Archiv der Kategorie: JÜNGSTE BEITRÄGE

ORF-Journalist mit Mut

Politik und Medien scheint Empathie für das Leid der Palästinenser weitgehend zu fehlen. Und Österreichs Außenpolitik hat sich von neutralitätspolitischen Grundsätzen einigermaßen entfernt. Vor diesem Hintergrund sind mutige Worte des ORF-Korrespondenten Karim El-Gawhari besonders positiv aufgefallen.

Udo Bachmair

Es war in der reichweitesten Informationssendung des ORF, der ZiB1 (7.1.), als der Korrespondent für den arabischen Raum verblüffend offen und beherzt die dramatische Lage im Nahen Osten schilderte. Karim El Gawhari fand mutige Worte über das nach dem abscheulichen Massaker der Hamas besonders brutale Vorgehen Israels gegen die Bevölkerung im Gazastreifen. Eine solche Offenheit, ein solcher Mut fällt besonders in den Medien Deutschlands und Österreichs auf, zwei Länder, die sich im Gazakrieg voll auf die Seite Israels gestellt haben. Sie unterstützen damit auch die weltweit bereits höchst umstrittene aggressive Politik der rechtsradikalen israelischen Regierung. Nicht nur humanitäre Grundsätze, sondern auch Österreichs Neutralität werden damit unterminiert.

Karim El-Gawhari bringt die Lage eindrucksvoll auf den Punkt:

„Die letzten 3 Monate des Krieges waren für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen ein absoluter Alptraum. 1,9 Millionen von 2,3 Millionen mussten nach UN-Angaben ihr Zuhause verlassen, nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza sind mehr als 22000 Menschen getötet worden, unter ihnen zahlreiche Frauen und Kinder. Bei all dem scheint es, dass Israel mit dem Ziel, die Hamas zu zerstören, sehr weit entfernt ist. Der Gazastreifen wurde in Schutt und Asche gelegt, doch die Hamas agiert dort weiter.“

Der Krieg Israels gegen Gaza hat also kaum Fortschritte bezüglich einer Ausschaltung der militärischen Struktur der Hamas gebracht, stattdessen einen im Nahen Osten in so kurzer Zeit beispiellos hohen Blutzoll unter der Zivilbevölkerung. Alle bisherigen Versuche der UNO, aber auch von US-Außenminister Blinken, das israelische Kriegskabinett in dessen Überreaktion zu stoppen und mehr auf die Zivilbevölkerung Rücksicht zu nehmen, haben bisher nichts gefruchtet.

Ganz zu schweigen von Österreich, dessen Außenpolitik sich ohne Wenn und Aber hinter Israel stellt. Besonders unverständlich, dass Österreich als einziger neutraler Staat der Welt in der UNO-Generalversammlung gegen eine humanitäre Feuerpause im Gazakrieg gestimmt hat. Eine außenpolitische und neutralitätspolitische Schande. Zudem eine Fahrlässigkeit sondergleichen, Österreich als UNO-Standort und Ort von Friedenskonferenzen enorm geschadet zu haben. Außenminister Schallenberg und die gesamte schwarz/grüne Bundesregierung werden die Konsequenzen ihrer Außenpolitik weg von Neutralität und Humanität zu verantworten haben.

Diese Haltung Österreichs, die ganz im Gegensatz zur früheren ausgleichenden Außenpolitik Österreichs steht, hat mittlerweile die guten Beziehungen unseres Landes zur arabischen Welt erkalten lassen. Auch diesbezüglich fand ORF-Korrespondent Karim El Gawhari klare Worte in der ZiB1 :

„Immer wieder fragen mich Leute, was ist denn los mit den Österreichern und auch den Deutschen, die Leute verstehen einfach nicht, warum es so wenig Empathie gibt gegenüber dem Leiden der Zivilbevölkerung im Gazastreifen. Das wird, denke ich, auch langfristige Folgen haben für die Beziehungen Österreichs, aber auch Deutschlands und der EU insgesamt zur arabischen Welt.“

Diesen klaren Worten ist in der Sache nichts hinzuzufügen, außer dass sich die Bundesregierung endlich darauf besinnen möge, den Geist der Neutralität nicht weiter zu ignorieren, sodass Österreich als Ort von Begegnungen international wieder akzeptiert wird. Doch es ist zu befürchten, dass Einseitigkeit und Einäugigkeit der gegenwärtigen österreichischen Außenpolitik dieses wichtige auch staatspolitische Anliegen weiter konterkarieren. Wider besseres Wissen, denn das wird sicher auch eines der Reizthemen im heurigen Superwahljahr sein.

Mediale Wahlkampfsplitter 2024

Wie Medien Politik machen. Teil 1

Blau-Rot ist nicht ausgeschlossen“ betitelt Martina Salomon ihren KURIER-Leitartikel vom 6.1. und beflügelt damit den Wahlkampf der ÖVP.

Udo Bachmair

Mit Bedenken und Angst vor einer Kickl/Babler-Koalition nach der Nationalratswahl gibt die in der Medienbranche als ÖVP-nah geltende Chefredakteurin des KURIER der großen Regierungspartei gleichsam die Wahlkampfstrategie vor. Diese könnte tatsächlich greifen und die in Nöten geratene Volkspartei über die Hürden ihrer angereicherten Probleme hinweghelfen und von Platz 3 auf Rang 2 in den Umfragen bringen.

Vergessen die Erkenntnisse des ÖVP-Korruptionsausschusses, vergessen die Ära des letztlich doch nicht ruhmreichen und fast zum Messias erhöhten ehemaligen Wunderwuzzis Sebastian Kurz, vergessen die Chataffären, vergessen die Vorwürfe gegen ÖVP-Nationalratspräsident Sobotka, etc. etc.– ein nun medial heraufbeschworenes Schreckgespenst, wie eine SPÖ/FPÖ-Koalition kann nun all die schwarzen Schatten wahlkampfmäßig überstrahlen. Der eher farblose Kanzler kann dank KURIER nun auch mehr Farbe abbekommen. Karl Nehammer sieht sich aber unerwarteterweise doch auch mit einer Kritik Martina Salomons konfrontiert: er habe „sich vorschnell der FP-Option beraubt“.

Recht hat die KURIER-Chefredakteurin durchaus mit ihrer Aufzählung von Einzelaktionen im Nationalrat, bei denen die beiden großen Oppositionsparteien gemeinsame Sache gemacht haben. In der „Aufklärungsarbeit“ über „Fehlleistungen“ der ÖVP haben sich vor allem SPÖ-Mandatar Krainer und FPÖ-Abgeordneter Hafenecker zusammen- und hervorgetan. Doch diese punktuellen „Deals“ als Signal für eine mögliche künftige Kooperation auf Regierungsebne zu deuten, greift wohl zu kurz.

Eher nicht richtig liegt Salomon auch mit dem Vergleich, dass SPÖ und FPÖ ja schon einmal miteinander koaliert hätten und sie dies aus diesem Grund wieder tun würden. Denn die politische Lage der 80er-Jahre ist mit der heutigen nicht vergleichbar. Die FPÖ unter Norbert Steger war damals eine liberale Partei, die weit nach rechts gerückte Kickl-Partei ist dies heute wohl nicht mehr. Und die im Gegensatz zu Kreiskys Zeiten heute unter Andreas Babler etwas nach links gerückte Sozialdemokratie würde auf Regierungsebene mit Rechtspopulisten ziemlich sicher nicht kooperieren.

Fakten hin, Fakten her, das vom schwarzen Mammutkonzern Raiffeisen mehrheitlich mitfinanzierte Blatt übt sich gleich am Beginn des Neuen Jahres in Wahlkampfstrategien zugunsten der ÖVP.
Der Einfluss von Medien auf das Wahlverhalten der Menschen ist jedenfalls nicht zu unterschätzen.

Im heurigen Superwahljahr werden wir ja noch Einiges erleben. So werden wir in der neuen Serie „Mediale Wahlkampfsplitter 2024 – Medien machen Politik“ in loser Abfolge weiter dranbleiben.

Der Artikel von KURIER-Chefredakteurin Martina Salomon ist unter folgendem Link abrufbar:

https://kurier.at/meinung/blau-rot-ist-nicht-ausgeschlossen/402730780

Ein böser Krieg

Mit unverminderter Brutalität führt Israel den Krieg gegen Gaza weiter. Politik und Medien verurteilen zu Recht die israelischen Opfer des besonders verabscheuungswürdigen Massakers der Hamas vom 7. Oktober. Sie lassen hingegen Empathie für die unzähligen palästinensischen Opfer im Gazastreifen weitgehend vermissen. Umso bemerkenswerter ist ein in der israelischen Tageszeitung Haaretz erschienener Kommentar mit dem Titel „Kein israelischer Soldat hat sich geweigert, an diesem bösen Krieg teilzunehmen“. Autor ist der bekannte israelische Journalist

Gideon Lewy *

Niemand ist aufgestanden. Soweit bekannt, wurde in der israelischen Armee seit Ausbruch des Krieges kein einziger Fall von Ungehorsam registriert, mit Ausnahme eines jungen Mannes vor seiner Rekrutierung.

Die Piloten bombardieren, wie sie noch nie bombardiert haben, die Betreiber von Drohnen töten per Fernsteuerung in nie gekanntem Ausmaß, die Artilleristen schießen mehr denn je, die Betreiber von schwerem technischem Gerät zerstören, wie sie noch nie zerstört haben, und sogar die Gefängniswärter misshandeln Gefangene, wie sie noch nie misshandelt haben – und niemand ist aufgestanden.

Unter den Hunderttausenden von Reserve- und Berufsoffizieren – lassen wir die regulären Soldaten aufgrund ihres Alters, ihres Status und ihrer Gehirnwäsche einmal außen vor – gibt es nicht einen einzigen Soldaten oder Offizier, Piloten oder Artilleristen, Fallschirmjäger, der gesagt hat: Das ist weit genug. Ich bin nicht bereit, weiterhin an dem Gemetzel teilzunehmen, nicht bereit, Partner bei der Verursachung des unmenschlichen Leids zu sein. Es ist auch kein einziger Gefängniswärter aufgestanden, um die Wahrheit darüber zu sagen, was zwischen den Sicherheitsgefängnissen Sde Teiman und Megiddo geschieht, und die Handschellen auf den Tisch zu legen.

Auf den ersten Blick sollte die Streitkräfte mit einem völlig einvernehmlichen Krieg zufrieden sein, ohne Hintergrundgeräusche. Aber das völlige Fehlen von Ungehorsam sollte uns zu denken geben; es deutet eher auf automatischen Gehorsam als auf gute Bürgerrechte hin. Ein derart brutaler Krieg, der noch keine Zweifel bei den Kombattanten hervorgerufen hat, zeugt von moralischer Blindheit. Die Piloten und Drohnenbetreiber sind eine Sache, sie sehen ihre Opfer als winzige Punkte auf einem Bildschirm. Aber die Soldaten und Offiziere in Gaza sehen, was wir getan haben. Die meisten von ihnen sind Reservisten, Eltern von Kindern.

Sie sehen mehr als eine Million Menschen, die in Rafah zusammengedrängt sind und alles verloren haben. Sie sehen die Leichen auf den Straßen, die Überreste des Lebens in den Ruinen, die Puppen der Kinder und ihre Betten, die zerfetzten Lumpen und die kaputten Möbel. Sind alle Soldaten der Meinung, dass die Hamas schuld ist, dass ganz Gaza zur Hamas gehört, dass sie all das verdient hat und dass dies Israel nützt?

Die Armee verwüstet eine ganze Region mitsamt ihren Bewohnern, und das stört das Gewissen unserer Streitkräfte nicht. Die Zumutbarkeitsklausel beunruhigt einige von ihnen mehr. Wo sind jetzt die 10.000 Soldaten, die wegen Benjamin Netanjahu und Yariv Levin mit Ungehorsam gedroht haben?

Sie sind damit beschäftigt, den Gazastreifen zu bombardieren, ihn platt zu machen, zu zerstören und seine Bewohner wahllos zu töten, darunter Tausende von Kindern. Wie konnte es dazu kommen, dass die Bombardierung des Hauses von Salah Shehadeh, bei der 14 Bewohner, darunter 11 Kinder, getötet wurden, zu dem „Pilotenbrief“ führte, in dem 27 Piloten erklärten, dass sie sich weigern würden, an Angriffsmissionen teilzunehmen – und jetzt, nicht einmal eine Postkarte von einem einzigen Piloten? Was ist seit 2003 mit unseren Piloten geschehen, und was ist mit den Soldaten?

Die Antwort ist scheinbar klar. Israel sagt, dass es nach dem Horror vom 7. Oktober alles tun darf, und dass alles, was es tut, würdig, moralisch und legal ist. Ungehorsam während des Krieges ist ein viel drastischerer Schritt als Ungehorsam in der Ausbildung und grenzt sogar an Verrat. Es könnte den Brüdern im Kampf schaden. Aber das völlige Fehlen von Ungehorsam nach etwa 90 Tagen böser Kriegsführung ist nichts, worüber man sich freuen kann. Es ist nicht gut. Vielleicht werden es in ein paar Jahren einige Leute bereuen. Vielleicht werden sich einige dafür schämen.

* Der Beitrag von Gideon Lewy ist (leicht gekürzt) der israelischen Tageszeitung Haaretz vom 3.1.2024 entnommen. Den Text des Autors hat uns Adalbert Krims übermittelt. Die Einleitung stammt von Udo Bachmair.

Leicht lesbare Monatsschrift

„Klar & Deutlich. Leicht lesbar“ ist eine Monatsschrift aus Deutschland (Münster). Sie hat acht Seiten und bringt in verständlich- einfacher Sprache Informationen.

Hans Högl

Es ist erfreulich, dass es Medien-Angebote für verständliche deutsche Sprache gibt – im Hinblick auf viele kaum deutsch-sprechende Menschen bei uns. Darum ein Hinweis auf folgende großformatige Zeitschrift auf unserem Blog. Es ist nicht leicht, eben diese Kreise zu erreichen, für welche die Zeitschrift gedacht ist. Aber es ist bekannt, auch unter Einheimischen ist zum Teil Lesekompetenz schwach ausgeprägt.

So finden sich in der Schrift auf S. 2 Weltnachrichten, die Seite 3 ist die Bunte Seite (z.B. über Harry Potter, über Strafzettel, über die Feuerwehr, Musik spüren), die Seite 4 handelt von Freizeit und Sport (z.B. Fitness in kleinen Portionen ), die Seite 5 erörtert Natur und Wissenschaft (z.B. Erdbeben, Künstliche Intelligenz), auf S. 6 geht es um Gesundheit, auf S. 7 um Menschen und Länder/Orte (Europa entdecken: z.B. Dänemark oder Österreich oder um einen „Wald-Kindergarten) und die Seite 8 gibt Tipps und Wissen für jeden Tag (ein Rezept, einen Büchertipp, Gebräuche wie das Erntedankfest, Infos über geschmückte Kirchen).

Das Jahresabo für Einzelpersonen kostet € 50, für Institutionen € 70. Zu bestellen über Verlag „Spaß am Lesen“ Postf. 10 04 30 D- 48053 Münster oder info@spassamlesenverlag.de

Nützliche Neutralität

Die jüngste große Veranstaltung unter Mitwirkung der Vereinigung für Medienkultur war eine Podiumsdiskussion im Presseclub Concordia zur Notwendigkeit einer aktiven und engagierten Neutralität. Dazu im Folgenden die Kurzfassung eines Berichts, der in der aktuellen Ausgabe der renommierten Zeitschrift INTERNATIONAL erschienen ist.

Udo Bachmair

Rund um den Nationalfeiertag, an dem das Gesetz zur immerwährenden Neutralität beschlossen wurde, hat sich die Initiative Engagierte Neutralität (IEN) gebildet. Motiv und Anlass dafür war und ist es, auf die Wichtigkeit, ja, auf die besondere Nützlichkeit unserer Neutralität gerade auch in besonders krisenhaften Zeiten wie diesen hinzuweisen.

In Politik, Medien und diversen Diskussionen sind mancherorts Tendenzen zu registrieren, die darauf hinauslaufen, unsere Neutralität nicht mehr sinnvoll oder als überholt zu betrachten. Hand in Hand damit wendet sich die Initiative klar gegen Überlegungen, Österreich solle „zum Selbstschutz“ der NATO beitreten.

Die immerwährende Neutralität wird von einer überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung als höchst positiv angesehen. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund hat die Initiative Engagierte Neutralität in einem Appell an Regierung und Parlament dazu aufgerufen, die immerwährende Neutralität zu wahren und für eine engagierte Friedenspolitik zu nutzen.

Einige der Zitate aus dem mittlerweile von mehr als 150 namhaften Persönlichkeiten unterzeichneten Appell :

>>„Neutralität bedeutet freiwillige Selbstverpflichtung zur friedlichen Streitbeilegung“

>>„Neutralität verringert das Risiko, in einen Krieg hineingezogen zu werden“

>>„Österreich hat als neutraler Staat im Rahmen der Diplomatie und durch den Einsatz der Blauhelme wichtige Beiträge für den internationalen Frieden geleistet“

>>„Neutrale Staaten sind ideale Orte der Begegnung, man denke an Österreich als Vorsitzland der OSZE, mit Wien als offiziellem UNO-Amtssitz“

>>„Das Engagement neutraler Staaten ist nicht wertneutral, es ist das Gegenteil von Abseitsstehen. Es bedeutet, zu Völkerrechtsverletzungen unabhängig, eigenständig und klar Stellung zu nehmen“

In der Podiumsdiskussion der Initiative Engagierte Neutralität nannte der Politikwissenschafter und Sicherheitsexperte Univ. Prof. Heinz Gärtner zwei Hauptcharakteristika einer engagierten Neutralität: „Nützlichkeit und Glaubwürdigkeit“. Neutralität müsse glaubhaft vermitteln können, keinem Militärbündnis beizutreten, keine fremden Truppen auf dem eigenen Territorium zu stationieren sowie an keinen fremden Kriegen teilzunehmen. Diese immerwährende Neutralität müsse von der internationalen Gemeinschaft aber auch „als wirklich glaubwürdige Garantie“ wahrgenommen werden. Ein neutraler Staat müsse zudem auch nützlich sein, Dienste anbieten, gute Dienste, Vermittlungstätigkeiten leisten, Gastgeber von internationalen Organisationen sein, nicht zuletzt von Gipfelkonferenzen.

Bundesheergeneral a. D. Günther Greindl , früherer Oberkommandierender österreichischer Friedenstruppen, hob das Vorbild der neutralen Schweiz hervor und diesbezügliche Ähnlichkeiten mit Österreich. Auch Österreich liege in einer geostrategisch günstigen Lage. Auch Österreich sei nützlich als Sitz einer UNO-Institution. Kein günstiger Vergleich mit der Schweiz besteht laut Greindl darin, dass „unser Bundesheer seit Jahrzehnten kaputtgespart worden ist“.

Gabriele Matzner, langjährige Diplomatin, zuletzt Botschafterin in London, plädierte für eine humanitäre Außenpolitik als essentielles Prinzip einer engagierten Neutralitätspolitik. Schon in Zeiten des Ost-West-Konflikts sei Österreich als neutraler Staat zwischen den Blöcken gleichsam prädestiniert gewesen als Vermittler, als Ort für internationale Begegnungen.
Auf die Frage von Moderator Udo Bachmair, ob es denn einen neuen Kreisky bräuchte, sagte Gabriele Matzner: „Ja, wäre nicht schlecht“ Es habe aber auch vor und nach Kreisky wichtige Politiker gegeben, die sich im Sinne Kreiskys engagiert hätten. Eine aktive Friedenspolitik des neutralen Österreich könne jedenfalls auch für die Europäische Union ein Vorbild sein.

Daran knüpfte in der Pressekonferenz Ex-Sozialminister Erwin Buchinger an, der innerhalb der SPÖ die Initiative „Aktive Neutralität“ leitet. Österreich habe in den letzten Jahren gezeigt, dass beides möglich sei, nämlich neutral und Mitglied der EU-zu sein und damit auch eines „solidarischen Sicherheitssystems.“ Immer wieder höre man, dass dies nicht möglich sei, wenn man „die Neutralität ganz wahren und leben will. man kann nicht ein bisschen schwanger sein“. Es stünde einem neutralen Staat gut an, sich auch im Ukraine-Konflikt und im aktuellen Konflikt im Nahen Osten für Waffenstillstand und Friedensverhandlungen einzusetzen.

Wendelin Ettmayer –früher Nationalratsabgeordneter der ÖVP – später dann Diplomat -u.a. Botschafter beim Europarat, sieht das ähnlich. Er erweiterte die komplexe Thematik jedoch um den Begriff „Moralität“, wie er es bereits auch in einer brillanten INTERNATIONAL-Analyse ausgeführt hatte. Moralisierend werde in Konflikten immer von den eindeutig Guten und eindeutig Bösen gesprochen, und da könne man nicht neutral sein. „Gut und Böse sind Kategorien aus dem Privatleben, Außenpolitik ist aber keine Privatsache“. Es gehe, so Ettmayer, um die entscheidende Frage, ob ein Aus für die österreichische Neutralität oder deren Aushöhlung mehr Sicherheit oder mehr Unsicherheit mit sich bringe. Die Antwort Ettmayers ist klar „Die Neutralität bringt eindeutig mehr Sicherheit und Stabilität“.

Die Aufzeichnung der Podiumsdiskussion der Initiative Engagierte Neutralität können Sie im Youtube-Kanal von INTERNATIONAL unter folgenden Links abrufen:

www.youtube.com/watch?v=7VPVzzhncBI

www.international.or.at

China-Spionage in der Schweiz?

Im Zürcher Tagesanzeiger ist ein bemerkenswerter Kommentar zu einem Spionageverdacht gegenüber einem „Gastwirt“ erschienen. Ein heikles Thema, das in heimischen Medien bisher kaum Beachtung gefunden hat. Lesen Sie folgenden Kommentar, ausgewählt von

Hans Högl *

„Mehrere Jahre dauerte es, bis die Sicherheitsbehörden wegen eines verdächtigen Hotels beim Militärflugplatz Meiringen durchgegriffen haben. Eine chinesische Familie kaufte das Gebäude, dann passierte jahrelang wenig – bis die Spionageabwehr einschritt: Gasthof Rössli.

Würde jemand für das Fernsehen ein solches Drehbuch einreichen, würden es die Verantwortlichen ablehnen: zu klischiert. Aber so hat es sich abgespielt: Eine freundliche chinesische Familie kauft 2018 den Gasthof Rössli im Weiler Unterbach, direkt neben dem Militärflugplatz Meiringen. Mit freier Sicht auf das Flugfeld, wo im Juni 2019 das neue Kampfflugzeug F-35 zum Test landet und wo der Jet amerikanischer Bauart auch künftig starten und landen wird.

Fast fünf Jahre wirtet die Familie da (mit Unterbrüchen wegen Corona). 2023 durchkämmen plötzlich Fahnder das Gasthaus. Und die Chinesen verschwinden. Schweizer Sicherheitskreise verdächtigen die «Gastwirte» der Spionage für China. Beweise gibt es keine. Gegen außen schweigen alle Involvierten.

Zurück bleiben Fragen. Die Chinesen agierten nicht besonders diskret – sie haben den Gasthof selbst gekauft, ihre Namen stehen im Grundbuch. Kommt dazu, dass der ganze Flugplatz Meiringen sehr zugänglich gestaltet ist. Zwei öffentliche Straßen queren die Piste. Wie sieht das Sicherheitskonzept aus? Gab es am Militärflugplatz keine Armeeangehörigen, die nach 2018 misstrauisch wurden, dass da ein Gasthaus stand, dessen Restaurant gar nicht geöffnet war? Schlief die Militärpolizei?

Auf der lokalen Ebene müssen die Reaktionen spärlich ausgefallen sein, wenn es überhaupt welche gab. Aber das Hauptproblem ist die übergeordnete Ebene. Es gibt nur eine Handvoll Militärflugplätze in der Schweiz, das sind sensitive Standorte. Der Schweizer Nachrichtendienst hat selbst einen Schwerpunkt bei der Wirtschaftsspionage gesetzt. Mit dem Programm «Prophylax» weist er Unternehmen auf die Gefahren der Ausforschung durch fremde Staaten hin. China ist dabei ein Hauptakteur.

Dass nun ausgerechnet bei einem Verdacht, der eine VBS-Einrichtung betrifft, erst nach Jahren mit scharfen Mitteln eingegriffen wurde, ist eine Peinlichkeit: Wie will man glaubwürdig vor Spionen warnen, wenn man selbst – an einem besonders heiklen Ort – so lange braucht, um zu reagieren?

Die obersten Verantwortlichen in diesem Fall sind die Chefs des zivilen und des militärischen Nachrichtendienstes sowie Verteidigungsministerin Viola Amherd. Sie schulden der Öffentlichkeit Antworten, was im «Fall Rössli» schiefgegangen ist. Und was man daraus lernen will.“

* Hans Högl hat einen Kommentar aus einem Blog des Zürcher Tagesanzeigers zitiert

4 zu 1 ausgewogen ?

Die Gestalter der ORF-Diskussionssendung Im Zentrum sehen sich immer wieder mit dem Vorwurf der einseitigen Zusammensetzung von Podiumsrunden konfrontiert. Vor allem bei Reizthemen wie der Debatte um Österreichs Neutralität oder den Kriegen im Nahen Osten und in der Ukraine. Letztere war Thema der jüngsten Podiumsdiskussion.

Wolfgang Koppler *

Wie stellt man sicher, dass bei einer Diskussionssendung ein bestimmtes Ergebnis herauskommt ? Und man doch nicht ganz einseitig erscheinen will ? Vor allem wenn man dummerweise an ein Objektivitätsgebot gebunden ist ?

Man lädt vier Gäste ein, deren Standpunkt man schon im Vorhinein kennt- Einen, der sicher nicht kommen wird (in diesem Fall der russische Botschafter). Und einen einzigen Andersdenkenden. So geschehen beim der sonntägigen ORF-Diskussionssendung „Im Zentrum“ zum Thema: „Der Westen gegen Putin: Ist der Krieg noch zu gewinnen ?“ Schon der Titel erinnerte an Baerbocks Ausspruch vor dem Europarat, die den Westen im Krieg gegen Russland sah (wenn auch vom ORF etwas vorsichtiger formuliert).

Zu Beginn war natürlich von Putins Jahrespressekonferenz die Rede, wo er im Wesentlichen die Neutralität der Ukraine und ihre „Entnazifizierung“ gefordert hatte, eine Redewendung, die er schon letztes Jahr verwendet hatte. Und von der gescheiterten ukrainischen Frühjahrsoffensive. Signale von russischer Seite aus den letzten Monaten, die auf Gesprächsbereitschaft hindeuten, ließ man natürlich unerwähnt.

Oberst Markus Reisner vom Bundesheer trat nicht nur – wie zu erwarten – für mehr Waffenlieferungen ein (einen Krieg dürfe man nicht halbherzig führen) und hielt Verhandlungen für aussichtslos, sondern sprach auch noch von einem Konflikt zwischen dem Globalen Norden und dem globalen Süden (worunter er auch China und Indien verstand), der eine Aufrüstung des Westens, pardon des Globalen Nordens erforderlich mache.

Der ukrainische Botschafter Khymynets vertrat natürlich den Kurs der ukrainischen Führung, dass man bis zur Vertreibung des letzten russischen Soldaten aus dem ukrainischen Territorium kämpfen müsse, Verhandlungen sinnlos seien und die Ukraine die Freiheit des Westens verteidige. Putin sei gefährlich für die Zukunft Europas.

Martin Selmayr (Enkel zweier Generäle), der Vertreter der EU-Kommission in Wien, der sich von der Moderatorin auch noch ein Zaudern vorhalten lassen musste, erwähnte die Anstrengungen der EU und die jüngsten Ratsbeschlüsse zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen und zur Ausweitungen von Sanktionen und ging davon aus, dass auch die 50 Milliarden an weiterer Unterstützung für die Ukraine (ob mit oder Ungarns Unterstützung) in einigen Wochen beschlossen sein würden (die Welthungerhilfe und selbst die Entwicklungshilfe wären schon für einen Bruchteil der Mittel dankbar). In militärischer Hinsicht seien 1300 km Front von der russischen Armee auf die Dauer nicht zu halten (schätzungsweise 400.000 Tote sind offenbar nicht genug).

Die Historikerin Barbara Stelzl-Marx sprach von der politischen Zukunft Europas (die auf dem Spiel stehe), vom Konflikt der Werte (da war von anderen verwendete „Kampf der Werte“ noch ehrlicher), vom Verwandlungskünstler Putin. Diesem dürfe man nicht nachgeben, da er sonst seine Aggressionen fortsetzen würde. Moldawien könnte vielleicht das nächste Ziel sein. Immerhin strebe er die Wiederherstellung des Sowjetimperiums an. Putin wolle mit seiner Formel von der „Denazifizierung“, die er schon (zugegebenermaßen) sehr lange verwende, den „Großen Vaterländischen Krieg beschwören. Und was wird auf westlicher Seite beschworen ? Waren da nicht auch öfters Versatzstücke aus dem Zweiten Weltkrieg im Spiel ? Selenskyjs Churchill-Rede, „Blut, Schweiß und Tränen“ bei Timothy Garton Ash, Putin-Hitler-Vergleiche,,,

Alle versuchten zu begründen, warum man in keinem Fall nachgeben dürfe.

Friedensforscher Thomas Roithner verwies auf die Opfer und das menschliche Leid und damit auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Selbstverständlich verwies er auf die Völkerrechtswidrigkeit des Krieges und stellte dann die entscheidende Frage: Wie kommen wir da wieder raus, Er verwies auf mangelnden Weitblick der EU im Hinblick auf die kommenden US-Wahlen. und auch auf die in den UNO-Resolutionen erwähnte Möglichkeit von Verhandlungen. Man müsse und solle ein Verhandlungsergebnis gar nicht vorwegnehmen. Es reiche ein „Fahrplan“, um Gespräche in Gang zu bringen, Da hörte sogar Selmayr aufmerksam zu und erwähnte Verhandlungsbemühungen, die angeblich im Hintergrund laufen würden. Er verwies auf das Weltwirtschaftsforum im Jänner in Davos.

Man kann darauf wetten, dass auch im Jänner jede Äußerung russischer Politiker als Provokation oder zumindest als Verhandlungsunwille interpretiert werden wird. Die bis zu Befreiung von Kiew durchaus konstruktiv geführten (aber vom Westen wenig unterstützten) Verhandlungen verdrängt man. Wo sogar eine Neutralität mit Sicherheitsgarantien angepeilt wurde. Interessant ist aber, dass sogar der zwischenzeitig verstorbene Henry Kissinger, als er im heurigen Februar auf der Münchner Sicherheitskonferenz in einer Videoschaltung für eine Verhandlungslösung eintrat (wie er das schon seit dem Frühjahr 2022 getan hatte), sich die Bemerkung nicht verkneifen konnte: „Ich habe es schon lange gesagt. Man hat mich nicht gehört.“

Was für ein Glück für Politik und Medien, dass Kissinger tot ist. Und Macron im Juni auf eine US-freundlichen Kurs eingeschwenkt ist. Wenn da nicht bloß die vielen Toten wären. Die Hungernden. Die vielen Milliarden, die zu Bewältigung der Umweltkrise und in der Entwicklungszusammenarbeit fehlen. Die Radikalisierung. Bei uns im Westen und im verachteten globalen Süden. Nicht nur bei Randgruppen. Sondern bei vielen von uns,

Da kann man sich noch so einreden, dass Putin das Baltikum, Finnland, Schweden, Polen oder Moldawien angreifen könnte. Oder die Ukraine als Staat gefährden. Obwohl dies angesichts der geringen Wirtschaftskraft, aber auch der begrenzten Kapazitäten von Russlands Armee, die Mühe hat, den Donbass zu halten, wohl eher unwahrscheinlich ist. Und angesichts der (in Europa) seit Jahrzehnten auf eine Neutralität der – geopolitisch in einer äußerst heiklen Lage befindlichen – Ukraine fokussierten Interessen Russlands. Und jener des Westens an deren NATO-Mitgliedschaft. Die freilich keinen Krieg rechtfertigen. Weder auf russischer noch auf unserer Seite.

Seltsam, dass der völkerrechtswidrige Irakkrieg immer noch als gerechtfertigt angesehen wird. Und Ex-Präsident Bush im letzten Jahr noch eine Rede vor einem US-Think-tank hielt. Wo er dann den Irakkrieg mit dem Ukrainekrieg verwechselte. Während die etwas faireren Briten Tony Blair in der Versenkung verschwinden ließen. Inzwischen dürfte auch er schon verstanden haben, dass es nicht um den von ihm beschworenen „evil dictator“, sondern um westliche Interessen ging. Und nicht einmal die konnte man im Endeffekt verwirklichen.

* Mag. Wolfgang Koppler lebt als Journalist und Jurist in Wien

Sorge dich nicht !

Es lohnt, ein weithin bekanntes Buch wieder zu lesen: Dale Carnegie: Sorge Dich nicht -lebe! Fischer 2011.

Hans H ö g l

Insbesondere die Seiten 267-272 sind lesenswert. Das Kapitel 20 hat den Titel „Vergessen Sie nicht: Einen toten Hund tritt man nie“.

Dale Carnegie befragte viele Menschen, wie sie mit Ängsten und so auch mit Angst vor Kritik umgehen. Eben dieser Abschnitt läßt mich ich an das Übermaß an Kritik in Medien denken. Selbstverständlich sind in der Demokratie Bemängelung und berechtigte Kritik extrem wichtig, so wenn es um öffentliche Anliegen und wirkliche Fehler von Politikern geht. Das Ärgste wäre ja Zensur und ein Verbot von Kritik- wie vor 1848 – im Vormärz. Dennoch gilt zu fragen, ob heutige (Medien) Kritik nicht ein Übermaß erreicht hat und schon kritisiert wird, bevor Regierungsmaßnahmen erklärt wurden. Mit diesem Vorbehalt seien folgende Aussagen von Dale Carnegie zu interpretieren.

Carnegie bringt ältere Beispiele aus der US-amerikanischen Geschichte, die uns Europäern selten bekannt sind. Ich bringe hier primär seine Schlussfolgerungen. Carnegie: Manche Leute treten auf andere ein und kritisieren sie, weil es ihnen „ein Gefühl von Wichtigkeit gibt“. Es verschafft vielen Menschen Genugtuung, andere, die erfolgreicher sind, herunterzumachen. Bemerkenswert ist das Missverhältnis: Manager, diverse Direktoren und Sportler verdienen oft wesentliche mehr als Politiker. Dies wird kaum thematisiert.

Schopenhauer meinte zu diesem Thema, „dass gewöhnliche Leute großes Vergnügen an den Fehlern und Verrücktheiten bedeutender Menschen hätten“ (S. 264). Nun – wir beziehen dies auf Boulevard-Journalismus, welcher mit Kritik der Masse zu gefallen sucht und sich so zu ihrem Sprecher macht und die Zeitungsauflage oder Medienq
uote erhöht.

Ein paar amerikanische Beispiele seien angeführt- so ein Hinweis auf eine Zeitungskarikatur-ausgerechnet über George Washington, der von einer johlenden Masse, wenn er durch die Straßen ritt, verspottet und beschimpft wurde. Auch den siegreichen General Grant traf es: Er gewann 1862 die entscheidende Schlacht für die Nordstaaten, die ihn über Nacht zum Nationalhelden machten. Und es läuteten die Glocken, und es gab Freudenfeuer vom nordöstlichen Staate Maine bis zum Ufer des Mississippi.

Doch innerhalb von sechs Wochen nach diesem großen Sieg wurde Grant, der Held des Nordens – verhaftet, und man nahm ihm seine Armee weg. Er weinte vor Demütigung und Verzweiflung. Warum er verhaftet wurde? „Zum größten Teil, weil er Neid und Eifersucht seiner arroganten Vorgesetzten geweckt hatte.“ (S. 266). Der Tipp von Dale Carnegie: „Ungerechte Kritik ist oft ein verkapptes Kompliment. Vergessen Sie nicht: Einen toten Hund tritt man nie.“

Dies nun auf Boulevard-Medien bezogen. Nachdenklich sollte eine spontane Aussage eines Wiener Pfarrers stimmen: „Journalisten wissen alles besser!“. Sie sollten sich nicht nur auf kritische Aspekte konzentrieren, sondern sachgerecht informieren. Ich beobachte in Journalen, dass zu geplanten Regierungsmaßnahmen mit Eifer gleich Einwände eingeholt werden, bevor noch der Sinn von geplanten Maßnahmen erklärt wurde.

Lob für die Klimakonferenz

Auffällig ist, das mehrere Medien Österreichs sich sehr anstrengen, ja den positiven Aussagen der Umweltministerin über die Ergebnisse der Klimakonferenz in Dubai zu widersprechen.

Hans Högl

Der Trend von Medien: Es darf nichts Positives über Dubai gesagt werden. Im Unterschied zu unklaren und durch Bilder verwirrende TV-Aussagen finde ich folgende Kurzmeldung zur Klimakonferenz in Dubai im Blog von „Öko-Invest“, einer Information für nachhaltige Investoren, sehr inhaltsreich:

Der Text in „Öko-Invest“ lautet schlicht:

Bei der Klimakonferenz (COP 28) in Dubai wurde am Mittwoch – doch noch einstimmig – eine Kompromissformel verabschiedet, in der die fossilen Energieträger als Ursache der Klimakrise benannt werden und alle Staaten zu einer Abkehr (statt nur Reduzierung) aufgefordert werden.

Erdöl (32%), Kohle (27%) und Gas (23%) machten 2022 weltweit noch rund 82% des Energieverbrauchs aus. Bis 2030 soll laut der COP-28-Erklärung die Kapazität der erneuerbarer Energieanlagen verdreifacht werden, d.h. der weltweite Anteil soll von zuletzt rund 14% auf über 40% steigen.

Selbstverständlich gibt es Leute, die immer mehr fordern und unzufrieden sind. Zutreffend ist die Kritik, dass 60.000 Leute zu einer Klimakonferenz anreisen….

Ukraine und Gaza : Beendet das Töten!

Gerade im Krieg zeigt sich, wie auch bei Intellektuellen in Wirklichkeit der Bauch regiert. Die vermeintliche Unmöglichkeit von Verhandlungen ist bloß Scheinrationalität.

Wolfgang Koppler *

In der gestrigen ORF- Nachrichtensendung ZiB2 wieder einmal ein Interview mit einem Experten zum Ukrainekrieg. Diesmal war es Stefan Lehne von Carnegie Europe, dem Brüsseler Ableger eines US-Thinktanks. Zuständig für EU-Außenpolitik wurde er zum jüngsten EU-Rat zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine befragt. Angesichts der festgefahrenen Situation erkundigte sich Moderator Thür nach der Möglichkeit einer Friedenslösung- Putin wolle nicht, meint Lehne, „Sie haben ihn doch gerade im Beitrag gehört, es gibt keine Vermittlung“.

Was man im zuvor geschalteten Beitrag über eine Pressekonferenz Putins gehört hatte, war, dass dieser eine Neutralität und eine Entnazifizierung der Ukraine gefordert hatte. Ersteres wurde bereits im Frühjahr letzten Jahres verhandelt und „Denazifizierung“ ist eine mehr oder weniger stehende Redewendung Putins, die damals auch kein Hindernis für Verhandlungen war. Zudem gab es in den letzten Monate mehrere Signale seitens Putins, die auf Gesprächsbereitschaft hindeuten.

Wie schal und wenig stichhaltig die Behauptung von der Aussichtslosigkeit oder gar Unmöglichkeit von Verhandlungen ist, zeigt ein Artikel in Deutschlandfunk.de vom Februar heurigen Jahres unter dem Titel „Lässt sich der Frieden mit Russland verhandeln“. Als Argumente dient eigentlich nur die Behauptung, dass die die Ukraine „mit dem Rücken zur Wand und ihre Existenz als Staat auf dem Spiel“ stehe“ und der Verweis auf Kriegsverbrechen. In der Folge werden dann nur mehr die Ansichten und Befürchtungen der Kriegsparteien angeführt.

Weshalb die Existenz der Ukraine derzeit wirklich gefährdet sein soll, ist mir nicht ganz einsichtig. Vor allem aber stellt sich die Frage, weshalb ein Waffenstillstand und Verhandlungen die Ukraine mehr gefährden sollten als die Weiterführung des Krieges. Das Argument der Militärs, dass sich dann die russische Armee neu aufstellen bzw. erholen und ihre Position verbessern könne, gilt genauso für die Ukrainer. Weitere militärische Abenteuer sind angesichts der Schwächung Russlands ziemlich unwahrscheinlich. Und was Kriegsverbrechen betrifft, so ist dies ein rein emotionales „Argument“, zumal seit den Verbrechen von Butscha auf beiden Seiten Hunderttausende gestorben, verwundet und verstümmelt worden sind und auch Menschen in anderen Ländern unter diesem Krieg leiden. Reicht das Politik und Medien immer noch nicht ? Während hunderte Milliarden in diesen Krieg fließen, die im Klimaschutz und in der Entwicklungszusammenarbeit fehlen.

Und was die Angst vor einem Nachlassen der Unterstützung im Westen betrifft: Der derzeitige Abnützungskrieg schafft viel mehr Kriegsmüdigkeit und Unwillen als die Bereitschaft zu kreativen Lösungen. Die ja bis zur Befreiung von Kiew sehr wohl bestanden hat. Da wurde sogar während des Krieges verhandelt. Etwa über ein Neutralität mit Sicherheitsgarantien. Bis die ukrainische Führung die Verhandlungen abbrach.

Aber jetzt wäre es an der Zeit, das Töten zu beenden. Ob im Ukrainekrieg oder im Gazastreifen. Und die Scheinrationalität.
Warum sind Biden und Blinken im Fall des Ukrainekriegs so blind ?

Not in our names.

https://www.deutschlandfunk.de/verhandlungen-ukraine-russland-100.html

* Mag. Wolfgang lebt als Journalist und Jurist in Wien.