Archiv der Kategorie: Medien und Bildung / Religion

Publikumsrat: Termine 2024

Es sei wieder einmal an den ORF-Publikumsrat erinnert, die Hörer- und Sehervertretung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die Sitzungen sind frei zugänglich.

Hans Högl

Damit das ORF-Publikum eine Mitsprache hat, wurde der Publikumsrat eingerichtet. Darin sind viele Organisationen Österreichs vertreten. Es lohnt eine Teilnahme an diesen Plenarsitzungen, um zu sehen und selbst zu erfahren, wie dies abläuft. Diese Sitzungen sind öffentlich zugänglich- leider nur im ORF-Zentrum auf dem Küniglberg (Wien 13). Der ORF lässt auch selber Studien durchführen, auch qualitative und ist gut über die Zugriffe informiert.

Abgesehen von Positiva, sollte auch negative Kritik zum Ausdruck kommen, allerdings schärfer als der Biss einer Weinbergschnecke, wie ein Beobachter der „Wiener Zeitung“ einmal schrieb. Wünschenswert wäre sicherlich, wenn es solche Sitzungen auch regional gäbe, z.B. in Salzburg und Graz. In der Schweiz ist eine regionale Verteilung Realität.

Sitzungstermine 2024
Donnerstag, 14. März 2024, 10.00 Uhr
Donnerstag, 6. Juni 2024, 10.00 Uhr
Donnerstag, 19. September 2024, 10.00 Uhr
Donnerstag, 21. November 2024, 10.00 Uhr

Reaktionen (sie sind meist leider überwiegend negativ) können auch an den ORF-Kundendienst gerichtet werden oder direkt an den Publikumsrat oder an kundendienst@orf.at oder Tel. 01 870 70-30 oder direkt an Journalisten/innen: vorname.familienname@orf.at

Mächtiger Medienkonzern

„Bertelsmann. Ein globales Medienimperium macht Politik“ lautet der Titel eines im Anders Verlag erschienenen Buches von Thomas Barth. Das Werk stammt zwar aus dem Jahr 2006, es erscheint aber nach wie vor aktuell.

Hans Högl

Ein treffliches Buch habe ich „ausgegraben“ und analysiert. Es bleibt höchst aktuell,obwohl 2006 publiziert. Es besticht durch eine klare parteipolitische Analyse, ist aktuell bis heute 2024, und zeigt Besitzverhältnisse deutscher Medien auf. Auch wer die latenten Ziele des Buches nicht teilt, es ist anzuerkennen, dass darin die öffentliche Argumentation zur Sozial-und Wirtschaftspolitik sehr pointiert zum Ausdruck kommt. (Mit Bundeskanzler Wolfgang Schüssels Diktum „Mehr Privat weniger Staat“ haben wir eine österreichische Parallele).

Das Buch ist Ergebnis eines dreitägigen Anti-Bertelsmann-Kongresses bereits 2005, an dem Widerstandsmöglichkeiten gegen den Bertelsmann-Verlag diskutiert wurden. Es nahmen teil: Gewerkschaften, NGOs wie Attac….Finanziert wurde er von der Rosa-Luxemburg-Stiftung und von Hamburgs Hochschulen. Der Tagungsband wurde mit Mitteln des Günther Anders Institutes für Medienethik und Technikphilosophie erstellt (Barth 6 f.). Mit anderen Worten: Das Buch hat eine eindeutige Linksperspektive. Ob die Linke alles defacto besser realisiert (oder nur einen klingenderen Diskurs führt), auch wenn Ziele wie soziale Gerechtigkeit moralisch gut und theoretisch sehr einleuchtend klingen, ist deren konkrete Umsetzung oft mehr als fraglich – man sehe doch bis heute die wirtschaftlichen Schwächen und den Jammer in den Transformation-Staaten Osteuropas und die „neue Klasse“ in damals realsozialistischen Ländern. Wirtschaft zu kritisieren ist eine Sache, sie erfolgreich zu führen eine andere. Das Beispiel Venezuela mit Sozialismus hat erschreckend negative Folgen für die Menschen. Auch der linke „Le Monde Diplomatique“ ist von Venezuelas linker Politik nicht überzeugt.

Doch nun zum inhaltlichen Kern des Buches. Der Bertelsmann Medienkonzern gehört zu den mächtigsten der Welt (hinter Time Warner, Disney, Viacom und Rupert Murdoch ). Unter Reinhard Mohr entwickelte sich der mittelständische Buchverlag zu einem internationalen Medienkonzern mit 600 Firmen und über 75.000 Beschäftigten weltweit, der in Märkten für Bücher, Zeitschriften, Musik und TV alle anderen deutschen und europäischen Medienunternehmen weit hinter sich ließ (37). Die Stiftung sichert die Kontinuität des Konzerns.

Zum Bertelsmann-Verlag (in Gütersloh) gehören ganz oder teilweise: die TV- und Radio Sender RTL-Gruppe, die Zeitschriften Gruner+Jahr (mit stern, Capital, Geo) , Brigitte, Gala; Verlag Random House; ferner Anteile von VOX-TV, Anteile von n-tv (3). Verflechtungen bestehen mit dem Spiegel und der ZEIT-Stiftung (also dem linksliberalen Mediensegment).

(Zum Axel-Springer Konzern gehören „Bild“, die „Welt“ und die „Berliner Zeitung“ (BZ). Zum Holtzbrinck- Konzern gehören DIE ZEIT, der „Südkurier“(mit Monopol für Bodenseeregion), die Lausitzer Rundschau, die Saarbrücker Zeitung. Von Essen kommt der WAZ-Konzern (der Anteile an der „Krone“ hält).

Die Bertelsmann-Stiftung ist der größte private Thinktank Deutschlands, beschäftigt 300 hochqualifizierte Mitarbeiter (36). Bertelsmann vertritt „neoliberale“ Lobgesänge auf den freien Markt: der Haushaltsnotstand droht, alle Bundesländer müssen Haushalt kürzen, Bürokratieabbau. Motto: Weg mit dem Staat, die Kassen sind leer. Es geht um den Sturmangriff auf den Sozialstaat, um Reduzierung der Lohn- u. Staatsquote. Der Sozialstaat soll ausbluten zu Gunsten von Steuersenkung. So soll Arbeitslosigkeit bekämpft werden (11). Die Erfolge von Keynes mit Schuldenmachen werden klein geredet. Bertelsmann Medien trommeln für Deregulierung, Privatisierung, Kommerzialisierung. Studiengebühren sollen eingeführt werden. Die „Initiative neue Soziale Marktwirtschaft“ stammt von der Arbeitgeberseite.(15). Die rot-grüne Regierung (Schröder) bewirkte in diesem Sinne Sozialabbau (Hartz IV).(15).

Auch Wikipedia bestätigt: Stimmen in den Medien (s.u.) sehen die Stiftung als wirtschaftsnahe PR-Initiative, ähnlich der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) oder der Stiftung Marktwirtschaft, insbesondere da personelle Verflechtungen mit der INSM bestehen. Zur Veröffentlichung ihrer Botschaften dienen ihr die zum Bertelsmann-Konzern gehörenden TV-Sender RTL und Vox und zahlreiche Zeitschriften von Gruner und Jahr. Auch am Spiegel und Financial Times Deutschland ist Bertelsmann beteiligt.

Interessant für Bürgerinitiativen ist eine Nebenbemerkung im zitierten Buch, dass der SPIEGEL eine Geringschätzung für demokratische Initiativen von unten (von Bürgerinitiativen) habe (27). Die Nichtbeteiligung an direkt überschaubaren kommunalpolitischen Entscheidungen werde geschwächt. Von Medien würden grundsätzlich Interna von Arbeitswelt vernachlässigt.

„Mein Kampf“ nicht beachtet

Es war vor mehr als hundert Jahren: Adolf Hitler übernahm 1920 die Führung der zur NSDAP umbenannten deutschen Arbeiterpartei.

Hans Högl

Beiträge der Vereinigung für Medienkultur sind sehr häufig auf Aktuelles gerichtet. So bleibt meiner Meinung nach Wichtiges oft unbeachtet. Darum sei eben im Februar 2024 an Februartage von 1920 erinnert, in denen Adolf Hitler die Führung einer damals wenig beachteten Partei (NSDAP) übernahm.

Und ein Buch aus dem Jahr 1925 des kaum bekannten Münchner Eher-Verlag stieß in der Öffentlichkeit auf wenig Interesse. Es war der erste Band von Hitlers „Mein Kampf“. Der Autor forderte darin einen „rassistisch gereinigten“ nationalistischen Führerstaat in Deutschland, propagierte einen fanatischen Antisemitismus und erhob Anspruch auf Raumgewinn im Osten Europas. Also: In dem Buch war bereits in Grundzügen Zukünftiges enthalten.

Und die Historikerin Dr. Martina Winkelhofer verweist in der oft missachteten „Kronen-Zeitung“ auf das Entstehen der nationalsozialistischen Partei in einem Münchner Bierkeller hin. Der mit Bildern dokumentierte Sonntags-Beitrag (16.2.2020) lautete „Vom Bierkeller in den Reichstag“.

Die Partei wurde durch ihn gefestigt. Sie war im florierenden rechtsextremen Milieu bestens vernetzt, stetig am Wachsen, vor allem aber: Ihr Aufstieg wurde von konservativen und militärischen Kreisen unterstützt. Warum – weil es nach der Niederschlagung der Räterepublik 1919 einen Rechtsruck in Bayern gab. Die Angst vor einer weiteren „bolschewistischen Schreckensherrschaft“ war so groß, dass die bürgerliche Mitte nach rechts schwenkte.

Mein primäres Anliegen im Sinne der Medienkultur: Das schicksalshafte Buch „Mein Kampf“ wurde anfangs fast nicht beachtet.

Kritik an Punkt Eins

Es ist gut, dass es Punkt Eins gibt, eine ORF-Sendereihe, die immer wieder Lob verdient, nicht jedoch die jüngste Ausgabe zum Jahrestag der russischen Invasion in der Ukraine.

Udo Bachmair

Der renommierte ORF-Kultur- und Informationssender Ö1 ist dieses Mal in seiner Sendung „Punkt Eins“ seinem insgesamt zu Recht guten Ruf nicht gerecht geworden. Die komplexe Causa Ukrainekrieg ist vom eingeladenen „angeblichen“ (O-Ton eines Hörers) Experten Alexander Dubowy mit dem in den Leitmedien üblichen rein westlichen Narrativ abgehandelt worden.

Jede andere, jede differenzierende Sicht wird der Einfachheit halber mit dem Vorwurf abgetan, sie sei genährt von russischer Propaganda bzw. russischer Desinformation. Dass jeder Krieg auch ein informationskrieg ist und demnach beide Kriegsparteien Propaganda betreiben, scheint neben dem Experten auch Moderator Philipp Blom nicht bewusst zu sein.

Anders ist es nicht zu erklären, dass Blom als Moderator seine Rolle insofern missbraucht hat, als er seiner persönlichen Meinung mit längeren Stellungnahmen Ausdruck gegeben und statt kritischem Nachfragen an den Studiogast das westliche Narrativ uneingeschränkt bedient hat.

Hörer, die die Einseitigkeit der Sendung kritisiert haben, sind mit dem Trick des ständigen Dazwischenfragens und Dagegenhaltens am Ausführen ihrer Gegenpositionen immer wieder unterbrochen worden. Kein freundlicher Dienst am Kunden sowie kein Vorbild, auch andere Meinungen ungehindert zu Wort kommen zu lassen.

Die Sendung brachte für politisch Interessierte und wache BürgerInnen jedenfalls keinen Erkenntnisgewinn. Außer, dass sich auch Ö1 (in der erwähnten Sendung) vor den Karren westlicher Aufrüstungspropaganda und plump antirussischer Polemik spannen hat lassen. Schade. Eine Chance ist vertan worden, eine komplexe Causa einigermaßen sachlich und differenziert zu betrachten.

Fünf gute Nachrichten

Hans Högl bringt überraschende Botschaften vom Blog „Perspective Daily“

Ein neuer Sensor kann Schadstoffe in Lebensmitteln aufdecken.

Britische Großbank will den Geldhahn für Öl- und Gasprojekte zudrehen; bisher war sie in Europa der größte Kreditgeber für fossile Brennstoffe.

Verheiratete Frauen in der Türkei dürfen nun ihren eigenen Nachnamen behalten. Was in Deutschland längst normal ist, ist nun da zu Ende.

China lässt Kohlekraftwerke immer länger stillstehen. Ist das eine Abwärtsspirale der fossilen Energieträger?

Eine neue KI hilft psychisch Kranken bei der Vermittlung der richtigen Behandlung.Eine neue Studie zieht ein erstes, positives Fazit.

Die Welt retten

„Und jetzt retten w i r die Welt!“. So lautet der Titel eines im Verlag Kosmos erschienenen Buches von Ilona Koglin und Marek Rohde. Ein Buchtipp von

Hans Högl

Es geht um ökologischen Wandel, sozialen Wandel und personalen Wandel und darum, etwas gemeinsam zu bewegen. Motto: Verändere, was Dir wichtig ist und gehe Schritt für Schritt voran.

Dieses Buch ist für alle, die sich als Einzelne oder in einer Gruppe (z.B. NGO) engagieren wollen und nicht nur zusehen. Der Inhalt gliedert sich in sechs sehr klar geschiedene Bereiche: Dich, Dein Haus, Deine Straße, Deine Stadt, Dein Land, die Welt. Zum Nachschlagen hilft das gute Register. Und es werden Begründungen und 70 Anleitungen gegeben, um Schritt für Schritt zu handeln.

Mich hat die überaus große Klarheit (auch im Optischen) sehr beeindruckt, ferner die Lebensnähe und die jeweilige Begründung für spezielle Aktionen. Ein Buch – mit enormer Sorgfalt erstellt. Ich fand es in der Wiener Städtischen Bücherei.

Auch die Partizipation in der Demokratie ist ein Anliegen der Autoren. Durch welche Medien bilden wir uns eine Meinung? Die Antwort – noch immer 39 % über TV (also jede/r 4. von zehn Personen), 21 % durch Tageszeitungen, 20,6 % durch Internet und 19,7 % durch Radio und (also rund jede/r 5. durch Tageszeitungen/Internet und Radio), während der Einfluss der Zeitschriften nur 2,8 % ausmacht (also bei rund jedem/r 25.).

In politischen Debatten überzeugen weniger Fakten, sondern der gedankliche Deutungsrahmen (frames). Z.B. erweckt das Wort „Hammer“ Vorstellungen wie Nagel, Holz, Schlagen. Dies trifft auch für politische Sprache zu.

Es werden im Buch Vereine angeführt, um sich für Volksbegehren einzusetzen. Die Autoren empfehlen, bei Abgeordneten nachzufragen (abgeordneten-watch.de ) oder Petitionen einzubringen (epetitionen.bundestag.de). Dies wäre auf die Situation Österreichs anzuwenden.

Interessant ist der Tipp „Medienwechsel“: Steig eine Woche lang auf ein anderes Medium um, und analysiere Unterschiede und Intentionen. Der Tipp Quellentausch besagt: Wenn Du die taz liest, dann lies doch mal die FAZ (Frankfurter Allgemeine).

Dann gibt es bekannte Hinweise wie, Leserbriefe zu verfassen oder Fragestunden zu organisieren. – Im „Book Crossing“ setzten Menschen Bücher anonym aus, damit andere Menschen sie finden. Sie etikettieren die Bücher und besprechen sie (www.bookcrossing.de).

Vorbildliches ORF-Weltjournal

Der im jüngsten Weltjournal-Spezial des ORF gezeigte US-Beitrag zu „Netanjahu, die USA und der Weg in den Gaza-Krieg“ ließ betreffend Objektivität, Detailgenauigkeit und Engagement kaum Wünsche offen.

Wolfgang Koppler *

Die erwähnte Sendung zeigt, was Journalismus sein könnte und wie weit wir in Österreich und Deutschland davon entfernt sind.

In etwas weniger als anderthalb Stunden wurden die Geschichte des Gaza-Konflikts und die Ursachen des gegenwärtigen grauenhaften Krieges ebenso wie die diesbezüglich oft problematische Haltung der USA verständlich, differenziert und einfühlsam geschildert. Er beschäftigte sich vor allem mit dem Aufstieg und letztlich dem Scheitern Benjamin Netanjahus, der das Osloer Abkommen und eine Zweistaatenlösung von Anfang an ablehnte und an Stelle einer Kooperation mit den Palästinensern auf militärische Stärke und Scheinsicherheit setzte. Und letztlich zum Getriebenen statt zum Akteur wurde.

Mit diesem Konzept versuchte er schon Rabin zu desavouieren, dessen Friedensbemühungen er als schädlich für Israel ansah. Rabins Ermordung kostete ihn vorübergehend die Gunst der Wähler. Erst Hamas-Attentate brachten Bibi wieder Popularität. 1996 wurde er erstmals Regierungschef und später Minister in Sharons Kabinett, aus dem er austrat, als dieser die israelische Armee aus dem Gazastreifen zurückzog und diesen abriegelte.

Sharons Fall ins Koma machte dann den Weg frei für Netanjahus neuerlichen Aufstieg an die Regierungsspitze. Angriffe aus dem Gazastreifen beantwortete er regelmäßig mit Luftangriffen und Militäraktionen („Rasenmähen“). Seine Siedlungspolitik wurde zwar von den US-Präsidenten Clinton, Bush und erst recht Obama kritisiert, aber nie wirklich behindert. Bis dann Trump die amerikanische Botschaft nach Jerusalem verlegte und den Likud-Hardliner auch noch beim Siedlungsbau ermutigte.

Der Beitrag zeigt interessante Interviews mit Vertretern der Palästinenser, kritischen israelischen Journalisten ebenso wie etwa mit Trumps US-Botschafter in Jerusalem. Der bis heute ebenso wenig vom Nahostkonflikt und dem Palästinenserproblem zu verstehen scheint wie sein ehemaliger Chef Trump, der meinte, mit einigen Milliardeninvestitionen im Westjordanland die Palästinenser befriedigen zu können.

Ein Beitrag, aus dem nicht nur amerikanische, sondern vielleicht auch Brüsseler Politiker etwas lernen könnten. Trotz oder gerade unserer historischen Verantwortung wegen. Vor allem, wie sich Emotionen einerseits und selbstgefällige Empathielosigkeit mit den Betroffenen anderseits auf beiden Seiten zu einem gefährlichen Gebräu entwickeln können. Vor allem, wenn man dabei vernünftige Interessenabwägung und Selbstbescheidung aus dem Augen verliert. Auch im Ukrainekrieg.

Sehenswert. Auch für Journalisten. www.tvthek.orf.at/profile/Weltjournal/1328

*Gastautor Mag. Wolfgang Koppler lebt als Journalist und Jurist in Wien

Propaganda für NATO-Beitritt

Zunehmend versuchen Befürworter eines NATO-Beitritts Österreichs an Einfluss zu gewinnen. Sie stellen die Neutralität als nutzlos und überholt dar.

Udo Bachmair

In Politik und Medien dominieren immer auffälliger Kriegshysterie, Verbreitung von Kriegsangst sowie die offensichtlich gewordene Selbstverständlichkeit einer immer hemmungsloseren Aufrüstung. Damit wachsen Tendenzen auch einer Militarisierung von Sprache, die Politik und Medien mehr und mehr durchfluten. Immer öfter ist von Krieg als alternativloser Notwendigkeit die Rede. Von Frieden, von Waffenstillstand, von Bemühungen zugunsten diplomatischer Konfliktbeilegung ist hingegen wenig bis gar nichts zu hören und zu lesen.

Bekanntlich beklagt die Spitze des Verteidigungsministeriums, dass Österreich und dessen Bundesheer nicht „kriegstauglich“ seien. Ein Begriff, der im Übrigen per se gegen den Geist der Neutralität verstößt. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund wird wie jüngst in diversen Tageszeitungen wie dem Kurier und dem Standard verblüffend offen der Wunsch nach einem Beitritt Österreichs zur US-dominierten NATO geäußert. Die einen bemühen das Schimpfwort „Trittbrettfahrer“ für Österreich als neutralen Staat, andere wiederum lehnen die Neutralität als „gefährliche Folklore“ ab.

Dabei gibt es genug gute Gründe, an der Neutralität festzuhalten. So hat jüngst die „Initiative Engagierte Neutralität“ den Mehrwert der Neutralität abermals bekräftigt. Demnach verringert Neutralität das Risiko, in einen Krieg hineingezogen zu werden. Zudem könne ein neutraler Staat im Rahmen der Diplomatie sowie durch den Einsatz von Friedenstruppen, wie Österreich gezeigt hat, wichtige Beiträge für den internationalen Frieden leisten.

Das Engagement neutraler Staaten bedeutet für die Initiative aber „kein Abseitsstehen“, sondern bei Völkerrechtsverletzungen klar und eigenständig Stellung zu beziehen. Eine engagierte Neutralitätspolitik wäre laut dem Politologen und Sicherheitsexperten Heinz Gärtner eine „sehr gute Sicherheitsgarantie, wenn sie auf verschiedensten Ebenen glaubwürdig und nützlich ist“.

Ein NATO-Beitritt Österreichs würde der mittlerweile weitgehend isolierten und undiplomatisch einseitigen österreichischen Außenpolitik (Stichworte dazu Ukraine und Gaza) auch noch die letzten Möglichkeiten nehmen, friedenspolitische Aktivitäten zu setzen. Österreich als glaubwürdiger Mediator in Kriegs- und Konfliktsituationen hätte damit endgültig ausgedient. Ganz im Gegensatz zu Zeiten Bruno Kreiskys.

Werbeverbot für die SRG ?

Experten würden statt einer Halbierung der Gebühren ein Werbe­verbot beim schweizerischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk SRG begrüßen.

Hans Högl

Eine Diskussion in der Schweiz über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sei bei uns in Österreich nicht ganz verschwiegen. Die Quelle dafür: Ein Bericht im Zürcher Tages-Anzeiger vom 6.2.24.

Die Eidgenössische Medienkommission (Emek) hält sowohl die Halbierungsinitiative der SVP (Schweizer Volkspartei), die zum Ziel hat, die SRG-Gebühren drastisch zu senken, als auch das Gegenkonzept des Bundesrats zur Senkung der Radio- und TV-Gebühren für «untauglich». Sie plädiert dafür, die mediale Grundversorgung grundsätzlich neu aufzustellen.

Sowohl die SVP-Volksinitiative «200 Franken sind genug! (SRG-Initiative)» als auch der Vorschlag des Bundesrats, die Gebühren von 335 auf 300 Franken pro Haushalt zu senken, würden den Service public «um den Preis teils drastischer Programmkürzungen» schwächen, schrieb die Emek am Dienstag in einer Mitteilung. Insbesondere die Information in den Randgebieten sei dadurch gefährdet.

Für eine «stabile, zuverlässige und ausreichende» öffentliche Finanzierung. Stattdessen müsse die mediale Grundversorgung grundlegend neu gedacht werden. Auch bei der Finanzierung braucht es laut der Emek einen Systemwechsel. Die öffentlich-rechtlichen Medien sollten demnach künftig auf Werbeeinnahmen verzichten und stattdessen eine «stabile, zuverlässige und ausreichende» öffentliche Finanzierung erhalten.

Die Emek ist eine vom Bundesrat eingesetzte, unabhängige und außerparlamentarische Expertenkommission. Sie berät die Behörden in Medienfragen und leistet einen Beitrag zu Lösungen für die zukünftige Gestaltung des schweizerischen Mediensystems.

Implantate im Gehirn

Alter Hut als Horror-G`schicht

Hans Högl

Leute, die mich kennen, sehen mich quasi mit einer Zeitung in der Hand. Ja – daran ist vieles richtig. Es kann aber auch ein Buch sein. Mein Leben war kurven- und kontrastreich. Als zehnjähriger Bub lief ich zum Nachbarn, las dort ein volksnahes Tagblatt oder hörte den legendären Fußballreporter Edi Finger. Daheim konnte ich das nicht. Im kirchlichen Internat waren Medien kein Thema, höchstens so nebenbei negativ konnotiert. Es war 1961 – ein Jahr vor der Matura am altsprachlichen Gymnasium, dass wir zehn Minuten Radio-Kurznachrichten – gegen Ende einer Nachmittags- Studierzeit hören durften oder sollten. Wer Vorereignisse nicht kannte, vermochte anfangs die Nachrichten nicht einzuordnen. Ich erahnte bald die Macht der Medien, ihren Einfluss auf Menschen. So verwundert nicht mein Entschluss, die Welt des Heute gut zu verstehen und Soziologie und Publizistik zu studieren – nach der durchaus weltoffenen Theologie um 1965.

Hier verfasse ich vorsichtig einen Text – doch ich stehe dazu – als Mitglied in Publizisten-Verbänden. Vorausgeschickt – ich reihe mich nicht in die Medienschelte ein – manch` Gebildete verachten sie. Doch es gibt sie – hervorragende Medienangebote! Es gilt zu wählen – in der Überfülle.

Zum Kern der Sache: ich bin „baff“, Infos in einer Zeitschrift von Jahr 2021 zu entdecken, die vor kurzem 2024 als (verdeckte) Horrormeldung verkauft wurde: Implantate im Gehirn. Eine Horror-G`schicht für alle. Man suche nur die Einträge im Google. Doch manche Medienberichte lesen sich scheinbar nüchtern, bewirken aber wissentlich heftige Reaktionen. Siehe einen Leserkommentar im Wiener „Standard“: „Wenn man die Kommentare hier so liest – die standard‘ sche Gehirnwäsche mit bisherigen Anti-Elon-Musk Artikeln funktioniert, dazu brauchte es nicht mal einen Chip.“

Journalismus kann mit Wissenschaft nicht mithalten; doch im Blog der „Medienkultur“ sei nicht unerwähnt, dass über Gehirnimplantate b e r e i t s vor drei Jahren in verständlicher Sprache in der zu wenig verbreiteten Zeitschrift „Bild der Wissenschaft“- im Juli 2021- ausführlich auf den Seiten 86-93 zu lesen war, und hintergründige Sachverhalte und Lebenschancen erklärt und Bedenken formuliert wurden. Zur Ehrenrettung sei gesagt: Der deutsche „Focus“ und öffentliche Rundfunkanstalten berichteten anlassbezogen kurz und relativ sachlich darüber. Doch dies alles erinnert mich an eine Bemerkung eines Stadt-Soziologen, dass Medien hinterherhinken. Wie in diesem Fall.