Archiv der Kategorie: Medien und Bildung / Religion

Zum Zustand von Politik und Medien

Walter Hämmerle, früher Chefredakteur der „Wiener Zeitung“, jetzt Innenpolitik-Chef der „Kleinen Zeitung“, hat den Zustand von Österreichs Medien und Politik kritisch unter die Lupe genommen. Unter dem Titel „Die unreife Republik“ durchleuchtet er in der Serie der Leykam-Streitschriften (Nr. 11) die Schwächen unseres Kleinstaates in Mitteleuropa, die Neigung der Österreicher zu Schlamperei und Bequemlichkeit, den Hang zu Übertreibung und Aggression. Zugleich geht er mit den Medien hart ins Gericht.

Von Hermine Schreiberhuber *

Bei der Präsentation des Buchs im Presseclub Concordia fielen auf dem Podium klare Worte. Autor Hämmerle stellte einleitend fest: Das kleine Österreich sei reich und habe viel Potenzial. Doch: „Schlamperei ist in Österreich, besonders in Wien, sprichwörtlich.“ Zugleich konstatierte er „eine gewisse Hilflosigkeit“ zwischen den Möglichkeiten und dem, was getan werde. „Politik ist kein Spiel.“ Auch die Medien betrachteten Politik oft als Spielwiese, statt dem Bürger Einschätzungs- und Urteilsfähigkeit zuzuerkennen.

Politikberaterin Heidi Glück schlug ebenfalls kritische Töne an. „In Österreich herrscht das Mittelmaß. Wir orientieren uns an anderen, größeren Staaten, aus Bequemlichkeit.“ Schuld seien immer die anderen. „Trittbrettfahren ist Usus.“ Diese Charakterzüge ließen sich aus der Geschichte ableiten: „Seit der Monarchie sind wir Mitläufer.Wir beherrschen den institutionellen Kompromiß.“ In anderen Worten: Politisches und wirtschaftliches Durchwursteln sei an der Tagesordnung und führe zu einer Erosion des politischen Systems.

„Der intellektuelle Diskurs ist fast verschwunden“, beklagte Glück, ehemals Pressesprecherin von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. Zugleich sei die Boulevardisierung der Presse in Österreich weit fortgeschritten. Die Politiker umgeben sich mit vielen PR-Beratern, auf der anderen Seite würden die Journalisten immer weniger. Daraus resultiere „eine Schieflage“. Es mangle an Wertschätzung zwischen Politikern und Journalisten. Hämmerle merkte zum politischen Diskurs an, die Medien liefen Gefahr, sich für eine Seite festzulegen. Vor „gutem Boulevard“ habe er aber Respekt.

Armin Thurnherr, Herausgeber des „Falter“, argumentierte, hierzulande gehe es nicht nur um Schlamperei, sondern auch um den“Unwillen zur politischen Analyse“. Was gut sei, werde oft nicht genügend „argumentativ unterfüttert“. Es gelte, das Handwerk der Politik zu lernen. Die Öffentlichkeit habe oft den Eindruck, von den Politikern „beschwindelt“ zu werden. In den Medien habe sich ein korruptes System etabliert. In diesem Kontext übte Thurnherr heftige Kritik an der Subventionierung des Boulevard nach Auflagenstärke. Außerdem müsse die Jugend kritischer an IT-Belange herangeführt werden.

In der Folge einige Textstellen aus der Streitschrift von Walter Hämmerle.

(Vom Vielvölkerstaat zum Kleinstaat) „Das Spiel mit der geringen Größe des Landes irritiert Außenstehende und Landsleute, die höhere Ansprüche stellen. Der Satz ‚Österreich ist ein kleines Land’ aus dem Mund heimischer Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger ist zu oft keine Tatsachenbeschreibung, sondern eine Ausrede für den fehlenden Mut, ausgetretene Pfade zu verlassen. Manchmal bietet die geringe Größe auch Schlawinern Deckung.“

(Zustand der Medien). „Ohnehin bringen Alarmismus und Empörung niemand irgendwohin, trotzdem sind sie allgegenwärtig… Journalismus im 24-Stunden-Hamsterrad trägt seinen Tel zu dieser Entwicklung bei. Atemlos werden Schlagzeilen produziert, selbst wenn wenig bis nichts passiert. Die Logik der Digitalisierung will es so. Headlines müssen Sensationelles versprechen, auch wenn im anschließenden Text maximal Unspektakuläres zu lesen ist. Der Drang und digitale Druck zur Zuspitzung haben ihren Preis. Diskussionen werden als Duelle, Gesprächsrunden als Showdowns in Szene gesetzt; und das auf allen Kanälen.“

„Die Welt der Nachrichten ist zum Kampfplatz geworden. Nicht alle Akteure setzen dabei auf Transparenz und Fairness. Statt dessen wird getarnt, getäuscht, verwischt – alles nur, um zu verwirren.“

Das Buch hat nur gut 100 Seiten, doch der Inhalt wiegt schwer: Historische Fakten über das Werden Österreichs, Einschätzungen von Literaten wie Karl Kraus, Stefan Zweig, Robert Musil, Joseph Roth. Reaktionen auf Aktuelles von der Pandemie bis zum Ukraine-Krieg. Der Autor ist überzeugt: Die Republik braucht eine neue Verantwortungskultur.

* Mag.a Hermine Schreiberhuber ist Journalistin und Vorstandsmitglied der Vereinigung für Medienkultur

„Die Furche“ -im ORF nie zitiert!?

Rätselhaftes Übersehen im ORF

Hans Högl

Gestern verwies ich auf unserem Blog www.medienkultur.at auf einen Beitrag in der Wochenzeitung „Die Furche“. Nun eine kritische Anfrage an die Chefredaktionen des ORF, die nicht allen gefallen wird.

„Die Furche“ ist eine anspruchsvolle, angesehene Wochenzeitung. Sie deckt ein breites Spektrum an Berichten und ausführlichen Kommentaren ab: Sei es von österr. oder internationaler Politik, sei es von Ökologie, kulturellen Berichten und Kommentaren (insbesondere auch zur Literatur). Und die „Furche“ bekennt sich zu einem weltoffenen, ökumenisch-christlichen Hintergrund.

Mich wundert ein Faktum als einer, der die Medienszene seit vielen Jahren beobachtet: Abgesehen von der Sparte „Religion“, die im ORF gut vertreten ist, hat meines Wissens keine sonstige ORF-Sendung (weder ein Magazin im Hörfunk noch im TV noch eine Nachrichtensendung) je einen Beitrag von der „Furche“ aufgegriffen.

Es wurde auch nie die Chefredaktion der „Furche“ zu einer Gesprächsrunde im ORF eingeladen. Nun leitet sie eine Chef-Redakteurin! Sollte meine Beobachtung nicht zutreffen, denn wer vermag denn das Gesamtangebot eines Senders zu überblicken, so ersuche ich meinen Eindruck mit 3 Gegenbelegen aus den letzten 10 Jahren zu widerlegen. Geht es darum, dass ein angesehenes Blatt mit ökumenisch-weltoffenem, christlichem Hintergrund keine Chance hat, zitiert zu werden?

BRIC-Staaten für globale Entwicklungsbank

USA verweigern Reform der Weltfinanzen

Hans Högl

Es mag ja sein, dass irgendwo über Folgendes berichtet wurde, das ich in der Wochenschrift „Die Furche“ fand – im Beitrag des Friedensforschers Thomas Roithner mit dem Titel „Von Geopolitik und Geoökonomie“ (Furche Nr. 35, p. 14). Von den BRICS-Staaten (Indien, China, Brasilien, Russland, Argentinien…) wird meist wenig berichtet; denn unsere Haupt-Informationen stammen überwiegend von westlichen Informationsagenturen.

Ich greife folgenden Satz in der „Furche“ auf: „Rund um die BRICS …wurden neue globale Finanzinstitutionen geschaffen.“ Die „New Development Bank“ – gegründet von den BRICS-Staaten- ist operativ, um Entwicklung- und Infrastrukturprojekte zu finanzieren (wie Straßen, Häfen, Eisenbahnen, Elektrizität- und Glasfasernetze im globalen Süden). Der Sitz der Bank ist in Peking.

Bei der Gründung stand die Absicht Pate, dass sich die USA weigern, die Bretton-Woods-Institutionen, welche die USA seit dem Ende des 2. Weltkrieges massiv bevorzugen, zu reformieren.

Echtes BIO oder Mogelpackung?

Fair, bio, klimapositiv: Schlagworte

Gekürzter Text vom Blog „Perspective Daily“ (Hans Högl)
12. September 2023

Im Supermarkt landen Kartoffeln aus »regionalem und kontrolliertem Anbau«, »ressourcenschonender« Glasreiniger und »biobasierte« Müllbeutel im Einkaufskorb. Auf dem Weg zum Bus, der mit »100% erneuerbaren Energien« betrieben wird, werben »klimapositive« Unternehmen an der Plakatwand. Zu Hause angekommen, gönnen wir uns einen Schluck »klimaneutrales« Wasser aus der Leitung, wie die Stadtwerke stolz verkünden.

Im Alltag werden wir nur so von Produktversprechen zugeballert. Alle wollen sie uns überzeugen, wie toll und nachhaltig sie sind. Dabei formulieren Unternehmen ihre Produktversprechen kurz und eingängig mit bekannten Schlagworten, doch bleiben gleichzeitig möglichst vage – so wie Horoskope. Denn dann füllen Verbraucher:innen die Versprechen automatisch mit den Inhalten, die sie erwarten möchten. Belastbare Nachweise, dass Unternehmen ihre Versprechen auch erfüllen, gibt es nur selten.

Wie selten, das hat eine große Onlineuntersuchung der Europäischen Kommission in Kooperation mit nationalen Verbraucherbehörden 2021 herausgefunden. Die Behörden gehen in 42% der Fälle von Greenwashing aus, also übertriebenen, falschen oder irreführenden Produktversprechen. Um der Verbrauchertäuschung einen Riegel vorzuschieben, hat die Europäische Kommission Regeln für Ökomarketing erarbeitet, so wie es sie für gesundheitsbezogene Angaben schon gibt. Diesen haben das Europäische Parlament und der Europäische Rat im Mai zugestimmt:

Die neuen Regeln sollen in Zukunft irreführende Werbung und allgemeine Umweltaussagen wie »umweltfreundlich, natürlich, biologisch abbaubar, klimaneutral oder öko« verbieten, wenn diese nicht detailliert belegt werden können.
Aus der Werbung muss hervorgehen, wenn es Einschränkungen gibt oder Versprechen nur auf Teile eines Produktes zutreffen. Wenn etwa nur der Flaschendeckel ressourcenschonend produziert wird, die Flasche selbst aber nicht. Oder die Komponenten eines Smartphones besonders langlebig sind, der Akku aber nicht.
Es sollen nur noch Nachhaltigkeitskennzeichnungen zugelassen werden, die vorher zertifiziert worden sind oder von öffentlichen Behörden eingeführt wurden.

Mehrsprachigkeit als Chance

Zwei-sprachig-Sein kann viele Möglichkeiten und Lebenschancen eröffnen.

Hans Högl

Selten wird Zwei-Sprachigkeit in unseren Medien erörtert. Dafür sei „morgen“ (Nr. 3/2023), der Kulturzeitschrift aus NÖ, für die Europakolumne und das nachfolgende Gespräch gedankt. Bei meinem Studium in Löwen/Belgien fand ich auch Kontakt zu „einfachen“ Leuten in Flandern. Ich war perplex, wie sie a u c h Deutsch, Französisch und Englisch sprachen: Es war nicht immer grammatikalisch perfekt… Vielleicht starrt man in unseren Schulen zu sehr auf Fehler, anstelle auf die Fähigkeit, sich verständigen zu können.

Im Waldviertel – in Weitra- bringen Holztafeln Hinweise, welche slawischen Wörter wir im Deutschen übernommen haben. Für uns Mitteleuropäer gilt es, mutiger zu sein, Ausdrücke und Wendungen der Nachbarländer zu kennen und zu sprechen. Verliert man die Scheu, kann sich Weiteres ergeben. Meine Enkelkinder Anna und August (7 u. 5) lernen jetzt von ihrer Mutter Schwedisch und ihrem Vater Deutsch. Ja – dies ist gut möglich und eine große Lebenschance.- Ich engagiere mich in der „Vereinigung für Medienkultur“- Neugier auf den Blog www.medienkultur.at lohnt sich

Szenario für den Frieden

Politik und Medien lassen Ideen und Konzepte, wie man den unheilvollen Ukrainekrieg beenden könnte, schmerzlich vermissen. Im Folgenden der Versuch eines Szenarios, das aus der Sicht unseres Gastautors zum erwünschten Ziel führen könnte.

Wolfgang Koppler*

Eine interessante Meldung vor kurzem in der Kleinen Zeitung : Unter dem Titel „Selenskyj spricht über eine Krimlösung“ deutet der ukrainische Präsident an, unter Umständen auf die Krim verzichten zu können: „Wenn wir an den Verwaltungsgrenzen sind, denke ich, kann man politisch die Demilitarisierung Russlands auf dem Gebiet der Halbinsel erwägen“.

Er vergibt sich damit nichts. Denn unter „Demilitarisierung der Krim“ könnte man sogar die Forderung nach einem Verzicht auf den Flottenstützpunkt Sewastopol verstehen, wozu Russland niemals bereits wäre. Aber „die Demilitarisierung Russlands auf dem Gebiet der Halbinsel“ bedeutet wohl, dass die staatliche Souveränität hinsichtlich der Krim Gegenstand von Verhandlungen sein könnte.

Dies nach den Worten Selenskyjs allerdings erst, wenn die ukrainischen Truppen an den „Verwaltungsgrenzen“, als an der Grenze zur Krim angelangt sind. Eine blutige Angelegenheit, bei der wahrscheinlich noch einmal mehr als 100.000 Soldaten sterben oder für ihr Leben gezeichnet werden. Und zahlreiche Zivilisten – Männer, Frauen und Kinder. Von den ungeheuren Zerstörungen und weltweiten Kollateralschäden einmal abgesehen.

Warum fasst man nicht endlich das ins Auge, was auf der Hand liegt ? Nämlich die im Mai 2022 bereits ziemlich weit verhandelte Neutralität der Ukraine mit Sicherheitsgarantien (wobei hier Briten und Amerikaner endlich dazu bereit sein müssten), Verzicht auf die Krim sowie eine Autonomie von Donbass und Luhansk bei gleichzeitiger Demilitarisierung dieser Gebiete. Damit könnte jede Seite ihr Gesicht waren. Kein Verzicht auf Staatsgebiet mit Ausnahme der Krim. Eine Sicherheitsgarantie allenfalls der USA, Großbritanniens und der Türkei, die wesentlich weniger Spannungen verursachen würde als ein NATO-Beitritt der Ukraine, aber wohl ähnlich oder sogar mehr Sicherheit bieten würde, zumal der militärische Status der Ukraine für Russland wesentlich mehr Bedeutung hätte als Gebietsgewinne. Wie schon aus den Forderungen Russlands vor Beginn des Krieges zu ersehen ist.

Und die Demilitarisierung von Donbass und Luhansk (sowie eventuell von Cherson und Saporischschja) würde eine Pufferzone schaffen, die in beiderseitigem Interesse läge. Die russischen Truppen könnten sich ebenso aus den umkämpften Gebieten zurückziehen wie die ukrainischen. Zusammen mit einem echten Friedensvertrag statt eingefrorener Waffenstillstandslinien.

Aber der in Wirklichkeit ziemlich sinnlose NATO-Beitritt der Ukraine ist wohl wichtiger. Und Gerechtigkeit und Durchsetzung von Interessen um jeden Preis. Aber wäre es nicht sinnvoller, Menschenleben zu retten und weitere Kollateralschäden zu verhindern ? In der Ukraine und vielen anderen Ländern, die mit dem Krieg nichts zu tun haben ?

Doch auch im Westen gilt nach wie vor: Wo wir sind, herrscht Chaos. Aber wir können nicht überall sein. Immerhin: In Libyen, in Afghanistan, im Irak haben wir schon allerhand erreicht. Also warum nicht auf diesem Weg weitermachen, wenn der von uns ebenfalls zu verantwortende ökologische Kollaps zu lange auf sich warten lässt ?

Dazu eine Schlagzeile aus dem Live-Ticker der heutigen Frankfurter Rundschau: Kiew erhält offenbar Zustimmung, die Krim zu vernichten. Besser lässt sich die auch von den Medien aufgeheizte Kriegsstimmung nicht mehr charakterisieren. Man möge sich vielleicht dazu noch das äußerst devot geführte Interview mit Podoljak in der Zib2 vom letzten Donnerstag in Erinnerung rufen.

https://www.fr.de/politik/ukraine-krieg-news-russland-moskau-kiew-gegenoffensive-kaempfe-ticker-zr-92484991.html

* Wolfgang Koppler ist Jurist und Journalist und lebt in Wien

ORF-Glaubwürdigkeit

Diverse Unterstellungen, ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz würde einseitig berichten, sind unhaltbar. Seine Beiträge aus der Ukraine sind überwiegend positive Beispiele für differenzierenden Qualitätsjournalismus.

Udo Bachmair

Die Glaubwürdigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunk wird weniger durch einen einmaligen Fehler eines insgesamt verdienstvollen Korrespondenten erschüttert, als vielmehr durch den Mangel an journalistischem Bemühen, den vom ORF-Gesetz auferlegten Objektivitätskriterien auch in der außenpolitischen Berichterstattung gerecht zu werden. Im Gegensatz zu manchen anderen Kollegen erfüllt Christian Wehrschütz diese Aufgabe auf vorbildliche Weise.

Er ist ein Journalist, der penibel recherchiert, sich bei Menschen vor Ort kundig macht, nicht nur (westliche) Agenturen abkupfert. Er ist einer, der sich ernsthaft bemüht, differenzierend beide Seiten eines Konflikts zu sehen. Auch in der komplexen Causa Ukrainekrieg erweist sich die Fähigkeit von Christian Wehrschütz, ein ausgewogenes Bild über Vorgänge und Entwicklung dieses unheilvollen Krieges zu vermitteln. Bisher schon einige Male unter Einsatz seines Lebens..

Wehrschütz geht wie alle, die nicht eine Schwarz/Weiß-Malerei und ein plattes Freund/Feind-Denken pflegen, davon aus, dass im Kriegsfall beide Kriegsparteien Kriegspropaganda betreiben, demnach auch die ukrainische Seite. Dies auszusprechen, oder auch Fehlentwicklungen in der Ukraine, wie Korruption, auszusprechen, reicht für viele bereits als Beleg, die profunden Beiträge von Christian Wehrschütz‘ als einseitig prorussische zu brandmarken.

Auch wenn es auf politischer Ebene nun vor allem die NEOS sind, ORF-intern Kollegen oder eine ehemalige Korrespondentin, die gegen Wehrschütz Stimmung machen, erscheint Eines sicher: Christian Wehrschütz wird, wie ich ihn kenne, trotz aller Attacken und Unterstellungen, seine seriöse journalistische Arbeit unbeirrt fortsetzen. Das kann letztlich die Glaubwürdigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nur stärken.

Dieser Beitrag von Udo Bachmair ist auch in der heutigen Ausgabe der Zeitung Die Presse erschienen.

Wer ist Urban Loritz?

Der Wiener Urban Loritz Platz bezieht seinen Namen von einer außergewöhnlichen Persönlichkeit.

Hans Högl

Häufig besuche ich die reichhaltige und gut sortierte Hauptbücherei der Stadt Wien am Urban Loritz Platz. Da wurde ich neugierig, wer denn dieser Urban Loritz war. Über Wikipedia erfuhr ich Erstaunliches.

Urban Loritz war Benediktinerpriester und viele Jahre Pfarrer in Schottenfeld. 1831 meldete er sich freiwillig zur Seelsorge im Gumpendorfer Choleraspital. Auch als Kooperator in Eggendorf im Thale ab 1832 kümmerte er sich um Infektionskranke, erkrankte aber selbst an den Blattern. 1841 wurde er Kooperator in Schottenfeld u. später Pfarrer bis zu seinem Lebensende 1881.

Er engagierte sich für die sozial Schwächeren, für Kinder und Jugendlichen, und bemühte sich um eine Überwindung der sozialen Unterschiede und Spannungen. 1853 gründete er eine „Kleinkinderbewahranstalt“ für verwahrloste Kinder. Aufgrund seiner volkstümlichen und originellen Art entwickelte er sich zu einer der populärsten Seelsorgepersönlichkeiten im Wien des 19. Jahrhunderts.

Für seine Verdienste erhielt Loritz 1867 das Goldene Verdienstkreuz mit der Krone und 1869 die Goldene Salvator-Medaille der Stadt Wien; die Universität Wien ernannte ihn 1880 zum Ehrendoktor. 1892 wurde in Wien-Neubau (7. Bezirk) der Urban-Loritz-Platz nach ihm benannt.

Hartnäckiger Irrglaube

Warum sich Irrglaube hartnäckig hält im Folgenden zusammengefasst.

Hans Högl hat dazu folgendes Zitat aus dem Blog „Perspektive Daily“ ausgewählt :

„Es gibt psychische Faktoren, warum Menschen Irrglauben leicht aufsitzen. Vieles entsteht im Verarbeiten von Informationen. Die 5 wohl wichtigsten Einflüsse sind:

1. Wir suchen und glauben die Informationen, die zu unserem Weltbild passen: Wir werden mit einer Masse an Informationen zugeschüttet. Jede einzelne Person hat nur begrenzte Zeit und kognitive Ressourcen und Motivation, um komplexe Themen zu verstehen. Wenn wir nach Nachrichten suchen, tendieren wir dazu, jenen Meldungen Aufmerksamkeit zu schenken, die in unser Weltbild passen. (Vgl. Kognitive Dissonanz!)

2. Ob die Information stimmt, ist nicht so wichtig: Erlernte Überzeugungen lassen sich wieder ändern, doch nicht leicht. Hören wir, dass eine unserer Überzeugungen falsch ist oder wissenschaftlich widerlegt wurde, sträubt sich erst einmal etwas in uns. ….

3. Wir bewerten das als richtig, was uns vertraut vorkommt: Da gängige Mythen so oft wiederholt werden…brennen sie sich in unser Gedächtnis ein. So denken wir: »Irgendwo habe ich das schon einmal gehört, das muss also stimmen.«

4. Wir sind unaufmerksam: Das Gehirn verarbeitet Informationen eher automatisch als systematisch. Bei der Flut an täglichen Informationen neigen wir dazu, unaufmerksam zu sein, sodass uns wichtige Details oder auch Einschränkungen einer Aussage entgehen können.

5. Wissenschaft kann sich irren: Sie arbeitet mit Wahrscheinlichkeiten, Belegen, Theorien und Fakten. Menschen fehlt das Wissen über Abläufe in der Wissenschaft, um so manch reißerische Überschrift in den Medien als Fehldarstellung einzuordnen – oder um beim wissenschaftlichen Widerlegen einer plausiblen Theorie nicht gleich die gesamte Wissenschaft anzuzweifeln.“

Soweit das Zitat aus „Perspektive Daily“, ausgewählt von Hans Högl.

Im Kern finden sich diese zutreffenden Darlegungen bereits im Buch: „The Science of Human Communication“ (1963)- auf Deutsch im ausgezeichneten Juventa-Paperback „Grundfragen der Kommunikationswissenschaft“(München 1971). Ich habe dies in meinem abgeschlossenen Publizistik- und abgeschlossenen Soziologie-Studium an der Universität Louvain/Belgien bereits Ende der 1960-iger Jahre mit Aufmerksamkeit studiert (Hans Högl, Hochschule-Prof. Dr. MMag.)

Christian Wehrschütz im Visier

Da Christian Wehrschütz, verdienstvoller ORF-Korrespondent, ausnahmsweise einmal ein Fehler passiert ist, versuchen manche gegen ihn mobil zu machen.

Udo Bachmair

Er ist jemand, der als Journalist penibel recherchiert, abwägt, differenzierend berichtet. Ein vorbildlicher Korrespondent, der versucht, ein ausgewogenes Bild auch über Vorgänge während des Ukraine-Kriegs zu vermitteln. Im Sinne des ORF-Gesetzes, das das öffentlich-rechtliche Unternehmen auch in der außenpolitischen Berichterstattung zu Objektivität verpflichtet. Christian Wehrschütz erfüllt diese Voraussetzungen in vorbildlicher Weise.

Dass einem ZiB-Beitrag von Wehrschütz über Korruption in der Ukraine eine falsche Bildsequenz unterlegt war, mindert insgesamt nicht die Kompetenz des mehrfach preisgekrönten Ukraine-Korrespondenten. Dieser von Wehrschütz eingestandene bisher einzige Fehler, wie er sagt, ist und war jedoch für seine Gegner ein willkommener Anlass, um gegen ihn Stimmung zu machen.

Manche ORF-KollegInnen, vor allem eine ehemalige Korrespondentin, die ihren Ex-Kollegen Wehrschütz online immer wieder attackiert, beneiden ihn offenbar wegen dessen großer Akzeptanz bei Medien-KonsumentInnen. Seitens der Politik haben sich nun die NEOS auf Christian Wehrschütz eingeschossen. Überzogene Kritik von NEOS-Mediensprecherin Henriette Brandstötter hat auf STANDARD-online eine Welle an Attacken auf Wehrschütz ausgelöst.

Dass nun ausgerechnet ein dem Boulevard zugerechnetes Blatt, wie die Kronenzeitung, die Angriffe gegen Wehrschütz auf faire Weise zurechtrückt, ist lobenswert. Im Gegensatz zu den in der Ukraine-Causa nahezu gleichgeschaltet wirkenden anderen westlichen Medien geht die Kronenzeitung davon aus, dass in einem Krieg beide Kriegsparteien Kriegspropaganda betreiben, demnach auch die ukrainische Seite. Eine wohl auch in der Bevölkerung mehrheitsfähige Erkenntnis.

Christian Wehrschütz dazu auf eine entsprechende Frage von Edda Graf in der Krone-Sonntagsausgabe:

„Es gibt übrigens auch die westliche Propaganda. Die darf man nicht übersehen. Etwa die sog. Berichte des britischen Geheimdienstes. Was der schon alles behauptet hat…
Was mich aber wirklich erschüttert – und das muss ich jetzt schon einmal sagen: Wo ist endlich eine wirklich entschlossene politische Lösungsabsicht? Wo ist die Friedensbewegung? Gibt es die noch?
Wer heute für Frieden ist, ist automatisch Putin-Freund. Ich komme mir vor wie bei Orwell und frage mich, ob wir nicht tatsächlich schon in einer totalen Verkehrung der Welt angekommen sind.
Das ist ja das wirklich Absurde – dieses Abfinden mit dem Krieg, dem Töten und der nuklearen Bedrohung“.