Kriegslogik schlägt Friedenslogik

Ein heißer Krieg geht immer einher auch mit einem Informationskrieg, der sämtliche Friedensalternativen ausblendet. Kriegspropaganda betreiben alle Kriegsparteien. Besonders gut inszeniert sich dabei die Ukraine.

Udo Bachmair

Die regelmäßigen Auftritte des ukrainischen Präsidenten Selensky, einmal im Tarnanzug, jüngst festen Schrittes marschierend durch die Innenstadt von Kiew, einmal im Trainingsanzug vor einer großen ukrainischen Flagge, verfehlen ihre Wirkung nicht. Mit martialischen Worten appelliert er regelmäßig an den Westen, im Besonderen an die NATO, weitere schwere Waffen zu liefern. Die schon vor dem Angriffskrieg Russlands mit westlicher Hilfe aufgerüstete Ukraine kann auf weitere massive militärische Unterstützung hoffen. Ob das die Ukraine dem „Sieg“ näherbringt, bleibt fraglich.

Was den Informationskrieg betrifft, der jeden Krieg begleitet, ist aus westlicher Sicht, im Speziellen seitens der nahezu gleichgeschaltet wirkenden Medien, die moralische Siegerin klar ausgemacht: Es ist die Ukraine. Jenseits aller Objektivitätskriterien, die man sich als Medienkonsument gerade auch in der außenpolitischen Berichterstattung wünschen würde, dominiert klar einseitiger medialer Mainstream. Die Russen generell böse, die Ukrainer generell gut, so die Devise.

Vernebelt vom Schwarz/Weiß-Denken stellen westliche Medien Ergüsse ukrainischer Kriegspropaganda meist als Fakten dar, hingegen alles, was von russischer Seite kommt, als völlig unglaubwürdig und propagandistisch. Freilich ist es für journalistische Arbeit schwieriger denn je, auf seriöse Quellen zurückgreifen zu können, auch wenn ehrliche Absicht dazu besteht. Seriöse Quellen im Informationskrieg sind nämlich kaum zu orten. Aber es wäre zumindest wünschenswert, Quellen überhaupt anzugeben, was leider auch im ORF selten passiert.

Wenn ein Sprecher des rechtsradikalen Asow-Regiments etwa in der ZiB 1 auftritt, ohne dass eine interpretierende oder differenzierende Analyse dazu beigesteuert wird, ist dies unseriös. Oder wenn in TV-Diskussionsrunden ausschließlich Kriegs- und Militärlogik verbreitet wird, wie jüngst etwa in der ARD-Sendung „Hart, aber fair“, oder wenn in unausgewogen besetzten Diskussionsrunden wie etwa im ORF-Format „Im Zentrum“ antirussische Feindbildpflege dominiert, darf man sich nicht darüber wundern, dass Politik und Medien zunehmend an Glaubwürdigkeit einbüßen.

Was sollen die Menschen denn noch glauben, wenn Journalismus nicht mehr in der Lage zu sein scheint, zu differenzieren und die Interessenslage von allen Seiten eines Konflikts zu sehen und zu hinterfragen. Besonders krass tritt dieses Manko in einem so komplexen Fall wie dem Ukraine-Krieg zutage.

Dass es auch anders geht, beweist immer wieder der besonnene und sachorientierte ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz, der sich jenseits bloßer Kriegsrhetorik und wegen seiner nichtmartialischen und differenzierenden Analysen und Reportagen großes Lob verdient. Wehrschütz kann auf authentische Quellen vor Ort verweisen, die meisten Redaktionen westlicher Medien hingegen nicht, ihre Hauptquellen sind die großen US-nahen Agenturen, die nur eine Sicht der Welt repräsentieren. Auch das ORF-Büro in Moskau greift kaum auf andere Quellen zurück..

Schon Jahre vor dem Krieg haben westliche Medien und PolitikerInnen Russland beharrlich zu einem Feindbild mit aufgebaut. Dabei helfen einzelne Begriffe und Worte, wie sie auch in der sogenannten objektiven Nachrichtensprache verwendet werden. So fällt wahrscheinlich nur wenigen auf, dass Äußerungen von russischen Politikern durchgängig mit Prädikaten wie „behaupten“, „unterstellen“, etc. versehen werden. Wenn ein US- oder EU-Politiker eine Stellungnahme abgibt, lauten die Prädikate „betonen“, „bekräftigten“, „erklären“ etc. also positiv geladene Begriffe.

Abermals sei bekräftigt, dass ein Angriffskrieg im 21.Jahrhundert in Europa ein absolutes „No go“ sein sollte. Großmachtphantasien mit einem realen Krieg erzwingen zu wollen, ist menschenrechtlich und völkerrechtlich strikt abzulehnen. Krieg und Gewalt sind per se Verbrechen, besonders ein aggressiver militärischer Überfall. Das heißt aber nicht automatisch, dass nur der Aggressor Kriegsverbrechen begeht.

Die Ukraine sollte so rasch wie möglich friedliche Zustände erleben können. Doch beide Kriegsparteien bewegen sich nicht. Dies lässt vorerst keine Hoffnung auf eine Waffenruhe oder auf Friedensverhandlungen keimen. Das Heil ausschließlich in der Lieferung schwerer Waffen zu sehen, wie es etwa die EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen oder bedauerlicherweise auch die früher antimilitaristischen Grünen bevorzugen, lässt jedenfalls weiter Öl ins Feuer gießen.

Natürlich soll hier nicht einem naiven Pazifismus das Wort geredet werden, allerdings einer von Friedensethik getragenen aktiven Friedenspolitik. Eine Politik, die auch Kompromissen Raum gibt. Eine primitive und ebenfalls naive Kriegslogik lässt ein sehnlichst erwartetes Kriegsende in noch weitere Ferne rücken.

2 Gedanken zu „Kriegslogik schlägt Friedenslogik

  1. …..“oder wenn in unausgewogen besetzten Diskussionsrunden wie etwa im ORF-Format „Im Zentrum“ antirussische Feindbildpflege dominiert, darf man sich nicht darüber wundern, dass Politik und Medien zunehmend an Glaubwürdigkeit einbüßen.“ – Tja, diese Sendung hat mich richtig schockiert. Wenn eine Vertreterin einer EU-Institution so gar keine andere Alternative mehr gelten läßt als Hilfe mit schwereren, militärischen Waffen, dann hört sich alles auf.

  2. Eine Antwort auf die Mainstream-Eiferer/Fanatiker in Deutschland:

    Sie haben recht.

    Würde ich mich ins betreute Denken der Zeitung, die das Lügen nicht lassen kann, vertrauensvoll reinkuscheln, wäre mir die Achtung unendlich viel weiterer Kreise gewiß.

    Einen Relotius (von wie vielen?) prickelnd zu empfinden, wäre meinem Image äußerst dienlich; Zensursulas lupenreine Demokratie-Interpretation von Amtsantritt bis zum RT-Verbot anzuhimmeln würde x-Dutzend Anfeindungen ersparen.

    Den Atlantikbrücken-Souffleuren von Buhrow bis Zamperoni zwangsabgabengetreu jedes Wort blind zu glauben, das würde einen Nestbeschmutzer wie mich grundlegend erst zum gestandenen mündigen Bürger machen. In den Augen mancherer zumindest.

    Die „Dämonisierung des Asow-Regiments“ zu unterlassen, käme dem Schattenkanzler Melnyk und der westlichen Wertewelt außerordentlich zupaß. Und – klaro – die Rüstungsausgaben der westlichen Wertegemeinschaft denen des russischen Staates gegenüberzustellen, ist indiskret, ja sogar peinlich parteiisch. Da klingt doch schon der Sozialneid gegenüber den Aktionären von Rheinmetall disharmonisch kreischend heraus.

    Also ab ins stromlinienförmige Sandstrahlen?
    So einfach machen es die Nestbeschmutzer des Schutzschirms der NATO und der FDGO den Gleichschaltern der WWG dann doch nicht.
    Sie können partout nicht verdrängen, in welchem Missverhältnis Freiheitlichkeit und Demokratie einander gegenüberstehen.

    Die Nestbeschmutzer können das russische System zwar nicht bewundern, aber versuchen zu verstehen, welche (Abwehr-)Mechanismen es entwickelt. Wozu u.a. gehört,
    Brzezińskis Strategien,
    die (wieviele?) NATO-Osterweiterungen,
    Nulands „fuck the €U“,
    Hunter Bidens Aktivitäten in der Ukraine und und und zu berücksichtigen.

    Dem gegenüber enthüllt die Diffamierung „Putin-Versteher“, daß deren Urheber an der Lösung eines Problems gar nicht interessiert sind. Wer etwas nicht verstehen will, muß wohl zwangsläufig vernichten, was er nicht verstehen kann. („Das wird Russland ruinieren“, Baerbock. – Nicht Putin, nicht Lawrow, nicht die russischen Oligarchen. RUSSLAND, wohl mitsamt der ganzen Bevölkerung.)

    Die Nestbeschmutzer können nicht vergessen, daß die Führungsmacht der WWG keine Freunde, sondern Interessen hat. Daß diese Interessen im Irak 500.000 tote Kinder gefordert hat. Mit dem zynischen Vermerk, „daß es das wert war“. Hätte seinerzeit eine Berichterstattung quantitativ wie aktuell im Ukrainekrieg stattgefunden, nicht auszudenken, welche Folgen das gehabt hätte.
    Wer die ganze Kette von Interessenswahrungen von Afghanistan über Syrien und Irak bis hin zu Libyen (und und und) mit Demokratie-Export bemäntelt, kann sich wohl nicht reinen Gewissens im Spiegel betrachten.
    Obwohl – Gesinnung vermag wohl einiges zu verfälschen. Vor allem Selbstwahrnehmung.

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