Archiv für den Monat: Juni 2016

Das Feuer des Nationalismus

Ja, das Feuer des Nationalismus mit dem sie so lange spielten, setzt das Haus Europa in Flammen. Ja, die Dämonen, die sie riefen, um an die Macht zu kommen, treiben uns auseinander. Ja, die Lügen mit denen sie regiert haben, regieren uns nun. Ihr Sündenbock Europa wird von den Betrogenen mit Gejohle durch die Gassen getrieben. Die Brandstifter aber verkleiden sich als Feuerwehr. Mit dem Gesicht Europas, das sie zur Fratze entstellt haben, erschrecken sie nun die Menschen. Niemand aber schaut in die Gesichter der „Sieger“. Dabei verraten sie alles. Auch die Zukunft.

Ja, heute Nacht sprangen die Lemminge. Und ja, die Narren werden schreien, Ihnen nach! Das ist der Weg!

Johannes Voggenhuber

zum Ausgang des britischen Anti-EU-Referendums

Medieninitiative „Gegen Hass im Netz“

Begrüßenswerte Aktion von „profil“ und „Kurier“

Udo Bachmair

„Führt eine strenge Selektierung der Asylanten ein, schickt die Parasiten endlich zurück.“

„Ich sage es immer wieder-Torpedieren die Boote damit die alle absaufen“ .Die wolln unsere weise Grosrasse zerstören!!!!!!“ (sic!)

„Die Glawischnig gehört an die Wand gestellt wegen Hochverrat.“

„Gebt dem Schwein eine Kugel [Faymann]“

„Hirnlose „Steuergeldverschwendung“ für diesen „Schwuchtelwahn“ (Posting wurde von einer FPÖ Bezirksorganisation verfasst)

Solche und ähnliche andere Zitate von Hasspostings und Aufrufen zur Gewalt haben sich laut Recherchen eines Wiener Aktivisten auf Facebook-Seiten der FPÖ gefunden. Er will hetzerische Nutzerkommentare nun systematisch dokumentieren und hat dafür das Projekt „Eau de Strache“ gestartet. Angegeben ist der jeweilige Link, über den jede Äußerung auf Facebook zurückverfolgt werden kann.

Angesichts der weiter um sich greifenden Verbalaggressionen wollen auch „profil“ und „Kurier“ Hass und Hetze im Internet nicht mehr länger hinnehmen. Die beiden Medien wollen mit ihrer Initiative „Gegen den Hass im Netz“ notfalls rechtliche Maßnahmen ergreifen, jedenfalls Aufklärung betreiben.

„Kurier“-Herausgeber Helmut Brandstätter: „Wir werden uns natürlich auch sehr genau ansehen, welche Politiker uns unterstützen, gegen den Hass im Netz vorzugehen.“

In den kommenden Tagen und Wochen werden „Kurier“ und „profil“ intensiv über dieses Thema berichten, auch Plattformen wie Facebook werden zum Austausch eingeladen. „Es braucht einen gesellschaftlichen Schulterschluss gegen den Hass im Netz“, sagt „profil“-Medienredakteurin Ingrid Brodnig.

Einmal mehr empfohlen sei in diesem Zusammenhang Brodnigs kürzlich im Brandstätter-Verlag erschienenes Buch „Hass im Netz“. Darin bietet sie konkrete Tipps und Strategien an, der um sich greifenden Hasskultur zu begegnen. Die Autorin grundsätzlich:

„Es ist wichtig, dass wir als Gesellschaft auch im Internet klarmachen: Hetze und Gewaltaufrufe werden nicht akzeptiert!“

Neues Buch über Visionär Europas: Richard Coudenhove-Kalergi

H a n s   H ö g l

Das neue Buch von Walter Göhring über Richard Coudenhove-Kalergi stellt diesen ins Zentrum. Er widmete dem Thema Europa 50 Jahre seines Lebens. Doch davon verliert die EU-Broschüre Die Gründerväter der EU kein Wort. Dagegen hebt Walter Göhring über Richard Coudenhove-Kalergi (=RCK) hervor: „Diesem stillen und zähen Wirken RCKs während der Kriegsjahre 1940 – 1945 ist es größtenteils zu danken, dass die leitenden Staatsmänner Amerikas sowie dessen öffentliche Meinung vertraut wurden mit dem Wesen und Zielen der Paneuropa-Idee“ (p. 146).

Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte RCKs Paneuropa-Idee eine Renaissance. 1947 gründete er die Europäische Parlamentarier-Union (EPU), deren Generalsekretär er wurde. Der Kongress in Gstaad 1947, organisiert von RCK, wird „zur Initialzündung zur Gründung der Europäischen Union“, und die Ideen dieser Pioniere finden sich bei der Gründung des Europarates 1949 wieder (p. 155 ff.). 1949 konnte die EPU die Einrichtung einer Parlamentarischen Versammlung durchsetzen – der europäische Parlamentarismus war geboren.

RCK bahnte die Begegnung von de Gaulle und Adenauer in Reims an und inspirierte so den deutsch-französischen Freundschaftsvertrag von 1963 (p. 1 u. 192 f.), und RCK wurde als einziger  Nicht-Politiker zu den Versöhnungsfeierlichkeiten in Reims eingeladen.

Auch EU-Symbole regte RCK an: als Europahymne die „Ode an die Freude“ aus Beethovens IX. Symphonie) (p. 185) und die Europafahne mit 12 Sternen auf blauem Hintergrund (p. 187). Zwischen 1960 -1968 gibt es einen Aktivitäten-Marathon RCKS. Alleine wegen dieser Fakten hätte es RCK verdient, in die genannte EU- Broschüre aufgenommen zu werden.

Walter Göhring hebt hervor, wie sein Friedenspublizist Alfred Hermann Fried den jungen RCK beeinflusste: „Das Lehrbuch für ihn (RCK), mit dem er sich genauestens auseinandergesetzt hat, ist Alfred Hermann Frieds Panamerika.“ Zu breit geriet dem Autor die Verwurzelung von RCK im Freimaurertum.

Zur Unparteilichkeit der Paneuropäischen Union: Der Autor zeigt den Bezug von Österreichs Sozialdemokraten zur Paneuropäischen Union auf, so war der junge Bruno Kreisky ein frühes Mitglied. Dargelegt werden auch Bezüge von RKC zu Seipel (p.76 ff.). Und es ist Dollfuß, der die Amtswohnung des Bundeskanzlers in der Hofburg der Paneuropäischen Union zur Verfügung stellt (p. 83). RCK durchschaut anfangs nicht klar die schrittweise Umsetzung von Hitlers Konzept der „Lebensraumerweiterung“ (p. 127).

Die Kriegsjahre verbringt RCK überwiegend in den USA. Historisch bedeutend sind die Phasen nach dem 2. Weltkrieg mit intensiver, internationaler Hintergrundarbeit und unermüdlichem Wirken von RCK. Auch dem großen Beitrag der Frauen im Umfeld von RCK wird Aufmerksamkeit geschenkt.

In das Werk schlichen sich einige Fehler und Verwechslungen ein, so bei den Bildunterschriften und bei den Frauen, die im Leben von RCK von Bedeutung sind. Heinrich Drimmel legte 1967 seine Tätigkeit bei Paneuropa zurück. Dafür werden unterschiedliche Gründe angegeben: Zum einen seien es Ereignisse, die insbesondere mit Karl Renner zu tun (p. 199) hatten, zum anderen sei es „wegen Otto Habsburg“ (p. 212) gewesen.  Unklar ist, warum der Autor dem Projekt „Groß-Europa“ von Herbert Kraus (p. 254-264) so breite Aufmerksamkeit schenkt.

Den Dank für die überaus intensive Mitarbeit des Zeitzeugen und Vertrauten von RCK, nämlich Lacy Milkovics, drückt der Autor sehr knapp schriftlich aus (p. 270). Es fehlt dessen Erwähnung im Namensregister, und es irritierte die fehlende Begrüßung bei der Buchpräsentation. Auch der Coudenhove-Festakt 2013 im Haus des Europäischen Parlaments, initiiert von der Vereinigung für Medienkultur, wurde nicht erwähnt (Vgl. Science@orf.at   23.10.2013). Dieser motivierte den Autor, sich auch mit RCK zu beschäftigen – abgesehen von Alfred Fried.

Nicht erwähnt wird, dass Jörg Haider einige Jahre Vize-Präsident der Paneuropäischen Union war.

Aufschlussreich sind im Werk die Kästchen, in denen Positionen von Parteien und Personen zur Paneuropa-Idee gegenübergestellt werden (p. 104), und recht übersichtlich sind die unterschiedlichen Perspektiven auf ein neues Europa in der Mitte der 1950er Jahre – von RCK, Charles de Gaulle und von Schuman, Spaak, Monnet (182). Alles in Allem rückt das Werk RCK  wieder in den Blick, und dies in einem angenehm flüssigen Stil.

RCK war Europäer par excellence: Altösterreicher von Geburt, dann tschechischer Staatsbürger (er bekam von Präsident Masaryk einen Diplomatenpass) und wurde Franzose und erhielt eine Pension im Range eines Botschafters, stillschweigend veranlasst durch Präsident De Gaulle.

Göhrings Buch bietet eine Reihe neuer Erkenntnisse, und das Werk ist eine zeitgeschichtliche Fundgrube. Walter Göhring ist Historiker, Publizist und Erwachsenbildner, und es entstanden parallel zum Buch pädagogisch wertvolle Ausstellungstafeln.

Walter Göhríng: Richard Coudenhove-Kalergi. Ein Leben für Paneuropa (Wien 2016, Verlag Kremayr & Scheriau). Quellenangaben und Namensregister, 288 Seiten.

Hassparolen ohne Ende ?

Rechtspopulisten und Rechtsextremisten:
Werden wir die Geister, die sie riefen, wieder los ?

Udo Bachmair

Genervt von Attacken der FPÖ hat sich Bundeskanzler Christian Kern jüngst im Parlament zu einem Plädoyer für einen „zivilisierten Tonfall in der Debatte“ veranlasst gesehen, „ weil wir ja aus der Geschichte wissen, dass sich die Gewalt der Worte sehr rasch in einer Gewalt der Taten entladen kann.“

Der Regierungs- und SPÖ-Chef war tags zuvor auf der Facebook-Seite von FPÖ-Obmann Strache mit einer „schnellen Kugel“ bedroht worden. Weitere Hass- und Hetz-Postings mit Gewaltaufrufen gegen Van der Bellen-Anhänger, „Linkslinke“ und „Gutmenschen“ geben zunehmend Anlass zur Sorge.

Auch in Deutschland werden rechtsextreme Positionensichtbarer“, wie nun eine Studie der Universität Leipzig zutage gefördert hat. „Brandanschläge auf Asylheime, Übergriffe auf Ausländer und Hassparolen im Netz seien der traurige Ausdruck einer größer werdenden Enthemmung“, so der Befund der Studienautoren.

Unterdessen rücken FPÖ und die ebenfalls rechtspopulistische Aktion für Deutschland näher zusammen. Weitere Gespräche mit AfD-Chefin Frauke Petry sowie mit der rechten Front National-Führerin Marine Le Pen sollen gemeinsame Positionen, wie die gegen „Überfremdung“ durch ausländische Schutzsuchende, weiter vertiefen.

Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund erteilt die neue Wiener SP-Managerin Sybille Straubinger einer Zusammenarbeit mit der FPÖ eine klare Absage. Auf eine entsprechende KURIER-Frage sagt sie: „Ich hab die FPÖ noch nie konstruktiv erlebt. Egal, um welches Thema es geht: Sie landet immer beim Thema Ausländer, weil sie populistische, hetzerische Politik macht“.

Die FPÖ hingegen sieht einmal mehr eine Verschwörung gegen sich und kann damit rechnen, dass ihr die Opferrolle weiteren Zulauf bringt. Da stört es offenbar nicht, dass von ihr keine Kritik an Übergriffen und Störaktionen der als rechtsradikal eingestuften „Identitären“ hörbar wird.. Im Gegenteil: Die Stürmung einer Lehrveranstaltung durch Identitäre in Klagenfurt beschönigte FPÖ-General Kickl im Parlament mit den Worten: „Was ist denn gestürmt worden, geh bitte!“.

Verharmlosungen dieser Art und die (Rechts-)Radikalisierung von Worten geben nicht nur Anlass zur Sorge, sondern machen auch vielen Menschen Angst. Um gegensteuern, ist u.a. profunder aufklärungsorientierter Journalismus nötiger denn je.

Jüngstes positives Beispiel dafür STANDARD-Redakteur Hans Rauscher. Er schreibt in der heutigen Ausgabe seines Blattes unter dem Titel

 Hasskrankheit

„Es wird Zeit. Es wird Zeit, sich zunächst einmal über das Phänomen der Hasskrankheit klar zu werden, das jetzt bei uns überall zutage tritt.

Wenn auf Straches Facebook-Seite einer schreibt, „eine schnelle Kugel“ sei das Wahre für Bundeskanzler Kern, und einer dazuschreibt „9 mm!!!“, dann wird es Zeit.

Wenn prominenten liberalen Journalistinnen massenweise die Vergewaltigung durch Asylwerber gewünscht wird, und zwar in klinikreifen Formulierungen, dann wird es Zeit.

Wenn Wiener FPÖ-Funktionäre verhindern wollen, dass eine Schule nach einem kindlichen Opfer eines berüchtigten NS-Arztes und vielbeschäftigten Gerichtsgutachters der Republik benannt wird, und so dem Opfer ins Grab nachspucken, dann wird es Zeit.

Zeit, sich darüber klar zu werden, was sich da im Windschatten erfolgreicher rechter Bewegungen und Parteien in den sozialen Medien aufgebaut hat: Facebook wird zu Hatebook und Freakbook. Zu erkennen, dass sie immer frecher und siegesgewisser werden; dass es dringend einer Gegenstrategie bedarf.

Diese muss einerseits vom Staat, vor allem von der Justiz kommen. Die Mischung aus offiziellem Verdrängen, Verharmlosen und Blödstellen muss aufhören. Zugleich muss die Zivilgesellschaft, die es ja gibt, ihre Kräfte bündeln, direkt in den sozialen Medien kontern und den Freaks nicht mehr die Hegemonie lassen.“

 

 

Irmgard Griss: Person und Weltbild

Hans H ö g l

Zur 20-Jahrfeier der Vereinigung für Medienkultur im November 2015 ersuchten wir Frau Dr. Irmgard Griss an unserem Podium teilzunehmen, und zwar als Leiterin des 3. Senats im Presserat. Aus Termingründen war sie verhindert.

800.000 Menschen in Österreich wählten I.G. als Präsidentschaftskandidatin. Mich bewegt die Frage, warum die Höchstrichterin die Protokolle für den Hypobericht vernichtete. Darauf findet sich eine Antwort – im Buch: Irmgard Griss im Gespräch mit Carina Kerschbaumer (Edition Kleine Zeitung, Graz 2016 – mit Fotos). Die Interviews gab sie vor ihrer Kandidatur zur Präsidentenwahl. Leider bespricht die Österreichische Presseagentur (apa) keine neuen Bücher. Darum bieten wir ein Resumé des Buches – sine ira et studio – nach  der Wahl.

I.G. wuchs in Bösenbach bei Deutschlandsberg in der Weststeiermark auf – in einem Bauernhof mit zwei Zimmern ohne Warmwasser und WC. Sie besuchte die Hauptschule, und war die Erste in der Familie, die maturierte. Nach Ihrem Jus – Studium nahm sie vorschnell das erste Angebot zu einer Univ. Assistentenstelle an, bald darauf erhielt sie ein wesentlich besseres Angebot. Dies macht ihre Haltung deutlich, dass sie bei Angeboten abwartet. Allerdings zögerte sie keine Sekunde, als sie für ein Harvard- Stipendium auserlesen wurde.

Sie suchte einen Beruf mit selbstbestimmter Arbeit, so wurde sie Richterin. Sie sieht sich darin vom Elternhaus geprägt: Ein Bauer braucht keinen Chef, er muss selbst entscheiden und die Folgen tragen.

Sie bedauert die geringe Wertschätzung der Lehrkräfte. Medien sollten von ihnen Positiv-Beispiele bringen. Ihre Positionen zur Schulreform: Zum einen sieht sie die Abschaffung der AHS-Unterstufe als nicht „vordringlich“, meint aber, dass die Ganztagschule massiv familiäre Defizite ausgleichen könne – und zwar solche mit „Binnendifferenzierung und Gestaltungsfreiraum der Lehrer“. Im Übrigen sei es nicht entscheidend, „welches Taferl vorne aufgehängt ist – ob Gesamtschule, ob Gymnasium, ob Hauptschule“. Sie findet den Begriff „bildungsfern“ irreführend, denn ihr Vater war an allem interessiert. Und oft würde die formale Bildung überschätzt.

Positionen zu Medien und Pressefreiheit

Die freie Gesellschaft braucht freie Medien. Das rechtfertigt die Privilegien der Medien. „Sie dürfen jemanden angreifen, beleidigen, sie können sehr harsch in ihren Urteilen sein.“ „Die Demokratie ist ohne freie Medien nicht lebensfähig.“ ….“Die Demokratie braucht informierte Bürger und Bürgerinnen.“ Fehlentwicklungen sind Nicht- und Falschinformation und Manipulation und auf den Einzelnen bezogen – von der Kreditschädigung bis zur Verleumdung. Die Medienkonsumenten müssten kritischer sein, und „es müsste ein Unterrichtsfach Kritisches Denken geben“.

Irmgard Griss und religiöse Einstellungen (S. 92- 98):

Sie als Katholikin begleitet auch ihren protestantischen Mann zu Gottesdiensten. Sie lehnt den Zölibat ab („Das bringt so viel Leid und so viel Zwang und natürlich auch Heuchelei“). Und sie findet die Einstellung der Katholischen Kirche zu Frauen als „unhaltbar“. „Ich lasse mich auch nicht von gewissen fundamentalistischen Strömungen in der Kirche vertreiben.“ Und in Differenz zur katholischen Kirche tritt sie auch für die Ehe unter Gleichgeschlechtlichen ein. Griss: „Weil wir rechtlich mit der eingetragenen Partnerschaft bereits eine völlige Gleichstellung haben“ und sich nur noch die Bezeichnungen unterscheiden.

Zum Hypobericht stellte die Journalistin die harte Frage: „Hat man es nicht ganz klar ausgewertet, weil man nicht anecken wollte“. Es geht darum, dass keine Namen und Institutionen genannt wurden. Griss: „Mehr anecken, als wir es getan haben, kann man nicht mehr“. Die Kontrollinstanzen haben versagt, der Aufsichtsrat hat seine Pflicht nicht wahrgenommen, die Bankenaufsicht hat versagt, die Wirtschaftsprüfer haben alles testiert. „Man kann aus dem Bericht erschließen, wer wofür politisch verantwortlich ist. Hätten wir das ausdrücklich sagen wollen, hätten wir den Betroffenen Gelegenheit geben müssen, sich zu rechtfertigen.“ (S. 128).

Interviewerin: Sie sind massiv kritisiert worden, weil sie Ihre Notizen vernichtete haben. Jetzt stehen Sie als Aktenvernichterin da. „Der erste Gedanke, der sich da einstellt, ist, dass Sie etwas verheimlichen wollten.“ Griss: „Allen, mit denen wir gesprochen haben, habe ich zugesichert – oder sie haben es als selbstverständlich angenommen -, dass ihre Angaben vertraulich behandelt werden. Keiner hätte sonst mit uns gesprochen, denn keiner war dazu verpflichtet. Hätte ich mein Wort brechen und meine mehr als 30 Gesprächsnotizen und die Protokolle der 13 Befragungen durch die Kommission veröffentlichen und weitergeben sollen? Würde ein Journalist, der vertraulich bei einer Recherche Hintergrundinformationen bekommt, die Zusage der Vertraulichkeit brechen?“ (S. 130 f.). Eben diese letzte Äußerung scheint öffentlich nicht gesagt worden zu sein – auch nicht von Irmgard Griss selbst.

Der Schweizer Univ. Prof. Carl Baudenbacher, Präsident des Efta-Gerichtes sieht darin eine künstliche Aufregung, dass die Griss-Kommission ihre internen Aufzeichnungen entsorgt hatte. „Die nicht zum Erscheinen und nicht zur Wahrheit verpflichteten – Auskunftspersonen hatten freilich im Vertrauen darauf ausgesagt, dass ihre Ausführungen nicht öffentlich gemacht würden. Dieses Vertrauen war zu schützen“, so Carl Baudenbacher (Gastkommentar in Wiener Zeitung am 23. April 2016).

Der Grünpolitiker Werner Kogler überprüfte die Mitglieder der Griss-Kommission. Er fragte sich, ob der Ehemann von Frau Griss, der Rechtsanwalt Dr. Gunter Griss etwas mit der Hypo-Adria zu tun habe. Er hat als Aufsichtsrat der Steiermärkischen Sparkasse oder des Bankhaus Krentschker mit dem Bankenbusiness zu tun.

Den Kogler- Test scheint er aber bestanden zu haben: „Das habe ich mir natürlich schon angeschaut. Mit der Hypo hat die Steiermärkische eher nix zu tun. Außer sie hält eventuell Anleihen der Hypo. Aber das können wir noch nicht sagen.“ (Die Krone). Aufgrund Eigenrecherche stelle ich fest, dass Dr. Gunter Griss – entgegen Behauptungen- kein Mitglied im Aufsichtsrat der Grazer Wechselseitigen ist.

Griss und Ihr Bezug zu Parteien (S. 182 ff).

Eingeladen bei den Neos, sagte sie, was sie an der FPÖ störe. Sie lehne deren polarisierenden Stil ab und die FPÖ verwende eine Sprache, die als „verhetzend empfunden werden kann“. Griss befürwortet allerdings Werte wie Heimat, Sicherheit und Ordnung. „Man müsse der FPÖ auch zugutehalten, dass sie auf Probleme hinweist, die sich nicht wegleugnen lassen.“ Z.B. haben sich in der Flüchtlingsfrage die Regierungsparteien lange Zeit gescheut, die Probleme auch nur anzusprechen.

Haben Sie je Grün gewählt? Griss: „Ja“. Was hat Sie überzeugt? „Der Einsatz für die Umwelt, für einen maßvollen Umgang mit den Ressourcen. Dazu gekommen ist die geringe Attraktivität der anderen Parteien, vor allem der ÖVP.“ (S. 182 -190).

 

 

Bertha von Suttner zurück in Harmannsdorf

Veranstaltungstipp der Vereinigung für Medienkultur

Das erfolgreiche Stück „Peace please! – Ein Bertha von Suttner-Journal“ über das Leben der Friedensnobelpreisträgerin wird auf Schloss Harmannsdorf bei Eggenburg in Niederösterreich wiederaufgeführt.

Die Schauspielerin und Politologin Anita Zieher zeichnet in dem sehenswerten Stück über die Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner ein überaus beeindruckendes Bild einer starken Frau. Sie lebt ihre Rolle regelrecht.

Unter der Regie von Brigitte Pointner sind in der Sala Terrena des Schlosses die Schauspielerin Anita Zieher und der ehemalige Ö1-Redakteur Udo Bachmair (als Interviewer) in der Erfolgspräsentation zu sehen. Der Ort ist geschichtsträchtig. Genau hier hat Bertha von Suttner, die viele Jahre ihres Lebens in Harmannsdorf war, selbst Theater gespielt.

Jeweils um 18 Uhr gibt es die Möglichkeit, den Abend mit einem 3-gängigen „Suttner-Menü“ im benachbarten Landgasthof Buchinger zu beginnen.

Als Special gibt es am Sonntag, 12. Juni, 11 Uhr, zusätzlich einen „Brunch mit Bertha“.

Termine:

jeweils 20 Uhr:

  • , 3. 6.
  • , 4. 6.
  • Do, 9. 6.
  • , 10. 6.
  • Sa, 11.6.
  • „Brunch mit Bertha“: So, 12. 6., 11 Uhr.

Karten

Vorverkauf: 27 Euro / ermäßigt: 19 Euro gibt es unter 0664/8681816 oder bei www.oeticket.at. Abendkasse: 30 Euro (22 Euro). Nur im Vorverkauf sind die Kombikarte (mit Menü) um 56 Euro und das Special „Brunch mit Bertha“ um 49,50 Euro zu haben.

Neues Buch über Richard Coudenhove-Kalergi. Replik zur Präsentation

Hans   H ö g l

Das  in der Diplomatischen Akademie präsentierte Buch hat den Titel:  Walter Göhring:  Richard Coudenhove-Kalergi. Ein Leben für Paneuropa, Wien 2016. Verlag Kremayr-Scheriau. 288 Seiten mit Literaturverzeichnis und Namensregister.

Über 100 Personen  kamen gestern zur Buchpräsentation. Leider  sprachen eine Reihe von  Vorrednern derart,  dass nicht primär die epochalen Ideen von  Richard Coudenhove-Kalergi  im Vordergrund standen. Ersparen wir  uns weitere Kommentare.

Wichtig war in der Diskussion der Hinweis  von Lacy Milcovics, dem langjährigen Sekretär und Vertrauten von Richard Coudenhove-Kalergi, dass weder auf Plätzen in Wien  noch  in Orten der Bundesländer  an  Coudenhove erinnert wird. NB. Lacy Milkovics wurde rund 25 mal vom  Autor zu Gesprächen aufgesucht. Es wäre angebracht gewesen, dies deutlich  hervorzuheben.

Das Podiumsgespräch war fast so etwas wie ein Abgesang auf die EU. Zu erinnern ist, dass Prozesse dieser epochalen Einigung sich nicht nur über Jahrzehnte hinziehen, sondern längere Zeiträume erfordern –  wie auch in den Vereinigten Staaten. Das scheint  diversen Redaktionen nicht bewusst zu sein. Ferner  ist einzuwenden, dass auch in den USA für die Bürger/innen ihr eigener Bundesstaat der wesentliche Bezugspunkt ist, sagen wir Ohio, und nicht das ferne Washington. Das gilt auch für die Europäer in Hinblick auf Brüssel.  Davon schreibt schon Tocqueville in seinem Klassiker über die Demokratie in Amerika.

In einem persönlichen Gespräch regte ich einem maßgeblichen ORF-Journalisten gegenüber an, dass bei den künftigen Auflistungen von Olympia-Sportmedaillen nicht nur die europäischen Länder separat  als Nationen  aufgelistet   werden sollten, sondern der Medaillen-Spiegel von der gesamten EU jenem von den  USA und Russland und China gegenübergestellt werden müsste – im Sinne eines starken Europas.