Archiv der Kategorie: JÜNGSTE BEITRÄGE

Schweiz bald im Uno-Sicherheitsrat

Neutralität und Sitz im UNO-Sicherheitsrat

Hans Högl

Ab Januar nimmt die Schweiz „Einsitz“ im UNO-Sicherheitsrat. Damit wird sie zwei Jahre auf der Weltbühne stehen, als eines von zehn nichtständigen Mitgliedern des Gremiums. Schweizer Diplomaten werden mit Vertretern der fünf Vetomächte USA, China, Russland, Frankreich und Grossbritannien über politische Krisen, Sanktionen oder Friedensmissionen debattieren. Zum Start steht mit der Syrien-Hilfe ein heikler Entscheid an.

Die Uno-Botschafterin Pascale Baeriswyl rechnet mit Attacken, die Schweiz sei nicht neutral. Im Inland befürchten manche, dass dadurch die Rolle als Vermittlerin zwischen Konfliktparteien aufs Spiel gesetzt werde.

Kann ein kleines Land etwas bewirken, wenn es für zwei Jahre mit am Tisch des Uno-Sicherheitsrates sitzt? Schweden stellte sich diese Frage nach seiner Mandatsperiode von 2017/18. Auf globaler Ebene gelang es Schweden recht gut, Themen auf die Agenda zu bringen und zu Lösungen beizutragen. Beschränkt war der Erfolg hingegen bei institutionellen Reformen (NZZ online etwas gekürzt)

Mit Kopf und Bauch

Eine Fülle an Krisen hält uns in Atem – von der Klimakrise bis zum Krieg in der Ukraine. Genug Stoff auch für Diskussionssendungen, wie jüngst auch wieder in der ORF-Talkshow „Im Zentrum“. Mit dabei u.a. der Philosoph Konrad Paul Liessmann, Ex-Bundespräsident Heinz Fischer und die Klimaaktivistin Lena Schilling.

Wolfgang Koppler *

Gestern Abend bei ORF-Im Zentrum einmal eine – bis auf einzelne Ausrutscher von Conrad Paul Liessmann – wohltuend sachliche Diskussion zu den aktuellen Krisen und deren Auswirkungen auf Demokratie und Gesellschaft. Dazu trugen vor allem Lena Schilling und Heinz Fischer bei, die durch ihre kluge Argumentation Liessmann in gemäßigte Bahnen lenkten. Dieser benutzte zu Beginn – wie man es schon von anderen Diskutanten gewohnt ist – wieder einmal Ukraine- und sogar Vietnamkrieg, um die aktuellen Feindbilder zu beschwören und andere Themen, wie die Klimakrise, klein zu reden. Im Verlauf der Diskussion sprach er sich dann aber zusammen mit den anderen – wenn auch eher allgemein – für Toleranz und Meinungsfreiheit aus.

Er meinte allerdings, Werturteile und Emotionen von Gedanken und Meinungen trennen zu können. Hier irrt er wohl: Wir bestehen alle aus Kopf und Bauch. Auch Intellektuelle haben Emotionen. Und sind von sozialem Umfeld, Werthaltungen und menschlichen Schwächen geprägt. Selbst wenn dies nicht immer so deutlich sichtbar wird wie im Ukrainekrieg und in anderen Krisen. Es wird Zeit, dass wir uns dessen bewusst werden. Dann würde es uns auch leichter fallen, unsere Fehlbarkeit einzugestehen.

Auch die größten Genies sind keine sprechenden Köpfe, keine Bio-Computer. Bildung, so sehr sie unseren Horizont erweitern kann, ersetzt keine Erfahrungen, nicht den Austausch mit anderen. Vor allem nicht die Konfrontation mit uns selbst. Sonst verführt sie allzu leicht zu Arroganz und unreifem Narzissmus. Paul Lendvai zitiert im Vorwort zu „Mein Österreich“ sehr treffend Goethe: „Aufrichtig zu sein kann ich versprechen – unparteiisch zu sein aber nicht.“ Allein dies ist schon ein hohes Ziel.

* Wolfgang Koppler ist Jurist und Autor und lebt in Wien

Vorbildliches aus Österreich

Angesichts zahlloser Lamentationen ein seltenes Lob

Hans Högl

Schweizer Parlament will staatliches Online-Vergleichsportal für Benzinpreise:

Das gibt es doch nicht – schreibe ich ironisch- dass in Österreich etwas besser ist. Ja – das ist so.
Die Schweiz soll und will es im Folgenden so machen wie in Österreich. Ob das unsere Medien aufgreifen, zweifle ich.

Österreich hat es mit seinem staatlichen «Spritpreisrechner» vorgemacht, der auf einer Preismeldepflicht aller Tankstellen im Land beruht. Nun fordern beide Schweizer Parlamentskammern eine staatliche Online-Vergleichsplattform für die Schweiz. Wichtige Erfahrungen könnte dabei eine im November gestartete Initiative des Touringclubs Schweiz (TCS) liefern. Das schreibt NZZ-online heute

Ukraine: Vorsorge für den Kriegswinter

Kaum beachtete Meldungen zur Ukrainehilfe.

Hans Högl ( zitiert aus der Zeitung „Ja“ von Pater Udo )

Angesichts des Wintereinbruchs in der Ukraine und der Zerstörung großer Teile der Energieversorgung finanziert das weltweite katholische Hilfswerk „Kirche in Not“ (ACN) Öfen und Generatoren für kirchliche Einrichtungen. Dort finden viele Einwohner und Flüchtlinge Zuflucht. Einfache Holzöfen werden auch in der lokalen Bevölkerung verteilt.

Vor allem in der okkupierten Ostukraine, würden die Temperaturen im Winter auf unter Minus 20 Grad Celsius fallen. Nach Angaben der ukrainischen Regierung sind die Hälfte der Kraftwerke und Energieanlagen des Landes zerstört.

Die „Kirche in Not“ hat ein weiteres Hilfspaket für die Ukraine geschnürt: Dazu gehören Finanzhilfen für den Kauf von Heizöfen und Stromgeneratoren, darunter 40 Generatoren für das in größten Teilen von Russland besetzte ukrainisch griechisch-katholische Exarchat Donezk. Auch Österreichs Caritas liefert 100 Stromgeneratoren

Die österreichische Caritas hat die Entsendung von 100 Stromgeneratoren in die Ukraine angekündigt. Aus Österreich sind 55 Caritas-Hilfstransporte mit 500 Tonnen Hilfsmitteln im Kriegsland angekommen.

Cholera in Syrien

Syrien- das war einmal. Wir haben nun andere Probleme.

Hans Högl

Syrien wurde zum Medien-Niemandsland. Doch mir fällt eine seltene Info in die Hände: In Syrien wurde etwa die Hälfte des Gesundheitssystems im Krieg zerstört, und nun gefährdet „Ein Cholera-Ausbruch“ die ganze Region“, heißt es. Cholerafälle verbreiten sich seit Ende August rasant im Land. Die Weltgesundheitsorganisation nennt 35.569 Infizierte.

Als Ursache wird vermutet, dass Menschen aus dem Euphrat Wasser getrunken haben. Sie bewässern damit auch die Felder, und die Krankheit verbreitet sich meist über Wasser und verunreinigtes Essen. Selbst Libanon vermeldet Cholerafälle. Eigentlich gibt es Impfungen, doch es herrscht ein Mangel an empfohlenen Impfdosen (Ein Bericht der NZZ).

Destabilisierung der politischen Fundamente

Fundamentalkritik: Hintergründe

Hans Högl

Die „Dämonen“ von Dostojewski hätten mehr Aussagekraft als die Botschaften von Karl Marx. Sicherlich: Eine sehr gewagte Aussage von Albert Camus. Das Wiener Burgtheater inszeniert den genannten Roman auf der Bühne. In Vorbereitung auf diese 4-stündige fordernde Dramatisierung griff ich auf die deutsche Übersetzung der „Dämonen“ zurück und befasste mich mit den Anarchisten am Ende des 19. Jahrhunderts im vorrevolutionären Russland. Ein Drahtzieher dieser Anarchisten, die Morde, Brandstiftungen und diverse Unruhen in einer Kleinstadt bei Petersburg in Szene setzten und sich in 5er-Komitees „verschwörten“ und die Gesellschaft in Angst und Schrecken versetzten, wurde gefragt, warum sie das tun. Dieser antwortete „eilig und eifrig“:

„Zum Zwecke einer systematischen Erschütterung der Fundamente; zum Zwecke einer systematischen Zersetzung der Gesellschaft und aller Elemente; um alle zu entmutigen und aus allem einen Mischmasch zu machen und, wenn dann die Gesellschaft auf diese Weise ins Wanken gebracht, krank und matt, zynische und ungläubig geworden sei, sich aber grenzenlos nach einem leitenden Gedanken und nach Selbsterhaltung sehne, sie auf einmal selbst in die Hand zu nehmen, indem man die Fahne der Empörung erhebe und sich auf ein ganzes Netz von Fünferkomitees stütze, die unterdes gewirkt, geworben und praktisch alle Kunstgriffe und alle schwachen Stellen, die man in Angriff nehmen könne, ausprobiert hätten.“
Zitat aus: Fjodor Dostojewski: Die Dämonen. Insel Taschenbuch, 2. Aufl. 2019, p. 919.

Diese Zielsetzung einer systematischen Zersetzung unserer demokratischen Fundamente und der Gesellschaft ist unausgesprochenes Ziel einzelner aktueller politischer Bewegungen – in den Jahrzehnten nach 2000 und davor. Sie kritisieren alles nur Denkmögliche und verfolgen eben diese Ziele wie die Anarchisten im vorrevolutionärem Russland.

Journalistische Einseitigkeit inakzeptabel

Die Frage, ob und wie einseitig unsere Medien über den Ukraine-Krieg berichten, war Gegenstand einer bemerkenswerten Diskussionsrunde jüngst in „Links.Rechts.Mitte“ von Servus TV.

Udo Bachmair

Ist es gerechtfertigt, dass sich Journalisten auf eine Seite schlagen, nämlich auf die der Ukraine ? Fehlt es unseren Medien an Distanz ? Zwei der Fragen im Diskussionsformat „Links.Rechts.Mitte.“jüngst in Servus TV.

Gleich zu Beginn der Debatte stellte die TAZ-Journalistin Ulrike Herrmann klar . „Russland ist unser Feind“. Daher trete sie auch für die mediale Unterstützung der Ukraine ein. Russland habe sämtliche Verträge gebrochen ( Kopfschütteln bei den Mitdiskutanten Christian Wehrschütz und der Historikerin Andrea Komlosy ) und sei zweifellos imperialistisch.

„Bei allem Leid“, entgegnete der besonders engagierte ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz, seien Einseitigkeit und Parteilichkeit in der Berichterstattung über den Ukraine-Krieg „völlig inakzeptabel“. Er habe den Eindruck, dass vor allem deutschsprachige Medien „in einem Gut/Böse-Schema sind“.

Wie Wehrschütz verurteilten auch die anderen Studiogäste den Krieg Russlands gegen die Ukraine. So auch Franz Schellhorn von der liberalkonservativen Agenda Austria. Er gab jedoch zu bedenken, dass wir weiterhin von russischen Rohstoffen abhängig seien.

Die Historikerin Andrea Komlosy fand es bedenklich, dass wir so tun, als würden wir selber Krieg gegen Russland führen. „Wir dürfen nicht länger einseitig eine Seite unterstützen“, sagte sie. Der Krieg müsse gestoppt werden, „die westlichen Waffenlieferungen schüren ihn aber“.

Christian Wehrschütz, bezüglich differenzierender Berichterstattung aus dem Kriegsgebiet ein Vorbild für Qualitätsjournalismus, wünscht sich von seinen JournalistenkollegInnen „mehr rationalistische und weniger moralisierende Berichterstattung“. Westliche Medien würden „viele Grautöne außer acht lassen“, fügte Wehrschütz hinzu. So sei etwa die Tatsache, dass Supermachtinteressen eine große Rolle spielen, unterbelichtet. Das sei keine Rechtfertigung für einen Angriffskrieg, aber er gibt zu bedenken:

„Gut oder Böse gibt es in der Politik nur selten“.

Ein Veranstaltungstipp:

Um westliche Berichterstattung am Beispiel des Ukraine-Kriegs geht es auch in einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion u.a. mit Heinz Gärtner und Christian Wehrschütz (angefragt) am

24. Jänner ab 18.30 Uhr im Presseclub Concordia, Bankgasse 8, A-1010 Wien

Moderation : Udo Bachmair, Präsident der Vereinigung für Medienkultur

Verbales Tauziehen um Zwingli

Eine missbräuchliche Verwendung des Namens Zwingli im STANDARD erregt Verwunderung. Mit Zwingli titulierte der Autor des „Einserkastls“ den neuen alten Kommunikationschef der ÖVP.

Udo Bachmair

Der Meister der Message Control, Gerald Fleischmann, sattsam bekannt in Redaktionen des Landes für seine Intervenitis zugunsten seines Intimus Sebastian Kurz, werkt nun also wieder als ÖVP-Kommunikationschef. Was als Signal nach innen verständlich erscheint, um die Kurz-Nostalgie innerhalb der Partei zu befriedigen, hat nach außen eine fatale mediale Wirkung.

Nahezu alle Medien haben die Rückkehr des umstrittenen Medienmannes äußerst kritisch kommentiert. Sie wissen, warum, nämlich aus leidvoller eigener Erfahrung, wie mir auch Ex-Kollegen aus dem ORF die zahllosen Interventionen Fleischmanns zugunsten von Kurz bestätigen.

Auch der STANDARD hat in seinem „Einserkastl“ die leidige Causa ganz unverblümt kommentiert. Autor Christoph Winder hat sich jedoch mit der für Fleischmann verwendeten Bezeichnung „Zwingli“ erwartbare Kritik vor allem seitens der Evangelischen Kirche H.B. eingehandelt.

Zunächst ein Zitat aus dem erwähnten STANDARD-Kommentar :

Der neue alte Zwingli der ÖVP heißt seit kurzem wieder Gerald Fleischmann. Ihm traut man zu, dass er die ganze kommunikative Palette von „Das sagen wir lieber nicht“ bis „Halt sofort die Goschen“ draufhat und zudem süße Erinnerungen an die goldene türkise Zeit wachhält.
Bleibt nur zu hoffen, dass ihn die Staatsanwaltschaft nicht zu häufig bei der Arbeit stört. Die lässt sich das Goschenhalten nämlich nur ungern anschaffen.

(Christoph Winder im STANDARD-Einserkastl)

Der Verfasser der Glosse hätte wissen müssen, dass vor allem auch die Evangelische Kirche helvetischen Bekenntnisses die missbräuchliche Verwendung des Wortes „Zwingli“ klar ablehnen würde.

Landessuperintendent Thomas Hennefeld dazu in einem Brief an den STANDARD:

Als Vertreter einer kleinen konfessionellen Minderheit bin ich daran gewöhnt, dass die meisten Menschen mit dem Namen „Zwingli“ nicht viel anfangen können. Dass ich aber den Namen des Reformators im Zusammenhang mit dem neuen alten ÖVP-Kommunikationschef lesen muss, macht mich sprachlos. Zwingli hatte auch seine Schattenseiten, aber er steht in unserer Evangelischen Kirche H.B. in Österreich bis heute für das Aufbrechen verkrusteter Strukturen, für die weitgehende Beseitigung der Armut und für die Befreiung der Menschen von Tyrannei und Willkür. Ulrich Zwingli wetterte gegen die Profitgier der Reichen und prangerte das damals herrschende korrupte System an. Er richtete sich auch auf der Kanzel gegen Verlogenheit, Doppelmoral und Heuchelei. Die Kirche, in der ich als Gemeindepfarrer tätig bin, heißt übrigens Zwinglikirche.
(Mag. Thomas Hennefeld, Gemeindepfarrer und Landessuperintendent der Evangelischen Kirche H.B. in Österreich)

Friede und Krieg

Hans Högl

Folgende Zitate notierte ich vor Jahren. Sie sind auch für das Heute in Osteuropa gültig.

„Besser ein mittelmäßiger Frieden als ein glücklicher Krieg“. Das sagte Maria Theresia zu Joseph II. am 8. Juni 1778

Jacob Burckhardt: „Der Friede ist nur eine kleine Atempause bis zum nächsten Völkermord.“

Golo Mann: „So ist der Mensch, dass er hin und her schwankt zwischen Egoismus und dem Wunsche, über sich hinauszugehen, in einer großen gemeinsamen Sache sich auszulöschen.“

Wiener Zeitung ohne Überlebenschance

Diese Woche läuft die Begutachtungsfrist des neuen Medienförderungsgesetzes ab. Damit wird auch die Rettung des „Kulturguts“ Wiener Zeitung immer unwahrscheinlicher.

Stellvertretend für viele Stimmen des Protests gegen diese Maßnahme der schwarz/grünen Bundesregierung folgende ( von Udo Bachmair ausgewählte ) Zitate:

Die in medienpolitischen Dingen komplett indolente und skandalös agierende Regierung, der auch die Grünen angehören, zuckt nicht einmal mit dem Ohrwaschel, um etwas zur Rettung dieser Zeitung zu unternehmen, obwohl es ihre verdammte Pflicht wäre.

( Armin Thurnher, FALTER )

In einer Zeit, in der Qualitätsmedien weltweit einen Überlebenskampf gegen Banalität und Trivialisierung führen müssen – und ihn zu oft auch verlieren –, ist jede Würdigung und Auszeichnung für diese aus vielen Gründen außergewöhnliche österreichische Zeitung ein wichtiger Beitrag, um das Fortbestehen der Wiener Zeitung auch in Zukunft abzusichern.

( Aus einem Brief von Hugo Portisch und Heinz Nussbaumer aus dem Jahr 2019, als die ÖVP/FPÖ-Koalition unter Kanzler Kurz den Todesstoß für die Wiener Zeitung androhte. Nun wird das Ende des Qualitätsblatts auch von den Grünen unterstützt…)