Archiv für den Monat: Juni 2023

Medialer Trauertag 30.6.2023

Das Aus für die Wiener Zeitung steht unmittelbar bevor. Morgen erscheint die letzte Printausgabe der ältesten Tageszeitung der Welt. Hoffnung auf Weiterbestand muss begraben werden.

Udo Bachmair

Die renommierte „Wiener Zeitung“ ist Geschichte. Alle Appelle und Initiativen zur Rettung des zum Kulturgut gewordenen Qualitätsblattes haben offenbar nichts gefruchtet. ÖVP und Grüne, vertreten durch Medienministerin Susanne Raab und Mediensprecherin Eva Blimlinger haben der Zeitung den Todesstoß versetzt. Der 30. Juni 2022 wird als medialer Trauertag in die Geschichte erbärmlicher Medienpolitik hierzulande eingehen.

Dass die Regierungspartei ÖVP an der Zerstörung der Wiener Zeitung festhalten würde, war nicht weiter überraschend. Sie hat ihren Machtanspruch und ihre Einflussversuche auf Medien während der Kurz-Ära massiv erweitert. Dass aber auch die Grünen, früher leidenschaftliche Fürsprecher von Qualitätsmedien und Medienvielfalt stur geblieben sind, erscheint rätselhaft. Ihre Mittäterschaft am Tod der Wiener Zeitung ist für Politstrategen völlig unverständlich. Vergrämen sie damit doch einen Großteil des bisher durchaus grünaffinen Medien- und Kulturbereichs.

Auch seitens des Bundespräsidenten, dem eine gesunde Medienlandschaft mit Medienvielfalt und Qualitätsjournalismus allein schon aus demokratiepolitischen Gründen ein Anliegen ist bzw. sein sollte, hat es an Unterstützung gemangelt, die älteste Zeitung der Welt am Leben zu erhalten. Der Vorwurf an ihn lautet, die Regierung nicht auf die vorhandenen Alternativangebote zur Weiterführung der Zeitung verwiesen zu haben.

Ungehört verhallt ist übrigens jener Brief, den der legendäre Hugo Portisch gemeinsam mit Heinz Nussbaumer vor 4 Jahren veröffentlicht hat. Darin heißt es unter anderem:

In einer Zeit, in der Qualitätsmedien weltweit einen Überlebenskampf gegen Banalität und Trivialisierung führen müssen – und ihn zu oft auch verlieren –, ist jede Würdigung und Auszeichnung für diese aus vielen Gründen außergewöhnliche österreichische Zeitung ein wichtiger Beitrag, um das Fortbestehen der Wiener Zeitung auch in Zukunft abzusichern.
Diese Hoffnung muss nun begraben werden. Ein möglicher Lichtblick jedoch besteht darin, dass bei einer neuen Regierung nach der nächsten Nationalratswahl die Wiener Zeitung eine Chance auf Wiederauferstehung hat.

Ein Buchautor klärt auf

Drei Epochen der Aufklärung sieht der Buchautor Thomas Halik: der Vernunft, Emotionalität, des Klimas. „Aufklärung“ bietet er auch in anderen Fragen.

Hans H ö g l

Passagen aus dem Buch: Thomas Halik (2022): Der Nachmittag des Christentums.Eine Zeitansage,Freiburg, Herder, 317 S.- mit Index und Anmerkungen. Der tschechische Soziologe und Theologe Thomas Halik schrieb ein epochales Buch – primär zur Zukunft des Christentums. Ich greife daraus einige Passagen auf, die meiner Ansicht nach im Sinne der Medienkultur von Interesse sind. Halik schreibt sinngemäß:

Die erste Aufklärung hat die Epoche der Moderne eröffnet. In ihr sieht Thomas Halik die Emanzipation der Vernunft (17./18.Jahrhundert – vgl. Jahr 1789). In der zweiten Aufklärung wurde gegen die vorausgehende Generation der Eltern revoltiert, die den 2. Weltkrieg und den „Kalten Krieg“ erlebt haben. Die zweite Aufklärung ist die Emanzipation der Emotionalität (u. Sexualität – vgl. Jahr 1968). Die dritte Aufklärung legt großen Wert auf ökologische Verantwortung – angesichts des unbestreitbaren Klimawandels und lehnt neoliberalen Kapitalismus und unbeschränktes Wachstum ab und fordert einen alternativen Lebensstil. Eine globale mediale Aufmerksamkeit habe das „Auftreten der Kinderprophetin Greta Thurnberg gewonnen“ (p. 169 f.).

Doch Halik meint auch, das Wort „Krise“ gehört zu den am meisten benutzten Worten unserer Zeit. Kein Wunder, dass es schon viele Menschen ermüdet und gereizt reagieren lässt. Gab es denn eine Zeit ohne Krisen, ist unsere Zeit mit ihren Krisen wirklich außergewöhnlich? fragt er (p. 89). Das Misstrauen gegen die jetzige ökonomische und politische Weltordnung spiele dem politischen Extremismus, Populismus und Fanatismus in die Hände.

Ähnlich wie in der Zeit der Wirtschaftskrise der 30-er Jahre des 20. Jahrhunderts radikalisieren sich die Linke und die Rechte. In manchen postkommunistischen Ländern kommt die nationalistische Rechte zur Macht, während sich vor allem im akademischen Milieu mancher amerikanischer und westeuropäischer Universitäten die Anhänger der radikalen linken Ideologie des Multikulturalismus und der Politischen Correctness zu ihren Gegnern mit einem solchen Maß an Intoleranz, Arroganz und Fanatismus verhalten, dass es fast an ideologischen Säuberungen aus der Zeit der Kommunismus erinnert (p. 168 f.).

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ORF-Objektivitätsgebot verletzt ?

Das Ö1-Mittagsjournal und das Ö1-Journal Panorama haben kürzlich über den Stand der Neutralitätsdebatte berichtet. Doch es sind ausschließlich neutralitätsskeptische ExpertInnen zu Wort gekommen.

Udo Bachmair

Die Ö1-Information gehört angesichts eines teils jämmerlichen Zustands der österreichischen Medienlandschaft zu den letzten Highlights. Ausgewogen in der innenpolitischen Berichterstattung, nicht sehr ausgewogen bei außenpolitischen Themen. Und dennoch: insgesamt muss eine eher positive Bilanz gezogen werden.

Vor diesem Hintergrund fallen dann Sendungen umso mehr auf und ins Gewicht, in denen mit dem Objektivitätsgebot, zu dem der ORF gesetzlich verpflichtet ist bzw. wäre, nicht besonders seriös umgegangen wird. Jüngstes Beispiel dafür Tendenzen von Beiträgen und Interviews im ORF-Radio zum Reizthema Neutralität Pro & Contra.

Eine heikle Thematik jedenfalls, weswegen die Positionen beider Seiten zur Meinungsbildung wichtig wären. Doch im jüngsten Ö1-Journal Panorama sind ausnahmslos neutralitätskritische Stimmen vorgekommen. Damit wurde der Eindruck erweckt oder die Botschaft vermittelt, die Neutralität sei längst überholt und Österreich reif für einen NATO-Beitritt.

Siehe bzw. höre dazu die erwähnte Sendung via

https://oe1.orf.at/player/20230622/723015

Als „Anreißer“ für das abendliche Journal Panorama fungierte davor im Ö-1-Mittagsjournal ein langes unkritisch geführtes Interview mit der deutschen NATO-Expertin Bapst über die Sinnlosigkeit der österreichischen Neutralität in Zeiten wie diesen:

https://oe1.orf.at/player/20230622/722998/1687428686000

Ein solches Interview ohne Gegenstimme so prominent einzusetzen, lässt den Verdacht aufkommen, dass sich nun auch die renommierte Ö1-Information zugunsten einer kleinen Interessensgruppe von Offizieren und NATO-PropagandistInnen einspannen lässt, die die Abkehr von Österreichs Neutralität vorantreiben wollen.

Frankreich brennt

Sind Franzosen neue Trendsetter?

Hans H ö g l

Ein Feuilletonbeitrag macht transparent, was Tages-Journalismus übersieht, rückt Bekanntes in ein anderes Licht, macht Verborgenes sichtbar. So das Medien-Schmankerl von Pascal Bruckner, einem Autor und Philosophen, der in Paris lebt:

Frankreich erlebt eine Flut tragischer und brutaler Ereignisse. Die Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr stiegen explosionsartig an, im Jahr 2020 sind 4.900 Polizisten verletzt worden, 3800 waren es im 2004. Bei Demos werden Büros, Banken, Versicherungen verwüstet, und niemand empört sich darüber. Unzählige Präfekturen wurden niedergebrannt. Es gibt Angriffe auf Feuerwehrleute, zunehmend seit 2005 – oder Übergriffe auf Krankenhauspersonal und Lehrkräfte.

In Amiens wurde ein Großneffe von Brigitte Macron von einem Mob fast umgebracht. Pascal Bruckner deutete dies als schleichende Zersetzung von Alltagsnormen, beschleunigt durch eine unpopuläre Rentenreform. Das habe laut Bruckner diverse Gründe: Der Bürger von moderner Demokratie sei wie ein verwöhntes Kind, das eine antiautoritäre und eine auf die geringsten Bedürfnisse eingehende Erziehung erhalten habe. Als Kunde sei er König, dessen Wünsche seien auf dem Marktplatz heilig. Bis ins Erwachsenenalter bleibe „Seine Majestät das Baby“, dem man alles schuldig wäre.

Der Autor Jérome Fourquet übernahm dafür ein Wort des Soziologen Norbert Elias aus dem Jahr 1938, nämlich „décivilisation“, was auch Präsident Macron aufgriff. Der Beitrag fand sich in der „Neuen Zürcher“ am 22. Juni, und auf einen anderen Kontext bezogen brachte eine Psychologin in dem eher links positionierte Zürcher Tages-Anzeiger für das Verhalten junger Leute eine ähnliche Deutung. Das Verhaltensprofil in Frankreich geht weit über deutsche und österreichische Jugendproteste hinaus.

So lautet heute am 23.6.2023 die Schlagzeile in der „Krone“: „Jugend wütend und im Stich gelassen“. Drei von vier fühlen sich von der Politik nicht vertreten (S. 1). Die „Krone“ nennt folgende NGOs: Fridays for Future, Letzte Generation, Extinction Rebellion und Black Lives Matter. Die „Krone“ bringt sechs Interviews von jungen Leuten aus Höheren Schulen und einen Lehrling (16). Eine HAK-Schülerin sagt: „Ich denke, dass die Jugend von heute stark verärgert ist, weil wir uns alle vernachlässigt fühlen“. Uns wurde die Zukunft erschwert. Oder Lorenz (18) HTL-Schüler meint: „Wir Jungen werden hinsichtlich der Klimakatastrophe am meisten betroffen sein“…

Wahre und falsche Darstellung

Binäre Gegenüberstellung zu einfach

Hans Högl

Das Wort „Fake“ hat der frühere US-Präsident Donald Trump gern in den Mund genommen und Fakes selbst reichlich produziert. Zuletzt ist in Medien davon weniger die Rede. Doch zwischen wahr und falsch, zwischen Fake und Fiktion, zu unterscheiden, bleibt für die Medienkultur, Kommunikation und die Literatur eine Kernfrage. Damit hat sich der Schweizer Germanist Thomas Strässle des Näheren befasst (Vgl. Büchlein: Fake und Fiktion. Über die Erfindung der Wahrheit. Edition Akzente, Hanser 2019), und er hat dies bei einem Vortrag in Lech/Arlberg gut erläutert.

Davon zentrale Aussagen: Fake bedeutet im amerikanischen Slang Täuschung, Schwindel, so tun also ob. Abgeleitet von factitious (unecht, künstlich), in dem factual ( tatsächlich, wirklich) und fictious (eingebildet, erfunden) verbunden sind. Dies leitet sich wiederum vom lat. facere (machen) bzw. fingere (erdichten) ab (p. 15).

Wer ein Fake herstellt, tut es nicht nur willentlich, sondern auch wissentlich.

In der Regel stellen wir wahr und falsch gegenüber, denken in binärer Opposition. Doch dies -so Strässle- ist die halbe Wahrheit; denn nicht jede Fiktion ist ein Fake. So gibt es viele Formen der Fiktion (Märchen, Fabel, Parabeln, fantastische Erzählungen und symbolische Gedichte, absurde Dramen usw.), die keinen Anspruch erheben, faktisch zu gelten, wie der Fake es immer tut.

Zum faktualen Erzählen gehören Reportagen, Chroniken, Reiseberichte, Zeitungsnotizen und Biografien historischer Personen (p. 34).

Besonders spannend ist ein Kapitel über einen Märchen-Archäologen, der versucht, die reellen Hintergründe des Märchens von Hänsel und Gretel im Spessart und von Hexenverbrennung im Dreißigjährigen Krieg darzustellen.

Keine Solidarität mit Assange

Er hat US-Kriegsverbrechen aufgedeckt: Julian Assange. Der mutige Journalist soll nun doch ausgeliefert werden. Auch die Medien-Unterstützung für ihn lässt zu wünschen übrig.

Wolfgang Koppler *

„Man nennt mich allenthalben einen Meister der Ironie. Aber ausgerechnet in dem Hafen von New York eine Freiheitsstatue zu errichten…auf den Gedanken wäre nicht einmal ich gekommen.“

Dieses Zitat von George Bernhard Shaw kommt einem in den Sinn, wenn man an das Schicksal von Julian Assange denkt, dessen Auslieferung nach der vor einigen Tagen ergangenen Entscheidung des High Court – trotz des dagegen erhobenen, wohl ziemlich aussichtslosen Rechtsmittels – unmittelbar bevorstehen dürfte. Eine ähnliche Ironie wie die eingangs erwähnte Freiheitsstatue stellt der internationale Tag der Pressefreiheit dar. Insbesondere wenn man an die Gleichgültigkeit von Journalisten gegenüber der Ermordung von Daphne Aruane Galicia, Jan Kuciak, den beiden in Bagdad erschossenen Reuters-Journalisten (trotz des seinerzeitigen Aufrufs von Reuters), aber auch an deren oft handzahme und angepasste Berichterstattung denkt. Oder hat die Forderung Erdogans an Schweden nach Auslieferung unliebsamer kurdischer Journalisten irgendwelche Proteste ausgelöst ? In Schweden demonstrieren ja eh nur NATO-Gegner und PKK-Anhänger (wie man manchen Artikeln entnehmen konnte).

Journalisten sind sehr oft weder die Wahrheit, noch die Medienkonsumenten, ja nicht einmal ihre ermordeten oder gefährdeten Kollegen wichtig. Von der viel beschworenen Pressefreiheit ganz zu schweigen. Obwohl ihnen im Westen meist nicht Gefängnis oder Verfolgung droht, wie in anderen Ländern.

Aber man scheut Unannehmlichkeiten, wie die Reaktionen von Vorgesetzten, Kollegen und Lesern. Passt sich an, schreibt möglichst das, was ankommt. Überschüttet sich gegenseitig mit Preisen. Wenn jemand etwas schreibt, was nicht der herrschenden Linie entspricht, macht man ihn des Öfteren verächtlich. So wie auch die Leser beinahe auf Knopfdruck mit Shitstorms auf Andersdenkende reagieren.

Und so werden Zivilcourage und Verantwortungsbewusstsein immer seltener. Unter Journalisten, in Wirtschaft. Politik und unserer gesamten Zivilgesellschaft.

Es gäbe jetzt eine Möglichkeit, ein Zeichen zu setzen: Alle Redaktionen sollten geschlossen dafür eintreten, dass ihre Zeitung am Tag von Assanges Auslieferung mit einer leeren, schwarz umrandeten Titelseite erscheint. Wenigsten gedenken sollte man der Pressefreiheit (wenn sie einem schon egal ist).

Ganz gleich, wie man zu Assange steht. Aber das was hier passiert, ist – wenn man es recht bedenkt – eine Schande für uns alle. Und es ist auch eine Pervertierung des Rechtsstaats. Denn Assange ist weder US-Bürger, noch hat Assange von den USA aus agiert. Was würde man sagen, wenn China die Auslieferung von deutschen Journalisten wegen der Veröffentlichung chinesischer Regierungsdokumente zu irgendwelchen Menschenrechtsverletzungen verlangen würde ? Oder Großbritannien ? Wenigstens einmal im Leben sollte man Zivilcourage zeigen. Aber auch das ist wohl zu viel verlangt von Journalisten.

Da sägt man lieber an dem Ast, auf dem man selbst sitzt. Benennen wir doch den Tag der Pressefreiheit endlich um in „Tag der Angepasstheit“. So viel Ehrlichkeit sollte sein.

* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler ist Jurist und Publizist und lebt in Wien

Zug statt Flug

Frankreich verbietet erstmals einige Kurz-Streckenflüge

Hans Högl

Nur in wenigen Medien war beiläufig zu erfahren, dass Frankreich Kurzflüge einschränkt. Fürchten Medien Werbeausfälle, wenn sie dies berichten?
Wer in Frankreich eine Stadt unter 2,5 Stunden mit dem Zug erreicht, für den gibt es ab sofort keinen Flug mehr. Dieses Verbot ist erstmalig.
Frankreich nimmt hier eine Pionierrolle ein. Ein Beitrag der Franzosen für ihre Klimaziele.

Das Verbot gilt für alle Flüge, deren Ziele unter 2,5 Stunden mit dem Zug erreichbar sind. Von rund 100 Städteflügen sind dies immerhin einige Verbindungen. Z.B. Paris – Nantes/ Paris – Lyon/ Paris – Bordeaux

Handel als Friedenschance

300 Milliarden € Handel verbinden Deutschland mit China

Hans Högl

Von der Wiener Tageszeitung „Die Presse“ war heute das erstaunliche Handelsvolumen Deutschlands mit China zu erfahren. In Berlin kommen deutsche und chinesische Vertreter zu Regierungskonsultationen zusammen. China ist der größte Handelspartner der Bundesrepublik. Am Montag kam der chinesische Premier Li Qiang nicht nur mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz zu einem Abendessen zusammen, er traf chinesischen Angaben zufolge auch Topmanager von Siemens, Volkswagen, Mercedes, BMW, Merck, BASF, Schaeffler, Covestro und Allianz. Ein Handelsvolumen von 300 Milliarden Euro verbindet eben trotz aller politischen Dissonanzen. Solche internationalen Kooperationen tragen dazu bei, den Frieden zu bewahren, meine ich von der Vereinigung für Medienkultur, die „Presse“ warnt vor zu großer Abhängigkeit.

Atomare Bedrohungen: Ukraine/Taiwan

Dr. Daniel Ellsberg ist kürzlich gestorben. Ein bestürzendes You-Tube-Gespräch von Daniel Ellsberg (Er war Militär-Analytiker des Pentagon zu Fragen atomarer Kriegsführung) mit dem weltberühmten Forscher Noam Chomsky.

Hans Högl

Kurz: Inhalte von dem außerordentlichen Gespräch: Putin hat es zustande gebracht, sich als Feind Europas erneut zu positionieren. So stellt sich Europa gern unter den Schirm der USA, die somit „Europa in der Tasche“ hat. Vorbei ist die Idee eines friedlichen Europas von Lissabon bis inklusive Russland, wie es u.a. Gorbatschow 1989 vorsah- bei den Verhandlungen über die deutsche Wiedervereinigung.

Zur Position der Krim. Für Russland ist, die Krim zu halten, ein definitives Ziel, obwohl diese Selenskij zurück haben will.

Das Gespräch betraf auch Pläne zu einem Atomkrieg im Jahr 1983. Es wurde überlegt, alle größeren Städte Russlands und Chinas zu bombardieren. Doch man erinnerte sich an die Bombardierung von Dresden u. anderen Städten, als danach gefährlicher Rauch in die Stratosphäre aufstieg.

Ein solch` atomares Bombardement auf alle wichtigeren russische und chinesische Städte hätte zur Folge, dass sich 70 % des Sonnenlichts auf Jahre verdunkeln und und dies eine Hungernot und Tod für Milliarden von Menschen auslösen würde- wobei bestenfalls Argentinien davon verschont bliebe.

Das Gespräch betraf auch China und Taiwan und die Kriegsvorbereitungen der USA und die Aktiengewinne von Konzernen.

NB. Hans Högl befasste sich in seiner Diplomarbeit in Louvain (Belgien) mit dem Verrat der Pentagon Papiere durch Daniel Ellsberg (Titel: „Wirkungsformen von Informationen“ 1972) Es war ein Text-Vergleich von „Le Monde“ mit denen in der „Frankfurter Allgemeinen“ als Echo auf die Publikationen von „New York Times“). In seiner nichtpublizierten Dissertation in Wien 1978 griff ich das Thema erneut auf. Der Titel lautete: „Presse in der Demokratie und Möglichkeiten rationaler politischer Urteilsbildung“ (Umfang 156 Seiten). Die „Pentagon Papiere“ zu lesen ist noch heute sehr lesenswert.

Ein Teilziel der Untersuchung war, wie das Porträt von Daniel Ellsberg in „Le Monde“ und in der FAZ dargestellt wurde und worin die Unterschiede lagen. Im März 2023 gab Daniel Ellsberg bekannt, dass bei ihm ein inoperabler Bauchspeicheldrüsenkrebs diagnostiziert wurde und er nur noch schätzungsweise drei bis sechs Monate zu leben hat. Er starb am 16. Juni 2023 im Alter von 92 Jahren.

Polemik gegen Babler „geistig ungenügend“

Andreas Babler, erst seit einer Woche SPÖ-Chef, werden schon jetzt parteiintern und besonders auch medial Stolpersteine in den Weg gelegt. Dabei „hilft“ der aus der Versenkung geholte altbewährte Kommunismus-Verdacht.

Udo Bachmair

Es war wahrlich Andreas Bablers Woche. Kein Tag, an dem Medien nichts über, für oder gegen ihn veröffentlicht haben. Differenzierungen und seriöse Analysen zu Persönlichkeit und Aussagen des neuen SPÖ-Vorsitzenden sind allerdings weitgehend unterblieben. Mit Ausnahme etwa einer Reportage in der Wiener Zeitung über teils beeindruckende soziale Errungenschaften Bablers als Bürgermeister von Traiskirchen. Ausgerechnet diesem Qualitätsblatt wird auf Betreiben der Regierungsparteien ÖVP und Grüne mit Ende Juni das Leben ausgehaucht.

Die meisten Zeitungen, die tendenziell der ÖVP nahestehen, haben sich weniger mit Inhalten auseinandergesetzt, die Babler präsentiert hat, sie haben vielmehr die Kommunismus-Keule gegen ihn ausgepackt und kräftig geschwungen. Mit sattsam bekannten Unterstellungen, der „linke Demagoge“ (die Presse) würde unser Land direkt in den Kommunismus führen. Dabei wird mit Polemik auch zu anderen Themen nicht gespart. So schreibt etwa der radikal neoliberale Agenda-Austria-Chef Franz Schellhorn in seiner Presse-Kolumne am Samstag, dass allein schon „das Erfragen eines Asylgrundes für einen Bundeskanzler Babler einer unverzeihlichen Menschenrechtsverletzung gleichkäme“.

Weniger fein, aber in ähnliche Richtung äußert sich neben anderen auch der umtriebige Baumeister Richard Lugner, der in Babler eine große Gefahr sieht. Ebenfalls in der Kronenzeitung heute aber auch eine wohltuend besonnene Stimme: So stört Leitartikler Claus Pandi das niedrige Level der Debatte rund um die politische Positionierung Bablers, indem er schreibt:

„Das Niveau der Debatte ließe sich noch heben. Bablers SPÖ nordkoreanische Verhältnisse zu unterstellen, ist geistig ungenügend“.