und Unternehmen mangelt es an Kapital.

Die humanitären Auswirkungen sind kolossal: 40 Prozent der Kinder leben nun in Armut, die Säuglingssterblichkeit ist in die Höhe geschossen und die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei fast 50 Prozent. Korruption, Steuerflucht und falsche Buchführung der Vorgängerregierungen in Griechenland haben zu diesem Schuldenproblem beigetragen. Doch die Griechen haben ihre Sparpolitik befolgt – sie haben Gehälter, Regierungsausgaben und Renten gekürzt, privatisiert, dereguliert und die Steuern erhöht“.

Solidarisch mit Griechenland erklären sich auch zahlreiche christliche Stimmen aus Österreich, die kaum Eingang in unsere Medien finden. Daher im Folgenden eine kleine Auswahl:

Michael Bünker, Bischof der Evangelischen Kirche A.B., Generalsekretär der Evangelischen Kirchen in Europa:

„Wir warnen seit Jahren davor, dass die Sparpolitik zu Lasten der sozial Schwachen geht. Heute sehen wir die desaströsen Folgen, die eine solche Politik hat. Die Menschen in Griechenland müssen es am eigenen Leib erleben“.

Thomas Hennefeld, Landessuperintendent der Evangelischen Kirche H.B. in Österreich:

„Mit großer Sorge blicke ich auf Griechenland…Die Austeritätspolitik der europäischen Institutionen und anderer internationaler Geldgeber hat vor allem die ärmeren Menschen in Griechenland in eine immer ausweglosere Situation gebracht.“

Jussuf Windischer, Generalsekretär von Pax Christi Österreich :

„Mit Erschrecken verfolge ich die Unbeugsamkeit einer EU-Finanzpolitik, die Griechenland ohne Perspektiven belässt. Die Auflagen und Bedingungen drohen die griechische Bevölkerung in noch größere Armut, ja sogar ins Elend zu treiben“.

Adalbert Krims, Journalist, Vorsitzender Aktion Kritisches Christentum (AKC):

„Die Situation in Griechenland in den letzten Jahren ist der Beweis für die Richtigkeit der päpstlichen Worte „Diese Wirtschaft tötet!“. Griechenland, die Wiege der europäischen Demokratie, kann heute wieder eine führende Rolle für Europa spielen, wenn es das Diktat der Austerität ablehnt“.

 

 

 

 

Griechenland als Opfer von Politik und Medien ?

Anti-Griechenland-Mainstream provoziert Gegenöffentlichkeit

Udo Bachmair

Nun ist eingetreten, was die meisten Journalisten und Politiker offenbar überrascht hat: Ein klares Nein der Griechen zu weiteren von der EU verordneten Sparvorgaben. Überrascht hat das Ergebnis hingegen jene nicht, die die Lage der von den Sparmaßnahmen schmerzlich betroffenen Bevölkerung richtig eingeschätzt haben. Die Kürzungen haben die schwächsten Bevölkerungsgruppen schon bisher am stärksten zu spüren bekommen. Und mit weiteren empfindlichen Einschnitten sollten sie noch weiter in die Armut getrieben werden. 4 von 10 Kindern leben in Armut, die Jugendarbeitslosigkeit ist auf annähernd 50 Prozent gestiegen.

„Griechenland soll sich endlich bewegen und den Reformen zustimmen“, tönt es unterdessen unermüdlich aus Brüssel. Aber wo und wohin soll sich ein ausgeblutetes Land überhaupt noch bewegen können ?

Ungeachtet solcher Überlegungen wird Griechenland-Bashing in vielen deutschen und österreichischen Medien ungehindert fortgesetzt. Und wie im Falle des Ukraine-Konflikts dominiert auch in der Causa Griechenland undifferenzierter Mainstream unter der Devise „Die Griechen sind schuld an der Misere“. Boulevard und Qualitätsmedien werden einander auch in dieser komplexen Frage in ihren Kommentaren immer ähnlicher…

Aus diesem Grund im Folgenden einige Stimmen der Gegenöffentlichkeit zur Griechenlandfrage :

Stephan Schulmeister auf Facebook :

Habe mir gerade das von Sozial- und Christdemokraten der Eurogruppe als „großzügig“ bezeichnete letzte Angebot an Griechenland angesehen, daraus nur die beiden konkretesten Punkte: 1) Im Juli muss die MWSt so stark erhöht werden, dass zusätzlich 1% vom BIP pro Jahr rausspringen – hauptbelastet: die Schwachen. 2) Das Pensionssystem ist so zu adaptieren (z. B. durch Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge um 50%), dass wieder 1% vom BIP pro Jahr rausspringen – hauptbelastet sind die Schwachen (die meisten Pensionen liegen schon jetzt unter der Armutsgrenze). Ihr führenden Sozial- und Christdemokraten seid nicht mehr befähigt, die Lage der Betroffenen Eurer Maßnahmen wahrzunehmen. Es ist Eure Unfähigkeit zu anteilnehmendem Denken, die denen den Weg bereitet, die Anteilnahme spielen.

Sogar in der konservativen Springer-Zeitung DIE WELT kann man so etwas lesen:

Gleich drei von Amerikas prominentesten Wirtschaftswissenschaftlern haben die Griechenland-Politik der EU und speziell von Deutschland scharf kritisiert. Jeffrey Sachs, Paul Krugman und Barry Eichengreen zeigten sich entsetzt über die „inkompetente Politik“ in Brüssel und Berlin. Alle drei veröffentlichten am Wochenende Artikel, in denen sie der Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) die Hauptschuld an der Krise in Griechenland gaben.

http://m.welt.de/wirtschaft/article143285340/US-Oekonomen-empoeren-sich-ueber-Europas-Inkompetenz.html

Und auf Spiegel-Online stellt Jakob Augstein fest:

„Es kann keinen Zweifel geben: Tsipras soll aus dem Amt gedrängt werden. Er ist der einzige, der sich dem Dogma der Austerität entgegenstellt. Er kämpft gegen eine Politik, in deren Folge die Ungleichheit in vielen Ländern zugenommen hat. Seine Regierung hat sich vorgenommen, die zügellose Macht des Geldes einzuhegen. Kein Wunder, dass der Mann ein Balken im Auge des neoliberal beherrschten Kontinents ist.“

http://www.spiegel.de/politik/ausland/augstein-zu-griechenland-nein-zum-referendum-kolumne-a-1041705.html

Die deutsche Zeitung „Der Freitag“ schlagzeilt :

Im Dschungelcamp der deutschen Medien

Eine Kolumne von Georg Diez

Kein Unterschied, ob „Bild“, „Zeit“ oder ARD: In den deutschen Medien schwingen sich Journalisten reihenweise zu pöbelnden Parteigängern auf, statt Fakten und Analysen zur Griechenlandkrise zu bringen.

Es ist wir gegen die. Es ist Vernunft gegen Wahnsinn. Es ist eine „griechische Tragödie“. Es geht um „unser Geld“ (Anja Kohl), es geht um „unsere Leute“ (Sigmar Gabriel). Es ist Showdown, und die Waffen werden gezückt: Das „Handelsblatt“ zeigt Alexis Tsipras, der sich die Knarre an den Kopf hält, und findet, dass das noch Journalismus ist.

Viele fallen gerade aus der Rolle, viele zeigen ihr wahres Gesicht. Das ist so ziemlich das einzig Gute an dieser mal wieder desaströsen Woche im Dschungelcamp der deutschen Medien.

Anja Kohl zum Beispiel. Eine Frau, die seit Jahren nichts anderes tut, als dem Dax das Händchen zu halten, wenn es ihm mal nicht gut geht, und den Finanzkapitalismus anzufeuern, der im Kern die Ursache der Griechenlandkrise überhaupt ist. Griechenland als Opfer von Politik und Medien ? weiterlesen