Archiv der Kategorie: JÜNGSTE BEITRÄGE

ARTE-Tipps für Juni

ARTE bietet auch im Juni qualitativ hochwertige Dokus. Eine Auswahl.

Hans H Ö G L

ARTE gilt als ein Qualitäts -TV-Sender Europas. Als Medien-u. Bildungs-Soziologe wähle ich aus dem Juni-arte-Magazin Medientipps – vor allem Dokus – für das Publikum der Vereinigung für Medienkultur und freue mich auf Rückmeldungen.

– DIE ROTE FINI. Die Österreicherin Rudolfine Steindling bringt den DDR-Handel in Schwung. Wo sind die DDR- Millionen gnä`Frau? Nach dem Mauerfall bleiben Millionen verschwunden. Geschichtsdoku: Arte Do 1. Juni 20.15-21.05 / abrufbar bis 30.6.
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Die WAGNER GRUPPE. RUSSLANDS Söldner in der Ukraine. Prigoschins Söldner kämpften auch in Syrien und Afrika. Arte Doku 6.Juni 20.15

– Außergewöhnliche FRAUEN: Power, Protest, Emanzipation (Themenabend)

THATCHER-Jahre: Radikal neoliberal. Sie begründet eine Ära, privatisierte, lehnte Sozialstaat u. Gewerkschaften ab. Ronald Reagan: ein Geistesverwandter. Arte Die 13. Juni 20.15-21.50 in Mediathek bis 11.8.

Frauen beim Aufstieg ausgebremst. Titel: „Die gläserne Decke“ Die 13.6. 21.50-23.15
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– Der LOUVRE. Weltkultur und Weltkunst. 24. Juni 20.15-21.50 Mediathek bis 22.8.
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– Filmbiografie: Rosa Luxemburg 26. Juni 20.15-22.10

Kein Machtwort zur Wiener Zeitung

Unzufriedenheit mit Alexander Van der Bellen wächst. Kein gutes Zeichen in Krisenzeiten wie diesen.

Udo Bachmair

Der Bundespräsident ist mit seiner Forderung ziemlich ins Fettnäpfchen getreten, österreichische Soldaten zu Entminungsdiensten in die kriegführende Ukraine zu entsenden. Gerade Van der Bellen als Oberbefehlshaber des Österreichischen Bundesheeres müsste bewusst sein, dass er damit eine neutralitätspolitische Grauzone betritt. Ganz abgesehen von seinem Mangel an diplomatischer Zurückhaltung, die einem neutralen Staat würdig wäre. Damit verspielt VdB Chancen Österreichs, jemals wieder als Mediator bzw. als Ort von Friedensverhandlungen in Frage zu kommen.

Während diese Wortspende Van der Bellens weithin als überflüssig betrachtet wurde, hätte man sich von ihm hingegen einen Appell zur Rettung der Wiener Zeitung seit langem erwartet. Mit dem Ziel, die schwarz/grüne Regierung dringend davon abzuhalten, der ältesten Tageszeitung, die mittlerweile auch ein Kulturgut ist und außerdem für Qualitätsjournalismus und Medienvielfalt steht, den Garaus zu machen.

Dazu Anneliese Rohrer, renommierte Journalistin, in ihrem jüngsten Presse-Kommentar :

„Es ist keine öffentliche Erklärung Van der Bellens zu finden, mit der er versucht hätte, die Regierung auf Alternativangebote zur Weiterführung der Zeitung zu verweisen. Das Gesetz muss er unterschreiben. Er hätte jedoch rechtzeitig seine Freunde bei den Grünen vom demokratiepolitischen Schaden ihrer Inkompetenz in Medienfragen überzeugen können. Dann wäre die Umgestaltung des Betriebs in eine Propaganda-Anstalt des Bundeskanzleramts zu verhindern gewesen. Denn das muss man mithilfe der Grünen erst einmal erfinden: Diese Regierung stellt der nächsten etwa unter einer Führung der FPÖ die Propagandastruktur freiwillig zur Verfügung.“

(Anneliese Rohrer in der Tageszeitung Die Presse vom 20.5.2023)

„Economist“ mit Österreichkritik

Wo seid Ihr gewesen, ihr werten JournalistInnen?

Hans Högl

Eine der wirklichen Leitmedien Europas ist die britische Zeitschrift „Economist“, in der hervorragende Köpfe aus Spitzenuniversitäten schreiben. Umso erstaunlicher finde ich, dass meines Wissens bei uns in Österreich auf einen kritischen Österreich-Beitrag darin nicht eingegangen wurde.

Es ist die Ausgabe „Economist“ vom 13. Mai 2023, Seite 25. Sie liegt u.a. im Café Ritter in Ottakring auf, einem ausgezeichneten Café mit einem sehr breiten Angebot an internationalen Zeitschriften wie „The New York Times“, „Le Monde“, selbstverständlich die NZZ und die „Süddeutsche“ und die „“Welt“, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Dieses Café hat ein vergleichsweise breiteres und qualitativ höheres Zeitschriften-Angebot als adäquate Innenstadt-Lokale.

Hier zeigt sich wieder, wie Medien n a c h h i n k e n, wie schon der längst verstorbene Soziologe Erich Bodzenta zur Stadtforschung sagte, dass die sogenannten Arbeiterbezirke es schon längst nicht mehr in dieser Weise sind, wie sie als Klischees in Medien präsentiert werden. Bodzenta bezog sich auf die Verteilung der Bewohner. Dies zeigt sich in diesem sehr chic eingerichteten und gut besuchten Caféhaus, einer wunderbaren Einrichtung in Wien, um sich breit zu informieren.

„Das Lehrerzimmer“- Filmtipp 1. Klasse

Schule im Film- wen reißt dies normalerweise vom Hocker?

Hans Högl

Wer würde glauben, dass ein so spannender und hintergründiger Film über ein deutsches Gymnasium möglich ist? Der Film „Das Lehrerzimmer“ verdient volle Aufmerksamkeit, da Ereignisse dargestellt werden, die in jeder Organisation vorkommen können und die für Medieninteressierte von großer Aktualität sind. Es geht um Verdächtigung einer Person, um den Einsatz einer Kamera zur Überwachung eines Diebstahls, um eine Schülerzeitung, die eine idealistische Junglehrerin aufs Korn nimmt.

Doch nun ganz kurz zum Inhalt: Als es im Gymnasium zu Diebstählen kommt und ein Schüler verdächtigt wird, beschließt eine Junglehrerin dies mit einer Kamera des Laptops zu überwachen. Dies führt im Schulkollegium (mit der Leiterin, den Lehrkräften, dem Sekretariat, den Eltern und Schülern) zu großen Auseinandersetzungen. Dies zeigt dieser hervorragende Film.

Wiener Zeitung -künftige Inhalte

Irreführung durch „Standard“

Hans Högl

Die Rubrik „Standard Etat“ gehört zu den besten Informationen über die Medienwelt. So erfahren wir in der letzten Ausgabe des Näheren, was in der elektronischen Ausgabe der „Wiener Zeitung“ zu erwarten ist. Danke Herr Fiedler.

Mich irritiert aber in Ihrem Beitrag, dass Sie nicht auf die EU-Richtlinie hinweisen, die gebietet, dass das bisherige Amtsblatt der Wiener Zeitung entfallen muss. Warum haben Sie diese Information unterschlagen und argumentieren parteipolitisch?

Hier der Standard–Text:

„Auf langjähriges Drängen von Unternehmen und ÖVP werden die Pflichtveröffentlichungen von Firmen im Amtsblatt der „Wiener Zeitung“ mit Jahresmitte abgeschafft, die die Zeitung bisher finanzieren. Künftig überweist die Republik dem Medienunternehmen in ihrem Eigentum und unterstellt dem Bundeskanzleramt pro Jahr 16,5 Millionen Euro für die „Wiener Zeitung“ Online (7,5 Millionen), für ein Media-Hub mit Journalismusausbildung (sechs Millionen) und für eine amtliche Verlautbarungsplattform (drei Millionen). (fid, 12.5.2023)“

Kriegsrhetorik statt Friedensbemühungen

Westliche Medien und Politik plädieren überwiegend für ausschließlich militärische Lösungen, für den Sieg der Ukraine auf dem Schlachtfeld. Wie Medien darüber berichten, gleicht sich oft in erstaunlicher Weise.

Udo Bachmair *

Der Überfall Russlands auf die Ukraine ist absolut zu verurteilen. Es ist und bleibt unfassbar, dass eine Aggression dieser Art in Europa auch in diesem Jahrhundert noch stattfinden würde. Ein Schlag ins Gesicht jenes zivilisatorischen Fortschritts, den viele bis vor gut einem Jahr in Europa noch als existent und erreicht betrachtet hatte. Krieg ist per se ein Verbrechen.

Das heißt jedoch nicht, die Vorgeschichte des aktuellen Krieges, Kriegspropaganda, Sinnhaftigkeit sogenannter Militärlogik sowie vor allem Friedenschancen auszublenden. Besonderes Interesse gebührt dabei der Rolle der Medien und deren Verantwortung. Viele von ihnen haben sich von Differenzierung und damit auch von Qualitätsjournalismus verabschiedet. Vor allem deutsche, aber auch österreichische Medien gefallen sich vielfach darin, jene Kräfte in Politik und Medien, die auf Verhandlungen und Friedenskonzepte drängen, als naiv, nicht empathisch, als Putins Trolle, etc. abzuqualifizieren. Jene, die dringend für ein Ende der Lieferung schwerer Waffen appellieren, bevor die Lage weiter eskaliert, gelten als Realisten.

Im Grunde sind es zwei polarisierende Positionen, die den Disput rund um den Ukraine-Krieg dominieren : Einerseits die Überzeugung, ein Ende des Krieges sei nur durch einen Sieg der Ukraine auf dem Schlachtfeld erreichbar. Andererseits die Annahme, der Krieg und weiteres Leid könnten bald nur dadurch beendet werden, dass endlich auch diplomatische Bemühungen mit Aussicht auf eine Friedenslösung sichtbar werden. Letztere Position wird von Medien und Politik im Westen mehrheitlich nicht geteilt. Im Gegenteil: Jene Menschen, die leidenschaftlich für Frieden ohne weitere schwere Waffen demonstrieren, werden als „Friedensschwurbler“, als moralisch verkommen, als Befürworter eines „Diktatfriedens“ bzw. eines „Friedensdiktats“ verunglimpft. „Putinversteher“ oder „Russlandversteher“ gelten ohnehin als Schimpfwörter schlechthin.

Wortführerinnen der Kriegsrhetorik ist die als Hardlinerin auch über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt gewordene FDP-Abgeordnete Strack-Zimmermann sowie überraschenderweise auch die grüne Außenministerin Bärbock. Ausgerechnet die Grünen, die sich früher noch als parlamentarischer Arm der Friedensbewegung verstanden haben, ergehen sich nun in militaristischer Ideologie. Bühne bieten ihnen bemerkenswerterweise vor allem die öffentlich-rechtlichen Anstalten ARD und ZDF, die wie hierzulande der ORF auch in der außenpolitischen Berichterstattung zur Ausgewogenheit verpflichtet wären. Sendungen wie „Hart aber fair“ oder „Maischberger“ oder „Anne Will“, lassen zumeist jene Podiumsgäste, die differenzierend und deeskalierend argumentieren, kaum zu Wort kommen oder werden erst gar nicht eingeladen. Auch der ORF hat sich über weite Strecken in den Mainstream eingeklinkt, Gegenpositionen zu Kriegslogik und antirussischer Feindbildpflege erscheinen weitgehend unerwünscht. Seriöse Politologen, wie Heinz Gärtner, oder engagierte Friedensforscher wie Werner Wintersteiner oder Thomas Roithner, werden selten oder nicht mehr als Studiogäste befragt.

Besonders Boulevardmedien scheinen einander in Kriegsrhetorik und Dämonisierung Russlands zu überbieten. Im Gegensatz zu Wladimir Putin wird der Präsident der Ukraine, Staatschef eines wie Russland autokratischen und korrupten Staates, im Westen zum Helden und lupenreinen Demokraten stilisiert, für den „wir“ Krieg führen.„Wir führen Krieg gegen Russland“ ließ die deutsche Außenministerin im Europarat ja ihrer wenig diplomatischen Haltung freien Lauf..

Mehrere Untersuchungen belegen mittlerweile überwiegende Einseitigkeit der meisten deutschen Leitmedien, ein Befund, der wahrscheinlich auch auf Österreich übertragbar ist. So hat „Cicero-Magazin für politische Kultur“ eine Studie veröffentlicht, die fehlende Meinungsvielfalt in der Berichterstattung über den Ukraine-Krieg ortet : www.cicero.de/aussenpolitik/studie-zur-berichterstattung
Auch die deutsche Otto-Brenner-Stiftung belegt, dass die Medien „überwiegend“ für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine plädieren: www.otto-brenner-stiftung.de/wissenschaftsportal/publikationen.
Auffallend ist dabei das Auseinanderklaffen zwischen der Meinung der Bevölkerung und der medial veröffentlichten Meinung. Umfragen zufolge sind mittlerweile mehr als 50 Prozent der Befragten gegen die weitere Lieferung schwerer Waffen ins Kriegsgebiet.

Vernebelt vom Schwarz/Weiß-Denken und dem Festhalten an einem starren Freund/Feind-Schema stellen westliche Medien ukrainische Quellen meist als ernstzunehmend dar. Von russischer Seite kommende Meldungen werden als unglaubwürdig und propagandistisch bezeichnet. Auch beim Konsum von ORF-Nachrichtensendungen bleibt als Botschaft nicht selten der Eindruck hängen, dass ukrainische „Informationspolitik“ als faktenbasiert vermittelt wird, Russland hingegen würde bloß mit Fakes und Propaganda agieren.

Dass es auch differenzierend geht, beweist immer wieder der besonnene und sachorientierte ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz, der sich jenseits bloßer Kriegsrhetorik und wegen seiner differenzierenden Wortwahl große Wertschätzung erworben hat. Wehrschütz kann auf authentische Quellen vor Ort verweisen, die meisten Redaktionen westlicher Medien können dies nicht. Deren Hauptquellen sind die großen US-nahen Agenturen, die nur eine Seite geopolitischer Weltsicht repräsentieren. Wehrschütz hat in einer gut besuchten Podiumsdiskussion der Vereinigung für Medienkultur von der „Demut des Nichtwissens“ gesprochen. D. h. es ist journalistisch durchaus korrekt, zuzugeben, dass mangels seriöser Quellen oft keine entsprechende Einschätzung eines bestimmten Sachverhalts ergeben kann.

Schon Jahre vor dem Krieg haben westliche Medien und PolitikerInnen Russland beharrlich zu einem Feindbild mit aufgebaut. Dabei helfen einzelne Begriffe und Worte, wie sie auch in Nachrichtensprache verwendet werden. So fällt auf, dass Äußerungen russischer Politiker meist mit Prädikaten wie „behaupten“, „unterstellen“, etc. versehen werden. Wenn ein US- , NATO- oder EU-Politiker eine Stellungnahme abgibt, lauten die Prädikate „betonen“, „bekräftigten“, „erklären“ etc.. Diese werden bewusst, aber oft auch unbewusst bzw. automatisiert und verinnerlicht als positiv geladene Begriffe gesetzt.

Wie ist nun die inhaltlich weitgehende Angleichung in der Berichterstattung über den Ukraine-Krieg zu erklären ? Sind die JournalistInnen Opfer staatlich gelenkter Manipulation ? Im Buch „Die vierte Gewalt“ von Richard David Precht und Harald Welzer findet sich dazu eine interessante These: In den Medien gebe es „ganz eigene Echokammern einer Szene, die vor allem darauf blickt, was der jeweils andere gerade sagt oder schriebt, ängstlich darauf bedacht, bloß nicht zu sehr davon abzuweichen.“ Ein Konformismus, der auf Kosten von Qualitätsjournalismus geht und nicht zuletzt auch demokratiepolitisch bedenklich ist. Vor diesem Hintergrund machen Medien zunehmend Politik bzw. treiben die Politik vor sich her Ein Beispiel dafür der starke mediale Druck auf den deutschen Kanzler Scholz. Der hat mit dazu beigetragen, dass sich dessen zunächst eher besonnene Haltung zur Lieferung von Kampfpanzern nachhaltig gewandelt hat.

Der Irak-Krieg im Jahr 2003 war ebenfalls ein Angriffskrieg, damals ausgeführt von den USA. Nur durfte man damals diese Bezeichnung in Moderationen nicht verwenden, wie es der Autor dieser Analyse als früherer ORF-Redakteur selbst erlebt hat. Zudem sind damals völkerrechtswidrige Aspekte weitgehend ausgeblendet worden. Auch im Zusammengang mit den weiteren von NATO und den USA geführten Kriegen.

Solange der Westen sich nicht auch in die geopolitische Interessenslage Russlands hineindenken kann, Stichwort dazu die NATO-Erweiterung, so lange werden keine effektiven Friedensschritte zu erwarten sein. Leider sind auch aufseiten Russlands keine Friedenssignale zu vernehmen, Putin verharrt in seiner seltsam historisch basierten imperialistischen „Kriegslogik“. Das muss allerdings nicht so bleiben. Auch der Westen, allen voran die EU, sollten nicht auf Dauer an militaristischer Ideologie im Zusammenhang mit diesem Krieg festhalten. Gefordert wären diesbezüglich vor allem auch die Medien.

Es gilt einer von Friedensethik getragenen aktiven Friedenspolitik das Wort zu reden, die auch Kompromissen Raum geben müsste. Weiter aufheizende Kriegsrhetorik sowie fortgesetzte Feindbildpflege lassen ein sehnlichst erwartetes Kriegsende in noch weitere Ferne rücken.

• Dieser Beitrag von Udo Bachmair ist in der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift „Spinnrad“ des Österreichischen Versöhnungsbundes erschienen

„Woke“- was ist das?

„Woke“- ein Begriff, der zurzeit nahezu inflationär verwendet wird.

Hans Högl

hat folgendes Zitat aus der deutschen Zeitschrift „Publik-Forum“ Nr.8, 2023, ausgewählt :

„Der Begriff „woke“ kommt aus der afro-amerikanischen Bürgerbewegung, vom Wort „wake“ wachen und „sich bewusst werden“. Es lässt sich frei übersetzen als „aufgewacht“ oder „wachsam“ gegenüber Diskriminierung. Der Begriff wird seit den 1930er Jahren verwendet. Um 1960 ging es vor allem um Diskriminierung schwarzer Menschen in der Wohnungs- und Schulpolitik.

Seit zehn Jahren rückt das Wort in unseren Medien in den Blick – zuerst über die Black-Lives-Matter-Bewegung, dann fand es Eingang in Diskurse über Sexismus und Queerfeindlichkeit. 2021 wurde das Wort in den Duden aufgenommen. Nun lauert „Woke“ an jeder Ecke. Da ist von einer „woken“ Elite oder einem Mob die Rede, die nichts anderes im Sinn haben, als Menschen mundtot zu machen.

Das erspart, zu argumentieren für die, welche Schlagwörter vor sich her tragen. So werfen „Wokies“ und deren „anti-woke-Gegner“ sich gegenseitig Sprech- und Denkverbote vor. Dies dient dazu, dem anderen die eigene Überlegenheit unter die Nase zu reiben.“

DER ZÜRCHER TAGES-ANZEIGER FRAGT HEUTE:
Ist der Muttertag anti-woke? WAS SOLL DAS FRAGE ICH!

Investigativjournalisten weltweit bedroht

Dem Tag der Pressefreiheit am 3. Mai waren in Wien gleich mehrere Veranstaltungen gewidmet. Zwei von ihnen greift unsere Autorin heraus.

Hermine Schreiberhuber *

„Die Medien reflektieren keine Vielfalt“, umriss ROG-Österreich-Präsident Fritz Hausjell im Presseclub Concordia die Situation in Österreich, dessen Rang bezüglich Pressefreiheit sich nicht verbessert hat. Der starke Absturz im Vorjahr habe sich 2023 verfestigt, so der Medienexperte, der auch im Vorstand der Vereinigung für Medienkultur aktiv ist. Hierzulande agierten Personengruppen, „die für die Demokratie schädlich sind“. Die geplante Schließung der „Wiener Zeitung“ sei „ein Affront“.

Ein besonderes Zeichen setzte am Tag der Pressefreiheit die Botschaft Maltas in Österreich. Mit dem Stück „They blew her up“ wurde im Theater Akzent der Investigativjournalistin Daphne Caruana Galicia gedacht, die 2017 bei einem Autobombenanschlag getötet worden war. Sohn Matthew war präsent. Er forderte anschließend in einem Bühnengespäch in berührenden Worten Gerechtigkeit für seine ermordete Mutter ein.

Fünf maltesische Schauspieler traten in dem Theaterstück auf, zumeist in Einzelszenen. Sie verkörperten Daphne, Sohn Matthew, Täter und Hintermänner. Aus ihrer jeweiligen Position heraus erzählten sie über Vorgeschichte, Planung, Hergang des Mordes. Erschütternd war die Schilderung Matthews, der die Bombe hörte und seine zerfetzte Mutter in ihrem gesprengten Auto vor dem Haus fand.

Hinterher sprach der echte Matthew über seine Tätigkeit in der von ihm geführten Daphne Caruana Galicia Foundation. Der Fall ist in Malta noch immer nicht voll aufgearbeitet, denn der Mord erfolgte im Geflecht eines riesigen Korruptionsskandals, der viele Staaten umfasst. Gegen einen Mittelsmann wurde erst zwei Jahre nach dem Mord vorgegangen. Es dauerte lange, bis involvierte Politiker einschließlich des damaligen Premierministers Joseph Muscat zurücktraten.

Matthew definierte seine Mutter als „eine Art negatives role model“. Der Mord war von langer Hand geplant, sagte er. Zynisch klingen die Details rund um die Ausführung der Bluttat. Die korrupte Regierung wollte sie zum Schweigen bringen. Ursprünglich sollte Daphne, die wegen ihrer gefährlichen Recherchen auf der Mittelmeerinsel schon lange im Visier der Behörden war, erschossen werden. Dann wurde die Tötung bis nach den Wahlen verschoben, schließlich auf eine in Daphnes Auto platzierte Bombe umdisponiert.

Matthew: „Meine Stiftung wendet sich an die Zivilgesellschaft.“ Heute gehe es ihm aber auch darum, das Problem der internationalen Korruption hinter dem Mord aufzuzeigen. Mehrmals reiste er nach Panama, um über den Skandal um die Panama Papers Erkundungen einzuholen. Sein Resümee: Die Hauptverantwortlichen für den Skandal sitzen auf den britischen Kanalinseln, wo Banken und Firmen ihre illegalen internationalen Geschäfte abwickeln.

Eine Stimme aus dem Publikum meldete sich daraufhin mit den Worten: „Korruption ist überall.“ Es war der Botschafter von Panama. „Panama Papers gibt es überall.“ Auf Bürger seines Staates werde heute mit dem Stinkefinger gezeigt. Doch in Wahrheit seien dutzende Staaten in den Korruptionsfall verwickelt, betonte der Diplomat.

Die Causa Daphne Caruana Galicia ist nicht der einzige Fall, der investigative Journalisten weltweit in Todesgefahr bringt. Viele werden gestalkt, bedroht, oft auch von offizieller Seite zum Stillhalten aufgefordert. „Online violence, offline attack“ nannte eine Medienexpertin diese gefährliche Methode, wenn Journalisten zuerst eingeschüchtert werden und ihnen dann ein Anschlag droht.

* Mag. Hermine Schreiberhuber, freie Journalistin, langjährige außenpolitische Redakteurin der APA, Vorstandsmitglied der Vereinigung für Medienkultur

Alle gegen den ORF

Der ORF entwickelt sich zunehmend zum Feindbild kommerzieller Medienhäuser.

Udo Bachmair

„Wenn ich als ORF-Reporterin Straßeninterviews mache bzw. machen will, werde ich immer wieder beschimpft“ so klagte mir gegenüber kürzlich eine Betroffene. „Luxusverdiener“ ( in Wahrheit im Schnitt keine 2000 Euro im Monat für freie Mitarbeiterinnen ) sowie „Rotfunk“ ( in Wahrheit überwiegend VP-nahe Ressortchefs und ein von Kurz/Co. durchgedrückter ORF-Generaldirektor) sind noch das Harmloseste und Mindeste an Vorwürfen, denen ORF-Redakteure ausgesetzt sind.

Selbstverständlich müssen es Redakteure und die ORF-Führung aushalten, für Fehlentwicklungen und Fehlentscheidungen immer wieder Kritik einstecken zu müssen. Anlässe dafür gibt es fürwahr genug. Etwa wenn Ausgewogenheitskriterien für die Berichterstattung zu außenpolitischen Themen, wie etwa zum Ukraine-Krieg, kaum eingehalten werden. Die ukrainische „Informationspolitik“ wird vor allem in ZiB 1-Sendungen als faktenbasiert dargestellt, die russische hingegen als reine Propaganda.

Nun ist der ORF selbst und zwar von einer breiten Phalanx an privaten Medienhäusern Opfer eines Mainstreams geworden. Private Medien fürchten um Wettbewerbsnachteile, unter anderem wegen der Umstellung auf die (in anderen Ländern längst übliche) Haushaltsabgabe und der Möglichkeit, verpasste Sendungen künftig länger als eine Woche nach Ausstrahlung via Mediathek abrufen zu können. Die dem ORF auferlegte Einschränkung des Textanteils des Onlineangebots („blaue Seite“) bedeutet im Übrigen eine weitere Reduktion von Qualitätsjournalismus.

Vergessen bei der nunmehr laufenden medialen Anti-ORF-Kampagne wird die Frage, welchen grundsätzlichen Wert gerade auch in demokratiepolitischer Hinsicht man einem öffentlich-rechtlichen Rundfunk beimisst bzw. beimessen sollte. Das duale Mediensystem – einerseits öffentlich-rechtlich, andererseits privat bzw. kommerziell – macht durchaus Sinn auch bezüglich eines fairen Wettbewerbs. Eine Seite, nämlich den ORF, zu verdammen, kann jedoch keinen Beitrag zu einer sachlichen Debatte über eine missglückte Medienpolitik der Regierung leisten.

Machtlose Zivilgesellschaft

Aufruf zur Reflexion

Hans Högl

Die zahllosen Äußerungen Pro-„Wienerzeitung“ sammelte ich: Leserbriefe, Stellungnahmen zahlreicher Prominenter aus diversen politischen Lagern usw. usw. Wenn in den letzten Jahren irgendwann die Zivilgesellschaft besonders aktiv wurde, dann waren es die Befürworter, dass die „Wiener Zeitung“ weitergeführt würde. Aber die Koalition von ÖVP und Grünen hatte praktisch das Ende beschlossen. Nicht einmal in den USA wagte es eine große Zeitung tagtäglich on-line zu erscheinen. Sie versuchten das mit der Montagsausgabe und befragten die Abonnenten.

Diese Situation gibt zu überlegen, welchen Stellenwert in Österreich überhaupt die Zivilgesellschaft hat, wenn nicht einmal wie in diesem Fall Positives gelungen ist. Es gibt eine große Anzahl von NGOs, die sich engagieren, ist dies alles ein Nichts? Es ist erstaunlich, dass sich die Regierung in der Medienpolitik überhaupt nicht bewegt hat. Haben denn Intellektuelle in den Gremien praktisch keinen Einfluss?