Archiv für den Monat: August 2024

Was Museumsbesuche bewirken können

Einer Studie zufolge hat Moderne Kunst Einfluss auf die Alltags-Wahrnehmung von Museumsbesuchern.

Hans Högl

In meiner Internet-Frühlektüre lese ich von einer pompösen Hochzeit eines Milliardärs in Indien (vgl. in BBC-Nachrichten) und vom Tod Alain Delons (im „Figaro und im „Standard“) und von Lugners Tod (zelebrierte in der „Krone“), doch im Blog „Perspective Daily“ (aus Münster!) fand ich eine außergewöhnliche Nachricht von einer Wiener (!) Studie, was
M u s e u m s besuche bewirken können. Ein seltener Bericht, lohnend davon zu erfahren. Der Inhalt: zum Teil gekürzt. Im Kern sind es Zitate aus dem Blog „Perspective Daily“ von heute:

„Kunst ist mehr als nur Freizeitspaß. Wenn mich ein Bild berührt oder eine Ausstellung zum Nachdenken bringt, dann hat das einen Effekt auf mein Gemüt. Doch wie lange hält der an? Kann ein Museumsbesuch nachhaltig meinen Blick auf die Welt oder gar mein Verhalten ändern? Dieser Frage ist ein Team der Universität Wien nachgegangen. Zum Anlass nahmen sie eine Ausstellung im Dom Museum Wien, in der es um die Verletzlichkeit des Menschen ging.“

„Interessierte wurden vor und nach ihrem Besuch zu mehreren Dingen befragt – wie sie Fremden gegenüberstehen, wie empathisch sie sind und wie groß ihre Bereitschaft ist, Geflüchtete in ihrem Land aufzunehmen. Die Wissenschaftler:innen stellten fest: Kunst kann tatsächlich die Akzeptanz für Einwander:innen erhöhen und Fremdenfeindlichkeit verringern.

Doch die Forschenden wollten schauen, wie lange sich so eine Kunstausstellung auf das Leben der Menschen auswirken kann. Sie führten eine zweite Befragung mit 41 Personen durch, die ihre Angaben eine Woche vor und eine Woche nach dem Besuch der Kunstausstellung machten. Auch hier zeigte sich: Die meisten Befragten versuchten auch eine Woche nach dem Museumsbesuch, offener und sozialer zu handeln sowie mehr auf die Gefühle anderer Rücksicht zu nehmen und mehr über sich selbst nachzudenken.“

Der Psychologe Matthew Pelowski der Universität Wien sagt dazu: „Diese Ergebnisse sind ein erster Belege dafür, dass selbst ein kurzer Besuch einer Ausstellung, insbesondere einer Ausstellung, die zeitgenössische Kunst zur Bewältigung einer neuen gesellschaftlichen Herausforderung einsetzt, eine spürbare und dauerhafte Veränderung bewirken kann.“ Matthew Pelowski, Universität Wien

„Auch wenn noch breiter angelegte Studien nötig sind, um genauere Aussagen treffen zu können, so deuten die Ergebnisse doch darauf hin, dass Kunst eine wichtige Rolle dabei spielen kann, gesellschaftliche Themen aufzuarbeiten und vielleicht sogar Konflikte anzugehen.“

Papst: „Lesen wichtiger als beten“

Papst Franziskus hat als begeisterter Leser spezielle Literaturtipps veröffentlicht. Dazu Zitate aus einem Bericht von Thomas Ribi in der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ).

Hans Högl

„Der Papst outet sich als leidenschaftlicher Leser: Ein Buch lesen sei manchmal wichtiger als beten, schreibt er. Der neue Hirtenbrief von Franziskus ist eine Hymne an die Kraft der Literatur: ein Mix aus persönlichen Bekenntnissen, Literaturtheorie und schwindelerregender Theologie.

Von der Bibel ist mit keinem Wort die Rede. Dabei geht es in dem Brief, den Franziskus Mitte Juli veröffentlichte, um Bücher. Auf zwölf Seiten spricht der Papst darüber, was Lesen bedeutet. Für ihn persönlich und überhaupt. Zunächst sei der Text für Priesteramtskandidaten gedacht gewesen, schreibt er am Anfang. Aber dann habe er gespürt, dass das, was er sagen wolle, für alle pastoralen Mitarbeiter der Kirche gelte. Und im Grunde für alle Christen. Die Lektüre von Romanen und Gedichten sei seiner Ansicht nach zentral für die Persönlichkeitsbildung.

Aufsehen hat das Schreiben, das mitten in der Sommerflaute auf der Website des Vatikans aufgeschaltet wurde, nicht erregt. Obwohl es herausragt aus den päpstlichen Verlautbarungen. Nicht weil Franziskus’ Gedanken bahnbrechend wären. Dass ein gutes Buch eine Oase in der Einsamkeit sei, dass literarische Werke Begleiter sein können im Auf und Ab des Lebens – geschenkt. Aber allein schon, dass dem Papst das Thema Literatur so wichtig ist, dass er ihm einen Hirtenbrief widmet, ist bemerkenswert. Und dass er so persönlich darüber schreibt, auch.

Keine Pflichtlektüre, bitte! Etwa wenn er von seiner Vorliebe für «tragische Künstler» spricht, deren Werke man als Ausdruck der eigenen inneren Dramen lesen könne – konkrete Beispiele nennt er freilich keine. Oder davon, wie man die Welt durch ein Buch mit anderen Augen sieht: vielleicht durch die eines verlassenen Mädchens, einer alten Frau, die ihren Enkel zudeckt, oder durch die eines kleinen Geschäftsmannes, der trotz allen Schwierigkeiten über die Runden zu kommen versucht…..

Da kommt der Lehrer zu Wort, der Franziskus einmal war. Mitte der sechziger Jahre unterrichtete Jorge Maria Bergoglio an einem Jesuitenkolleg Literatur. Nun legt er den Christen ans Herz, was er damals seinen Schülern empfahl: Lest Bücher! Doch was gelesen wird, ist offenbar nicht so wichtig. Von Pflichtlektüre hält der Papst wenig, wie er schreibt. Konkrete Lektüretipps gibt er keine: «Jeder wird die Bücher finden, die sein eigenes Leben ansprechen und zu wahren Wegbegleitern werden.»

Das Wort, das Fleisch wurde. Das klingt entspannt. Vor allem für das Oberhaupt einer Kirche, die über Jahrhunderte einen Index verbotener Bücher führte, deren Lektüre den Ausschluss von den Sakramenten nach sich zog. Franziskus geht allerdings noch weiter. Ein gutes Buch, schreibt er, könne helfen, in Lebenskrisen zu Gelassenheit zu finden – selbst dann, «wenn es uns nicht einmal im Gebet gelingt, zur Ruhe zu kommen».

Lieber lesen als beten? Das sagt der Papst nicht. Aber er räumt ein, ein Buch sei manchmal wichtiger als ein Gebet. Das ist erstaunlich genug. Zwischen Verweisen auf Autoren wie Proust, T. S. Eliot, Paul Celan und Jorge Luis Borges kommt Franziskus dann freilich doch noch auf das zu sprechen, was ihn ganz besonders beschäftigt: das Wort, das Fleisch geworden ist.“

Frankreich mit positivem Image

Auch für andere Länder beispielgebend hat Frankreich Organisation und Ablauf der Olympiade ausgerichtet.

Hans Högl

Dass Medien primär und vor allem über Regierungschefs eines Landes berichten, somit meist über deren Probleme, ist medienspezifisch und verständlich. Somit kommen andere Interna des Landes nicht in den Blick. Denn die politischen Spitzen eines Landes verdienen besondere Aufmerksamkeit – vor allem in den Auslandsberichten und -nachrichten.

Dass aber damit ein Land als solches verkürzt dargestellt wird, wurde mir im Fall der Berichte über die Olympiade in Frankreich bewusst. Ich staunte über deren hervorragende Organisation.

Es war eine riesige Herausforderung, die Vielzahl der Wettkämpfe unter diversen Aspekten unter- und miteinander abzustimmen. Jedenfalls gelang dies sehr gut- wie es scheint, und so wurde mit Paris ein Stück Frankreich ins Bewusstsein gerufen, das eben nicht nur aus Regierungsproblemen besteht, sondern dass Franzosen imstande sind, eine fabelhafte Organisation zu leisten.

NB. In Diskussionsforen kam dies wohl auch in Medien zur Sprache, aber das primäre Bild eines Landes wird wohl durch Nachrichten über die Regierungschefs geprägt.

280 Millionen in der Schweiz gehortet

Russische Oligarchen schützen ihr Geldvermögen vor Sanktionen am ehesten in der Schweiz. Dazu ein Zitat aus dem Zürcher Tages-Anzeiger.

Hans Högl

In der Schweiz weiß man eher und zuverlässiger über finanzielle Dispositionen von russischen Oligarchen als sonst in Europa.

„Putin-Freund verschob 280 Millionen bei Schweizer Banken, um Sanktionen zu vermeiden. Ein Urteil zeigt erstmals, wie Oligarchen zu Kriegsbeginn vorgingen, um ihr Geld zu retten: Einblick in die Kontoführung des Milliardärs German Chan.“

Kamala Harris: Arte Doku

Arte Doku: Kamala Harris. Eine amerikanische Karriere. Medientipp Mo 12.8/
von 9.00-10.00 Uhr. Siehe Mediathek in Arte.

Hans Högl

Arte brachte eine, wie mir scheint, eine exzellente, weithin sehr positive Darstellung vom Werdegang von Kamala Harris. Sie hat die Chance, zur Präsidentin der USA gewählt zu werden. Es wird berichtet, dass Ronald Trump verärgert und nervös ist, wie er ihr argumentativ begegnen kann. Sein Antisemitismusvorwurf geht ins Leere, denn seine Konkurrentin Kamala Harris ist mit einem Mann jüdischer Herkunft verheiratet.

Hier kurz, was mich in der Artedoku sehr beeindruckt hat, die ich zwei mal sah. Kamala Harris vermag, sehr ernsthaft zu argumentieren, und in Reden spricht sie einfache, eingängige Sätze. Sie wirkt als heiterer Mensch, lacht sehr gern (was im Übermaß bei TV-Darstellungen zum Ausdruck kommt). Sie berichtet von einer glücklichen Kindheit, ihr Lachen und Lächeln ist glaubhaft.
Ihre Mutter, eine Krebsforscherin stammt aus einer indisch-tamilischen Brahmanen-Familie,wollte in den USA studieren,was ihre Eltern ermöglichten, die Mutter erzog Kamala „als besonderes Kind. Kamala spricht immer wieder von ihrer Mutter, die Eltern trennten sich nach einigen Jahren. Ihr Vater, aus Jamaica stammend, war Wirtschaftsprofessor.

Kamala sieht sich als Teil der schwarzen Community, sie war Vertreterin der Studierenden, hat das Doktorat in Jus, wurde Staatsanwältin, setzte sich in der Bewerbung um das Amt durch, obwohl sie in Kalifornien lange unbekannt war. Als Staatsanwältin hatte sie viel mit Kriminalfällen zu tun und vermochte die Geschworen mit ihren Argumenten zu überzeugen. Sie hat zweifellos Kenntnis von Interna in den USA, von vorhandenen Kenntnissen in der Weltpolitik oder Wirtschaft ist in der Doku nirgends die Rede.

Sie besuchte in Kanada eine französische Schule. Die Diskussionen mit Ronald Trump werden spannend.

Paris: Ungewöhnliche Informationen

Bemerkenswerte Meldung aus dem Blatt „Christ in der Zeitung“ über drastische Parkgebührenerhöhung in Paris für SUVs.

Hans Högl

Zum Glück verfüge ich über ein Privatarchiv mit ungewöhnlichen Informationen, die sonst aus guten Gründen nirgends verfügbar gemacht werden, wohl aber in Frankreich. Aber wer informiert sich direkt über französische Verhältnisse, noch dazu über etwas, das potentielle Medienkunden verprellt?

Zur Sache: „Paris. Bei einer Bürgerbefragung hat sich ein knappe Mehrheit der Bewohner der französischen Hauptstadt für eine deutlich Erhöhung der Parkgebühren für SUVs ausgesprochen. Ab 1.September müssen Besitzer von Stadtgeländewagen nun 18 statt 6 Euro pro Stunde zahlen“.

Dies ist wortwörtliches Zitat aus dem wenig bekannten Wochenblatt „Christ in der Gegenwart“ 7/2024 p. 2, verfasst von der Redakteurin Johanna Beck in der Rubrik „7 Momente aus 7 Tagen“. Ich schreibe dies so exakt, wie es eben ein Wissenschafter gewohnt ist, es zu tun.

Werbung für SUVs verboten

Widersprüchliche Veröffentlichungen in Medien pro Umweltschutz/pro SUVs.

Hans Högl

Mir stößt es sauer auf, wenn Qualitätsmedien, die ich konsultiere, in der gleichen Ausgabe für mehr Umweltschutz schreien und gleichzeitig Werbung für die dicken SUV-Autos machen, die besonders umweltschädlich sind. Mit Erstaunen lese ich nun im Blog „Perspective Daily“ aus Münster, dass zwei Städte die Werbung für SUVs verboten haben, Edinburgh und Amsterdam.

„Schluss mit dicken Autos! Diese Stadt beschließt ein Werbeverbot für SUVs.
Amsterdam und Edinburgh haben nicht nur ihr mildes Klima gemeinsam: Beide teilen auch die Einstellung, klimaschädliche Einflüsse aktiv zu bekämpfen.“ NB. Mir fällt auf- Beide Städte haben auch einen calvinistischen Hintergrund, der mir letztlich wichtiger erscheint, als das Meeresklima.

Taylor Swift und das Echo

Die Echokammern funktionieren – nicht nur im Ukrainekrieg.

Wolfgang Koppler

Unisono meinten etwa ORF-Innenpolitikexperte Webhofer ebenso wie der Standard schon am Donnerstag, dass es ein falsches Signal gewesen wäre, das Swift-Konzert abzusagen. Der Westen müsse zeigen, dass er sich von Terroristen nicht davon abhalten lässt, business (und entertainment) as usual fortzuführen.

Dabei war damals schon bekannt, dass ein mutmaßlicher Komplize des in Ternitz festgenommenen Neunzehnjährigen als Teil des Facility Service Zugang zum Stadion hatte. Und wie man nun weiß, erfolgten die ausländischen Geheimdienstinformationen zu dem geplanten Anschlag relativ kurz vor dem Konzert. Die Handlungsweise des Veranstalters ist also durchaus nachvollziehbar. Die „Jetzt erst recht“-Haltung mancher Journalisten schon weniger. Ganz gleich, wie ausgegoren der Plan des Verdächtigen war – für Messerattentate von Komplizen (die sich vielleicht ebenfalls denken: Jetzt erst recht) wäre immer noch Zeit gewesen.

Ebenso engstirnig: Die in der ZiB2 gerade penetrant verfochtene Ablehnung der Überwachung von Messengerdiensten. Selbst als die gewiss liberale und ausgesprochen unverdächtige Strafrechtlerin Ingeborg Zerbs diese – im Fall schwerster Straftaten – für verhältnismäßig und verfassungsrechtlich unbedenklich erklärte, blieb Margit Laufer bei ihrer Skepsis. Auch der diesbezügliche ZiB-Beitrag war von – wenig sachlichen – Datenschützern geprägt. Nachdem aber 80 § der Telekommunikation inzwischen über Messengerdienste abläuft – wie Zerbs nachvollziehbar darlegte, ist eine derartige Überwachung bei entsprechendem Gerichtsbeschluss wohl nicht schwerwiegender als eine Telefonüberwachung. Und eine solche würde im Falle schwerwiegender Straftaten ja auch niemand in Frage stellen.

Die Nymphe Echo war in der antiken Mythologie eine eher traurige Gestalt. Vielleicht sollte man sich dessen in Politik und Medien wieder bewusst werden. Und gelegentlich selbst Überlegungen anstellen.

Kleiner Lichtblick: Zumindest in den Printmedien entdeckt man nun – reichlich spät – die Problematik der Sozialen Medien für die Entwicklung von Jugendlichen. Jahrzehntelang hat man hier zugesehen und diese geradezu als demokratische Errungenschaft bejubelt. Vielleicht sollte man auch einmal unserem Freiheitsbegriff hinterfragen, der die Ausbeutung von Mensch und Umwelt zugunsten von Milliardengewinnen als unbedenklich oder zumindest in Kauf zu nehmendes Risiko einstuft- Sofern nicht gerade ein nicht mehr zu kaschierender Skandal auftaucht.

Gastautor Mag. Wolfgang Koppler ist Journalist und Jurist und lebt in Wien

ARTE-Doku zu ökologischer Katastrophe

Eine kürzlich gesendete beachtenswerte Dokumentation von ARTE zum Thema „Ökologische Katastrophe“ kann bis November in der ARTE-Mediathek abgerufen werden.

Hans Högl

Die Arte-Geschichtsdoku zu einer ökologischen Katastrophe – weit vor unserer Zeit – wurde sehr spät abends- ein Stunde vor Mitternacht gebracht – also zu einer höchst ungünstigen Sendezeit. Aber immerhin.

1895 hatten die Menschen im französischen Alpendorf Chaudon die Ressourcen ihrer Umgebung aufgebraucht und verkauften den Ort vertraglich an den Staat- gemeinschaftlich versammelt mit dem Bürgermeister.

Man hatte um Chaudun die Wälder abgeholzt, und es kam zu Überschwemmungen. Die ökologischen Schäden waren so gravierend, dass die Leute im Dorf der Region Alpes-Cote d`Azur keine Überlebenschancen sahen.

Dies war vor 130 Jahren: Sie verkauften- vertraglich Land und Gut am 6. August 1895 an den französischen Staat, der ihre Probleme und Eingaben viele Jahre nicht beachtet hatte.

Die große Politik hatte anderes im Sinn als die Probleme eines Provinznestes im Süden Frankreichs, nämlich die Weltausstellung und den Bau des Eiffelturms.

Die 30 Familien von Hirten und Bauern wanderten aus – wie üblich nach Algerien, Argentinien oder in die USA.

Es ist lobenswert, dass Arte diese Sendung brachte. Sie kann in der Arte-Mediathek bis 10. November 2024 abgerufen werden. Die Sendung war am Dienstag 6. August 2024 von 22.45- 23.40 Uhr zu sehen.

Raimund Löws Chinabild

Weitere Auszüge aus dem Buch: Raimund Löw: Die Welt in Bewegung. Falter Verlag.

Hans Högl

Raimund Löw (Dr.phil.) studierte neuere Geschichte und Politikwissenschaft. In der Wiener Hochschülerschaft war er Mandatar der Trotzkisten. Anderthalb Jahre war er ORF-Korrespondent in Peking. Er versucht, so meine ich, ein realistisches Bild von China zu zeichnen. (Hans Högl)

Wie Raimund Löw das C h i n a von Heute sieht (S. 131-157).

Seit 2012 baut Präsident Xi Jinping China von einem Einparteienstaat zu einem Einpersonen-System um. Xi macht die Rolle des Reichs der Mitte als neuer Weltmacht zum Kern des nationalen Selbstbewusstseins. Jedem Besucher in China fällt die große Zuversicht der Bürger auf.

Der Volkskongress in Peking repräsentiert ein Fünftel der Menschheit. Doch er hat „mehr Milliardäre als im Kongress der kapitalistischen USA“ (S. 149). Wer Geld hat, schickt sein Kind zu einem Studium in die USA, so Xi seine Tochter Xi Mingze nach Harvard.

Die KP-Chinas hat „laut UNO 700 Millionen Bürger aus extremer Armut befreit“ (S. 149).
Der entscheidende Grund für den Erfolg des Staatskapitalismus waren die weltweiten Exporte.

Doch es gab auch Streiks, so von zehntausenden Arbeitern des weltgrößten Schuhfabrikanten, der taiwanesischen (!) Firma Yue Yuen. Die riesigen Schuhfabriken liefern Markenschuhe von „Nike, Reebok und Adidas“. Eine Folge der Produktion ist der dichte „Smog über große Gebiete von Nordostchina“ (S. 136).

Auch den Apple-Zulieferer Foxconn traf ein harter Arbeitskampf; Apple zahle zu wenig Sozialabgaben. Dies sieht Löw als Zeichen für ein verbessertes „Kräfteverhältnis im Klassenkampf“ im KP-Staat (S. 135). Er bezeichnet das System in China als „Raubtierkapitalismus“ (S. 132).

An einer anderen Stelle findet sich ein fundamentaler Satz: Bei aller Kritik am Neokapitalismus und Finanzkapital aus den Reihen der modernen Globalisierungsgegner, ist die Vorstellung verschwunden, dass ein anderes System als jene der Marktwirtschaft und Demokratie seien sinnvoll (S. 24).

Zum Internet in China:

Unliebsame internationale Websites hält die digitale Firewall fern. „Internetpolizisten löschen Beiträge oder schalten sich mit Postings selbst ein.“ Nur wenige tun sich die Mühe an, Sperren zu umgehen. Doch ein Streik der Taxifahrer in der Metropole Nanjing wurde bekannt, und er weitete sich rasch auf ein halbes Dutzend Städte aus, weil im Internet darüber berichtet wurde (S.133).

Gegen die islamischen Uiguren wird die Gesichtserkennung eingesetzt . Kritisches wird ausführlich dargelegt. Vieles verläuft ganz im Sinne stalinistischer Säuberungen (S. 153 f.)

Allgemeines Urteil: „In China gibt es nicht den Hauch von Pressefreiheit“ (S. 133). Professoren einer angesehenen Sozialakademie sind verpflichtet, Reden des Vorsitzenden „wortwörtlich abzuschreiben“ (S. 150).

Diversa:
Trump forderte, Japan und Taiwan sollen „eigene Atomwaffen entwickeln, damit die USA ihre Präsenz reduzieren können (S. 142).- Während Trump noch nachdenkt, ob die Erderwärmung vielleicht doch real ist, betont die Regierung in Peking die Bedeutung des Pariser Klimavertrages.

Peking hat die europäische Einigung „stets begrüßt“. Man erhofft sich vom Euro ein Gegengewicht zum Dollar. (S. 138).

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