Archiv für den Monat: Januar 2021

Joe Biden: Selten Gemeldetes

Im März 2020 nannte Joe Biden in „Foreign Affairs“ bisher selten Erwähntes. Außenpolitiker schätzen diese US-Zeitschrift.

Hans Högl: Resumé aus „Foreign Affairs“ und Rezension

Joe Biden will die Emissionen von Flugzeugen und Schiffen reduzieren, eine saubere Energiewirtschaft mit Null Emissionen bis 2050 erreichen und den Lügen auf Internetplattformen an den Leib rücken.

Joe Biden blieb bei Wahlauftritten er selbst, obwohl ihm Beratern Anderes rieten. Diese Konsequenz mag auch seine überraschende Siege erklären (als junger Senator, als Kandidat der Demokraten, als Wahlsieger). Er zeigte sich stark im Umgang mit Schlägen des Schicksals. Loyal blieb er unter Obama im Hintergrund. Im Übrigen: Was hat es für eine Bewandtnis mit den Verwicklungen von Joe Biden`s Sohn mit der Ukraine?

Bei künstlicher Intelligenz und im 5 G-Bau will Joe Biden China nicht nachhinken. China sieht er als großen Rivalen. Und er will – wenn nötig nicht zögern, das weltweit stärkste Militär einsetzen-doch nur als letztes Mittel. In der Regel soll Diplomatie Konflikte lösen.

Zu Russland: Der Kreml fürchtet- so Biden- eine starke NATO. Biden will zu Russlands tapferer Zivilgesellschaft stehen und gegen Putins räuberisches, autoritären Systems „against President Vladimir Putin`s kleptocratic authoritarian system“ (p. 73) vorgehen. Seltsam ist es ja schon, wie sich Putin selbst und seine Familie vor Weihnachten, progressiv denkend lebenslang durch ein Immunitätsgesetz vor Strafverfolgung schützte. (Das gewährte Putin auch Jelzin). Und nun – ein paar Wochen danach das „Palastvideo“,aufgezeigt von Nawalny!

Biden will für US-Bürger einen Mindestlohn von 15 Dollar/h, die Folter ächten („I will reaffirm the ban on torture and restore greater transparency in U.S. military operations“ p. 66). Da wird das weitere Schicksal von Assange spannend! Er will Klarheit über das globale Finanzsystem und gegen Steuerparadiese vorgehen („go after illicit tax havens“). Das lässt aufhorchen, denn die Demokraten sind recht eng mit der Wallstreet verknüpft. Und die Heimat von Joe Biden, der Bundesstaat Delaware, ist bekannt für seine Briefkastenfirmen, und gilt als Steueroase der USA. Was wird hier Joe Biden unternehmen?
Sogar das Spendensystem für US-Wahlen missbilligt er und will es ändern. Da ist viel zu tun.

Branchenblatt würdigt ORF-Journalisten

Wie perfekt sind Armin Wolfs Interviews ? Wird Fritz Dittlbacher der neue Hugo Portisch ? Das sind zwei der Themen der jüngsten Ausgabe des Branchenblatts „Der Journalist“.

Udo Bachmair

Armin Wolf ist auch aus meiner Erfahrung als langjähriger ORF-Redakteur und Kollege ein Journalist, der sich penibel und gewissenhaft auf jede Sendung vorbereitet. Der ZiB 2-Anchor ist auch jemand, der immer wieder seine Interviews und Moderationen selbstkritisch hinterfragt. Die ihm immer wieder unterstellte Selbstherrlichkeit und Überheblichkeit ist daraus wohl nicht ableitbar..

Das belegt auch das Magazin „Der Journalist“, das Armin Wolf den Hauptartikel widmet. Demnach ist Wolf nur mit einem einzigen seiner 2000 Interviews in 20 Jahren wirklich zufrieden, nämlich mit jenem Gespräch, das er mit Erwin Pröll nach dessen Abgang als Landeshauptmann geführt hat. Warum dieses Interview so vorbildlich geführt worden ist, ruft „Der Journalist“ detailliert in Erinnerung.

Darüber hinaus sind weitere Journalisten-Persönlichkeiten Gegenstand von Würdigungen, wie etwa Erwin Zankl von der Kleinen Zeitung, der nun für sein „Lebenswerk“ ausgezeichnet wurde. Besondere Ehre erweist „Der Journalist“ ORF-Mann Fritz Dittlbacher. Der unter türkis/blau abgesetzte Ex-ZiB-Chefredakteur wird als neuer Hugo Portisch gehandelt bzw. geadelt.

Näheres von Georg Treitl, Chefredakteur „Der Journalist“:

georg.taitl@oberauer.com

Arik Brauer-Lebensportrait in Ö 1

Unvoreingenommenes Lebensporträt

Hans H ö g l

Eine ungewöhnlich differenziertes Lebensporträt des kürzlich verstorbenen Malers und Sängers Arik Brauer bot die ORF-Ö1-Sendung „Im Gespräch“ von Renata Schmidtkunz, gestern Abend am 28. Jänner. Erich (Arik) Brauer ist in Wien – Ottakring, eines damals echt proletarischen Bezirkes, aufgewachsen.

Der spätere renommierte Maler und Sänger Arik Brauer, Sohn eines jüdischen Schusters, wuchs in einer Zimmer-Küche Wohnung auf und trieb sich mit Gassenbuben herum. Austromarxistisch geprägt, erlebte er zwischen dem 10.und 17.Lebensjahr den Faschismus.

Bemerkenswert sind sein Lebensweg von Wien nach Paris und Israel und sein Weltbild, wie er als links Positionierter zwischen künstlerischen und politischen Auffassungen und Ideologien und Menschen (Kriegsteilnehmern) differenziert, was er über abstrakte und figurative Kunst meint, wie er das Entstehen des Phantastischen Realismus sieht, sein Urteil über die Situation des Staates Israel und zu den Arabern. Hier sprengt Arik Brauer manche Ideenbarrieren und Punzierungen. Die Sendung kann eine Woche lang nachgehört werden.

Auszeichnung für Qualitätsjournalismus

Er war einer der Großen. Einer der großen Journalisten : Claus Gatterer. Nach ihm ist ein Journalistenpreis benannt, der Qualitätsjournalismus würdigt.

Udo Bachmair

Der Preis ist dem 1984 verstorbenen feinsinnigen Südtiroler Journalisten, Historiker, Schriftsteller und Dokumentarfilmer Claus Gatterer gewidmet. Die „Auszeichnung für hervorragenden Journalismus“ ist mit 10.000 Euro dotiert und wird vom Presseclub Concordia und der Michael Gaismair-Gesellschaft Bozen verliehen.

Mit der Auszeichnung werden journalistische Arbeiten gewürdigt, die „dem Geist aufgeklärter Toleranz und der besonderen Sorge um soziale und ethnische Minderheiten verpflichtet sind“, sagt Peter Huemer, Sprecher der Jury. Qualitätsjournalismus, so Huemer, sei der Motor, der eine Demokratie am Laufen hält.

Die Ausschreibung richtet sich an Redaktionen oder Journalist*innen aus Österreich und Südtirol bzw. Journalist*innen, die in österreichischen oder Südtiroler Medien publiziert haben. Beiträge können in deutscher, italienischer oder ladinischer Sprache in Print, Radio, Fernsehen oder Online veröffentlicht worden sein.

Die Einreichung journalistischer Leistungen, die sich im Sinne Claus Gatterers durch kritisches Fragen, soziales Engagement und hohes stilistisches Niveau auszeichnen, ist bis 31. März 2021 ausschließlich digital über die Website des Presseclub Concordia möglich.

Weitere Infos unter
office@concordia.at

Ein Palast für Putin ?

Hans Högl

Die Präsidialverwaltung in Moskau, konkret der Kremlsprecher Dmitri Peskow, hat laut einer Kurzmeldung in der „Wiener Zeitung“ (27.1.2021) erklärt,

der Kreml habe kein Recht, die Namen der Eigentümer zu nennen -dies bezog sich auf das Video des Kremlkritikers Alexej Nawalny. Putin hat bestritten, dass der Palast ihm oder seinen engsten Verwandten gehöre.

Das Grundstück mit dem Palast ist dem Film zufolge 40 Mal so große wie Monaco und soll bereits 100 Milliarden Rubel (1,1 Mrd Euro) verschlungen haben.

Korrektur am Bild Ost-Europas

Der renommierte Osteuropa-Experte Ivan Krastev, ein Bulgare, sieht Ost-Europas Politik anders als üblicherweise im Westen.

Hans Högl

Ost-Europa sucht Anerkennung und seine Würde – so sieht es Ivan Krastev, Forscher am Instituts der Wissenschaft vom Menschen (IWM) in Wien – so in seinem Buch: „The Light That Failed. Why the West Is Losing the Fight for Democracy“ (2020). 1989 nach dem globalen Triumph des Westens über den Kommunismus hatte der westliche Liberalismus keinen Rivalen, und die liberale Demokratie wurde oft das Modell. Länder der ganzen Welt ahmten Institutionen und Lebensweise des Westens nach, vor allem der USA.

Das Ergebnis war ein kollektiver Stress (in den 90-iger Jahren), eine eiternde Verstimmung und Ärger („festering resentment“), der in einem Rückschlag des Liberalismus gipfelte, vgl.Rezension in „Foreign Affairs“ March 2020. Ich selbst erfuhr dies in Aussagen bei einem Bulgarienaufenthalt, indem von dem Elend der Pensionisten auf dem Lande nach der Transformation erschütternd berichtet wurde. Hier und anderswo wurde brutal das neoliberale US-Modell umgesetzt und nicht die Marktwirtschaft mit dem Sozialmodell Kontinentaleuropas.

Laut Krastev hat die Politik in Ungarn und Polen weniger zu tun mit einer neuerlichen, uranfänglichen und illiberalen Identität als vielmehr mit dem Bedarf in diesen und anderen osteuropäischen Ländern nach Unabhängigkeit, Anerkennung und Würde („independence, recognition and dignity“).

Lösungsorientierter Journalismus

Konstruktiv und kritisch sind Ziele für den Journalismus. Eine gute Theorie ist wertvoll, auch wenn die Praxis noch nachhinkt.

Hans Högl

„Vor zehn Jahren war der Widerstand noch groß. Als ich (Michael Gleich -Buchautor und Journalist bei WDR, Natur und Geo) den Fokus meiner Berichte auf Umwelt und Frieden als konstruktiv bezeichnete, entrüsteten sich Kollegen: „Heißt das etwa, dass wir destruktiv sind?“

Nein: Weil der Einzelne sicher die besten Absichten in der Berichterstattung verfolgt. Und ja, weil der mediale Hauptstrom einseitig ausgerichtet ist: auf das Negative, das Mißlingen, das Fehlerfinden. Kriegsherren bekommen tendenziell mehrer Sendezeit als FriedensstifterInnen.“ (Text aus dem Branchenblatt: Der Journalist).

Medien: USA = Amerika ? Amerika = USA ?

Die Tageszeitung Der Standard hat wie auch andere Qualitätsmedien meist auch eine gute außenpolitische Berichterstattung. Dennoch bedarf es fallweise auch einer medienkritischen Betrachtung.

Udo Bachmair

Gleich drei Schlagzeilen allein in einer Standard-Ausgabe (vom 21.1.2021):

„Ein neuer Morgen in Amerika“, „Biden beschwört Amerikas Einheit“ sowie „Botschafterin eines neuen Amerika“.

Von welchem Amerika ist da genau genommen die Rede ? Von Nord- oder Südamerika, von Kanada, Bolivien oder Kuba oder..? Alle Genannten gehören ebenfalls zu Amerika. Wollen die alle in einen Topf geworfen werden? Wollen die gar in einem „neuen Amerika“ (unter Führung der USA) leben ?

Wäre es nicht viel korrekter, von den USA zu sprechen und diese nicht gleich mit Amerika gleichzusetzen? In dem Sinne ist auch die oft verwendete Formulierung „amerikanischer Präsident“ störend und irreführend, der damit gleich für einen ganzen Kontinent verantwortlich gemacht zu werden scheint..

Eine ähnliche journalistische Unart begegnet einem auch im Zusammenhang mit „Europa“. Europa wird in der Regel (auch in Qualitätsmedien) immer wieder mit der EU identifiziert. Doch Europa umfasst deutlich mehr als die EU, beispielsweise auch den bevölkerungsstärksten Teil Russlands..

Die generalisierende Verwendung von „Amerika“ und „Europa“ spiegelt zudem eine gewisse (meist nicht bewusste journalistische) Überheblichkeit gegenüber Ländern und Bereichen außerhalb der USA und außerhalb der EU wider.

Corona-Partys: Zitat des Tages

Der Lockdown trifft und beeinträchtigt voll auch die Kulturbranche. Obwohl diese ähnlich der Gastronomie für die Sicherheit der Gäste entsprechend vorgesorgt und auch nicht wenig in deren Schutz investiert hat.

Udo Bachmair

Kulturveranstalterin Marlene Engel klagt stellvertretend für ihre Kolleg*innen über ihre angesichts der Corona-Maßnahmen dahindarbende Branche. Viele in diesem Bereich müssen um ihre Existenz bangen, bedauert sie in einem Standard-Gespräch. Sie weist auch auf Widersprüchlichkeiten hin: Auf der einen Seite strenge Maßnahmen, andererseits aber etwa illegale Partys, deren Veranstalter, nur weil sie prominent sind und über gute Kontakte verfügen, unbehelligt bleiben..

Marlene Engel äußert sich zum Thema unter Hinweis auf den mit dem Bundeskanzler befreundeten Szenegastronomen Martin Ho wie folgt :

„Also diese ganzen Martin-Ho-Partys finde ich peinlich. Wenn jemand, der eh auf so viel Geld sitzt und mit so vielen politischen Kontakten in Richtung Volkspartei ausgestattet ist, sich dann noch gebärdet, in irgendwelchen Almhütten im 19. Bezirk Corona-Partys zu feiern, ist das letztklassig. Aber solange die Kommunikation von seiten der Regierung zweigleisig ist, wird es auch in Privatbereichen Probleme geben. Wenn es okay ist, in einer Gondel zu sitzen und Ski zu fahren, andere aber auf eine enge Kontaktperson reduziert werden, dann sind die Leute nicht besonders motiviert, sich daran zu halten.“

( Zitat Standard 21.1.2021 )

ARD: Serie über die DDR

Hans Högl
Hinweis von einem Politologen

Lebensnahe Filmserie – im Kern über zwei sehr unterschiedliche Familien in der DDR ab 1980. Es lohnt, diese zu sehen, sie ist über die ARD-Mediathek verfügbar und kann am PC angesehen werden.

https://www.ardmediathek.de/ard/sendung/weissensee/staffel-1/Y3JpZDovL21kci5kZS9zZW5kZXJlaWhlbi9lNDU3OTIwNS01MmRmLTQyYzEtODIwZC1iZWJlOGQ4YjVhODE/1/