Archiv der Kategorie: Medien und Bildung / Religion

Offenes Wort zur Literaturkritik

Immer die Gleichen treten auf. Überforderung bei Literaturkritik erscheint unverkennbar.

Hans Högl

Was die größten Herausforderungen und Probleme für die Literaturkritik heute sind, diese Frage beantwortete der Autor Stefan Gmündner. Angeregt wurde ich durch seinen Text in der Zeitschrift „Die Sichel“. Literatur u. Debatte Nr. 6 – Mai 2022. Dies führte mich zur Antwort in „volltext“.

Lesen kostet Zeit. Rezensieren erst recht. Im Schnitt bedarf eine Literaturkritik sechs Stunden Lese- und fünf Stunden Schreibzeit. Da konnte der Rezensent 2016, als der Beitrag geschrieben wurde, stolze 150 Euro entgegennehmen. Vielleicht sind es heute 2022 um die 200 €.

Noch der verrückteste Überzeugungstäter wird, was den Aufwand betrifft, hierbei die Kirche im Dorf oder den Hengst im Stall lassen. Der Zeitmangel bei Redakteuren und Freien schlägt auf die Qualität. In den meisten Printmedien wird klassischer Literaturkritik eher weniger Platz eingeräumt. Das führt zur fatalen Tendenz von Kurz- und Kürzest-Rezensionen….

Zunehmend wird sichtbar, dass viele Jurys, die Literatur fördern und finanzieren, mit immer denselben Kritikern besetzt werden. Und die gleichen treten im Fernsehen auf, und es bildet sich eine Konzentration auf einige wenige Namen, Netzwerke und Seilschaften, die zu einer Hermetik des Preis- und Stipendienwesens führen. Immer die gleichen Autoren werden ausgezeichnet oder finanziell unterstützt. Zudem lässt sich die Literaturkritik zunehmend durch eventbasierte Berichterstattung die Agenda diktieren.

Immer weniger Christinnen und Christen

Österreich: Die Zahl der Katholiken und Protestanten sinkt dramatisch, die der Muslime, Orthodoxen und Konfessionslosen hingegen steigt stark an.

Hans Högl – übernommen von „Ja- Die neue Kirchenzeitung“

6,9 Millionen Menschen in Österreich – also 77,6 Prozent der Bevölkerung – bekennen sich zu einer Religion, rund 2 Millionen (22,4 Prozent) fühlen sich keiner Glaubensgemeinschaft zugehörig. Dies sind Ergebnisse, welche die Statistik Austria im Auftrag des Bundeskanzleramts 2021 durchgeführt hat.

Rund 6,1 Millionen Männer und Frauen in Österreich bekannten sich 2021 zum Christentum, das entspricht einem Anteil von rund 68,2 Prozent an der Gesamtbevölkerung.

4,93 Millionen Personen (55 Prozent) waren laut Statistik Austria 2021 Mitglied der Römisch-katholischen Kirche, rund 340.300 Personen bzw. 3,8 Prozent waren evangelisch (A.B. und H.B). Zur Orthodoxen Kirche bekannten sich 436.700 Personen bzw. 4,9 Prozent der Bevölkerung. Dazu kommen noch die orientalisch-orthodoxen Christen…die knapp 20.000 Personen ausmachen, sowie die Altkatholische Kirche (ca. 4.700 Mitglieder), die Freikirchen (35.300 Mitglieder), die Methodistische Kirche (2.000 Mitglieder) oder die Neuapostolische Kirche (4.100 Mitglieder)….

745.600 Personen in Österreich (8,3 Prozent der Bevölkerung) fühlten sich dem Islam zugehörig, 26.600 (0,3 Prozent) dem Buddhismus und 10.100 (0,1 Prozent) dem Hinduismus. Für die Israelitische Religionsgesellschaft werden 5.400 Personen (0,1 Prozent) genannt.

Der Anteil der Konfessionslosen ..war in Wien mit über einem Drittel (34,1 Prozent) am höchsten, gefolgt von der Steiermark (22,6 Prozent) und Niederösterreich (20,5 Prozent). 17,9 Prozent der christlichen Bevölkerung Österreichs hat Migrationshintergrund, im Islam sind es 91,9 Prozent.

Veränderungen seit 1951: 1951 waren noch 89 Prozent der Bevölkerung Mitglied der Römisch-katholischen Kirche. 2001 waren es 73,6 Prozent. 2021 lag der Wert bei 55,2 Prozent. Während die Zahl der Bevölkerung evangelischen und altkatholischen Glaubens in diesem Zeitraum ebenfalls beständig abnahm, gab es eine signifikante Zunahme bei Angehörigen der orthodoxen Kirchen sowie des Islam.

Bekannten sich 1971 gerade einmal 22.300 Personen (0,3 Prozent der Bevölkerung) zum islamischen Glauben, waren es 2021 um rund 720.000 Personen mehr.

Ähnlich erhöhte sich die Zahl der orthodoxen Gläubigen in Österreich allein in den vergangenen 20 Jahren von 179.500 im Jahr 2001 bis 2021 auf 436.700. Für die Orientalisch-orthodoxe Kirche wurden keine entsprechenden Daten genannt.

Der Anteil der Bevölkerung ohne Religionsbekenntnis ist ebenfalls stark gestiegen. 1951 betrug die Zahl der Konfessionslosen 264.000 (3,8 Prozent), 2001 waren es 963.300 (12 Prozent) und 2021 eben knapp 2 Millionen (22,4 Prozent).

Plastik-fressendes Enzym. Good News

„Stern“-Schnuppen

Hans Högl- Gute Nachrichten im Magazin „Stern“ (12.5.2022, S. 18)

1. Wissenschafter der Universität Texas haben ein Protein (Enzym) entwickelt, das Plastik frisst und zerfallen lässt.

2. In Norwegen nahm das erste vollelektrische Containerschiff den Testbetrieb auf. Das Schiff wird 2 Jahre auf kurzen Strecken unterwegs sein, mehr geben die Batterien noch nicht her. Trotzdem: revolutionär.

1945: Landkrimi und Wirren in Alpenfestung

Hans Högl. Buchrezension.
Günther Marchner (2022): Das Innere des Landes, Salzburg. (A. Pustet).

Am Rande des steirischen Salzkammergutes lebt der Verfasser, in einer Landschaft mit Namen „Hinter“-Berg. Doch er werkt beruflich in der Stadt. Diese Doppel-Bödigkeit durchströmt das Buch, das man nicht so schnell aus der Hand legt, es hat einen Krimi-Spannungsbogen und gleichzeitig erfahren wir von Schicksalen in den letzen Monaten des Zweiten Weltkrieges, von Nazi-Fluchten und -schätzen und dem bitteren Fall einer Erbgeschichte kleiner Leute.

Der Verfasser ist ein Ver-Führer. Erahnen die Leser:innen, dass er Fachhistoriker und Entwicklungsplaner ist? Flüssig, hintergründig und nicht unkritisch liest sich das Buch. Die gekonnt kurzen und verständlichen Sätzen fließen dahin, vertiefen quasi nebenbei Unbekanntes aus der Alpenfestung des Dritten Reiches. In der Erb- und Auswanderungsgeschichte bergen sich Wirren um 1945. Es ist eine Tief-Bohrung in diese prächtige Gegend mit einer Dreifaltigkeit von Bergen, Seen und Landschaft, doch anders als in „Sound of Music“.

Das Buch „Das Innere des Landes“ von Günther Marchner wurde kürzlich im Eike-Forum im Wolferlstall in Bad Mitterndorf mit Musikbegleitung von Toni Burger öffentlich präsentiert,und es wurde viel Interesse bekundet. Denn dem Autor gelingt es, in den Romankrimi geschickt Zeitgeschichtliches und Aktuelles eines reflektierenden Einheimischen einzuflechten.

Vordergründig haben wir eine spannende Story dazu, wie es einer Frau ergeht, die ein Haus erbt, das ursprünglich ihrem Mann gehörte, der in den letzen Kriegstagen 1945 stirbt. Dann trifft sie gerüchteweise das Wort Erbschleicherin… Sie wanderte nach Amerika aus, ihr Haus vermietet sie ohne Vertrag, und nach ihrem Tod sieht ihr Sohn John nach dem Rechten – bei einem Notar. Es blieb Einiges ungeklärt. Die Kriminalgeschichte hat eine doppelte Würze – das familiäre Drama und die einstürzende und sich neu eröffnende Welt um 1945.

Ein paar Texte zur Illustration:

Frau Gruber sitzt im Salettl und klärt John über Land und Leute auf. Sie: Ich bin hier aufgewachsen, aber eigentlich bin ich nicht von hier. Ich bin ländlich und zugleich städtisch, eine urbane Hexe. So lebe ich ..in einer Zwischenwelt. „Diese Gegend ist … eine merkwürdige Mischung aus bürgerlicher Urbanität und spielerischer Landromantik…“

Hier gibt es viel Eigensinniges, viele Spinner und Eigenbrötler, einen verbreiteten Widerstand gegen die unhinterfragte Übernahme alles Neuen (S. 43).

Ein Mann am Stammtisch meint: „In der Gegend wimmelt es von Historikern, akademischen, selbsternannten und volkstümlichen, Landschaftsverschönerern, Kritikern und Beschönigern, Aufdeckern und Zudeckern. Natürlich gibt es auch penible, wissenschaftlich geschulte Menschen mit kritischem Blick, die sich um mehr Transparenz zu den Leichen in den Kellern bemühen, lacht er.“ (S. 73)

Kriegslogik schlägt Friedenslogik

Ein heißer Krieg geht immer einher auch mit einem Informationskrieg, der sämtliche Friedensalternativen ausblendet. Kriegspropaganda betreiben alle Kriegsparteien. Besonders gut inszeniert sich dabei die Ukraine.

Udo Bachmair

Die regelmäßigen Auftritte des ukrainischen Präsidenten Selensky, einmal im Tarnanzug, jüngst festen Schrittes marschierend durch die Innenstadt von Kiew, einmal im Trainingsanzug vor einer großen ukrainischen Flagge, verfehlen ihre Wirkung nicht. Mit martialischen Worten appelliert er regelmäßig an den Westen, im Besonderen an die NATO, weitere schwere Waffen zu liefern. Die schon vor dem Angriffskrieg Russlands mit westlicher Hilfe aufgerüstete Ukraine kann auf weitere massive militärische Unterstützung hoffen. Ob das die Ukraine dem „Sieg“ näherbringt, bleibt fraglich.

Was den Informationskrieg betrifft, der jeden Krieg begleitet, ist aus westlicher Sicht, im Speziellen seitens der nahezu gleichgeschaltet wirkenden Medien, die moralische Siegerin klar ausgemacht: Es ist die Ukraine. Jenseits aller Objektivitätskriterien, die man sich als Medienkonsument gerade auch in der außenpolitischen Berichterstattung wünschen würde, dominiert klar einseitiger medialer Mainstream. Die Russen generell böse, die Ukrainer generell gut, so die Devise.

Vernebelt vom Schwarz/Weiß-Denken stellen westliche Medien Ergüsse ukrainischer Kriegspropaganda meist als Fakten dar, hingegen alles, was von russischer Seite kommt, als völlig unglaubwürdig und propagandistisch. Freilich ist es für journalistische Arbeit schwieriger denn je, auf seriöse Quellen zurückgreifen zu können, auch wenn ehrliche Absicht dazu besteht. Seriöse Quellen im Informationskrieg sind nämlich kaum zu orten. Aber es wäre zumindest wünschenswert, Quellen überhaupt anzugeben, was leider auch im ORF selten passiert.

Wenn ein Sprecher des rechtsradikalen Asow-Regiments etwa in der ZiB 1 auftritt, ohne dass eine interpretierende oder differenzierende Analyse dazu beigesteuert wird, ist dies unseriös. Oder wenn in TV-Diskussionsrunden ausschließlich Kriegs- und Militärlogik verbreitet wird, wie jüngst etwa in der ARD-Sendung „Hart, aber fair“, oder wenn in unausgewogen besetzten Diskussionsrunden wie etwa im ORF-Format „Im Zentrum“ antirussische Feindbildpflege dominiert, darf man sich nicht darüber wundern, dass Politik und Medien zunehmend an Glaubwürdigkeit einbüßen.

Was sollen die Menschen denn noch glauben, wenn Journalismus nicht mehr in der Lage zu sein scheint, zu differenzieren und die Interessenslage von allen Seiten eines Konflikts zu sehen und zu hinterfragen. Besonders krass tritt dieses Manko in einem so komplexen Fall wie dem Ukraine-Krieg zutage.

Dass es auch anders geht, beweist immer wieder der besonnene und sachorientierte ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz, der sich jenseits bloßer Kriegsrhetorik und wegen seiner nichtmartialischen und differenzierenden Analysen und Reportagen großes Lob verdient. Wehrschütz kann auf authentische Quellen vor Ort verweisen, die meisten Redaktionen westlicher Medien hingegen nicht, ihre Hauptquellen sind die großen US-nahen Agenturen, die nur eine Sicht der Welt repräsentieren. Auch das ORF-Büro in Moskau greift kaum auf andere Quellen zurück..

Schon Jahre vor dem Krieg haben westliche Medien und PolitikerInnen Russland beharrlich zu einem Feindbild mit aufgebaut. Dabei helfen einzelne Begriffe und Worte, wie sie auch in der sogenannten objektiven Nachrichtensprache verwendet werden. So fällt wahrscheinlich nur wenigen auf, dass Äußerungen von russischen Politikern durchgängig mit Prädikaten wie „behaupten“, „unterstellen“, etc. versehen werden. Wenn ein US- oder EU-Politiker eine Stellungnahme abgibt, lauten die Prädikate „betonen“, „bekräftigten“, „erklären“ etc. also positiv geladene Begriffe.

Abermals sei bekräftigt, dass ein Angriffskrieg im 21.Jahrhundert in Europa ein absolutes „No go“ sein sollte. Großmachtphantasien mit einem realen Krieg erzwingen zu wollen, ist menschenrechtlich und völkerrechtlich strikt abzulehnen. Krieg und Gewalt sind per se Verbrechen, besonders ein aggressiver militärischer Überfall. Das heißt aber nicht automatisch, dass nur der Aggressor Kriegsverbrechen begeht.

Die Ukraine sollte so rasch wie möglich friedliche Zustände erleben können. Doch beide Kriegsparteien bewegen sich nicht. Dies lässt vorerst keine Hoffnung auf eine Waffenruhe oder auf Friedensverhandlungen keimen. Das Heil ausschließlich in der Lieferung schwerer Waffen zu sehen, wie es etwa die EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen oder bedauerlicherweise auch die früher antimilitaristischen Grünen bevorzugen, lässt jedenfalls weiter Öl ins Feuer gießen.

Natürlich soll hier nicht einem naiven Pazifismus das Wort geredet werden, allerdings einer von Friedensethik getragenen aktiven Friedenspolitik. Eine Politik, die auch Kompromissen Raum gibt. Eine primitive und ebenfalls naive Kriegslogik lässt ein sehnlichst erwartetes Kriegsende in noch weitere Ferne rücken.

ARTE: Supertipps für den Mai

Ärger übers Fernsehen? Das Arte-Magazin bringt ein Monatsprogramm. In Trafiken erhältlich.

Hans Högl – ARTE Medientipps für Mai 2022.

Kaiser Augustus (mit seiner Frau). Geschichtsdoku Samstag 7.5. 20:15 bis 5.6 auf Mediathek

China-Porträt einer Weltmacht. Die neue Welt des Xi Jinping Arte Die 10.5 20.15 bis 30.5.
Pulverfass Pazifik: Chinas Aufstieg zur Seemacht 21.50 – auf Mediathek bis 5.11.

Die Blechtrommel. Literaturverfilmung. So 15.5. 20.15

Als Kronzeuge gegen die Cosa Nostra. Il Traditore. Ein historischer Gerichtsprozess.
So 22.5. 20.15 Mediathek bis 28.5.

Europas Kontinent im Aufbruch
ab Die 31.5. 20.15 Uhr Mediathek bis 23.5.2023. 6- teilige Serie

Gelingt es Europa, sich neu zu erfinden? Die Suche nach einer nachhaltigen Landwirtschaft, Energiewende, Transportwesen, Migration, Digitalisierung.

Zwei Leben für Europa. Stresemann und Aristide Briand. Geschichtsdoku. Die 31.5. 23.45 bis 28.8.

Der Mann in Schatten-Jean Monnet wurde zum Vordenker des geeinten Europas Die 31.5. 00.45 bis 29.6.

Am 30. Mai sind es 30 Jahre, dass ARTE zum ersten Mal 1992 auf Sendung ging – gegründet von Helmut Kohl und Francois Mitterand – als Ausdruck deutsch-französischer Freundschaft. Probeheft des Arte- Magazins zu erhalten unter Tel. +49 40 5555 78 00 oder E-Mail abo @ arte-magazin.de

Angstgefühle und Panik in der Moderne

Die fulminante Edvard-Munch Ausstellung in der Albertina in Wien genießt große Aufmerksamkeit, im Besonderen das Bild „Der Schrei“. Es symbolisiert Angst- und Panik- Lebensgefühle auch in der Moderne – ob es um Klimaangst, Corona oder den Ukraine-Krieg geht.

Hans H ö g l

Das Bild „Der Schrei“ ist ein Extremausdruck von Angst, Panik, Schrecken. Nicht ein bestimmter Mensch zeigt das Entsetzen, sondern einer für alle. Ein Bild, aus der Lebensangst von Munch geboren, nimmt uns in die Existenzangst des Künstlers hinein. Hier revoltiert Munch gegen den Naturalismus und Impressionismus, und das Bild „Der Schrei“ wird Ikone des Expressionismus- gestaltet 1893 und 1910 – ein Sinnbild unserer letzten Jahrhunderte mit schrecklichen Katastrophen und Ängsten und zwar auch in einer säkularen, aufgeklärten Welt, die nun seit mehreren hundert Jahren die Welt dominiert.

Wer sich z.B. nicht nur mit den Verbrechen des Nazismus, sondern auch mit denen in Russlands Vergangenheit befasst, wie ich kürzlich, findet die Brutalität und Menschenverachtung – schon am Ende der Französischen Revolution und imitiert von Lenin in der Russischen Revolution und die systematisch geplanten Hungersnöte in der Ukraine um 1930 schon beim Lesen (!) unerträglich.

Warum dies so war, danach fragt der frühere Maoist und französische Spitzenhistoriker Stéphane Courtois in dem im deutschsprachigen Raum kaum rezipierten, beziehungsweise verdrängten Werk „Die Verbrechen des Kommunismus“ p. 793-825 (1998 Piper). Und wie die Mannschaft um Putin heute in der Ukraine werkt, ist ebenso bedenklich wie die Brutalität des Westens – so im Irak und Chile und Vietnam usw., obgleich sich der Westen so gern scheinheilig auf individuelle Menschenrechte beruft.

Im „Schrei“ wird der Mensch Symbolfigur für das Sich-Verlieren des Einzelnen im Ganzen: Die Urangst der Gesellschaft am Beginn der Moderne.

Edvard Munch hat die Angstattacke beschrieben: Ich ging den Weg entlang mit zwei Freunden. Die Sonne ging unter. Der Himmel wurde plötzlich rot. Ich stand zitternd vor Angst. Und ich fühlte einen lauten, unendlichen Schrei durch die Natur. So beschreibt es Klaus Albrecht Schröder, Direktor der Albertina. Das Interview findet sich im Massenblatt der „Krone“.

Die Ausstellung über das Werk von Munch ist in Wien bis 19. Juni zu sehen – in chronologischer Reihenfolge – vor allem das Spätwerk. Es werden auch thematisch ähnliche Werke anderer Künstler gezeigt – so von Andy Warhol, Miriam Cahn und Peter Doig.

NB. Auffällig ist: Ich habe drei Medien-Rezensionen vor mir. Das Bild „Der stumme Schrei“ ist zwar abgebildet, doch nirgends findet sich ein Hinweis, dass dieses Bild selbst nicht in Wien ausgestellt wird. Auf Nachfrage erfahre ich, dass es nicht entliehen wird.

Freie Stellen für Lehrtätigkeit

Österreichweit freie Lehrerinnen- und Lehrerstellen für 2022/23 sind in der „Wiener Zeitung“ ausgeschrieben.

Hans Högl- Medientipp

Es lohnt der Hinweis, dass sich in der Ausgabe der „Wiener Zeitung“ vom 30,4.2022 folgende Beilage findet: die österreichweite Ausschreibung aller offen Stellen für diverse Lehrtätigkeiten an Bundes- wie privaten Schulen.

Diese Veröffentlichung erfolgt jedes Jahr um den 1. Mai. Sie betrifft die technisch-gewerblichen Lehranstalten (wie HTL), Bundesschulheime, die Lehranstalten für Tourismus, Sozialberufe und wirtschaftliche Berufe, die technisch-gewerblichen Zentralanstalten (so der Chemie) sowie das Bundesinstitut für Sozialpädagogik, die Höhere Graphische Bundeslehr- und Versuchsanstalt und die Konvikte und Schülerheime, die Handelsakademien und Handelsschulen und nicht zuletzt die Gymnasien vom Burgenland bis Vorarlberg.

EU auf Kriegslogik-Kurs

Nicht nur seitens Russlands, auch seitens der EU überwiegt Kriegsrhetorik. Mit tatkräftiger Medien-Unterstützung.

Udo Bachmair

Es ist ein Jammer. Kein Ende des Kriegs gegen die Ukraine ist absehbar. Kriegspropaganda auf beiden Seiten vernebeln den Blick auf höchst nötige Friedensinitiativen. Der Aggressor Russland verharrt in Starre. Aber auch seitens der „Friedensunion“ EU fehlen jegliche Signale, die auf Bemühungen zur Entspannung der Lage hindeuten könnten. Ganz im Gegenteil: Nach dem Vorbild der USA und der NATO mangelt es auch der EU an auch nur bescheidenen Versuchen, nicht weiter Öl ins Feuer zu gießen. So wird Kommissionspräsidentin von der Leyen nicht müde, täglich ihre Hasstiraden Richtung Moskau abzusetzen, sonst nichts. Damit werden noch mögliche letzte Reste einer Gesprächsbasis mit dem russischen Präsidenten restlos zunichte gemacht.

Kein einziges nichtmilitärisches Konzept der EU, kein einziger sinnvoller Vorschlag zur Konfliktbeilegung liegt vor. Was bleibt, ist die „Strategie“, die Ukraine weiter massiv aufzurüsten. Brandgefährlich.

Schwere Waffen, schwere Waffen, schwere Waffen, so lautet das Mantra Brüssels, das sehenden Auges eine weitere Eskalation in Kauf nimmt.

Die Enttäuschung über die Union wächst, die im Gegensatz etwa zur UNO ausschließlich in miliärischen Optionen und medial eifrig unterstützter Feindbildpflege ihr Heil sieht. Für alternative Lösungsansätze fehlen sowohl Phantasie wie auch Intellekt.

Enttäuschend auch, dass der bisher besonnene deutsche Kanzler Olaf Scholz nun doch dem Druck nachgegeben und grünes Licht für die Lieferung schwerer Waffen im Ukraine-Einsatz gegeben hat. Vergessen dabei wird, dass dies Russland als Kriegserklärung des Westens betrachten kann. Ganz abgesehen vom historisch sensiblen Aspekt der schweren Hypothek der NS-Vergangenheit, in der 20 Millionen russische Zivilisten Opfer der deutschen Wehrmacht wurden..

Die Vorgangsweise des Westens unter der kranken Logik „Schwere Waffen-Frieden schaffen“ sind jedenfalls als fahrlässiges und eskalierendes Unterfangen Deutschlands und der angeblich friedlichen EU einzuschätzen.

Ähnliche Sorgen umtreibt auch Fritz Edlinger, Herausgeber und Chefredakteur der renommierten Zeitschrift „International“ deren jüngste Ausgabe soeben erschienen ist. www.international.or.at

Für die Wiener Zeitung hat Edlinger zu r Causa folgenden Kommentar verfasst :

Alternativen zum „Sieg auf dem Schlachtfeld“ suchen

Fritz Edlinger

Die EU betrachten viele als höchst erfolgreiches Friedensprojekt. Dies bekräftigte auch 2012 die Verleihung des Friedensnobelpreises international. Ruft man sich die jüngsten Stellungnahmen führender EU-Vertreterinnen und -Vertreter in Erinnerung (Außenbeauftragter Josep Borrell: „Dieser Krieg wird auf dem Schlachtfeld gewonnen werden“), ist die EU allerdings auf dem besten Weg, Friedenspolitik neu zu definieren

Mit den massivsten jemals verhängten Wirtschaftssanktionen und -zig Milliarden Euro an Waffenhilfe soll der Sieg der Ukraine auf dem Schlachtfeld garantiert und der Aggressor Russland besiegt werden. Zögerliche Politiker wie der deutsche Kanzler, der sich offensichtlich noch an Willy Brandts Ostpolitik erinnern kann, werden von den Medien und auch den eigenen Koalitionspartnern heftig kritisiert. Man fühlt sich an „Die letzten Tage der Menschheit“ („Serbien muss sterbien!“, „A jeder Russ? An Schuss!“) erinnert. Auch die weitgehend gleichgeschaltete mediale Berichterstattung leistet ihren Beitrag zur verstärkt auf militärische Stärke ausgerichteten „Sicherheits“-Politik der EU.

In diesem Zusammenhang ist es sicher kein Zufall, dass in der europäischen Berichterstattung die pazifistische ukrainische Widerstandsbewegung so gut wie nirgends vorkommt. Sie passt einfach nicht ins militaristische Konzept der Proponenten der US/Nato-Sicherheitsdoktrin, die leider auch die politische Führung in Kiew teilt.

Aber es gibt Alternativen. Es ist keine Frage, dass die russische Invasion aufs Schärfste zu verurteilen ist. Trotz oder gerade wegen des Heldentums der ukrainischen Bevölkerung sowie der perfekten medialen Inszenierung des Präsidenten Wolodomyr Selenskyj und seiner mitunter recht anmaßend agierenden internationalen Vertreterinnen und Vertreter, vor allem aber angesichts der unvorstellbaren menschlichen und materiellen Opfer des ukrainischen Volkes sollte man doch den Mut aufbringen, die dominante bellizistische Logik infrage zu stellen.

Um gleich bei der Europäischen Union zu bleiben, so stünde es gerade dieser Friedensnobelpreisträgerin gut an, die jüngste Initiative von UN-Generalsekretär António Guterres in Richtung eines sofortigen humanitären Waffenstillstandes ohne Wenn und Aber zu unterstützen, gegebenenfalls sich sogar daran zu beteiligen. Ein gemeinsamer Besuch von Guterres mit EU-Ratspräsident Charles Michel in Kiew und Moskau wäre zweifellos sinnvoller als die zahllosen Solidaritätsbesuche von EU-Granden in Kiew und wenigen Sondierungstelefonate mit Moskau.

Es stünde auch dem immerwährend neutralen Österreich gut an, sich verstärkt an der Diskussion über Alternativen zum – bis zum endgültigen Sieg geführten – Krieg zu beteiligen. Und sich auch schon Gedanken über die Nachkriegsordnung zu machen. Noch besser wären konkrete friedensschaffende Maßnahmen. Zum Beispiel könnte man zumindest einen Teil der gigantischen Ausgaben für Waffen zur Planung des Wiederaufbaues verwenden, Österreich könnte etwa Geld und Personal für die konkrete Ausarbeitung eines zukünftigen Neutralitätskonzeptes anbieten. Es gäbe also genügend Möglichkeiten, mehr als weitere Waffen zu finanzieren.

Solschenizyn zur Ukraine

Ukraine darf sich von Russland lösen-so Solschenizyn 1990

Hans H ö g l – ein analytischer Kommentar

Ein Qualitäts-Blog erläutert Hintergründe: Es interessiert auch heute, was Alexander Solschenizyn, ein Kritiker der Sowjetunion, aber auch ein GROSS-RUSSISCH Denkender über den Freiheitswillen der Ukrainer dachte. Er hat vorsichtig erwogen, dass die Ukrainer sich von Mütterchen Russland lösen dürfen, wenn sie es denn wollen.

Solschenizyn verpasste den Sowjets im „Archipel Gulag“ tödliche Schlag-Zeilen, aber auch im Westen, wo er Jahrzehnte lebte, sah er neben Positiva eine Menge Kritisches.

Für Nachzügler und Nachbeter der Wohltaten der Sowjetunion Stalins ist Solschenizyn ein blutig-rotes Tuch. Man rühre nicht daran! Sein Name lässt kognitiven Dissonanzen ungeahnter Schärfe explodieren, so als hätte nie die fundamentale Abrechnung im „Livre noir du communisme“ („Schwarzbuch des Kommunismus“) 1997 in Paris geschrieben werden dürfen – deutsch auf 987 Seiten – eine der vielen Erklärungen dafür, warum die früher so dominante Linke in Frankreich ihre Revolution nicht mehr mit der russischen gleichsetzt. Lange haben Generationen von französischen Intellektuellen darum gerungen. Und Österreichs Linke scheint partiell im „cultural lag“ nach W.F. Ogburn zu verharren.

Doch nun zur Schrift „Russlands Weg aus der Krise“, verfasst von Solschenizyn 1990 – zu Beginn der Perestroika. Er stellt die konstante Frage, was denn nun Russland ist. Er sieht es in Gemeinschaft mit Weißrussland und der Ukraine. Das russische Volk nahm seinen Anfang in Kiew. Uns – mit den Kleinrussen (Ukrainern) und Weißrussen regierten dieselben Fürsten. Doch für ihn war 1990 „unumgänglich“, dass sich die drei baltischen Republiken, drei transkaukasische und mittelasiatische Republiken abspalten werden. Doch Russland verbleiben dann immer noch hundert nichtrussische Völker. Die Trennung von zwölf Republiken würde Russland frei machen für eine „kostbare innere Entwicklung“.

Dann schreibt der Autor: „Ich bin fast zur Hälfte Ukrainer“ und wuchs mit dem Klang der ukrainischen Sprache auf. Den Mythos des Kommunismus haben wir Russen wie Ukrainer in den Folterkammern der Tscheka seit 1917 am eigenen Leib gemeinsam verspürt. „Dieser selbe Mythos stieß die Ukraine in den gnadenlosen Hunger der Jahre 1932 und 1933. Wir haben gemeinsam die mit Knuten und Genickschüssen erzwungene Kollektivierung der Landwirtshaft durchlitten“. Doch ein grausame Teilung zwischen Russen und Ukrainern muss nicht sein. Wir sind Brüder. Diese Verbindung ist „unteilbar, aber kein Gemisch“. Und es darf keine gewaltsame Russifizierung und keine gewaltsame Ukrainisierung geben, und es braucht Schulen in beiden Sprachen. Und dann kommen schwerwiegende Sätze:

„Natürlich, wenn das ukrainische Volk sich tatsächlich abzutrennen wünscht, sollte niemand wagen, es mit Gewalt daran zu hindern“ (S. 16). Und er schreibt: „Jedes, auch das kleinste Volk, ist eine unwiederholbare Facette des göttlichen Plans.“ Und er fügt an: Der Philosoph Wladimir Solowjow legt das christliche Gebot so aus: „Liebe alle anderen Völker so wie dein eigenes“. Eine prägnante Formulierung zu der strittigen nationalen Frage und eine präzis wissenschaftlich fundierte Differenzierung von Nationalismus und Patriotismus, womit in Deutschland endlos gerungen wird.

Zurück zum „Archipel“, denn dieser berührt das historische Gedächtnis der Ukraine – auch als Getreidekammer. Eine kleine Szene, die Solschenizyn im „Archipel Gulag beschreibt, ist höchst irritierend. Unter den Sowjets mussten die Bauern die meisten Tage für Kolchosen arbeiten, hatten ein kleines Feld zur Selbstversorgung. Eine Szene: Der Bezirkssekretär kommt aufs Feld, die Bauern beim Pflügen anzutreiben, da fragt eine alter Muschik, ob der Sekretär nicht wisse, dass sie in den sieben Jahren Kolchos für ihr Tagewerk kein Gramm Getreide – nur Stroh und auch davon zu wenig bekommen hatten. Wegen dieser Frage bekommt der Alte „ASA“- dies kommt bereits antisowjetischer Agitation gleich -10 Jahre Gefängnis.

Nun wie ergeht es einem Muschiks mit sechs Kindern: Er schont sich nicht bei der Kolchosarbeit, hoffend, dass es was zu holen gäbe. Und wirklich – er bekommt einen Orden. Festliche Versammlung, feierliche Überreichung, viele Reden. Da läuft dem Muschik vor lauter Rührung das Herz über und sagt: „Ach, hätte ich doch statt eines Ordens einen Sack Mehl! Geht das nicht?“ Wölfisches Gelächter schlägt ihm entgegen, und es wandert der neue Ordensträger samt seinen sechs Mäulern in die Verbannung (Archipel Gulag -1974 Bern, S. 78 f.). In der Covid -19 Pandemie fiel manchmal angesichts unserer auch fehlerhaften Verwaltung das Wort „Diktatur“. Welch` lässig-unbedarftes Gerede!

Der Begriff „Schuld“ war in der proletarischen Revolution abgeschafft und zu Beginn der dreißiger Jahre als „rechter“ Opportunismus gesehen worden. – Der Schriftsteller J.I. Samjatin (1884-1937) übte mit seinem Roman „Wir“, eine Zukunftsvision des totalitären Staates, Einfluss auf Orwell und Huxley aus. – Schon im russischen Mittelalter wurden widerspenstige Untertanen auf die Solowezi-Inseln im Weißen Meer verbannt. Nach der Oktoberrevolution entstand hier das erste Zwangsarbeitslager.
Solschenizyns Material waren Eigenerfahrung von elf Jahren im Gulag, und er nützte Briefe von 227 Personen. Da macht es angesichts von aktuellen Medienberichten perplex auf Wikipedia Fotos von Begegnungen Putins mit Solschenizyn – vor seinem Tod (am 3. August 2008) zu finden.