Archiv für den Monat: Dezember 2023

Nützliche Neutralität

Die jüngste große Veranstaltung unter Mitwirkung der Vereinigung für Medienkultur war eine Podiumsdiskussion im Presseclub Concordia zur Notwendigkeit einer aktiven und engagierten Neutralität. Dazu im Folgenden die Kurzfassung eines Berichts, der in der aktuellen Ausgabe der renommierten Zeitschrift INTERNATIONAL erschienen ist.

Udo Bachmair

Rund um den Nationalfeiertag, an dem das Gesetz zur immerwährenden Neutralität beschlossen wurde, hat sich die Initiative Engagierte Neutralität (IEN) gebildet. Motiv und Anlass dafür war und ist es, auf die Wichtigkeit, ja, auf die besondere Nützlichkeit unserer Neutralität gerade auch in besonders krisenhaften Zeiten wie diesen hinzuweisen.

In Politik, Medien und diversen Diskussionen sind mancherorts Tendenzen zu registrieren, die darauf hinauslaufen, unsere Neutralität nicht mehr sinnvoll oder als überholt zu betrachten. Hand in Hand damit wendet sich die Initiative klar gegen Überlegungen, Österreich solle „zum Selbstschutz“ der NATO beitreten.

Die immerwährende Neutralität wird von einer überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung als höchst positiv angesehen. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund hat die Initiative Engagierte Neutralität in einem Appell an Regierung und Parlament dazu aufgerufen, die immerwährende Neutralität zu wahren und für eine engagierte Friedenspolitik zu nutzen.

Einige der Zitate aus dem mittlerweile von mehr als 150 namhaften Persönlichkeiten unterzeichneten Appell :

>>„Neutralität bedeutet freiwillige Selbstverpflichtung zur friedlichen Streitbeilegung“

>>„Neutralität verringert das Risiko, in einen Krieg hineingezogen zu werden“

>>„Österreich hat als neutraler Staat im Rahmen der Diplomatie und durch den Einsatz der Blauhelme wichtige Beiträge für den internationalen Frieden geleistet“

>>„Neutrale Staaten sind ideale Orte der Begegnung, man denke an Österreich als Vorsitzland der OSZE, mit Wien als offiziellem UNO-Amtssitz“

>>„Das Engagement neutraler Staaten ist nicht wertneutral, es ist das Gegenteil von Abseitsstehen. Es bedeutet, zu Völkerrechtsverletzungen unabhängig, eigenständig und klar Stellung zu nehmen“

In der Podiumsdiskussion der Initiative Engagierte Neutralität nannte der Politikwissenschafter und Sicherheitsexperte Univ. Prof. Heinz Gärtner zwei Hauptcharakteristika einer engagierten Neutralität: „Nützlichkeit und Glaubwürdigkeit“. Neutralität müsse glaubhaft vermitteln können, keinem Militärbündnis beizutreten, keine fremden Truppen auf dem eigenen Territorium zu stationieren sowie an keinen fremden Kriegen teilzunehmen. Diese immerwährende Neutralität müsse von der internationalen Gemeinschaft aber auch „als wirklich glaubwürdige Garantie“ wahrgenommen werden. Ein neutraler Staat müsse zudem auch nützlich sein, Dienste anbieten, gute Dienste, Vermittlungstätigkeiten leisten, Gastgeber von internationalen Organisationen sein, nicht zuletzt von Gipfelkonferenzen.

Bundesheergeneral a. D. Günther Greindl , früherer Oberkommandierender österreichischer Friedenstruppen, hob das Vorbild der neutralen Schweiz hervor und diesbezügliche Ähnlichkeiten mit Österreich. Auch Österreich liege in einer geostrategisch günstigen Lage. Auch Österreich sei nützlich als Sitz einer UNO-Institution. Kein günstiger Vergleich mit der Schweiz besteht laut Greindl darin, dass „unser Bundesheer seit Jahrzehnten kaputtgespart worden ist“.

Gabriele Matzner, langjährige Diplomatin, zuletzt Botschafterin in London, plädierte für eine humanitäre Außenpolitik als essentielles Prinzip einer engagierten Neutralitätspolitik. Schon in Zeiten des Ost-West-Konflikts sei Österreich als neutraler Staat zwischen den Blöcken gleichsam prädestiniert gewesen als Vermittler, als Ort für internationale Begegnungen.
Auf die Frage von Moderator Udo Bachmair, ob es denn einen neuen Kreisky bräuchte, sagte Gabriele Matzner: „Ja, wäre nicht schlecht“ Es habe aber auch vor und nach Kreisky wichtige Politiker gegeben, die sich im Sinne Kreiskys engagiert hätten. Eine aktive Friedenspolitik des neutralen Österreich könne jedenfalls auch für die Europäische Union ein Vorbild sein.

Daran knüpfte in der Pressekonferenz Ex-Sozialminister Erwin Buchinger an, der innerhalb der SPÖ die Initiative „Aktive Neutralität“ leitet. Österreich habe in den letzten Jahren gezeigt, dass beides möglich sei, nämlich neutral und Mitglied der EU-zu sein und damit auch eines „solidarischen Sicherheitssystems.“ Immer wieder höre man, dass dies nicht möglich sei, wenn man „die Neutralität ganz wahren und leben will. man kann nicht ein bisschen schwanger sein“. Es stünde einem neutralen Staat gut an, sich auch im Ukraine-Konflikt und im aktuellen Konflikt im Nahen Osten für Waffenstillstand und Friedensverhandlungen einzusetzen.

Wendelin Ettmayer –früher Nationalratsabgeordneter der ÖVP – später dann Diplomat -u.a. Botschafter beim Europarat, sieht das ähnlich. Er erweiterte die komplexe Thematik jedoch um den Begriff „Moralität“, wie er es bereits auch in einer brillanten INTERNATIONAL-Analyse ausgeführt hatte. Moralisierend werde in Konflikten immer von den eindeutig Guten und eindeutig Bösen gesprochen, und da könne man nicht neutral sein. „Gut und Böse sind Kategorien aus dem Privatleben, Außenpolitik ist aber keine Privatsache“. Es gehe, so Ettmayer, um die entscheidende Frage, ob ein Aus für die österreichische Neutralität oder deren Aushöhlung mehr Sicherheit oder mehr Unsicherheit mit sich bringe. Die Antwort Ettmayers ist klar „Die Neutralität bringt eindeutig mehr Sicherheit und Stabilität“.

Die Aufzeichnung der Podiumsdiskussion der Initiative Engagierte Neutralität können Sie im Youtube-Kanal von INTERNATIONAL unter folgenden Links abrufen:

www.youtube.com/watch?v=7VPVzzhncBI

www.international.or.at

China-Spionage in der Schweiz?

Im Zürcher Tagesanzeiger ist ein bemerkenswerter Kommentar zu einem Spionageverdacht gegenüber einem „Gastwirt“ erschienen. Ein heikles Thema, das in heimischen Medien bisher kaum Beachtung gefunden hat. Lesen Sie folgenden Kommentar, ausgewählt von

Hans Högl *

„Mehrere Jahre dauerte es, bis die Sicherheitsbehörden wegen eines verdächtigen Hotels beim Militärflugplatz Meiringen durchgegriffen haben. Eine chinesische Familie kaufte das Gebäude, dann passierte jahrelang wenig – bis die Spionageabwehr einschritt: Gasthof Rössli.

Würde jemand für das Fernsehen ein solches Drehbuch einreichen, würden es die Verantwortlichen ablehnen: zu klischiert. Aber so hat es sich abgespielt: Eine freundliche chinesische Familie kauft 2018 den Gasthof Rössli im Weiler Unterbach, direkt neben dem Militärflugplatz Meiringen. Mit freier Sicht auf das Flugfeld, wo im Juni 2019 das neue Kampfflugzeug F-35 zum Test landet und wo der Jet amerikanischer Bauart auch künftig starten und landen wird.

Fast fünf Jahre wirtet die Familie da (mit Unterbrüchen wegen Corona). 2023 durchkämmen plötzlich Fahnder das Gasthaus. Und die Chinesen verschwinden. Schweizer Sicherheitskreise verdächtigen die «Gastwirte» der Spionage für China. Beweise gibt es keine. Gegen außen schweigen alle Involvierten.

Zurück bleiben Fragen. Die Chinesen agierten nicht besonders diskret – sie haben den Gasthof selbst gekauft, ihre Namen stehen im Grundbuch. Kommt dazu, dass der ganze Flugplatz Meiringen sehr zugänglich gestaltet ist. Zwei öffentliche Straßen queren die Piste. Wie sieht das Sicherheitskonzept aus? Gab es am Militärflugplatz keine Armeeangehörigen, die nach 2018 misstrauisch wurden, dass da ein Gasthaus stand, dessen Restaurant gar nicht geöffnet war? Schlief die Militärpolizei?

Auf der lokalen Ebene müssen die Reaktionen spärlich ausgefallen sein, wenn es überhaupt welche gab. Aber das Hauptproblem ist die übergeordnete Ebene. Es gibt nur eine Handvoll Militärflugplätze in der Schweiz, das sind sensitive Standorte. Der Schweizer Nachrichtendienst hat selbst einen Schwerpunkt bei der Wirtschaftsspionage gesetzt. Mit dem Programm «Prophylax» weist er Unternehmen auf die Gefahren der Ausforschung durch fremde Staaten hin. China ist dabei ein Hauptakteur.

Dass nun ausgerechnet bei einem Verdacht, der eine VBS-Einrichtung betrifft, erst nach Jahren mit scharfen Mitteln eingegriffen wurde, ist eine Peinlichkeit: Wie will man glaubwürdig vor Spionen warnen, wenn man selbst – an einem besonders heiklen Ort – so lange braucht, um zu reagieren?

Die obersten Verantwortlichen in diesem Fall sind die Chefs des zivilen und des militärischen Nachrichtendienstes sowie Verteidigungsministerin Viola Amherd. Sie schulden der Öffentlichkeit Antworten, was im «Fall Rössli» schiefgegangen ist. Und was man daraus lernen will.“

* Hans Högl hat einen Kommentar aus einem Blog des Zürcher Tagesanzeigers zitiert

4 zu 1 ausgewogen ?

Die Gestalter der ORF-Diskussionssendung Im Zentrum sehen sich immer wieder mit dem Vorwurf der einseitigen Zusammensetzung von Podiumsrunden konfrontiert. Vor allem bei Reizthemen wie der Debatte um Österreichs Neutralität oder den Kriegen im Nahen Osten und in der Ukraine. Letztere war Thema der jüngsten Podiumsdiskussion.

Wolfgang Koppler *

Wie stellt man sicher, dass bei einer Diskussionssendung ein bestimmtes Ergebnis herauskommt ? Und man doch nicht ganz einseitig erscheinen will ? Vor allem wenn man dummerweise an ein Objektivitätsgebot gebunden ist ?

Man lädt vier Gäste ein, deren Standpunkt man schon im Vorhinein kennt- Einen, der sicher nicht kommen wird (in diesem Fall der russische Botschafter). Und einen einzigen Andersdenkenden. So geschehen beim der sonntägigen ORF-Diskussionssendung „Im Zentrum“ zum Thema: „Der Westen gegen Putin: Ist der Krieg noch zu gewinnen ?“ Schon der Titel erinnerte an Baerbocks Ausspruch vor dem Europarat, die den Westen im Krieg gegen Russland sah (wenn auch vom ORF etwas vorsichtiger formuliert).

Zu Beginn war natürlich von Putins Jahrespressekonferenz die Rede, wo er im Wesentlichen die Neutralität der Ukraine und ihre „Entnazifizierung“ gefordert hatte, eine Redewendung, die er schon letztes Jahr verwendet hatte. Und von der gescheiterten ukrainischen Frühjahrsoffensive. Signale von russischer Seite aus den letzten Monaten, die auf Gesprächsbereitschaft hindeuten, ließ man natürlich unerwähnt.

Oberst Markus Reisner vom Bundesheer trat nicht nur – wie zu erwarten – für mehr Waffenlieferungen ein (einen Krieg dürfe man nicht halbherzig führen) und hielt Verhandlungen für aussichtslos, sondern sprach auch noch von einem Konflikt zwischen dem Globalen Norden und dem globalen Süden (worunter er auch China und Indien verstand), der eine Aufrüstung des Westens, pardon des Globalen Nordens erforderlich mache.

Der ukrainische Botschafter Khymynets vertrat natürlich den Kurs der ukrainischen Führung, dass man bis zur Vertreibung des letzten russischen Soldaten aus dem ukrainischen Territorium kämpfen müsse, Verhandlungen sinnlos seien und die Ukraine die Freiheit des Westens verteidige. Putin sei gefährlich für die Zukunft Europas.

Martin Selmayr (Enkel zweier Generäle), der Vertreter der EU-Kommission in Wien, der sich von der Moderatorin auch noch ein Zaudern vorhalten lassen musste, erwähnte die Anstrengungen der EU und die jüngsten Ratsbeschlüsse zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen und zur Ausweitungen von Sanktionen und ging davon aus, dass auch die 50 Milliarden an weiterer Unterstützung für die Ukraine (ob mit oder Ungarns Unterstützung) in einigen Wochen beschlossen sein würden (die Welthungerhilfe und selbst die Entwicklungshilfe wären schon für einen Bruchteil der Mittel dankbar). In militärischer Hinsicht seien 1300 km Front von der russischen Armee auf die Dauer nicht zu halten (schätzungsweise 400.000 Tote sind offenbar nicht genug).

Die Historikerin Barbara Stelzl-Marx sprach von der politischen Zukunft Europas (die auf dem Spiel stehe), vom Konflikt der Werte (da war von anderen verwendete „Kampf der Werte“ noch ehrlicher), vom Verwandlungskünstler Putin. Diesem dürfe man nicht nachgeben, da er sonst seine Aggressionen fortsetzen würde. Moldawien könnte vielleicht das nächste Ziel sein. Immerhin strebe er die Wiederherstellung des Sowjetimperiums an. Putin wolle mit seiner Formel von der „Denazifizierung“, die er schon (zugegebenermaßen) sehr lange verwende, den „Großen Vaterländischen Krieg beschwören. Und was wird auf westlicher Seite beschworen ? Waren da nicht auch öfters Versatzstücke aus dem Zweiten Weltkrieg im Spiel ? Selenskyjs Churchill-Rede, „Blut, Schweiß und Tränen“ bei Timothy Garton Ash, Putin-Hitler-Vergleiche,,,

Alle versuchten zu begründen, warum man in keinem Fall nachgeben dürfe.

Friedensforscher Thomas Roithner verwies auf die Opfer und das menschliche Leid und damit auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Selbstverständlich verwies er auf die Völkerrechtswidrigkeit des Krieges und stellte dann die entscheidende Frage: Wie kommen wir da wieder raus, Er verwies auf mangelnden Weitblick der EU im Hinblick auf die kommenden US-Wahlen. und auch auf die in den UNO-Resolutionen erwähnte Möglichkeit von Verhandlungen. Man müsse und solle ein Verhandlungsergebnis gar nicht vorwegnehmen. Es reiche ein „Fahrplan“, um Gespräche in Gang zu bringen, Da hörte sogar Selmayr aufmerksam zu und erwähnte Verhandlungsbemühungen, die angeblich im Hintergrund laufen würden. Er verwies auf das Weltwirtschaftsforum im Jänner in Davos.

Man kann darauf wetten, dass auch im Jänner jede Äußerung russischer Politiker als Provokation oder zumindest als Verhandlungsunwille interpretiert werden wird. Die bis zu Befreiung von Kiew durchaus konstruktiv geführten (aber vom Westen wenig unterstützten) Verhandlungen verdrängt man. Wo sogar eine Neutralität mit Sicherheitsgarantien angepeilt wurde. Interessant ist aber, dass sogar der zwischenzeitig verstorbene Henry Kissinger, als er im heurigen Februar auf der Münchner Sicherheitskonferenz in einer Videoschaltung für eine Verhandlungslösung eintrat (wie er das schon seit dem Frühjahr 2022 getan hatte), sich die Bemerkung nicht verkneifen konnte: „Ich habe es schon lange gesagt. Man hat mich nicht gehört.“

Was für ein Glück für Politik und Medien, dass Kissinger tot ist. Und Macron im Juni auf eine US-freundlichen Kurs eingeschwenkt ist. Wenn da nicht bloß die vielen Toten wären. Die Hungernden. Die vielen Milliarden, die zu Bewältigung der Umweltkrise und in der Entwicklungszusammenarbeit fehlen. Die Radikalisierung. Bei uns im Westen und im verachteten globalen Süden. Nicht nur bei Randgruppen. Sondern bei vielen von uns,

Da kann man sich noch so einreden, dass Putin das Baltikum, Finnland, Schweden, Polen oder Moldawien angreifen könnte. Oder die Ukraine als Staat gefährden. Obwohl dies angesichts der geringen Wirtschaftskraft, aber auch der begrenzten Kapazitäten von Russlands Armee, die Mühe hat, den Donbass zu halten, wohl eher unwahrscheinlich ist. Und angesichts der (in Europa) seit Jahrzehnten auf eine Neutralität der – geopolitisch in einer äußerst heiklen Lage befindlichen – Ukraine fokussierten Interessen Russlands. Und jener des Westens an deren NATO-Mitgliedschaft. Die freilich keinen Krieg rechtfertigen. Weder auf russischer noch auf unserer Seite.

Seltsam, dass der völkerrechtswidrige Irakkrieg immer noch als gerechtfertigt angesehen wird. Und Ex-Präsident Bush im letzten Jahr noch eine Rede vor einem US-Think-tank hielt. Wo er dann den Irakkrieg mit dem Ukrainekrieg verwechselte. Während die etwas faireren Briten Tony Blair in der Versenkung verschwinden ließen. Inzwischen dürfte auch er schon verstanden haben, dass es nicht um den von ihm beschworenen „evil dictator“, sondern um westliche Interessen ging. Und nicht einmal die konnte man im Endeffekt verwirklichen.

* Mag. Wolfgang Koppler lebt als Journalist und Jurist in Wien

Sorge dich nicht !

Es lohnt, ein weithin bekanntes Buch wieder zu lesen: Dale Carnegie: Sorge Dich nicht -lebe! Fischer 2011.

Hans H ö g l

Insbesondere die Seiten 267-272 sind lesenswert. Das Kapitel 20 hat den Titel „Vergessen Sie nicht: Einen toten Hund tritt man nie“.

Dale Carnegie befragte viele Menschen, wie sie mit Ängsten und so auch mit Angst vor Kritik umgehen. Eben dieser Abschnitt läßt mich ich an das Übermaß an Kritik in Medien denken. Selbstverständlich sind in der Demokratie Bemängelung und berechtigte Kritik extrem wichtig, so wenn es um öffentliche Anliegen und wirkliche Fehler von Politikern geht. Das Ärgste wäre ja Zensur und ein Verbot von Kritik- wie vor 1848 – im Vormärz. Dennoch gilt zu fragen, ob heutige (Medien) Kritik nicht ein Übermaß erreicht hat und schon kritisiert wird, bevor Regierungsmaßnahmen erklärt wurden. Mit diesem Vorbehalt seien folgende Aussagen von Dale Carnegie zu interpretieren.

Carnegie bringt ältere Beispiele aus der US-amerikanischen Geschichte, die uns Europäern selten bekannt sind. Ich bringe hier primär seine Schlussfolgerungen. Carnegie: Manche Leute treten auf andere ein und kritisieren sie, weil es ihnen „ein Gefühl von Wichtigkeit gibt“. Es verschafft vielen Menschen Genugtuung, andere, die erfolgreicher sind, herunterzumachen. Bemerkenswert ist das Missverhältnis: Manager, diverse Direktoren und Sportler verdienen oft wesentliche mehr als Politiker. Dies wird kaum thematisiert.

Schopenhauer meinte zu diesem Thema, „dass gewöhnliche Leute großes Vergnügen an den Fehlern und Verrücktheiten bedeutender Menschen hätten“ (S. 264). Nun – wir beziehen dies auf Boulevard-Journalismus, welcher mit Kritik der Masse zu gefallen sucht und sich so zu ihrem Sprecher macht und die Zeitungsauflage oder Medienq
uote erhöht.

Ein paar amerikanische Beispiele seien angeführt- so ein Hinweis auf eine Zeitungskarikatur-ausgerechnet über George Washington, der von einer johlenden Masse, wenn er durch die Straßen ritt, verspottet und beschimpft wurde. Auch den siegreichen General Grant traf es: Er gewann 1862 die entscheidende Schlacht für die Nordstaaten, die ihn über Nacht zum Nationalhelden machten. Und es läuteten die Glocken, und es gab Freudenfeuer vom nordöstlichen Staate Maine bis zum Ufer des Mississippi.

Doch innerhalb von sechs Wochen nach diesem großen Sieg wurde Grant, der Held des Nordens – verhaftet, und man nahm ihm seine Armee weg. Er weinte vor Demütigung und Verzweiflung. Warum er verhaftet wurde? „Zum größten Teil, weil er Neid und Eifersucht seiner arroganten Vorgesetzten geweckt hatte.“ (S. 266). Der Tipp von Dale Carnegie: „Ungerechte Kritik ist oft ein verkapptes Kompliment. Vergessen Sie nicht: Einen toten Hund tritt man nie.“

Dies nun auf Boulevard-Medien bezogen. Nachdenklich sollte eine spontane Aussage eines Wiener Pfarrers stimmen: „Journalisten wissen alles besser!“. Sie sollten sich nicht nur auf kritische Aspekte konzentrieren, sondern sachgerecht informieren. Ich beobachte in Journalen, dass zu geplanten Regierungsmaßnahmen mit Eifer gleich Einwände eingeholt werden, bevor noch der Sinn von geplanten Maßnahmen erklärt wurde.

Lob für die Klimakonferenz

Auffällig ist, das mehrere Medien Österreichs sich sehr anstrengen, ja den positiven Aussagen der Umweltministerin über die Ergebnisse der Klimakonferenz in Dubai zu widersprechen.

Hans Högl

Der Trend von Medien: Es darf nichts Positives über Dubai gesagt werden. Im Unterschied zu unklaren und durch Bilder verwirrende TV-Aussagen finde ich folgende Kurzmeldung zur Klimakonferenz in Dubai im Blog von „Öko-Invest“, einer Information für nachhaltige Investoren, sehr inhaltsreich:

Der Text in „Öko-Invest“ lautet schlicht:

Bei der Klimakonferenz (COP 28) in Dubai wurde am Mittwoch – doch noch einstimmig – eine Kompromissformel verabschiedet, in der die fossilen Energieträger als Ursache der Klimakrise benannt werden und alle Staaten zu einer Abkehr (statt nur Reduzierung) aufgefordert werden.

Erdöl (32%), Kohle (27%) und Gas (23%) machten 2022 weltweit noch rund 82% des Energieverbrauchs aus. Bis 2030 soll laut der COP-28-Erklärung die Kapazität der erneuerbarer Energieanlagen verdreifacht werden, d.h. der weltweite Anteil soll von zuletzt rund 14% auf über 40% steigen.

Selbstverständlich gibt es Leute, die immer mehr fordern und unzufrieden sind. Zutreffend ist die Kritik, dass 60.000 Leute zu einer Klimakonferenz anreisen….

Ukraine und Gaza : Beendet das Töten!

Gerade im Krieg zeigt sich, wie auch bei Intellektuellen in Wirklichkeit der Bauch regiert. Die vermeintliche Unmöglichkeit von Verhandlungen ist bloß Scheinrationalität.

Wolfgang Koppler *

In der gestrigen ORF- Nachrichtensendung ZiB2 wieder einmal ein Interview mit einem Experten zum Ukrainekrieg. Diesmal war es Stefan Lehne von Carnegie Europe, dem Brüsseler Ableger eines US-Thinktanks. Zuständig für EU-Außenpolitik wurde er zum jüngsten EU-Rat zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine befragt. Angesichts der festgefahrenen Situation erkundigte sich Moderator Thür nach der Möglichkeit einer Friedenslösung- Putin wolle nicht, meint Lehne, „Sie haben ihn doch gerade im Beitrag gehört, es gibt keine Vermittlung“.

Was man im zuvor geschalteten Beitrag über eine Pressekonferenz Putins gehört hatte, war, dass dieser eine Neutralität und eine Entnazifizierung der Ukraine gefordert hatte. Ersteres wurde bereits im Frühjahr letzten Jahres verhandelt und „Denazifizierung“ ist eine mehr oder weniger stehende Redewendung Putins, die damals auch kein Hindernis für Verhandlungen war. Zudem gab es in den letzten Monate mehrere Signale seitens Putins, die auf Gesprächsbereitschaft hindeuten.

Wie schal und wenig stichhaltig die Behauptung von der Aussichtslosigkeit oder gar Unmöglichkeit von Verhandlungen ist, zeigt ein Artikel in Deutschlandfunk.de vom Februar heurigen Jahres unter dem Titel „Lässt sich der Frieden mit Russland verhandeln“. Als Argumente dient eigentlich nur die Behauptung, dass die die Ukraine „mit dem Rücken zur Wand und ihre Existenz als Staat auf dem Spiel“ stehe“ und der Verweis auf Kriegsverbrechen. In der Folge werden dann nur mehr die Ansichten und Befürchtungen der Kriegsparteien angeführt.

Weshalb die Existenz der Ukraine derzeit wirklich gefährdet sein soll, ist mir nicht ganz einsichtig. Vor allem aber stellt sich die Frage, weshalb ein Waffenstillstand und Verhandlungen die Ukraine mehr gefährden sollten als die Weiterführung des Krieges. Das Argument der Militärs, dass sich dann die russische Armee neu aufstellen bzw. erholen und ihre Position verbessern könne, gilt genauso für die Ukrainer. Weitere militärische Abenteuer sind angesichts der Schwächung Russlands ziemlich unwahrscheinlich. Und was Kriegsverbrechen betrifft, so ist dies ein rein emotionales „Argument“, zumal seit den Verbrechen von Butscha auf beiden Seiten Hunderttausende gestorben, verwundet und verstümmelt worden sind und auch Menschen in anderen Ländern unter diesem Krieg leiden. Reicht das Politik und Medien immer noch nicht ? Während hunderte Milliarden in diesen Krieg fließen, die im Klimaschutz und in der Entwicklungszusammenarbeit fehlen.

Und was die Angst vor einem Nachlassen der Unterstützung im Westen betrifft: Der derzeitige Abnützungskrieg schafft viel mehr Kriegsmüdigkeit und Unwillen als die Bereitschaft zu kreativen Lösungen. Die ja bis zur Befreiung von Kiew sehr wohl bestanden hat. Da wurde sogar während des Krieges verhandelt. Etwa über ein Neutralität mit Sicherheitsgarantien. Bis die ukrainische Führung die Verhandlungen abbrach.

Aber jetzt wäre es an der Zeit, das Töten zu beenden. Ob im Ukrainekrieg oder im Gazastreifen. Und die Scheinrationalität.
Warum sind Biden und Blinken im Fall des Ukrainekriegs so blind ?

Not in our names.

https://www.deutschlandfunk.de/verhandlungen-ukraine-russland-100.html

* Mag. Wolfgang lebt als Journalist und Jurist in Wien.

Schwarzer Tag für die Neutralität

Das Abstimmungsverhalten Österreichs gegen eine UNO-Resolution, die sich für eine Feuerpause im Gaza-Krieg ausspricht, hat erneut Kritik an der Außenpolitik der Regierung ausgelöst, wenngleich das Thema medial bisher eher auf eine Randnotiz beschränkt bleibt..

Udo Bachmair

Die schwarz-grüne Regierung hat bei der UNO-Generalversammlung in New York zum zweiten Mal gegen einen humanitären Waffenstillstand im Krieg Israels gegen Gaza gestimmt. Im Gegensatz dazu haben alle anderen neutralen EU-Staaten (Irland, Malta, Zypern) die UNO-Resolution unterstützt. Auch die Schweiz und die früheren Neutralen Finnland und Schweden haben zugestimmt. Sogar die Deutschen, wie Österreich bedingungslose Unterstützer Israels, haben nicht ausdrücklich gegen die Resolution gestimmt, sie haben sich enthalten.

Es stellen sich dabei Fragen über Fragen: Warum stimmt ein kleines neutrales Land wie Österreich gegen einen humanitären Waffenstillstand? Wieviele Menschen sollen noch getötet werden, bevor sich das offizielle Österreich wieder auf unsere Tradition eines Vermittlerstaates zurückbesinnt? Was treibt unsere Außenpolitik an, Österreichs humanitäre Tradition (Beispiel die Außenpolitik Bruno Kreiskys) mit Füßen zu treten? Ein moralisches und neutralitätspolitisches Desaster, so die übereinstimmende Kritik.

Das Abstimmungsverhalten Österreichs bezeichnet die SPÖ-Abgeordnete Muna Duzdar in einem Posting als „unfassbar“. Ihr Befund: „Wir gehören in der Welt nur mehr zu den Außenseitern. Die Außenpolitik der ÖVP ist eines neutralen Staates unwürdig“.

General Günther Greindl von der Initiative Engagierte Neutralität, früherer Oberkommandierender der österreichischen Blauhelmtruppen, spricht von einem „schwarzen Tag in der Geschichte der Neutralität.“ Es sei höchste Zeit, zu einer glaubwürdigen Neutralitätspolitik zurückzukehren.

Fritz Edlinger, Herausgeber von INTERNATIONAL und Vorsitzender der Österreichisch-Arabischen Gesellschaft, schreibt im Newsletter seiner Zeitschrift:

„Als österreichischer Staatsbürger und als Humanist protestiere ich auf das Schärfste gegen diese seit geraumer Zeit verfolgte Politik der Österreichischen Bundesregierung. Diese ist nicht nur neutralitätspolitisch absolut inakzeptabel, sondern widerspricht auch – in Verweigerung der Forderung nach einem humanitären Waffenstillstand – den einfachsten Grundsätzen von Menschlichkeit und Achtung des humanitären Völkerrechts“.

Willkommen

Kriegsbilder und Kinder

Kriegsbilder auf Bildschirmen können Kinder krank machen. Das geht aus einem Beitrag der Internet-Plattform „Perspective Daily“ hervor.

Hans Högl
(präsentiert einen Ausschnitt aus dem Blog)

„Plötzlich ist der Krieg ganz nah, in aller Deutlichkeit. Per Social Media landen drastische Bilder und Videos direkt auf den Smartphones, auch auf den Geräten von Kindern und Jugendlichen. Wie im Fall der Schwestern Charly und Nele Schneider, 13 und 16 Jahre alt. Seit dem Ukrainekrieg, dem Terrorangriff der Hamas auf Israel und in dessen Folge dem Krieg in Gaza bekommen die beiden immer wieder verstörende Inhalte zu sehen. Die Mädchen haben ihren Eltern von Kriegsszenen auf den Smartphones der Mitschüler:innen erzählt. Laut Mutter Anne Schneider ist es aber auch oft schon problematisch, wenn die Familie zusammen die Tagesschau guckt: »Die Bilder sind auch nicht ohne.«

Was machen die Kriegsszenen mit jungen Menschen – die zudem in einer Welt aufwachsen, die von Nachrichten zur Klimakrise, zur Coronapandemie und zu den aktuellen Kriegen geprägt ist? Können Eltern sie überhaupt vor Gewaltinhalten schützen, wenn diese praktisch pausenlos in sozialen Medien unterwegs sind? Und wie arbeiten Familien im Ernstfall das Gesehene richtig auf?“

Zitate aus „Perspective Daily“, ausgewählt von Hans Högl

Unbeachteter Neutralitäts-Tag

Heute ist bzw. war der Internationale Tag der Neutralität. Politik und Medien haben ihn weitgehend ignoriert.

Udo Bachmair

Den 12. Dezember hat die UNO- Generalversammlung 2017 zum Internationalen Tag der Neutralität erklärt. Eine entsprechende Resolution betont die wichtige Rolle neutraler Staaten bzgl. friedlicher Konfliktlösung und vorbeugender Krisendiplomatie. Den Jahrestag nimmt die INITIATIVE ENGAGIERTE NEUTRALITÄT zum Anlass, um auf die Wichtigkeit und Nützlichkeit der immerwährenden Neutralität Österreichs hinzuweisen.

Ex-Bundesheer-General Günther Greindl, einer der Sprecher der Initiative und früherer Oberkommandierender österreichischer Friedenstruppen, unterstreicht in einer Erklärung, dass Österreich als Sitzstaat der OSZE und UNO-Standort im Rahmen der kooperativen Sicherheit in Europa gute Dienste einbringe und einbringen könne. Die bewährte Neutralitätspolitik sei kein Versatzstück aus einer vergangenen Zeit.

Bedauerlicherweise hat der Internationale Tag der Neutralität in Österreichs Medien und Politik kaum Niederschlag gefunden. Die Bundesregierung (inkl. Außenministerium) hat den Tag offenbar überhaupt nicht zur Kenntnis genommen. Nur zwei APA-Aussendungen sind bisher zu registrieren, eine von der INITIATIVE ENGAGIERTE NEUTRALITÄT selbst, eine Initiative, der auch der Autor dieser Zeilen angehört, sowie eine Erklärung seitens der SPÖ:

https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20231212_OTS0020/internationaler-tag-der-neutralitaet

https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20231211_OTS0140/spoe-bayrlaimer-die-neutralitaet-ist-unser-hoechstes-aussen-und-sicherheitspolitisches-gut

Höchst empfehlenswert ist zum Thema ein Gespräch zwischen Univ. Prof. Heinz Gärtner und Prof. Pascal Lottaz, Schweiz, im Videokanal der renommierten Zeitschrift INTERNATIONAL:

Der folgende Link führt zur ebenfalls besonders empfehlenswerten Podiumsdiskussion der INITIATIVE ENGAGIERTE NEUTRALITÄT im Presseclub Concordia:

Big Spender für die ETH Zürich

Der Besitzer des Lidl-Konzerns spendet 600 Millionen Franken für die Eidgenössische Technische Hochschule (ETH)

Hans H ö g l

Dass reiche Unternehmer spenden, widerspricht manchen Sagern. Doch der „Tages-Anzeiger“(Zürich) teilt es heute mit. Ein überaus reicher Deutscher (Besitzer der Discount-Kette Lidl) spendet gegen 600 Millionen Franken der ETH-Zürich.

Aufhorchen lässt die Höhe des Betrages und die Begründung: Dieter Schwarz will damit in Bildung investieren und dass der Wohlstand in Europa erhalten bleibt. Wer kannte bisher den Namen dieses Milliardärs? Wegen ihres ausgezeichneten Rufes erwählte er die ETH und auch weil sie Ausnahme-Unternehmerinnen und -Unternehmer ausbildet.

Unser Land, das einst globale Spitzenunternehmen in der Pharma-, der Finanz- und der Nahrungsmittelbranche hervorgebracht hat, kann im Zeitalter des Internets nichts Vergleichbares vorweisen.