Werben für gewaltlose Politik

Wer hätte das vor wenigen Wochen noch gedacht, dass Gewalt und Krieg in Europa wieder die Oberhand gewinnen würden.

Udo Bachmair

Es ist wahrlich unfassbar, nach einer langen Friedensphase nun zurückgeworfen zu sein auf kriegerische Konfliktlösung offenbar jenseits jeglichen zivilisatorischen Fortschritts, den man bis vor kurzem noch als existent und erreicht betrachtet hatte.

Der Aggressor im Ukraine-Krieg ist klar zu benennen. Es ist Russlands Präsident Wladimir Putin. Doch seine völkerrechtswidrige Invasion der Ukraine ist nicht zu verstehen ohne eine bereits jahrelang zuvor vom Westen und der NATO massiv betriebene Feindbildpflege. Russland ist von westlicher Propaganda in Politik und Medien beharrlich zum Feindbild Nummer 1 aufgebaut worden.

Die provokative NATO-Erweiterung bis an die Grenzen Russlands hat auch nicht gerade zur Besänftigung russischer Ängste beigetragen. Ganz im Gegenteil: Angesichts des aggressiven Charakters der NATO, wie die letzten 3 Jahrzehnte zeigen – Beispiele Irak über Jugoslawien bis Libyen – erscheint russische Besorgnis nicht unverständlich.

Machen wir uns nichts vor: Auf beiden Seiten eines Krieges wird Propaganda als Mittel der Kriegsführung eingesetzt. Unabhängig davon, ob Propaganda aus einem westlich demokratischen Bereich oder einem autoritär geführten Staat wie Russland kommt. Warum etwa US-Propaganda „wahrer“ sein sollte, Beispiel die Fakes zur Begründung des Angriffskrieges auf den Irak, entzieht sich jeder vernünftigen Beurteilung,

Was nun Gebot der Stunde ist, ist weitere Eskalation des Ukraine-Krieges, weitere Tote, weiteres Leid zu verhindern. Das kann nicht durch weitere Aufrüstung der Ukraine und den Einsatz tausender Söldner aus dem Ausland erreicht werden, sondern durch diplomatische Beweglichkeit. Diese aber lassen beide Kriegsparteien vermissen. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt.

Wichtig und sinnvoll in Zeiten wie diesen sind besonnene Stimmen aus Politik und Medien mit unermüdlichem Werben für eine gewaltlose Politik. Eine dieser Stimmen ist die von Sepp Wall-Strasser, Theologe und Wirtschaftswissenschafter. Der SPÖ-Bürgermeister der oberösterreichischen Stadt Gallneukirchen hat eine entsprechende Botschaft via Facebook verbreitet:

„Viele fordern jetzt, Putin zu töten ( „Kopfgelder“ ; Timoschenko „er ist das absolute Böse, wir sind das Licht“ => das Böse muss ausgerottet werden; Forderung eines regime-change,…). Sollte dies passieren, müssen wir damit rechnen, dass dieses Riesenreich in unkontrollierbare Auseinandersetzungen, und, von nationalistischen, rechtsextrem und/oder religiös-fundamentalistisch motivierten Bewegungen und Parteien angetriebenen Kämpfen im kriegerischen Chaos endet. Ein Libyen oder Syrien von Moskau bis Wladivostok… Hirn-und strategieloser können solche Forderungen nicht sein. Es müssen JETZT Schritte für nichtkriegerische Lösungen gefunden werden.

Die Fortsetzung der Dämonisierung und Heroisierung verschlimmert die Lage von Tag zu Tag. Und was gewinnt die Welt dabei? Auch nach Millionen Toten muss irgendjemand zu verhandeln beginnen. Nur weiss niemand, wer bis dahin überlebt hat, und – falls es „Freiheit“ gibt- für wen? Bereits seit Jahren denkt Politik – sowohl „westliche“ wie „östliche“ lmmer mehr in militärischen Kategorien. Dies fällt uns jetzt auf den Kopf. Verhandeln, friedliche Koexistenz, empathische Politik, Zugestehen von historisch bedingten Ängsten und Interessen werden als Schwäche ausgelegt. So kommt es zu „Kränkungen“ und Demütigungen (die nach Haller regelmäßig ihren Ausweg in der Rache suchen). „Recht haben/kriegen“ klafft da auseinander/ kann zum Gegensatz werden zu einer Politik der klugen Lösungen.

Wie sehr sich die Stimmung seit der Nachkriegszeit geändert und die Politik verrannt hat zeigt das Beispiel Deutschland. Während man nach zwei Weltkriegen besorgt war, dass Deutschlands Politik in aller Zukunft auf Demilitarisierung ausgerichtet sei, musste es sich in den letzten Monaten in die Ecke treiben lassen, wieso es KEINE Waffen liefere. Und dann gab es standing Ovations für das größte Aufrüstungsprogramm ever… Dieser Krieg heute ist das Erbe von 30 Jahre unvernünftiger Politik. Wir können es kaum noch ändern. Aber die fatalen Entscheidungen dieser Tage legen die Grundsteine für die Katastrophen von morgen.

Wir sind immer großteils die Erben der Politiken der vergangenen Jahre. Daher müssen wir uns lösen von deren Fesseln und auf eine Politik der nichtkriegerischen und gewaltfreien Politik zurückkommen, wie sie in Ansätzen nach dem Trauma des 2. Weltkrieges doch größere Teile der Politik beherrscht hat. Heutiger Mainstream lässt Politiker wie Roosevelt, Palme, Brandt und Kreisky gar nicht mehr zu. Gesiegt haben die, die ihrem Land die Position „Number ONE“ versprechen, das „Kämpfen bis zum letzten Mann“, die Rettung der heiligen Heimaterde… Vielleicht kann uns eine neue Form der Friedensbewegung, die wir jetzt beginnen müssen, noch retten. Aber es wäre das erste Mal, dass so eine sich durchsetzt VOR der großen Katastrophe. Vielleicht rettet uns diesmal schlicht und einfach die banale Tatsache, dass Biden und den USA der Krieg mit Russland nicht reinpasst, weil sie sich auf die Konfrontation mit China eingestellt haben.“

5 Gedanken zu „Werben für gewaltlose Politik

  1. Ich glaube – als Umwelt-bewegte – schon lange nicht mehr an militärische Lösungen. Das Militär ist der größte Klimaschädiger. Klimaschutz und Frieden sollten gemeinsam propagiert werden. Runde Tische mit Politiker und NGO-Vertreter*innen könnten den Druck der Bevölkerung verstärken. Aber das wollen ja die Kriegstreiber die oft auch Kriegsgewinnler sind, nicht hören. Seit zwei Jahren bin ich einem Friedens-Aktionsbündnis beigetreten und versuche dort im Team mit vielen anderen Organisationesvertreter*innen den Weg Richtung Frieden, aktiver Neutralität und Gewaltfreiheit zu ebenen – http://www.abfang.org
    Wir haben für morgen, Sonntag, den 13. März, ab 16h, eine Friedensdemo organisiert! Mehr dazu: https://www.waffen-nieder.at/

  2. Ich bin froh um jede Stimme, die vor einem neuen Rüstung swettlauf mit seinen Folgen warnt und auf Deeskalierung setzt

  3. Liebe Leute, ja, Bgmst. Sepp Wall-Strasser redet weise. Zu hoffen ist, dass Sachen, die etablierte ngos seit Langem sagen, trotz ÖVP-gesteuerter Medien endlich Eingang in den Mainstream finden und sich das Volk endlich an sich selber beteiligt. Niemand will Krieg und niemand will „mitgefangen (mitgehangen)“ in einem militärischen Block sein. Wenn Wall-Strasser seine weisen Worte auch selber hören würde, würde er aus und unter Protest die SP verlassen, die wider besseres Wissen statt Verkehrswende Lobaubeton macht. Bürger*innenliste statt SP und er gewinnt Glaubwürdigkeit und Verantwortlichkeit. Ich hoffe, dass Artenschwund, Klimakrise und Krieg endlich Bewusstsein schaffen; dieser Bürgermeister könnte ein Voranreiter werden. Wir brauchen qualifizierte Partizipation, Zwangsinvestitionen und Investitionsverbote, Geld als Gemeingut und eine Außenpolitik, die aktive Friedensarbeit ist. Schubladen sind voller Konzepte, Korruption hat sie drin eingesperrt. Medienreform muss, wie Wall-Strassers Genosse Scheiber sagt, Demokratiereform sein. Ohne sie kein Frieden. Ich verlange für jede Entität, ob privatwirtschaftlich oder öffentlich, eine/n bezahlte/n berichtspflichtige/n SDG-Beauftragte/n. Weil es so ist, wie die UNO sagt: Gerechtigkeit, Wohlfahrt, Natur- und Klimaschutz und Frieden hängen zusammen!

  4. Ja, Christine, ich bin auch froh über solche Stimmen – und ich erlebe, dass noch viele, viele andere auch froh wären – würden sie diese Stimme hören/lesen! Selbst in den Kreisen der politischen Opposition kann man immer mehr solche Stimmen hören – wie z.B. die vom stellvertretenden Clubchef der SPÖ, Jörg Leichtfried, er wirft der Wirtschaftsministerin sogar Gesetzesbruch vor, weil sie gegen die hohen Spritpreise an den Tankstellen nichts tut. Auf der aneren Seite gibt es diesbezüglich wiederum Stimmen, die darüber ganz froh sind, weil das vielleicht zu weniger Autofahrtn motiviert – https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/chronik/oesterreich/2140526-Teure-Energie-als-Chance-fuer-den-Klimaschutz.html

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