BP-Wahl: VGH-Urteil „fragwürdig“ ?

Entscheidung der Höchstrichter nicht unumstritten

Udo Bachmair

Selbstverständlich ist eine Entscheidung der Höchstrichter zu akzeptieren. Unabhängig von politisch-taktischen Erwägungen. Der Verfassungsgerichtshof hat auch in der Causa der stattgegebenen Anfechtung der Bundespräsidentenwahl ausschließlich juridische Begründungen als Motiv für seine Entscheidung geltend gemacht. Das entspricht seinem gesetzlichen Auftrag und der Erwartungshaltung der Öffentlichkeit.

Aber: Auch ein VGH agiert nicht im politik- und wertfreien Raum. So ist gerade auch im konkreten Fall die Frage legitim, ob die Verfassungsrichter realpolitische Konsequenzen einer solchen schwerwiegenden Entscheidung sorgfältig genug überlegt haben. Jedenfalls sind entgegen dem überwältigenden Lob für den VGH in Medien und Politik vereinzelt auch Bedenken und Kritik vernehmbar.

So hält der Autor Robert Misik im STANDARD die Entscheidung des VGH für „fragwürdig“ :

  1. hätte der Verfassungsgerichtshof auch anders entscheiden können.
  2. fällt er seine Urteile immer in einem politischen Kontext. Und selbstverständlich spielte für die Richter eine Rolle, dass sie der FPÖ nicht weiteren Anlass für ihre Kampagnen liefern wollten.
  3. Aber hat der Verfassungsgerichtshof das wirklich bis zum Ende gedacht?
  4. Hat er sich eigentlich überlegt, welche Verfassungskrise entstünde, wenn Norbert Hofer, dem ein zweiter Versuch geschenkt wurde, bei der Neuaustragung gewinnen würde?

Es steht zu befürchten, dass der Verfassungsgerichtshof das nicht überlegt hat. Im Grunde ist dieses Urteil selbst zirka so schlampig wie die Wahlorganisation in einem kleinen Dorf in der Provinz.

Er hat so entschieden, um sich ein Problem billig vom Hals zu schaffen: Er wollte der aggressiven FPÖ-Kampagne den Wind aus den Segeln nehmen, wollte sich den erwartbaren Angriffen von Strache, Hofer & Co nicht aussetzen.

Das ist verständlich und auch nicht unklug.

Aber er hat damit sofort ein anderes Problem geschaffen: Er hat 50,3 Prozent der Wähler gesagt: „Ich annulliere Eure Stimme. Eure Wahlentscheidung ist weniger wert als das aufgeregte Gefuchtel der FPÖ.“

Die Stimmen von 2.254.484 Wählerinnen und Wählern werfen wir einfach so weg.

That’s it, in the End. Er hat gesagt: Die Stimmen der Mehrheit der Wähler sind weniger wert als die Empörungsbewirtschaftung der Verliererpartei.

In einer Güterabwägung – wie stärke ich das Vertrauen der Verliererpartei? Und wie respektiere ich zugleich den Wählerwillen der Mehrheit? – hat er sich allein auf eine Seite gestellt.

Wie das mit dem Geist der demokratischen Verfassung in Einklang zu bringen ist, soll mir erst einmal ein Verfassungsrichter erklären. (Robert Misik, 3.7.2016)

 

Ein Gedanke zu „BP-Wahl: VGH-Urteil „fragwürdig“ ?

  1. Das VGh Urteil Wahlanfechtung ist so zu akzeptieren, weil mehrheitlich zustandegekommen ohne wenn und aber. Interessant wäre aber durch neueste Magisteriums und Doktorarbeiten mal zu untersuchen , welche gesetzwidrigen geschlechterbenachteiligenden Scheidungsurteile innerhalb der letzten 30 Jahren an allen österreichischen Gerichten richterautonom einfach erfolgt sind, worüber es sehr wohl automatisch amtliche Neuentscheidungen geben sollte!!!

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