Archiv für den Monat: März 2016

Politik der kalkulierten Angst

Flüchtlinge: Kirchen trotzen Rechtspopulismus

Udo Bachmair

Der rechte Zeitgeist scheint Österreich besonders stark erfasst zu haben. Rechtspopulistische Positionen sind weitgehend salonfähig geworden. Im Medienbereich am konsequentesten aufbereitet hat den Boden dafür die Kronenzeitung. Sie hat jüngst ganz unverblümt eine Wahlempfehlung für die FPÖ abgegeben: „Her mitder FPÖ“ – so war eine Glosse von Peter Gnam in der besonders weit verbreiteten Sonntagsausgabe des Massenblatts überschrieben. Die „Krone“ wirbt seit Jahren in diversen Kommentaren sowie durch einseitige Auswahl von Leserbriefen für Meinungen und Haltungen, die Werten wie Humanität, Empathie, Solidarität diametral entgegenstehen. Werte, die (früher) auch Sozialdemokraten vertreten (haben). Diese haben sie rund um die Flüchtlingskrise jedoch weitgehend verraten.. Aus der Angst heraus, weiteres Stimmenpotential an die Rechtspopulisten zu verlieren. Viele in der SPÖ durchschauen nicht, dass ihnen diese „Strategie“ politisch nichts bringen wird..

Unbeirrt ihren Grundsätzen verpflichtet erscheinen hingegen die Kirchen. Sie konterkarieren am klarsten den weiter um sich greifenden Rechtspopulismus, dessen Grenzen zu reinem Rassismus nicht selten verschwimmen, wie u.a. die zahlreichen Hasspostings im Internet belegen.. In zahlreichen Stellungnahmen zur Flüchtlingsfrage lassen Kirchenvertreter keine Zweifel an Menschlichkeit und Nächstenliebe. Die Flüchtlingspolitik der Regierung mit den Hauptmerkmalen „Grenzen dicht“ und „Festung Europa“ betrachten die Repräsentanten christlicher Kirchen, aber auch Grüne, Linke und Hilfsorganisationen als extrem inhuman.

Die Haltung der Kirchen sei an kurzen Auszügen diverser Statements der letzten Zeit dokumentiert:

„Im Gegensatz zu europäischen Werten sehen wir Akteure, die fremdenfeindliche Ressentiments schüren, missgünstige Gerüchte über Flüchtlinge verbreiten – nicht zuletzt um davon im politischen Wettbewerb zu profitieren. Eine solche kalkulierte Politik der Angst lehnen wir mit aller Entschiedenheit ab.“ (Gemeinsame Erklärung von 50 katholischen und evangelischen Theologen)

„Eine humane Lösung des Flüchtlingsproblems ist nur möglich, wenn in Europa das Prinzip der Solidarität in den Mittelpunkt gestellt wird“ (Ökumenischer Rat der Kirchen in Österreich)

„Griechenland mit den hohen Flüchtlingszahlen alleine zu lassen, ist ein unfairer Akt und keine Lösung“ ( Metropolit Arsenios)

„Ich glaube, dass die Gesellschaft vor die Hunde geht, wenn wir uns von der Fähigkeit des Mitgefühls abschneiden“ (Evangelisch-lutherischer Bischof Michael Bünker)

„Es ist beschämend, dass es in der Flüchtlingsfrage keinen europäischen Konsens gibt. Das Schließen der Balkanroute ist einseitig erfolgt, ohne Griechenland und Deutschland. Das halte ich für einen Akt mangelnder europäischer Solidarität“ ( Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn ).

„Die derzeitige Asylpolitik der meisten EU-Staaten, darunter Österreich, ist die systematische Zerstörung eines gemeinsamen Europa. Sie geschieht unter dem höhnischen Beifall nationalistischer und rechtsextremer Kräfte, und dafür klopfen sich christdemokratische und sozialdemokratische Politiker auch noch selbst auf die Schulter“ (Gerda Schaffelhofer, Präsidentin der Katholischen Aktion Österreich)

 

 

Hoffnung: Norwegens Verbot von Benzin- u. Dieselautos

Hans Högl.  Eine Glosse

Diese Tage erschüttern uns die Attentate in Brüssel. Pausenlos erfahren wir Neues, Vordergründiges, fast nie   d e n   Hintergrund,  warum der Islamische Staat als  „böse Mutter“  diese Terroristen gebar: nämlich,  weil die so „siegreiche“ US-Armee aus Gier nach Erdöl   im Irak ein Chaos hervorrief und dann eine riesige Zahl von irakischer Soldaten und von Offizieren, die unter Saddam Hussein dienten  – mit voller Bewaffnung – entlassen hat. Und nun führen diese Entlassenen, arbeitslosen Soldaten,, Offiziere und Generäle Kriege, stiften vielfach Unruhen  und sind   A n l a s s  für Attentate quer durch Europa.

Ein spanisches Sprichwort warnt uns mit den Worten: Es ist gefährlich, mehr Sterne zu sehen, als vorhanden sind. Peligroso es ver más estrellas de las que hay.

Ich entdeckte aber heute eine winzige,  hoffnungsvolle Meldung: Das erdölreiche Norwegen plant als erstes Land der Welt Benzin- und Dieselautos zu verbieten. Ab 2025 sollen nur noch Elektroautos verkauft werden. So sieht es ein nationaler Plan vor. Norwegen löst dies ein, was der Klimavertrag von Paris vorsieht, nämlich bis 2050 will die Regierung den gesamten Verkehr erdölfrei gestalten.  (Wiener Zeitung, 24.3.2016, p. 6, rechts unten. Gerade noch hat diese Meldung als Schlusslicht ein Plätzchen gefunden!) Wieviele Menschen werden diese Tage diese erstaunliche Meldung  wahrgenommen haben? 

 

 

Film „Spotlight“: Investigativer Journalismus von „Boston Globe“. 7 Jahre nach „profil“.

Hans Högl

Mit Beklemmung sah ich diesen spannungsgeladenen Film. Es ist ein Spielfilm mit wahrem Hintergrund.  Er demonstriert hervorragend, was gründliche journalistische Recherche ist. Er ist ein  Exempel für investigativen Journalismus, der heute Seltenheitswert hat. Im Folgenden greife ich Texte der Pfarrzeitung „Ja“ auf, redigiert von Pater Udo Fischer (Paudorf).  Dieser weist darauf hin, dass „Profil“ Kardinal Groers Missbrauch  sieben Jahre vor „Boston Globe“ aufgedeckt hat.  Der Herausgeber drohte, das Profil-Team zu entlassen,   wenn der Sachverhalt des Missbrauchs nicht zuträfe.  

Reaktion der US-amerikanischen Kirche zum Film „Spotlight“
Der Erzbischof von Boston, Kardinal Sean Patrick O´Malley, befand, dass „Spotlight“ zeige, wie die Zeitungen die Kirche dazu brächten, sich mit beschämenden Dingen zu konfrontieren. Radio Vatikan  empfand den Film als „ehrlich“ und „dringend“ und erklärte, dass er  der katholischen Kirche in den Vereinigten Staaten helfe, ihre Sünden zuzugeben und die Konsequenzen dafür zu tragen.

Die Handlung
Die Tageszeitung „The Boston Globe“  bekommt im Jahr 2001 mit dem Journalisten Marty Baron einen neuen Herausgeber. Dieser liest in einem kleinen Abschnitt der Zeitung über den pädophilen Priester John Geogham und Kardinal Bernhard Law, den Erzbischof von Boston, welcher von Geoghams sexuellem Missbrauch von Kindern wusste, jedoch nichts dagegen tat. Aufgrund der Vermutung, dass dieser einzelne Fall einen Hinweis auf ein ganzes System von Missbrauch geben könnte, drängt er sein hauseigenes Investigativ-Team „Spotlight“ dazu, die Sache weiter zu erforschen.

Das nur vierköpfige Spotlight-Team beginnt, den Skandal  nach und nach aufzudecken.  Es bringt in Erfahrung, dass das Erzbistum von den Taten gewusst und sie regelmäßig durch Versetzung des Täters vertuscht hatte, durch Geld das lebenslange Schweigen der Opfer erkauft und damit auch einen Gerichtsprozess vermieden hatte, und schließlich die gerichtlichen Akten hierzu aus dem Gerichtsarchiv hatte auslagern lassen. Geogham hatte 130 Kinder missbraucht.
Nach  Tagen ausgiebiger Recherche ist eine Liste von 87 Priestern zusammengestellt, die mehrere Male nacheinander nach jeweils nur ein paar Jahren in eine andere Gemeinde versetzt worden waren.
Das Team versucht nun, den Verdacht zu überprüfen, indem es mit den Opfern Kontakt aufnimmt. Opferanwalt Mitchell Garabedian erwirkt gegen den Einspruch der Kirche, dass dem Journalisten Michael Rezendes aus dem Spotligh-Team Dokumente aus einem der früheren Verfahren zur Verfügung gestellt werden müssen. Diese bestätigen, dass Kardinal Law persönlich über den Missbrauch informiert war und ihn wissentlich ignorierte.
Der Artikel des Spotlight-Teams wird Anfang 2002 gedruckt und beinhaltet neben der Aufklärung der sexuellen Missbräuche und deren Vertuschung durch die römisch-katholische Kirche eine Telefonnummer, an welche die Leser sich wenden können. Am nächsten Morgen wird das Spotlight-Team von Anrufen weiterer Missbrauchsopfer geradezu überflutet.

Dieser Film sollte auch von öffentlichen Stellen – z.B. von Verantwortlichen der Stadt Wien – gesehen werden. Denn auch da wurde Vieles bis Heute vertuscht  (Fälle in einem Heim).   Und von der progressiven Odenwaldschule in Deutschland war in Österreich wenig zu erfahren. Und die größte Anzahl von sexuellem  Missbrauch ereignet sich im Umfeld der Verwandtschaft.

Friedensbewegung in ORF. In: Mediathek!

Hans Högl

Am Dienstag, 29. März 2016 ab 11.50 wurde die Gründonnerstag- Sendung „Vom Schauplatz“ von ORF II  über die Wiener Friedensbewegung wiederholt und kann über die Mediathek wohl noch abgerufen werden.  Titel:  Ein bisschen Frieden.

Diese  Sendung widerlegt ein wenig, dass vor allem ORF-Fernsehen generell  scheut, über bestimmte  Initiativen (NGOs) zu berichten.  Den Verdacht wird man nicht los.   

Zum Film: „Die Welt ist schlecht, aber was kann ich schon ändern?“ Diesen Satz
hört man oft, wenn es um Politik geht. Und dennoch gibt es immer noch
Menschen, die glauben, dass sich der Kampf für das Gute lohnt. Und dass
es keine verlorene Zeit ist, für den Frieden, für Frauenrechte, gegen
Atomkraft oder für offene Grenzen auf die Straße zu gehen. Manche von
ihnen, wie die Wiener Friedensaktivisten Alois Reisenbichler und Sonja
Jamkojian tun das seit Jahrzehnten. Dass die Umwelt sie bisweilen als
blauäugig und ‚Berufsdemonstrierer‘ verspottet, kann ihnen nichts
anhaben. „In der Welt würde nur noch Hass und Gewalt regieren, hätten
wir nicht für das Gute gekämpft“, sind sie überzeugt.

http://tvthek.orf.at/program/Am-Schauplatz/1239/Am-Schauplatz/12232611

Flüchtlingsdrama: Grenzen und Herzen dichtmachen ?

Vermehrt Stimmen gegen unmenschliche Flüchtlingspolitik

Udo Bachmair

Ordnung, Ordnung, und immer wieder Ordnung: Sie hat der Sozialdemokrat(?) Werner Faymann in der sensiblen Flüchtlingsfrage offenbar zum Programm erhoben. In einer ganzen Stunde Faymann in der TV-Sendung „Im Zentrum“ hat man vergeblich auf Worte wie Menschenrechte oder Not Schutzsuchender gehofft. Auch Empathie entpuppte sich weitgehend als Fremdwort…

Anders hingegen Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel, die ihren pragmatischen Anspruch an die Herausforderungen der „Flüchtlingskrise“ auch immer wieder mit (protestantisch-)christlich fundierter Haltung und Gesinnung verknüpft.

Beherzt auch Kardinal Christoph Schönborn, für den es unabdingbar ein „heiliges Recht auf Asyl“ gibt. So wurde er in der jüngsten ORF-„Pressestunde“ nicht müde, Humanität und Nächstenliebe einzumahnen. Damit ging der Kardinal nicht nur auf deutliche Distanz zum Boulevard und zur größten Oppositionspartei, sondern auch zur Asylpolitik der Regierung. Diese bürde nun Griechenland allein die Bewältigung einer humanitären Katastrophe auf.

Und es gibt sie vereinzelt gottlob doch auch noch : Zeitungsjournalisten, die den Mut aufbringen, gegen den Stammtisch- und Boulevard-Mainstream in der Flüchtlingsfrage anzuschreiben. Wie jüngst Josef Votzi in einem KURIER-Kommentar :

„Werner Faymann und Reinhold Mitterlehner liefern sich einen peinlichen Schaukampf, wer schneller auf Distanz zu Angela Merkel geht. Es gibt aber auch hierzulande immer mehr Menschen, die keine Lust haben, ihr Herz und Hirn an alte oder neue Populisten zu verschwenden.

Sie sind dankbar für jede ernsthafte Auseinandersetzung mit der Schlüsselfrage im Flüchtlingsdrama: Wie schaffen wir es, Trittbrettfahrer außen vor zu lassen, statt für Kriegsflüchtlinge die Grenzen total dichtzumachen.

Denn nicht nur gläubige Christen können und wollen auf Dauer nicht in einem Land leben, in dem erst die Grenzen und dann die Herzen dichtgemacht werden.“

 

Überfülle an Informationen

In meiner Medien-Schatztruhe fand ich, Hans Högl,  folgendes Zitat – zufällig von Solschenizyn. Ähnliches haben viele andere formuliert. Der Sachverhalt leuchtet jedem ein, der auf  Gratiszeitungen, die Boulevardpresse und zahllose TV-Sender  nur den oberflächlichsten Blick wirft.  Das ist der Grund, warum ich dieses Zitat wählte. Die unzähligen oberflächligen Informationen rauben uns zu viel an Lebenszeit.

Solschenizyn klagte „dass die unerträgliche Flut an überflüssigen und detaillierten Informationen unsere Seele ruiniert, bis hin zur geistigen Armut; jenseits einer Grenze muss man sich vor Informationen schützen“ .  Zitiert in:  Spiegel am 24. Sept. 1990, S. 184.- Was damals schon zutraf, gilt heute umso mehr.

Syrien: Stopp der Einmischung von außen !

Spannende Diskussion zum syrischen Drama

Udo Bachmair

Die überaus komplexe Causa Syrien war Gegenstand einer äußerst gut besuchten und streckenweise auch hitzigen Podiumsdiskussion gestern im Presseclub Concordia in Wien.

Die Einmischung von außen muss aufhören“, forderte in Übereinstimmung mit anderen Podiumsgästen die in Damaskus akkreditierte deutsche Journalistin Karin Leukefeld. Den ausländischen Mächte, von den USA über Israel, bis zu Russland und den arabischen Staaten ginge es keineswegs um das Wohl der Syrer , sondern ausschließlich um das jeweils eigene Interesse.

„Akteure wie die USA, Saudi-Arabien und Katar lassen den Krieg eskalieren“, pflichtete Mamoun Chawki bei, Sprecher der Unabhängigen Syrer in Österreich. Heute seien Terroristen am Werk, die von ausländischen Mächten unterstützt werden.

Heftig polarisiert hat in der Diskussion die Rolle von Präsident Assad. Diesbezüglich zeigte sich Tarafa Baghajati, Obmann der Initiative muslimischer Österreicher_innen, kompromisslos. „Frieden für Syrien müsse ohne Assad geschaffen werden“.

Eine Haltung, der der Großteil des Podiums widersprach: So auch Salma Reda, Sprecherin der syrischen Studierenden in Österreich. Sie kritisierte, viele Gruppen hätten Assad a priori von einer Verhandlungslösung ausgeschlossen.

Fritz Edlinger, Generalsekretär der Gesellschaft für österreichisch-arabische Beziehungen befürchtet eine weitere Eskalation. Die Türkei spiele eine üble Rolle, auch Saudi-Arabien komme eine Täterrolle zu. „Die Täter sitzen in Washington, in Ankara, in Mekka und sonstwo“, so Edlinger wortgewaltig unter großem Applaus.

Nahostexpertin und Buchautorin Karin Kneissl äußerte „eine gewisse Zuversicht“. Frieden sehe sie für Syrien zwar nicht, aber doch „eine klare Entschlossenheit“, dem Vormarsch der Islamisten Einhalt zu gebieten.

Die Diskussion „Das syrische Drama-Ausweg aus dem Dilemma“ kann als großer Erfolg für die Vereinigung für Medienkultur verbucht werden. Das zeigt das bisher von verschiedensten Zeiten bekundete extrem positive Feedback.

 

Erinnerung: Große Syrien-Diskussion !

Die Vereinigung für Medienkultur

lädt ein zur Podiumsdiskussion

„Das syrische Drama. Wege aus dem Dilemma“

Zeit: Donnerstag, 3. März 2016, 19 Uhr

Ort: Presseclub Concordia, Bankgasse 8, 1010 Wien

Am Podium:

Tarafa Baghajati,Obmann der Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen, Menschenrechtsaktivist, Autor des Buches „Islam ohne Scheuklappen“

Maamoun Chawki, Sprecher der unabhängigen Syrer in Österreich , Psychotherapeut, Sozialpädagoge des Vereins Multikulturelles Netzwerk, Medienkritiker

Fritz Edlinger, Generalsekretär der Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen, Autor zahlreicher Nahost-Analysen, Herausgeber von „Syrien-Ein Land im Krieg“ sowie der Zeitschrift „International“.

Karin Kneissl, Nahost-Expertin, Publizistin, Autorin zahlreicher Analysen und Bücher wie etwa „Mein Naher Osten“ oder „Testosteron macht Politik“.

Karin Leukefeld, Deutsche Journalistin in Damaskus, Autorin des Buchs „Flächenbrand. Syrien, Irak, die Arabische Welt und der Islamische Staat“.

Salma Reda, Syrienexpertin, Sprecherin der syrischen Studierenden in Wien

Moderation:

Udo Bachmair, Präsident der Vereinigung für Medienkultur

Der Kampf um Syrien, die Hintergründe des Konflikts, die verworrene Lage in und rund um Syrien, sind Gegenstand einer höchst komplexen Causa. Propaganda und Desinformationen tragen zu weiterer Orientierungslosigkeit und Eskalation bei.

In der Diskussion sollen daher u.a. folgende Fragen zur Sprache kommen:

Worin bestehen die Ursachen und Hintergründe des Konflikts außerhalb und innerhalb Syriens?

Welche Interessen stehen hinter den unterschiedlichsten Akteuren im syrischen Drama ?

Welche wären die innen- und außenpolitischen Auswege aus dem Krieg in und um Syrien?

Anmeldung erbeten unter: medienkultur@medienkultur.at

ARD lässt mit Assad-Interview aufhorchen

Udo Bachmair

Ungewöhnliches an der westlichen Medienfront

Die ARD überrascht in der Causa Syrien mit einer Darstellung, die vom üblichen Mainstream deutlich abweicht. So hat sie es zugelassen, ein Interview mit Syriens Präsident Assad, der normalerweise als der Bösewicht im Syrien-Krieg dargestellt wird, in voller Länge auf Tagesschau 24 zu senden. Assads Äußerung etwa, der Krieg des Westens gegen sein Land sei Ursache für Flucht und Vertreibung, ist ungekürzt stehen geblieben. Auch, dass er den Rebellen eine Amnestie anbiete, wenn sie die Waffen abgeben.

Ein Vorgang ganz gegen bisherige Gepflogenheiten, ein beharrlich aufgebautes Feindbild medial nicht zu erschüttern. Als Beispiel dazu fällt einem auch wieder die Ukraine-Berichterstattung ein, bei der Schwarz-Weiß-Malerei im Sinne von „Moskau böse, Kiew gut“ gang und gäbe war.

Aber warum nur hat die ARD nun mit Assad gesprochen ? Es wird spekuliert, dass das deutsche Außenamt bei der Anbahnung behilflich gewesen sein könnte. Tatsache ist, dass Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) eine außenpolitisch auf Verständigung ausgerichtete Politik betreibt.

Eine weitere Erklärung für das unzensierte Assad-Interview könnte sein, dass Berlin offenbar nicht mehr an dem von US-amerikanischen Neokonservativen vorgegebenen Kurs festhält, wonach Assad zu stürzen sei und der Waffenstillstand nichts anderes als eine Finte der Russen darstelle.

Eine Spur Optimismus bezüglich eines Friedens in und für Syrien ist berechtigt.

Ein Tipp an dieser Stelle:

„Das syrische Drama. Auswege aus dem Dilemma“

ist Thema einer Podiumsdiskussion

veranstaltet von der Vereinigung für Medienkultur

am 3.3. 19 Uhr im Presseclub Concordia, Bankgasse 8.

Medienethik – Tagung an FH – St. Pölten. Medien vor/nach Köln

Hans H ö g l. Eigenanalyse

Das gestrige  Symposion an der Fachhochschule St. Pölten zur Medienethik erbrachte aufgrund breiter Konzeption eine Fülle an Erkenntnissen. Prof. Matthias Rath (PH-Ludwigsburg) unterschied  zwischen wissenschaftlicher Medienethik und den journalistischen Prinzipien- und Standesregeln. Mag. Andreas Warzilek (Österr. Presserat) berichtete von scharfer Kritik Eva Dichands -von New York her – am Presserat. Eva Dichand ist Herausgeberin der Gratiszeitung „Heute“ und hat ein familiäres und Presse- Naheverhältnis zur „Krone“.  Auch im Presserat ist die Flüchtlingsfrage Thema eins. Warzilek wünscht von Medienberichten die Wahrnehmung von  Schattierungen. Dr. Andy Kaltenbrunner (Geschäftsführer im Wiener Medienhaus) betonte  auf Basis von österreichischen Journalistenstudien  den starken Trend von  Gesinnungsjournalismus. Das bedeutet primär Anwaltsjournalismus und weniger solchen, der sich an  tatsachenbetonten Medienformaten orientiert.

Prof. Matthias Karmasin und Prof. Larissa Karner (beide Univ. Klagenfurt) wiesen auf  Irritationen, Widersprüche und Disruptionen in der Medienwelt hin. Larissa Karner vermisst in Flüchtlingsberichten die Balance. Vorschnell wurde  v o r   den Ereignissen in Köln jegliche Medienkritik als pegidalastig dargestellt. Sie betonte – aus evolutionstheoretischer Sicht- auch ein Kind würde gewarnt, in das Auto einer fremden Person einzusteigen. Und es gilt,   auch die Emotionen der kleinen Leute aufs Erste ernst zu nehmen – gleich ob legitim oder nicht. Qualitätsjournalismus wird dann die Gefühle  der Angst nicht anheizen, sondern versuchen, damit umzugehen, die Hintergründe von Emotionen der Angst vor Fremden aufzuarbeiten, aufzuklären.

Der Verfasser dieser Analyse erinnerte in der Diskussion  an den Satz eines russischen Philosophen: „Liebe das eigene Volk und achte die anderen Völker“. Wie stark die patriotische Eigenliebe  ausgeprägt ist,  zeigt   sich im Übermaß bei Sporterfolgen – in Österreich bei Skifahren – in Deutschland  beim Fußball.   Die „Neue Zürcher“  ortet in der  Medien- und universitären Welt eine kulturalistische Engführung nach der Erklärung der Menschenrechte, nach dem 2. Weltkrieg, wo überwiegend der Holocaust und der Antisemitismus im Blick kam und somit Kritik  an Ethnien und generell an Religionen wie dem Islam immunisierte.  Das führt auch dazu, dass beispielsweise Missbrauchsfälle von Pakistani  in England  und Vorfälle in Schweden in Flüchtlingsquartieren in Institutionen und Medien auffällig tabuisiert wurden.

In diesem Sinne wird Qualitätsjournalismus auch begründete und unbegründete Ängste der breiten Bevölkerung  zu beachten haben und auf Differenzen hinweisen und  argumentieren, warum in Österreich Flüchtlinge aus Ungarn nach 1954 und Ex-Jugoslawien viel bereitwilliger und in bedeutend größerem Ausmaß aufgenommen wurden als solche aus der doch kulturell ferneren arabisch-islamischen Welt.

Eine bemerkenswerte Ö 1-Radiosendung war das Journal-Panorama vom Do, den 25. Februar um 18.30, in welcher das Thema Lügenpresse differenziert aufgegriffen wurde. Warum muss es zu extremer und skandalös einseitiger Medienkritik kommen, damit partiell begründete und sachlich legitime Medienkritik überhaupt ernst genommen wird? Für uns alle – für Politik, Einzelmenschen und Medien gilt: Es gibt Gesinnungs- und Verantwortungsethik. Auch verdienstvolle  Gesinnungsethiker können in der realen Welt bitter daran leiden, dass gute Gesinnung alleine negative Folgen hervorrufen kann. Siehe Beispiele aus gut gemeinter Entwicklungspolitik und im Fall der Flüchtlingsproblematik die massiven Trends zu populistischen Gruppierungen.