Drohnen, wie nun eine über dem Schwarzen Meer abgestürzt ist, spielen eine wichtige Rolle für die Beobachtungen von Truppenbewegungen. Für Kiew sind die US-Informationen von entscheidender Bedeutung.
Es ist anzunehmen, dass die US-Geheimdienste genau informiert sind, was im Krieg in der Ukraine passiert. So warnte Washington bereits im Dezember 2021 vor einem unmittelbar bevorstehenden russischen Angriff auf die Ukraine. Daran wollte damals kaum jemand wirklich glauben – selbst in Kiew waren die Zweifel gross.
Im Nachhinein stellten sich die Prognosen der US-Dienste als zutreffend heraus. Sie waren sogar so präzise und detailliert, dass einzelne geplante Operationen der russischen Streitkräfte genau vorhergesagt werden konnten, was mit dazu beitrug, dass die russische Invasion in der Ukraine an vielen Orten so kläglich scheiterte. So wurden gleich zu Beginn des Krieges mehrere Flugzeuge mit Fallschirmjägern, russischen Elitetruppen, an der Landung gehindert und einige sogar abgeschossen. Auch spätere Erfolge der ukrainischen Armee, wie gezielte Angriffe auf russische Generäle und die Versenkung des russischen Flaggschiffs Moskwa im April 2022, gehen wahrscheinlich auf die Hilfe amerikanischer Geheimdienste zurück, auch wenn das in vielen Fällen nicht mit Sicherheit gesagt werden kann. Vgl. Tagesanzeiger Zürich 15.3.23
Ein bezeichnendes Licht auf die Qualität unseres „Qualitätsjournalismus“ wirft die derzeitige Diskussion zur „sicherheitspolitischen Neuorientierung“ unseres Landes, in Wirklichkeit nichts anderes als die Forderung nach Abschied von der Neutralität und NATO-Beitritt. Denn selbstverständlich würde es nicht bei einer Bündnisfreiheit bleiben.
Wolfgang Koppler
Da wird die Moralkeule geschwungen, wie etwa im Standard und der ZiB2 des ORF und beklagt, dass „bei dem schon ein Jahr währenden Blutbad“ in der Ukraine (die zugegebenermaßen ungeschickt argumentierende) EU-Ministerin Edtstadler immer noch einen „offenen Diskurs“ verweigern würde (Standard). Und geradezu empört gefragt, was wäre, wenn alle neutral wären (Armin Wolf). Als ob ein NATO-Beitritt Österreichs irgendetwas an dem dortigen Gemetzel ändern würde, außer die innen- und außenpolitischen Spannungen zu verschärfen. Und als ob die derzeitige Eskalation noch nicht genug wäre. Oder die Bettelbesuche von Erdogan-Versteher Stoltenberg in Ankara.
Und zum Überdruss wird das sattsam bekannte Trittbrettfahrer-„Argument“ strapaziert, was im Ergebnis nichts anderes heißt, als dass sich unsere Politiker am Interesse der NATO orientieren sollten, das lästige Loch in deren Aufmarschgebiet zu schließen. Statt am Interesse ihres Landes. Denn ein sicherheitspolitischer Mehrwert für Österreich ist nicht ersichtlich. Nicht einmal das Bundesheer kann einen solchen Mehrwert wirklich darlegen, sondern gibt teilweise sogar offen zu, dass man um das Heeresbudget in den nächsten Jahren fürchtet, wenn die Diskussion abflaut. Die Konsequenzen eines nicht mehr rückgängig zu machenden NATO-Beitritts unter der Defacto-Führungsmacht USA (unter Präsidenten wie Bush und Trump) werden überhaupt ausgeklammert.
Und dann gibt es noch die völkerrechtliche Seite der Angelegenheit. Da wird zwar jeden Tag hundert Mal auf die Völkerrechtswidrigkeit des russischen Angriffskriegs verwiesen. Geht es aber um Österreichs Neutralität, ist das Völkerrecht schlichtweg „Blunzn“. Der einzige Journalist, der auf die völkerrechtliche Seite der Angelegenheit verwiesen hat, ist der Boulevardjournalist Richard Schmitt. Eine Schande für den so genannten Qualitätsjournalismus (ganz unabhängig davon, welche Auffassung man vertritt).
Und als Jurist darf ich vermerken: Er hat Recht. Die Notifikationstheorie gilt nach wie vor. Unsere Neutralität wurde sämtlichen Staaten notifiziert, mit der Möglichkeit zum Widerspruch. Schon die Aushöhlung der Neutralität im Zuge des EU-Beitritts und die Novellierung des Art 23 f BVG (Petersberg-Maßnahmen) war im Prinzip völkerrechtswidrig, wie auch eine sehr interessante Arbeit einer Grazer Juristin aus dem Jahr 2011 beweist.* Die Beendigung der Neutralität oder gar der Beitritt zu einem Militärbündnis wäre es umso mehr. Und der bekannte Einwand, dass uns die Neutralität aufgezwungen worden wäre, müsste eigentlich dazu führen, dass ein Großteil der völkerrechtlichen Vereinbarungen null und nichtig wäre, da sich nur selten zwei gleichmächtige Vertragspartner gegenüberstehen. Da könnte man zahlreiche Kriege wieder aufflammen lassen.
Lässt die Regierung nach der Wiener Zeitung nun auch das hervorragende ORF-Radiosinfonieorchester (RSO) im Stich ?
Udo Bachmair
Roland Weißmann, seines Zeichens Generaldirektor des größten heimischen Medienkonzerns, musste kürzlich zum Rapport. ÖVP-Medienministerin Susanne Raab machte ihm dabei unmissverständlich klar, dass der ORF weitere hunderte Millionen einsparen müsse. Für manche auch bisher durchaus erfolgreiche Bereiche des Unternehmens eine Existenzfrage.
So drohen personelle Einschnitte u.a. auch in den so wichtigen TV- und Radioinformationsbereichen des ORF, nicht zuletzt auch programmliche Einschränkungen im bewährten Kultur- und Informationssender Ö 1.
Gilt das Ende des ORF-TV-Sport-Kanals als bereits fix, wofür sich angesichts des extrem ausufernden Sportbudgets durchaus Verständnis aufbringen lässt, so besteht noch geringe Hoffnung, dass das renommierte ORF-Sinfonieorchester eine Überlebenschance erhält. Doch die Frage bleibt vorerst offen, ob dem RSO ein Schicksal der Wiener Zeitung erspart bleibt. Das wäre für die Kulturnation Österreich wohl eine erbärmlich kleingeistige Entwicklung, sind sich empörte Kultur- und MedienbeobachterInnen einig.
Der Kultur- und Musikbereich ist bzw. war traditionell eher grünaffin. Dies dürfte spätestens nach der unermüdlichen Beharrlichkeit der grünen Mediensprecherin Eva Blimlinger, die mittlerweile als Kultobjekt geltende Wiener Zeitung bedenkenlos fallen zu lassen, nur mehr eingeschränkt der Fall sein. Sollten die Grünen sich auch in der Causa RSO zurückhaltend zeigen, würde dies in der Kultur- und Medienbranche auf höchstes Unverständnis stoßen.
Die grüne Mediensprecherin Blimlinger dürfte jedoch in Sachen RSO mittlerweile eines Besseren belehrt worden sein. In einigen Medien wird sie heute mit dem Satz zitiert: “ Das Radiosinfonieorchester ist für den Kulturstandort Österreich unersetzbar“. Hoffnung keimt also auf für den hervorragenden Klangkörper.
Jetzt gilt es „nur“ noch, den großen Koalitionspartner zu überzeugen und nicht zuletzt auch ORF-Generaldirektor Roland Weißmann. Diesem scheint bis dato nicht bewusst zu sein, dass er mit dem RSO auch einen nicht unwesentlichen Teil des öffentlich-rechtlichen Kulturauftrags des ORF opfern würde. Ihm wäre mehr Selbstbewusstsein gegenüber den Regierungsparteien zu wünschen.
Jedenfalls läuft der Countdown für die Entscheidung über das ORF-Orchester: Am 23. März will bzw. muss der ÖVP-dominierte ORF-Stiftungsrat die geforderten Sparmaßnahmen absegnen.
Eine Petition für den Erhalt des RSO können Sie über folgenden Link unterzeichnen :
Der Angriff Russlands auf die Ukraine jährt sich nun das erste Mal. Anlass für militärische Durchhalteparolen nahezu aller Medien zugunsten eines ukrainischen Sieges auf dem Schlachtfeld. Befürworter von Verhandlungslösungen kommen hingegen nur eingeschränkt zu Wort, wie etwa in der jüngsten ORF-Sendung Im Zentrum.
Wolfgang Koppler *
Jahrestage sind manchmal schon gefährlich, wenn sie an Vergangenes erinnern. Emotionen werden aufgewühlt, Positionen verhärten sich und statt ehrlicher und sachlicher Aufarbeitung kommt es nur zur großen Keilerei – zumindest verbal. Lernprozesse bleiben dabei regelmäßig auf der Strecke.
Gerade deshalb wollte ich mir die Diskussion zu diesem traurigen „Jubiläum“ bei „ORF-Im Zentrum“ eigentlich nicht mehr ansehen. Noch dazu, wenn drei eindeutig festgelegte Diskussionsteilnehmer (der ukrainische Botschafter in Wien, eine polnische EU-Abgeordnete, Oberst Reisner vom Bundesheer) – von der Moderatorin meist noch mit entsprechenden Fragen unterstützt – nur zwei Verhandlungsbefürwortern (der linken Abgeordneten Demirel und dem Journalisten Seipel) gegenüberstanden, die man des Öfteren nicht einmal ausreden ließ.
An Argumenten zunächst nicht allzu viel Neues. Botschafter Khymynets vertrat natürlich die Position der ukrainischen Führung: Verhandlungen erst bei vollständigem Abzug der russischen Armee. Schadensersatz durch Russland und Verfolgung der russischen Kriegsverbrechen. Das Land, das sich verteidige, habe Recht auf jede Hilfe. Würde die Ukraine mehr Hilfe bekommen, könnten weitere Gebiete befreit werden. Ähnlich die polnische EU-Abgeordnete Thun. Sie sprach im Wesentlichen davon, dass man auf die Ukrainer hören und sie bedingungslos unterstützen müsse.
Die linke EU-Mandatarin Demirel bestritt natürlich nicht, dass es sich um einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg handle, verwies aber auch auf völkerrechtswidrige Angriffe der NATO und vor allem auf die Auswirkungen des Krieges, die weit über die Ukraine hinausgingen. Im Übrigen hätte selbst die Ukraine in den ersten Kriegsmonaten verhandelt. Sie verglich – durchaus treffend – die Stimmungslage mit jener vor dem ersten Weltkriegs. Auch damals glaubten alle an den gerechten Krieg. Wer`s nicht glaubt, möge bei Stefan Zweig und Karl Kraus nachlesen.
Der Journalist und Dokumentarfilmer Seipel meinte, man sollte sich trotz des Krieges immer noch die Gründe auch der anderen Partei ansehen. Im Übrigen würde man derzeit Notlieferungen statt Verhandlungen betreiben, sodass wohl Letztere sinnvoller seien.
Oberst Reisner vertrat natürlich die Position des Westens bzw. jene von NATO und EU, aber einige Äußerungen ließen doch aufhorchen: So schimmerte durch, dass die Positionen Russlands vor dem Krieg (auf die Seipel Bezug nahm) nicht völlig unverständlich waren, wenn er meinte, dass „Russland auch anders als mit einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg hätte reagieren können“. Russland hätte der Ukraine nun einen Abnützungskrieg aufgezwungen und es bestehe die Gefahr, dass die Unterstützungsbereitschaft des Westens nachlasse. Was Verhandlungen betrifft, so wolle Russland jetzt nicht verhandeln, das sei „vielleicht im März noch so gewesen, aber jetzt nicht mehr“ (Seltsam: Major Feichtinger hat die damaligen Verhandlungsergebnisse vor einigen Tagen in der ZiB2 noch als Friedensdiktat bezeichnet).
Die Moderatorin Claudia Reiterer sprach schließlich von einer verminten Diskussion (was angesichts der Forderung nach Streuminen und deren fürchterlichen Auswirkungen etwas deplatziert wirkte), verwies aber dann doch auf die Politologin Ursula Schröder: Weg von der Dichotomie. Entkoppelung der Diskussion über Waffenlieferungen von jener über Verhandlungen. Waffenlieferungen ohne Verhandlungen machen wenig Sinn.
Es muss ja kein entweder oder sein. Hat wirklich jemand in den letzten Monaten ernsthaft mit den Russen verhandelt? Mit Putin und Selenskyj Tacheles geredet? Wenigstens im Hintergrund? Glaubt jemand ernsthaft angesichts des militärischen und wirtschaftlichen Potentials des Westens und der in den Medien genügend aufgeheizten Kriegsstimmung an ein „Im Stich-Lassen“ der Ukraine? Ist nicht eine Eskalation viel wahrscheinlicher?
Vielleicht doch ein Ansatz zu einem Lernprozess. Statt Churchill gegen Peter den Großen antreten zu lassen. Im 21.Jahrhundert.
* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler ist Jurist und lebt in Wien
Ein Videotipp :
Aufzeichnung einer differenzierenden Debatte zum Thema „Ukrainekrieg und die Berichterstattung westlicher Medien“ im Presseclub Concordia in Wien.
Eine Veranstaltung der Vereinigung für Medienkultur :
Einen Krieg beginnen – immer –so genannte „Eliten“, nicht die kleinen Leute. Diese „Eliten“ haben Interessen an Ressourcen, streben nach Macht, Übermacht, Hegemonie. Bezeichnend ist, daß diese grundlegende Betrachtungsweise weitgehend außer Acht gelassen wird beim Thema Ukraine.
Peter Stribl *
Es wird verfahren, als hätte der Krieg vor einem Jahr aus heiterem Himmel begonnen. Ohne Vorgeschichte, ohne die Strategien Zbigniew Brzezińskis und die nachfolgenden Fakten. NATO-Osterweiterungen z.B., Victoria Nulands „fuck the EU“ oder Hunter Bidens Geschäfte in der Ukraine.
Die Berichterstattung der „Qualitätsmedien“ ordnet sich diesen planvoll projizierten Bildern in vorauseilendem Gehorsam bereitwillig unter. So hat tagesschau.de das Zitat Baerbocks, „wir führen einen Krieg gegen Russland“, erst mit zwei Tagen Verspätung vermeldet. Dafür aber mit Vorwürfen gespickt, interessierte Kreise würden versuchen, daraus Vorteile zu ziehen – als wenn Baerbock diese Äußerung nicht getätigt hätte. „Das wird Russland ruinieren“ wird ebenso gerne in der Vergessenheit versenkt. Russland soll ruiniert werden, nicht Putin, Lawrow oder Russlands Oligarchen. Ein ganzes Land ist gemeint und auch dessen Bevölkerung.
Seymour Hersh wird für seine Veröffentlichung zu Nordstream 2 mit Sätzen kommentiert, die direkt aus Langley stammen könnten. Sicherlich, eine anonyme Quelle ist journalistisch dünnes Eis. Aber waren da nicht auch Äußerungen Joe Bidens, die eindeutig die Annahme zuließen, Nordstream 2 werde verhindert, mit allen Mitteln?
Eine weitere mediale Baustelle: Die Tagesschau kritisiert, Assad instrumentalisiere das Erdbeben für seine Zwecke. Die Sanktionen der EU werden dabei manipulativ verwendet, wie auch unterschlagen wird, welche Vorgeschichte Idlib zugrunde liegt. Al Kaida, IS, alles zusammengefasst unter „Rebellen“. Kommt ja auch viel besser an.
Am 13.2. brachte die ARD einen Film über die Ukraine und danach „Hart aber fair“ zum selben Thema. Die Auswahl der Gäste hat unter Gewissheit den einen oder anderen Zuseher bewogen, besser ein gutes Buch zu lesen als die Sendung zu verfolgen. Ein Pazifist wird sich nicht Andrij Melnyk antun, wenn warme Milch und eingerührter Senf zur Verfügung stehen.
Die mediale Giftmischung wird abgerundet mit dem Versuch, alles den runterprasselnden Einseitigkeiten Widerstrebenden in die politisch rechte Ecke zu verfrachten. Populisten, Punkt, fertig. Wenn jemand als Putin- oder Russland-Versteher beschimpft wird, lässt das tief blicken. Etwas zu verstehen hat nichts damit zu tun, für etwas Verständnis aufzubringen. Etwas zu verstehen ist unerlässlich für eine korrekte Analyse, nicht mehr und nicht weniger.
Es sollte die Bemühung vorherrschen, den Konflikt in der Ukraine umfassend zu verstehen. Wie aus dem Einheitsbrei der „Qualitätsmedien“ zu urteilen ist, braucht es dazu mehr als einseitige Quellen, Geheimdienstdossiers oder staatliche Stellungnahmen. Nützlich dabei kann nicht zuletzt die Betrachtung des Begriffs Demokratie sein. Kein Volk dieser Erde strebt aus eigenem Interesse einen Krieg an, es sind immer nur Eliten, Oligarchen, Mächtige. Deren Interessen an Bodenschätzen etc. führen zu Konflikten und eben schlimmstenfalls zu Kriegen. Dem entsprechend sind diese Eliten, Oligarchen und Mächtigen ihrer undemokratischen Mittel zu entledigen. Weltweit. Denn wahre Demokratie bedeutet Frieden.
* Peter Stribl ist Politik- und Medienanalyst und lebt in Deutschland
Ein Videotipp :
Aufzeichnung einer differenzierenden Debatte zum Thema „Ukrainekrieg und die Berichterstattung westlicher Medien“ im Presseclub Concordia in Wien.
Eine Veranstaltung der Vereinigung für Medienkultur :
Der Politologe Hans Joachim Funke hat es gewagt, eine Petition von Alice Schwarzer und Sarah Wagenknecht zu unterzeichnen, die zur Intensivierung von Verhandlungen statt Ausweitung der Waffenlieferungen aufruft.
Wolfgang Koppler*
Immerhin haben sich auch Stimmen aus SPD und CSU dem Aufruf angeschlossen. Dieser wird vom Politologen Herfried Münker – fast schon erwartungsgemäß – als „gewissenlose Unterstützung Putins“ bezeichnet. Henryk Broder unterstellt Schwarzer und Wagenknecht „toxische Männlichkeit“ und Zynismus. So in den Medien überhaupt argumentiert wird, beschränkt es sich auf angeblich mangelndes Interesse Russlands oder einfach auf „Man muss den Aggressor stoppen“. Sogar die gewiss nicht als Friedenstaube geltende österreichische Ex-Außenministerin Ursula Plassnik sprach in einem Streitgespräch mit Schwarzer (in der ZiB 2) schon vor etlichen Monaten von einer Eskalationsspirale in den Medien. Kein Ruhmesblatt für den Journalismus.
Interessant in diesem Zusammenhang war da das jüngste ZiB 2-Interview mit dem „gewissenlosen“ Hajo Funke und seinem Widerpart Major Feichtinger, ehemaliger Brigadier des Bundesheeres. Zu Beginn wird natürlich Münkers Vorwurf ins Spiel gebracht, dem Funke sein eigenes Gewissen entgegensetzte. Er gestand der Ukraine das Recht auf Verteidigung zu und sprach davon, dass der Krieg zu einem Patt geführt hätte und sich dies angesichts der Waffenlieferungen des Westens auf absehbare Zeit nicht ändern werde. Ob man jetzt oder später verhandle, würde am Frontverlauf nichts Wesentliches ändern. Nur würde es wahrscheinlich nochmals 250.000 Tote kosten. Aus Russland gäbe es durchaus Verhandlungssignale. Eine Unterbrechung des Krieges im Sinne eines Waffenstillstands wäre das einzig Sinnvolle. Im Übrigen hätte die ukrainische Führung ja selbst bis April verhandelt (Anm.: bis zur Befreiung Kiews).
Feichtinger bezeichnete die Verhandlungsergebnisse vom April zunächst als „Friedensdiktat“ (ein anderes Wort für den schon etwas abgelutschten und historisch peinlichen Diktatfrieden). Auf den deren Inhalt der damaligen Verhandlungen ging er gar nicht ein, obwohl die Neutralität der Ukraine mit Sicherheitsgarantien bereits sehr weit verhandelt war und die ukrainische Führung selbst erklärt hatte: Jeder Krieg endet durch eine Vereinbarung (erinnert an Stellungnahmen von Politikern: Nicht ins Konzept Passendes übergeht man mit Schweigen). Ein Waffenstillstand zementiere nur den Status quo.
Und dann die Überraschung (auch für Armin Wolf, Anchorman der ZiB 2: Feichtinger musste zugeben, dass bei objektiver Betrachtung der Kriegslage auf absehbare Zeit tatsächlich keine großen Veränderungen des Frontverlaufs zu erwarten seien. Weder die Rückeroberung der Krim noch jene der Separatistengebiete sei ein realistisches Ziel. Auch einen Jahre langen opferreichen Krieg schloss er nicht aus. Wesentlich jedoch sei, was die Kriegsparteien glaubten. Jede Seite erwarte sich noch Vorteile aus der Weiterführung des Krieges. Außerdem würden in der Ukraine 85 – 90 % der Bevölkerung den Kurs der Regierung stützen.
Populismus als Strategie des Westens ?
* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler ist Jurist und lebt in Wien
Die Schweizer Regierung hält es für unrechtmäßig, russische Privatvermögen einzuziehen, nur weil die Betroffenen auf der Sanktionsliste stehen. So ein Vorgehen widerspräche geltenden Gesetzen und der Bundesverfassung. Angesichts der enormen Kriegsschäden werden immer wieder Forderungen laut, gesperrte Gelder zugunsten der Ukraine einzuziehen.
Die Schweiz hatte Ende 2022 russische Vermögen von 7,5 Milliarden Franken plus 15 Liegenschaften gesperrt. Dabei handelt es sich dem Vernehmen nach zum grössten Teil um Privatvermögen. Weltweit sind geschätzte 300 Milliarden Franken Vermögenswerte der russischen Zentralbank gesperrt. Hinzu kommen 50 bis 60 Milliarden Franken eingefrorene Privatvermögen. NZZ online
Ist das Aus für die „Wiener Zeitung“ als Tagblatt tatsächlich bereits besiegelt? Zahlreiche Initiativen zum Erhalt dieses Qualitätsmediums haben bisher jedenfalls nichts gefruchtet.
Udo Bachmair
ÖVP-Medienministerin Raab und die grüne Mediensprecherin Blimlinger bleiben stur. Ihnen liegt nichts an der Weiterführung der Wiener Zeitung. Zahlreichen Bemühungen um den Fortbestand der ältesten Zeitung der Welt haben die beiden Politikerinnen der schwarz/grünen Koalition eine klare Absage erteilt. Ein auch demokratiepolitisches Armutszeugnis in einem Land, in dem es ohnehin nur mehr 13 gedruckte Tageszeitungen gibt. Statt der Wiener Zeitung soll es künftig bekanntlich eine vom Bundeskanzleramt abhängige „Journalistenschule“ geben, gleichsam eine verstaatlichte Journalistenausbildung.
Die Tore für Interventionen seien damit offen, sorgt sich etwa die engagierte Generalsekretärin des Presseclubs Concordia, Daniela Kraus, in einem Gastbeitrag für die Süddeutsche Zeitung :
„Ungeschützt vor Eigentümerinteressen ist nicht nur der Lehrbetrieb, sondern auch die Auswahl der Studierenden. Geboten wird dann eine „360 Grad“-Ausbildung, die Mitarbeit in der Content-Agentur der Mediengruppe inkludiert. Dort werden statt einer Tageszeitung „Contentleistungen“ für den Bund und Unternehmen des Bundes produziert. Es sei doch gut, meint die grüne Mediensprecherin Eva Blimlinger, wenn die Auszubildenden durch Praxisanschauung die Unterscheidung von PR und Journalismus lernen würden. Nebeneffekt: Die Ministerien, die sich bei der Wiener Zeitung ihre Agenturleistung kaufen, können gleich nützliche Kontakte zur nächsten Journalistengeneration knüpfen.“
Angesichts der ohnehin schon ausgedünnten österreichischen Medienlandschaft fordern zahlreiche Initiativen aus Kunst, Kultur, Publizistik, Bildung, Wissenschaft und Politik den Weiterbestand des mittlerweile als „Kultobjekt“ geltenden Qualitätsblattes. Die in Medienfragen als kaum kompetent wahrgenommene zuständige Ministerin schweigt dazu jedoch beharrlich..
„Definitiv nicht zu spät“ für die Rettung der Wiener Zeitung ist es für den renommierten Wiener Kommunikationswissenschafter Fritz Hausjell. In einem Interview für die heutige Ausgabe der Kronenzeitung äußert sich der Medienexperte optimistisch :
„Es gibt Wege, noch zu einer guten Lösung zu kommen“. Er persönlich kann sich als künftiges Modell eine öffentliche Stiftung vorstellen, „aber besser als beim ORF“.
Auf diese Weise ließe sich die „Wiener Zeitung“ in eine geordnete Unabhängigkeit überführen. „Man könnte ein journalistisches Versuchslabor aus der Zeitung machen, wo alle Herausforderungen, die unsere Zeiten bieten, in einem gesicherten Setting genommen werden, die Erkenntnisse dann allen zur Verfügung stehen“, so Hausjell, Präsident von Reporter ohne Grenzen Österreich und Präsidiumsmitglied der Vereinigung für Medienkultur.
Der deutsche Politikwissenschafter Michael Lüders ortet „hochgradige Moralisierung in Politik und Medien“. Einer der Gründe, warum es kaum noch eine Debattenkultur gebe.
Udo Bachmair
Der geschilderte Befund lasse sich gut anhand der Berichterstattung über den Ukraine-Krieg belegen, erklärte der bekannte Politologe und Publizist kürzlich in einem Gespräch mit dem Internetmedium „Telepolis“
Wer sich etwa kritisch zu mehr und immer mehr Waffenlieferungen an die Ukraine äußert oder russische Motive für den ebenso falschen wie völkerrechtswidrigen Angriff auch nur zu erklären sucht (ohne sie gutzuheißen), riskiere seinen Ruf, seine Karriere. Man werde als Putinversteher oder Putin-Propagandist gebrandmarkt.
Lüders wörtlich: „Jede Differenzierung gilt offenbar als „Feindbegünstigung“. Es werde zunehmend schwieriger, differenzierende Standpunkte zu vertreten und damit dem Gut/Böse-Schema nicht zu entsprechen.
Gilt es missliebige Personen mit einem gewissen Bekanntheitsgrad aus dem öffentlichen Raum zu entfernen, so gebe es nach den Erfahrungen Michael Lüders dafür etwa das bewährte Mittel, die betreffende Person zu ignorieren, ihre Publikationen ebenso wie ihre Meinungsäußerungen.
Als das deutlich brutalere Mittel sieht Lüders den inszenierten und über längere Zeit andauernden Shitstorm, mit dem Ziel, die unliebsame Person einer „character assassination“ zu unterziehen. Besonders betroffen davon sind in Deutschland etwa die Russlandexpertin Gabriele Krone-Schmalz oder die Publizistin Ulrike Guérot.
Auch in Österreich sind manche Journalisten wegen differenzierender Berichterstattung Opfer persönlicher Attacken im Internet, wie etwa der sachlich berichtende ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz. Auch renommierte Politologen, wie etwa Heinz Gärtner, die eine komplexe Causa nicht auf eine Schwarz/Weiß-Malerei reduzieren, sind in unseren Medien, leider auch im öffentlich-rechtlichen ORF, kaum mehr gefragte Interviewpartner.
Dass es inhaltlich auch anders geht, hat die von der Vereinigung für Medienkultur veranstaltete Podiumsdiskussion zum Thema „Ukraine-Krieg und die Berichterstattung westlicher Medien“ gezeigt. Der große Erfolg dieser Veranstaltung (fast 800 Zugriffe bereits auf Youtube) zeigt, dass sich viele Menschen sehr wohl differenzierende Berichterstattung zu dieser Thematik wünschen.
Die Aufzeichnung dieser vielbeachteten Podiumsdiskussion im Presseclub Concordia können Sie über folgenden Link abrufen:
Das große Interesse an der jüngsten Podiumsdiskussion zu dieser Causa hat die Erwartungen weit übertroffen. Um die 800 Zugriffe auf den nun auch auf Youtube abrufbaren Mitschnitt werden mittlerweile registriert.
Udo Bachmair
„Der Krieg gegen die Ukraine und die Berichterstattung westlicher Medien“. Das war Thema einer vielbeachteten Podiums- und Publikumsdiskussion kürzlich im Presseclub Concordia in Wien. Der rege Diskussionsabend, veranstaltet von der Vereinigung für Medienkultur, hat gezeigt, wie groß der Unmut über außenpolitische Berichterstattung mit Schlagseite in den meisten unserer Medien ist.
Ein Krieg geht immer einher auch mit einem Informationskrieg, beide Kriegsparteien betreiben Kriegspropaganda, lauteten zwei der Grundthesen der Veranstaltung. Medien spielen dabei eine wichtige und verantwortungsvolle Rolle, sie machen aber mitunter selbst Politik und üben sich in Kriegs-statt in Friedensrhetorik. Beispiel der beharrliche auch mediale Druck auf den deutschen Kanzler Scholz, endlich weitere schwere Waffen an die Ukraine zu liefern.
Besondere Aufmerksamkeit schenkte das Publikum auch einem Live-Gespräch mit ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz, der mit seiner sachlichen und differenzierenden Berichterstattung für engagierten Qualitätsjournalismus steht.
Die Aufzeichnung des Diskussionsabend ist auf Initiative von Fritz Edlinger, des Herausgebers der renommierten Zeitschrift INTERNATIONAL, nun also auch auf Youtube abrufbar.
Hier der Link : https://www.youtube.com/watch?v=WDSUw-3k7PI