Archiv für den Monat: August 2024

Authentische Medienfigur

Heute ist Richard Lugner feierlich zu Grabe getragen worden. Dompfarrer Toni Faber und andere würdigten den bis zuletzt unermüdlich als Medienfigur in Erscheinung getretenen Wiener „Bau- und Societylöwen“. Manchen gilt er auch als „Narr von Wien“, durchaus respektvoll gemeint.

Wolfgang Koppler *

Society-Berichterstattung ist ja eigentlich kein Thema für die Medienkultur. Sie besteht per se hauptsächlich aus Klatsch und Tratsch der Seitenblicke-Gesellschaft und dient normaler Weise dazu, dem Alltag zu entfliehen. Ein harmloses Vergnügen, für das von den Kollegen nicht ganz ernst genommene Gesellschaftsreporter zuständig sind.

Bei Richard Lugner war das ein bisschen anders. Er war ein geradezu unverzichtbarer Bestandteil der Wiener Gesellschaft und ein Original, das schwer einzuordnen war. Ein Geschäftsmann und Societylöwe, der ohne das Scheinwerferlicht der Medien scheinbar nicht auskommen konnte. Vor allem aber ein Kasperl, der sich selbst und seine Umgebung nicht ernst nahm. Ein scheinbar unverwüstlicher Narr, der seine Umgebung – ob bewusst oder unbewusst- vorführte wie kein Zweiter. Für seinen etwas despektierlich Zoo genannten Pulk an jungen Damen fand selbst eine feministische Expertin vor einigen Jahren nur mehr die Erklärung Luxusprostitution. Und seine als Werbung für die Lugner-City dienenden Auftritte mit gut bezahlten Stars am Opernball zeigten wie oberflächlich, schal und nur an Geld, Glanz und Glamour interessiert unsere Gesellschaft ist.

Dabei war Mörtel selbst absolut authentisch, wie die Journalistin Angelika Hager ihn in der Zib2 im Interview mit Armin Wolf anlässlich seines Todes treffend beschrieb. Wenn er grantig, traurig oder fröhlich war, so zeigte er dies. Ob dies ankam oder nicht. Und er war sich seiner Einsamkeit bewusst. Hatte er gerade keinen Öffentlichkeitstermin am Abend, dann verkroch er sich in seinem Büro bis spät in die Nacht, wie er gegenüber Angelika Hager ganz offen zugab. Ebenso offen äußerte er sich über das gestörte Verhältnis zu seinem in der Lugner-City tätigen Sohn, dem er nicht einmal am Gang begegnen mochte. Und er nahm sein Geld und seine Prominenz weniger ernst als viele andere. Wäre er pleite gegangen, hätte er sich wohl mit einem Doppler vor die Lugner-City gesetzt und den lauthals den lieben Augustin gesungen: Alles ist hin…

Es ist die Aufgabe eines Narren, seiner Umwelt einen Spiegel vorzuhalten. Und dies tat Luger über seinen Tod hinaus. Da drängt sich seine Ex ständig in den Vordergrund, während der Witwe beim Begräbnis nicht einmal die Hand gereicht wird. Und die Streitigkeiten über Erbe werfen jetzt schon ihre Schatten voraus. Dass die Leute klatschten, als sein Sarg aus der Kirche getragen wurde, finde ich keineswegs zum Fremdschämen (wie es Roland Adrowitzer bei der ORF-Übertragung tat). Unwürdig finde ich eher das Verhalten der so genannten guten Gesellschaft. Wir bräuchten mehr solche Narren wie ihn.

Greenwashing

Zu viele Produkte als umweltfreundlich bezeichnet

Hans Högl

Unternehmen kennzeichnen ihre Produkte gern als umweltfreundlich. Eine EU-Studie ergab, dass die Hälfte von Umweltaussagen von Unternehmen „vage, irreführend oder unbegründet“ waren.

Greenwashing kann verschiedene Formen haben. Die EU ist bestrebt, die Umweltbezeichnungen verständlicher zu machen. Die Fehler liegen beI Unternehmen u n d bei Konsumenten. Eine Studie in der „Harvard Business Review“ ergab, dass 65 % der Verbraucher sagen, dass sie grüne Produkte bevorzugen, aber nur 26 % sie tatsächlich kaufen. Und die Unternehmen wissen das.

Aber es ist nicht alles schlecht, lässt uns „bild der Wissenschaft“ (1/2024) wissen: Einige Unternehmern sind wirklich bemüht, umweltfreundlicher zu handeln, und es werden explizit IKEA und Apple positiv angeführt.

Diskussion zum Reizthema Neutralität

Einladung zur Vorwahl-Diskussion

Mi., 11. September 2024, 19.00 Uhr

Stiftgasse 8, 1070 Wien, Amerlinghaus, Galerie, 1. Stock

Heute: Ukrainekrieg, Gazakrieg. Morgen: Nahostkrieg und noch mehr Kriege? In Zeiten von Krisen und Kriegen ist eine tatsächliche Politik der immerwährenden Neutralität Österreichs und das Auftreten gegen die Kriegstreiber in Ost und West und das Eintreten für sofortigen Waffenstillstand, Friedensverhandlungen und Frieden notwendiger denn je! Nicht nur die Politik, vor allem auch die Medien sollten dafür einen konstruktiven Beitrag leisten.

Neutralität & Sicherheit

• ist unerlässlich für Sozialstaat und Demokratie
• darf nicht den Rechten, Neokonservativen und Neoliberalen überlassen werden

TeilnehmerInnen:

Udo Bachmair
Redakteur, Moderator, Präsident der Vereinigung für Medienkultur

Gabriele Matzner
Juristin; Publizistin, Diplomatin und Botschafterin a.D.

Günther Greindl
General i.R., Leiter von UN-Missionen, Präsident von Aufbruch-Österreich

Daniela Gruber-Pruner
Mitglied des Bundesrates, SPÖ, Schriftführerin des Bundesrates

Rihab Toumi
Vorsitzender der Sozialistischen Jugend (SJ) Wien

Wilfried Leisch
Gewerkschafter:innen gegen Atomenergie und Krieg / Österr. Solidaritätskomitee

Michael Kösten
Moderation
*
Veranstalter:

GewerkschafterInnen gegen Atomenergie und Krieg
Vereinigung für Medienkultur

Anmeldung erwünscht: ggae@gmx.at * Freier Eintritt, Spenden erbeten * www.atomgegner.at

Medialer Einheitsbrei

Kriegsrhetorik und Jubelberichterstattung überwiegen angesichts des ukrainischen Angriffs auf russisches Territorium. Ungeachtet aller neuen Eskalationsstufen.

Wolfgang Koppler *

Geradezu beifällig berichtet der deutsche Merkur über den Einsatz deutscher Panzer bei der ukrainischen Offensive in Kursk. Es wird zwar kurz auf die Debatte über den Einsatz deutscher Waffen in Russland Bezug genommen, dabei jedoch auf die Stellungnahme des Vorsitzenden des deutschen Verteidigungsausschusses Bezug genommen, wonach es sich seit der Übergabe an die Ukraine um deren Waffen handle und Vorstöße auf russisches Gebiet völkerrechtlich Teil eines Verteidigungskrieges seien. Basta.

Kein Wort über die Gefahr einer Eskalation und erst kein Wort zur historischen Belastung, zumal im Gebiet von Kursk die letzte Offensive der Deutschen im Zweiten Weltkrieg stattfand. Auch die katastrophale Situation in der Ostukraine bleibt im gegenständlichen Artikel unerwähnt. Jubelberichterstattung, die an die Kriegspropaganda des ersten Weltkriegs erinnert. Lobend erwähnen muss man in diesem Zusammenhang Heidi Riepl in den OÖN, die die diesbezügliche westliche Kriegspropaganda kritisch unter die Lupe nahm und Marie-Claire Zimmermann, die im Interview mit Gerhard Mangott (der trotz formaler Zulässigkeit den Nutzen der Offensive in Frage stellte) die historischen und Putins Feindbild einer nazistischen Ukraine verstärkenden Bezüge erwähnte.

Der Artikel im Merkur lässt einen trotzdem schaudern. Zumal er sich inhaltlich kaum von der Berichterstattung anderer Medien abhebt. Wie kann man in einer angeblich toleranten, humanen und demokratischen Gesellschaft derart plumpe Propaganda betreiben und jegliche Kritik daran als links- oder rechtsextrem, pazifistisch oder populistisch abtun ? Wie kann man etwa die guten Umfragewerte der durchaus differenziert argumentierenden Sahra Wagenknecht damit abtun, sie spiele auf der „populistischen Klaviatur“, wie es Andreas Pfeifer in einem ZiB2-Beitrag über die ostdeutschen Wahlen vom 21.8 tat ? Während Stefan Lenglinger den Experten Hans Vorländer von der TU Dresden immerhin und nicht ganz unberechtigt fragte, ob die deutsche Bundespolitik die zu erwartenden Ergebnisse der ostdeutschen Landtagswahlen bei ihrer Haltung zum Ukrainekrieg ignorieren werde können ?

Wer hätte je daran gedacht, dass die deutschen Grünen und die CDU sich einmal in Kriegsrhetorik gegenseitig überbieten würden ? Kein Wunder, dass mainstream-Wähler sich scharenweise von der Ampelkoalition abwenden und gleich zur CDU abwandern. Geh zum Schmied und nicht zum Schmiedl…

Aber man muss dem Boulevard irgendwie dankbar sein, Er zeigt schonungslos und ohne Hemmungen, wo Politik und Medien inzwischen gelandet sind.

www.merkur.de/politik/deutsche-panzer-in-ukrainischer-offensive-gegen-russland-hohe-verluste-in-kursk-93232146.html

* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler ist Jurist und Journalist und lebt in Wien

LKW-Verkehr unter der Erde

Das Magazin „Bild der Wissenschaft“ (5/2024) berichtet über das geplante Großprojekt „Cargo sous terrain“, mit dem der LKW-Verkehr unter die Erde verlegt werden soll.

Hans Högl

Seit Jahren reift in der Schweiz der Plan, den Lkw-Verkehr unter die Erde zu verlegen. Es soll eine neue Ära des Güterverkehrs eingeläutet werden, eine unterirdische Roboterbahn. Denn die LKW-Fahrzeuge liegen pro Jahr 14.000 Stunden im Stau. Das Projekt hat den Namen „Cargo sous terrain“ (CST), es wird privat finanziert, und alles soll voll automatisiert sein.

Auf den sogenannten Hubs verbinden Aufzüge die Tunnelröhren mit dem oberirdischen Straßennetz, schreibt der Wissenschaftsjournalist Christian Bernhart in „Bild der Wissenschaft“ in der Maiausgabe 2024. Dies wird ausführlich präsentiert mit Graphiken und Plänen – ganzseitig auf S. 32 – 37. Die menschenleere Kaverne umfasst vier Spuren. Geplant ist, den Güterverkehr unter der Grundwasserlinie und neben den Wohnsiedlungen der Orte zu legen. Darin sieht der Bund, die Schweizer Raumplanung, eine große Herausforderung.

Die erste Teilstrecke verläuft von Zürich westwärts – parallel zur Autobahn. Das Gesamtprojekt mit 500 km Länge soll bis Ende 2045 den nördlichen Teil der Schweiz durchziehen, und stellt enorme Herausforderungen an die Informationstechnik. Nach der voraussichtlichen Baugenehmigungen in zwei Jahren beginnen die Bauarbeiten für den CST.

In diesem Internet der Dinge müssen Geräte, Fahrzeuge und alle Akteure der Logistik untereinander kommunizieren. Manche meinen, dies könnten nicht Private, sondern nur der Bund finanzieren. Doch auch damals wurde die Schweizer Nordbahn zwischen Zürich und Baden vom Zürcher Seidenfabrikanten Martin Escher initiiert. Als Politiker gründete er die Eidgenössische Technische Hochschule (ETH).

Wahlentscheidendes Duell?

Der Wahlkampf für die Nationalratswahl kommt zunehmend auf Touren. Er wird dominiert werden von den Duellen im ORF-Fernsehen. Vor diesem Hintergrund herrscht Unmut über die ORF-Entscheidung, die Serie der TV-Duelle mit der Konfrontation Nehammer/Kickl abzuschließen.

Udo Bachmair

Die TV-Duelle zwischen den Spitzenkandidaten für die NR-Wahl am 29. September könnten wahlentscheidend sein, sind sich Politologen und Wahlforscher einig. Allen Wahlprognosen zufolge liegen die drei stimmenstärksten Parteien FPÖ, ÖVP und SPÖ so knapp beieinander – letztere sogar innerhalb der Schwankungsbreite- sodass auch eine Überraschung möglich wäre.

Diese Überraschung könnte Andreas Babler heißen, hoffen SympathisantInnen der SPÖ. Wenn, ja wenn der ORF da nicht einen Strich durch die Rechnung machen würde. In einer heftig umstrittenen Entscheidung hat er beschlossen, das möglicherweise wahlentscheidende letzte TV-Duell zwischen ÖVP-Chef Karl Nehammer und FPÖ-Obmann Herbert Kickl bestreiten zu lassen.

Der ORF geht mit dieser Entscheidung von der langjährigen Tradition ab, die Spitzenvertreter der zwei stimmenstärksten Parteien der letzten NR-Wahl gegeneinander im Finale antreten zu lassen. Ein Beschluss, „einvernehmlich gefällt gemeinsam mit ORF-Generaldirektor Weißmann“, verteidigt sich ORF-Cheferdakteur und Ex-APA-Mann Johannes Bruckenberger.

Die der SPÖ nicht gerade nahestehende ORF-Führung begründet ihre Entscheidung mit gängigen Wahlprognosen, die die beiden Parteien FPÖ und ÖVP vorne sehen. Eine Momentaufnahme. Diese als Basis für eine wichtige und möglicherweise folgenschwere Entscheidung zu nehmen, ist eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks unwürdig.

Der Kommunikationswissenschafter Jakob-Moritz Eberl, der sich intensiv mit der Wirkung von TV-Duellen und Elefantenrunden befasst, dazu jüngst in der Kleinen Zeitung: „Es ist problematisch, wenn der ORF keine klaren Spielregeln festlegt, denn das lässt Interpretationsspielräume offen und macht zukünftige Entscheidungen umso angreifbarer.“

Zum konkreten Fall des ORF-Wahlkampffinales hat sogar der ÖVP-nahe KURIER an überraschend prominenter Stelle den Kommentar eines Lesers veröffentlicht, der es als „irritierend“ betrachtet, dass der ORF Nehammer und Kickl zur letzten Konfrontation eingeladen hat: „Hier entsteht der Eindruck, Babler werde absichtlich geschnitten.“

Wahlentscheidend kann zudem auch sein, inwieweit der ORF auch jene Kleinparteien zu Wort kommen lässt, die den Sprung über die 4-Prozenthürde erhoffen, neben anderen etwa die KPÖ. Sie werden gleichsam als „Outsider“ auf mediale Unterstützung weitgehend verzichten müssen.

Vietnam – im Schatten der Weltberichte

Eine Analyse des Landes auf Basis des Dumont-Reise-Handbuches 2024 und anderer Quellen

Hans Högl –

Gewisse Länder liegen im Schatten der Weltberichterstattung. Dazu zählt Vietnam. Ein Anlass für mich, dieses Land hervorzuheben. Somit greife ich Abschnitte aus dem Dumont Reise-Handbuch auf, aktualisiert 2024. Der Verfasser lebte dort und ist Reisespezialist: Petrich Martin. Der Titel des Buches lautet: Vietnam. Dumont Reise-Buch, 464 S., hier S. 36 ff.. Davon abgesehen: Ich habe mich mit dem Vietnamkrieg aus der Sicht der Pentagon Papiere, veröffentlicht von New York Times, in meiner Dissertation beschäftigt. Vietnams Geschichte ist geprägt von jahrhundertelanger Fremdherrschaft. Es war 1000 Jahre chinesische Provinz (S. 41).

1864 wurde es Protektorat von Frankreich. In der Bevölkerung regte sich Widerstand gegen die Kolonialmacht. Und da entstand die kommunistische Partei. Der erste Indochinakrieg dauerte von 1946 -1954 und endete mit der Niederlage Frankreichs.

Ho Chi Minh ist der Übervater Vietnams. Der Schlachtruf Ho Chi Minh war auch einer der 68-iger Bewegung im Westen. 1917 kam Ho nach Paris und schloss sich der Sozialistischen Partei an und war Gründungsmitglied der Kommunistischen Partei in Paris 1920. 1923 kam er nach Moskau und erhielt den ideologischen Schliff für den Kampf gegen Kolonialmächte. 1941 betrat er wieder heimatlichen Boden. Und er wurde der kommunistischer Führer Vietnams. Er starb am 2. Sept. 1969 und erlebte das vereinigte Vietnam nicht mehr. Sein Bild ist heute in Vietnam allpräsent.

Der zweite Indochinakrieg mit den USA war von 1964 -1975. 1973 war das Pariser Abkommen. Am 2. Juli 1976 wurde das Land als „Sozialistische Republik“ wiedervereinigt. Hauptstadt wurde Hanoi. Es kam zur Kollektivierung der Landwirtschaft. Jeder Privathandel wurde verboten.

Es war ein bitteren Frieden. Zehn Jahre Später Die Kommunistische Partei gab sich auf ihrem 6. Parteitag im Dez. 1986 eine neue Struktur (=Dói Móí) somit eine radikale Abkehr von der bis dahin erfolglos praktizierten Planwirtschaft hin zu einer sozialistisch orientierten Marktwirtschaft.

Wie einige Jahre zuvor in Chinas Den Xiaoping hatte die vietnamesische Parteiführung erkannt, dass lediglich freie Marktmechanismen das Land vor dem wirtschaftlichen Bankrott retten konnten. Doch eine politische Liberalisierung und Demokratisierung wurde ausgeschlossen.

Seitdem sind in Vietnam hunderttausende Privatunternehmen entstanden, die wesentlich für das jährliche Wirtschaftswachstum von 6-8 % verantwortlich sind. Sie erwirtschaften etwa zwei Drittel der Gesamtwirtschaft. Die Staatsbetriebe wurden häufig privatisiert, aber mit vielen Privilegien bedacht (S. 36). Der Autor nennt die neue Lage: „Sozialistische Marktwirtschaft“.

Reisanbau ist weiterhin sehr wichtig. Darüber hinaus gibt es Kaffeeanbau. (Es wird mehr produziert als in Brasilien). In Vietnam werden heute produziert: Maschinen, Elektroprodukte, Smartphones, Textilien und Schuhe. Dies wird exportiert. Nach China ist Vietnam Marktführer in der Schuh – Fabrikation. Jedes zweite Paar Adidas-Schuhe kommt von hier. Im Schnitt kostet ein paar Lederschuhe 8 Euro im Export.

1993 lag nach UN-Angaben noch die Armut bei knapp 60 %, sie lag Anfang der 90iger Jahre bei der Hälfte aller Vietnamesen. Doch die Angehörigen der Bergvölker partizipieren kaum von der Entwicklung. Da die Wirtschaft stark ist, hat die Parteiführung wenig zu fürchten.

„Ein Wirtschaftswunder mit Schatten“: Es gibt keine unabhängige Gewerkschaft. Wer sich beklagt, riskiert eine Entlassung (p. 38). Zwar ist eher Kritik möglich, aber für private und unabhängige Medien ist kein Platz. (S. 25). Vor allem gegen die Blogger gehen die Behörden rigoros vor. Die einzige zugelassene Partei ist die kommunistische. Das Land har keine funktionierende Gewaltenteilung (S. 51). Der Alleinanspruch der Partei führt zu Willkürherrschaft kommunistischer Funktionäre. Zensur bestimmt die Medienlandschaft (S. 54).

Ignorierte Enthüllung

Die Enthüllung des seriösen US-Blatts „The Wallstreet Journal“, dass wahrscheinlich die Ukraine und dessen Kriegspräsident Wolodomir Selenskyj hinter dem Anschlag auf Nord-Stream 1 und 2 stehen, scheint westliche Politik und Medien nicht weiter zu tangieren. Das brisante Thema bleibt medial unterbelichtet.

Fritz Edlinger *

Eigentlich sollte der jüngste Bericht in der prominenten US-Zeitung „The Wall Street Journal“ über die Sprengung von Nord-Stream 1 und 2 in Europa, vor allem in Deutschland, auch in Österreich, wie eine Bombe eingeschlagen haben. Dort werden nämlich unmissverständlich die Ukraine der Täterschaft und Polen der Mittäterschaft beschuldigt. Ein vor kurzem von einem deutschen Gericht ausgestellter Haftbefehl gegen einen bis vor kurzem in Polen ansässigen Ukrainer hat, nicht zuletzt auch wegen der Enthüllungen der US-Zeitschrift, bereits zu Protesten des polnischen Ministerpräsidenten Tusk geführt. Aber sonst gibt es keinerlei bemerkenswerte Aktionen seitens der von den Sprengungen unmittelbar betroffenen Staaten, auch die Berichterstattungen in den europäischen Mainstreammedien entsprechen wenig der eigentlichen Brisanz dieser Aktion.

Offensichtlich ist niemand in Europa daran interessiert, diesen ungeheuerlichen Anschlag aufzuklären und die Verantwortlichen zumindest einmal zu benennen: Präsident Selenskyj und Oberbefehlshaber Saluschnyj. Da ist die internationale Versicherungswirtschaft schon mutiger: Denn diese lehnt eine Haftungsübernahme ab, da es sich ihrer Meinung nach bei dem Anschlag um einen Kriegsschaden handelt, und eben Kriegsschäden nicht versicherbar seien.

In diesem Zusammenhang ist auch interessant, dass zuletzt einige Informationen bekannt geworden sind, welche ebenfalls nicht dem üblichen Muster entsprechen. So gab es offensichtlich Warnungen seitens des holländischen Geheimdienstes, die offensichtlich von deren deutschen Kollegen nicht ernst genommen worden sind, auch ein Interview des früheren deutschen Auslandsgeheimdienstchefs, der ebenfalls schwere Vorwürfe gegen Polen erhebt, sorgt in Deutschland für Unruhe, die man am liebsten unter den Teppich kehren möchte.

Wer immer für den Anschlag auch letztendlich verantwortlich sein mag, für manche Experten ist noch immer die bereits im Februar 2023 von Seymour Hersh erstellte Theorie, wonach es sich im wesentlichen doch um eine US-amerikanische Aktion gehandelt hat, am glaubwürdigsten. Was aber der eigentliche politische Skandal ist, der eben mit aller Gewalt unterdrückt werden soll, ist die offensichtlich unbestreitbare Tatsache, dass es sich um einen Angriff von einem (Polen oder USA) NATO-Staat auf bedeutende Infrastruktureinrichtungen eines anderen NATO-Staates (Deutschland) gehandelt hat.

Sollte tatsächlich die Ukraine primär verantwortlich sein, so wird die ganze Angelegenheit geradezu dramatisch, denn dann wäre es ein Angriff eines Nicht-NATO-Staates auf einen NATO-Staat gewesen, was gemäß den Einsatzregeln der NATO zu einer NATO-Aktion gegen das Angreiferland, also gegen den möglich zukünftigen NATO-Staat Ukraine, führen hätte müssen. Was natürlich angesichts des bereits seit Februar 2022 laufenden Russisch-Ukrainischen Krieges absolut unmöglich gewesen wäre.

Die ganze N-Stream 1 und 2 Affäre zeigt aber wieder einmal unmissverständlich auf, wie von Anbeginn des Konfliktes an (und dieser liegt zweifelsfrei viele Jahre, wenn nicht Jahrzehnte vor dem Februar 2022) mit Lügen und Halbwahrheiten zur Verschleierung der wahren Interessen und gesetzten Maßnahmen agiert wird. Damit soll aber auf keinem Fall die absolut völkerrechtswidrige Vorgangsweise Russlands relativiert werden.

Für die europäischen Staaten, und hier sind im gegenständlichen Falle zumindest Deutschland und auch Österreich (angesichts der Beteiligung der teilstaatlichen OMV am N-Stream-Konsortium) angesprochen, stellt sich aber auch die Frage, wie weit sie bereit sind, die Kosten des schrecklichen Krieges aber auch seiner Vor- und Nachgeschichte zu tragen und ihrer eigenen Bevölkerung gegenüber zu verantworten.

Angesichts der jetzt bereits unvorstellbaren Kosten, welche der EU und ihren Mitgliedsstaaten entstanden sind, und in den Jahren (Jahrzehnten) noch zu tragen sein werden, muss einfach die Frage berechtigt sein, wie die führenden europäischen Politikerinnen und Politiker es vor ihren Wählerinnen und Wählern verantworten können, alles für den endgültigen Sieg der Ukraine aber so gut wie nichts für einen möglichst baldigen Waffenstillstand und den Beginn von Friedensverhandlungen zu tun. Letzteres de facto den Staaten des Globalen Südens, wie gegenwärtig wieder Indien, und der machtlosen UNO zu überlassen, stellt eine absolut zynische und inhumane Realitätsverweigerung dar, die auch die Zukunft des gesamten euro-asiatischen Kontinentes ernsthaft infrage stellt….

* Fritz Edlinger ist Chefredakteur und Herausgeber des renommierten Magazins INTERNATIONAL und lebt in Wien

www.international.or.at

Schule ohne Noten und Hausaufgaben!?

Hans Högl

Mir ist die Diskussion unter Pädagogen geläufig, dass es in der Schule keine Noten geben solle.
In der Sonntagsausgabe im eher links positionierten Tages-Anzeiger Zürichs war völlig eindeutig Folgendes zu lesen – zum Schulanfang in Zürich- der viel früher als in Österreich beginnt. Wo kann man das in Österreich lesen!? Mir fällt in der Tram auf, dass Kinder nie Lehrstoff wiederholen, sondern ohne Ausnahme aufs Handy sehen und herumhantieren. Jede/r weiß, dass Lernen auch mit Mühe verbunden ist. Folgendes in Zitation!

„Interview zum Schulanfang“

«Schule ohne Noten ist wie Kapitalismus ohne Geld – das funktioniert nicht»
Der Erziehungswissenschaftler Roland Reichenbach von der Uni Zürich erklärt, warum man die Hausaufgaben nicht streichen soll und die Abschaffung von Noten keine gute Idee ist. Und welchen Sinn das Auswendiglernen hat“ .

Kein Geld für Menschenwürde

Medienberichte über Opfer in Kriegs- und Krisengebieten jenseits des Ukraine- oder Gazakrieges sind eher selten zu finden. Doch es gibt Ausnahmen.

Wolfgang Koppler *

Es ist schon immer wieder interessant, wie viele Milliarden für den Krieg und das Militär locker gemacht werden – nicht nur im Fall des Ukrainekrieges. Für die Gerechtigkeit – oder was wir darunter verstehen – werden nicht nur Hunderttausende Menschenleben geopfert, da haben plötzlich auch ansonsten sparsame Neokonservative die Spendierhosen an.

Für hungernde Kinder in Krisengebieten oder gar für die Konfliktlösungsmechanismen der UNO und für deren Arbeit auf dem Gebiet der Menschenrechte ist dann plötzlich nichts mehr übrig. Dem zum Großteil auf Spenden der Mitgliedsländer angewiesenen UN-Nothilfeprogramm für die Opfer von Kriegen und Naturkatastrophen fehlen beispielsweise bis jetzt rund 40 Milliarden Dollar – von den benötigten 48,7 Milliarden Dollar für das Jahr 2024 wurden bis Ende Mai ganze 7,9 Milliarden Dollar locker gemacht. Kein Wunder, dass den Hungernden im Südsudan zeitweise die Essensrationen gekürzt werden mussten, wie ich einer Teletextmeldung entnehmen konnte.

Die Zahlen kann man einem jüngst erschienen Standard-Artikel entnehmen. Seltsam nur, dass derartige Artikel eher selten zu finden sind. Während man über den Ukrainekrieg beinahe täglich lesen kann und dabei jeder, der für Verhandlungen und nicht nur für neue Waffenlieferungen eintritt, Gefahr läuft, als links- oder rechtsextrem abgestempelt zu werden. Und das auch noch mit erhobenem Zeigefinger.

Aber was zählen schon hungernde Kinder im Südsudan?. Was zählt globale Menschenwürde? Wenn es doch um Gerechtigkeit für die Ukraine geht. Und um die Interessen des Westens.

Was werden einst unsere Kinder über uns denken ?

* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler ist Jurist und Journalist und lebt in Wien