Archiv für den Monat: November 2016

ORF-Standortfrage: Noch Hoffnung für Ö 1 ?

Udo Bachmair

„Es bleibt beim Grundsatz der Standortkonzentration“- so sprach ORF-General Alexander Wrabetz nach der heutigen Sitzung des ORF-Stiftungsrates. Soll heißen: Keine Chance, dass Ö 1 und FM 4 letztlich doch im zentrumsnahen Funkhaus bleiben können.. Trotz aller Einwände und Proteste. Eine Absage an all diejenigen, die vor allem die gewohnte Ö1-Qualität durch die geplante Zusammenlegung mit den TV-Redaktionen in einem riesigen Newsroom auf dem Küniglberg bedroht sehen..

Die engagierte IG Funkhaus, die sich aus besorgten BelegschaftsvertreterInnen sowie UnterstützerInnen von außerhalb des ORF zusammensetzt, will jedoch nicht aufgeben. Sie hat den Stiftungsräten heute ein Papier mit der Forderung überreicht, dass der ORF Flächen im Funkhaus nicht nur für Radio Wien, sondern auch für Ö 1 und FM 4 behalten sollte. Dies mache ökonomisch mehr Sinn als die Konzentration auf dem Küniglberg.

An die Stiftungsräte ergeht der Appell, von einem unabhängigen Experten eine neue Wirtschaftsanalyse einzufordern. Die bisherigen Berechnungen seien überholt und kaum überprüfbar. In dem Schreiben wird vor dem „Risiko massiver Kostenüberschreitungen a la Skylink, Flughafen Berlin etc.“ gewarnt.. Das könne sich der gebührenfinanzierte ORF nicht leisten.

Wie sehr dieser Appell bei den Stiftungsräten „ankommt“, bleibt abzuwarten. Eine gewisse Hoffnung besteht.

Die „Krone“ und ein Gewaltvideo

Udo Bachmair

Zwischendurch wieder einmal ein Blick in die „Krone“ und man weiß wieder, was man an ihr hat.. So traut man seinen Augen nicht, wenn man auf Seite 11 der heutigen Ausgabe den Internet-Hinweis auf ein Gewaltvideo vorfindet, dazu ein breit ausgewalzter Bericht.

Das Massenblatt propagiert damit mehr oder weniger direkt allen Ernstes ein filmisches Machwerk, in dem ein 15-Jähriges Mädchen von „Freundinnen“ misshandelt wird. Als „Draufgabe“ schlägt angeblich auch ein tschetschenischer Flüchtling zu. Der Hinweis speziell darauf scheint besonders wichtig zu sein. So sind sie eben, die gewaltbereiten und kriminellen Flüchtlinge..

Die Geschichte über das Gewaltvideo taucht auch in anderen Zeitungen auf, ein Link auf das Video unterbleibt jedoch. Nirgends sonstwo ist auch die Rede von einem „Flüchtling“. Auch das bleibt der „Krone“ vorbehalten. Bar jeglicher journalistischen Verantwortung und Ethik lässt sich mit dem Gewaltvideo auch trefflich Geld lukrieren. Nach dem angepriesenen Video erscheint eine Werbeeinschaltung für Brieflose..

Passend zur Linie der Kronenzeitung finden sich ein paar Seiten weiter erneut völlig einseitig ausgewählte Leserbriefe. Da wird der künftige US-Präsident Donald Trump in höchsten Tönen bejubelt. Ohne eine einzige Gegenstimme.

Die „Krone“ wäre kein inoffizielles FPÖ-Organ, würde sie nicht auch die Verbindung zur Bundespräsidentenwahl am 4. Dezember herstellen. Ähnlich den Angriffen auf Trump werde sicher auch auf Norbert Hofer „hingetreten“werden, sollte der aus der BP-Wahl siegreich hervorgehen, sorgt sich das mit Millioneninseraten gefütterte rechtspopulistische Boulevard-Blatt.

 

Verunsichertes Europa. Migration. Integration. Segregation

Hans H ö g l

Im Otto-Mauer-Zentrum fand am 11./12. Nov. im Namen des Katholischen Akademikerverbandes eine hochkarätige, stark besuchte Tagung statt – mit dem Titel: Verunsichertes Europa. Migration-Integration-Segregation. Hier können nur wenige, markante Äußerungen vom Samstag wiedergegeben werden.

In einzelnen Referaten und in der Diskussion kam wiederholt die Rede auf mangelnde Deutschkenntnisse von Schulabgängern. Dies betrifft sowohl Migrantenkinder als auch einheimische Pflichtschulabsolventen, und vier von zehn aller Pflichtschulabsolventen (auch der einheimischen) sind in Österreich arbeitslos. Dies ist ein extrem hoher Wert – vergleichbar mit Arbeitslosenziffern im europäischen Süden, betonte die Arbeitsmarktspezialistin Doris Landauer.

In der Diskussion regte ich an, dass in zeitgemäßer, moderner Form unser öffentlich-rechtliches Fernsehen, der ORF, Deutschkurse anbieten sollte. Der Vorschlag erntete großen Beifall. Und diese Kurse könnten in das neue Programmschema des ORF aufgenommen werden.

Die Rede kam auch darauf, ob Asyl-Bewerber Deutschkurse besuchen sollten. Dies wurde von Alev Korun, der Grün-Abgeordneten, mit dem Argument begrüßt: dass im Falle einer Arbeitsbewilligung die Migranten/Flüchtlinge rascher in den Arbeitsprozess eingegliedert werden können. Gleichzeitig wurde hingewiesen, dass gewisse Parlamentarier für Asyl-Bewerber keine Deutschkurse wünschen. Deren Position ist in der Furcht begründet, dass diese sich dann endgültig in Österreich niederlassen.

 

US-Hintergrund-Analyse in ORF-Reportagen

Hans H ö g l

Am Tag der Präsidentschaftswahl in den USA wurde in ORF 2 Hannelore Veits Reportage über Brennpunkte in den USA ausgestrahlt. Das ORF- Team begab sich an den Mississippi, wo Afro-Amerikaner ihre Situation in einer  Runde bewerteten und fanden, auch mit Barack Obama habe sich für sie kaum etwas geändert. Auch die Betroffenheit der Hispanics über die haltlosen Vorwürfe von Donald Trump kam zum Ausdruck.

Und dem Publikum wurde gezeigt, worin die Unzufriedenheit in breiten Kreisen der USA wurzelt. Auf die Frage, was die Leute am meisten stört, ist zu hören: „Nichts funktioniert, die Straßen, die Brücken sind kaputt, die öffentliche Versorgung ist mangelhaft, unter der veralteten Infrastruktur des Landes leidet am meisten die schwächste Bevölkerung, die Menschen die keine Lobby haben.

Arbeiter im Kohlenabbau sind überaus unzufrieden, sprachen sich offen für Trump aus. Auch mir sagte heute ein österreichischer Maurerpolier: Ich versteh` nicht, was die Leute gegen Trump haben. Leute dieser Schicht stoßen sich nicht an der unglaublich derben Wortwahl von Donald Trump. Und es interessiert sie nicht das Problem, wie ein Mann aus Ohio in einem Ö-1 Journal sagte, dass in Washington diskutiert wird, wo ein Transsexueller auf die Toilette gehen soll. Das sind Probleme, die in abgehobenen Journalistenkreisen aufgegriffen werden.

In einer anderen Reportage von Hannelore Veit kam das verseuchte Trinkwasser in der Stadt Flint in den Blick, es sah gelb wie Hühnersuppe aus, wie eine Interviewte sagte. Die Leute bekamen Ausschläge. Die Behörden betonten aber, das Wasser wäre gefahrlos zu trinken. Gezeigt wurde eine Pastorin, die in ihrer Gemeinde ein großes Lager an Wasser-Plastikflaschen für die Menschen anlegte. Auch hier ein ungewohntes Bild – anders als die Klischees um die Evangelikalen. Als General Motors in Flint die Produktion ins Ausland verlagerte, hat sich die Einwohnerzahl von Flint halbiert. Dies sind Andeutungen dafür, dass 40 Millionen Amerikaner unter der Armutsgrenze leben.

Wir wollen nicht weiter ins Detail gehen. In der Neuen Zürcher konnte bereits vor Wochen gelesen werden von der großen Unzufriedenheit in den weißen Unter- und Mittelschichten, von den  weißen Arbeitern, die Donald Trump anzusprechen imstande ist (NZZ, 31.Oktober 2016). Gratulation dem ORF und insbesondere dem Team um Hannelore Veit. Es war ein journalistischer Höhepunkt. Und es war, als hätte H. Veits Team etwas erahnt von einem möglichen Sieg Donald Trumps. Michael Moore nannte schon früh mehrere Argumente, die für einen Sieg Trumps sprachen.

 

 

 

Umberto Eco: Journalistische Tricks

Hans H ö g l

                        schöpft aus der Medien-Trickkiste von Umberto Eco

Umberto Ecos Roman „Nullnummer“ (2015)  ist kein Weltbestseller, aber er verrät subtile journalistische Tricks, Manipulation der feinen Art. Im Roman produziert ein Team von Journalisten eine provokante Zeitung, um Leute zu erpressen. Und dies im Auftrag von Commendatore Vimerate, der Dutzende Hotels kontrolliert und ein Medienimperium….Die Redaktion soll vorerst 12 Probe – also Nullnummern entwerfen. Davon der Name. Umberto Eco flicht in den Roman journalistischen Tricks ein. Ja es ist ein Roman. Oder werden darin Berufsgeheimnisse der Boulevardpresse auf-ge-blättert? Wir kramen in der Trickkiste des Romans und destillieren daraus die scharfe Suppe.

Beherzigung von Ratschlägen

Wie den Lesern Meinungen unterjubeln, ohne dass sie es merken? Nicht die Nachrichten machen die Zeitung, sondern die Zeitung macht die Nachrichten. –  Die Qualität einer Zeitung bemisst sich auch in ihrer Fähigkeit, mit Berichtigungswünschen adäquat umzugehen. So können Leserbriefe erfunden werden, auf die dann die Berichtigung folgt. Und dabei nennt man die Quelle nicht beim Namen, sondern lässt durchblicken, dass man über besondere Quellen verfügt, die glaubwürdiger sind als die von Signor Smentuccia.

Dann folgt der Rekurs auf das Notizbuch des Journalisten. Dieses Notizbuch kriegt nie jemand zu sehen, aber die Vorstellung, es handle ich um eine Art Life-Übertragung flößt Vertrauen in die Zeitung ein. Wenn Signor Smentuccia nicht aufhört, zu schreiben, deuten wir an, dass Signor schön öfter an andere Zeitungen geschrieben hat. Dies ist das Gute der Insinuation: Für das  Publikum wird er so ein Paranoiker.

Was Umweltfragen betrifft: Es gilt, nicht die Stahlindustrie und Erdölwirtschaft in Frage zu stellen. Bei diesen Dingen müssen wir unsere Leser sedieren, nicht alarmieren. Und wenn wir Leute kalt stellen wollen, zeichnen wir ein Porträt voll dunklen Andeutungen, und der Mann ist kaltgestellt, wie es sich gehört. Aus einer Nicht-Nachricht haben wir eine Nachricht gemacht. Und ohne zu lügen.

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BP-Wahl: Rezepte gegen Kampf-Rhetorik

Udo Bachmair

Nun ist es also wieder soweit. Erneut stehen wir vor einer weiteren Runde der Bundespräsidentenwahl. Und jetzt, knapp ein Monat vor dem Wahltermin am 4. Dezember, tritt auch der Wahlkampf in eine neue alte Phase. Gespickt mit Vorwürfen, Halbwahrheiten, Polemiken. Und wieder einmal ist es vornehmlich die FPÖ, die mit ihrem demagogisch besonders gut geschulten Kandidaten um nahezu jeden Preis zu provozieren versucht.

Norbert Gerwald Hofer ist als früherer Kommunikationstrainer mit Kampf-Rhetorik auf Basis unterschiedlichster Manipulationstechniken bestens vertraut. Je mehr jedoch die Kommunikationsmuster, die die FPÖ seit Jörg Haider erfolgreich anwendet, durchschaut werden, desto deutlicher kommt das auf Hofer gemünzte Bild vom Wolf im Schafspelz zum Vorschein..

Nun sehen wir mehr oder weniger spannungsgeladen den weiteren TV-Duellen Hofer / Van der Bellen entgegen. Sogenannter Höhepunkt des Wahlkampfs wird die ORF-Konfrontation am 1. Dezember sein. Und wieder besteht auch dabei die Gefahr einer verbalen Schlammschlacht, ausgelöst durch Kampf-Rhetorik-Tricks.

Der Kommunikationswissenschaftler Walter Ötsch hat auf die Frage eines Falter-Lesers , wie denn bei solchen Diskussionen Angriffe und Untergriffe pariert werden könnten, u.a. so geantwortet:

Hofer hat Stakkatos von vier, fünf Vorwürfen in wenigen Sekunden parat. Man kann dann jemand anderen, der ansonsten recht besonnen agiert (wie van der Bellen), teilweise auf ein Niveau herunterzerren, das man meisterlich – oft jahrelang – erlernt hat.

Wenn es Ihnen also gelingt, innerlich ruhig zu bleiben, kann man nur eines tun: das eben erfolgte Muster benennen. D.h. ich brauche eine Kenntnis dieser Muster, muss reagieren können und eine geeignete (sachliche) Sprache dazu parat haben.

D.h. einen (sachlichen) Metakommentar über die Art geben, wie eben kommuniziert wird. Z.B. „Sie weichen meiner Frage aus und wechseln sofort das Thema.“ Oder „Mir fällt auf, das immer, wenn ich etwas frage, was Ihnen offenbar unangenehm ist, Sie in die Opferrolle wechseln“, usw. Van der Bellen hat einiges von dem recht gut gemacht. (Gerade die Opferrolle ist eine Spezialität von Hofer bzw. noch besser: der blitzschnelle Wechsel von Angriff/Täter in die Opferrolle. Das hat er gut geübt.) BP-Wahl: Rezepte gegen Kampf-Rhetorik weiterlesen

Preiserhöhung – herzig formuliert

Hans H ö g l

Mich erreicht eine graziöse Formulierung des UPC-Kabel-TV: „Wir informieren Sie über eine nicht ausschließlich begünstigende Änderung der Vertragsbedingungen„. Und dann – wir verkürzen den Text- Ihr TV-Paket erhöht sich von 53,80 € auf 55,75 € (dies sind 1,95 €). Fairerweise fügen wir an: Im Einleitungssatz wird allgemein auf eine Preiserhöhung hingewiesen.