Archiv der Kategorie: Medienkompetenz

Wurzeln des Hasses

„Eine Reise zu den Wurzeln des Hasses in der Slowakei“ unternimmt Michael Schmölzer in der Wiener Zeitung vom Samstag.

Wolfgang Koppler *

Michael Schmölzer untersucht das aufgeheizte politische Klima in der Slowakei, das zu dem Attentat auf Robert Fico mit beigetragen haben mag und geht dessen Ursachen nach. Er erwähnt den Verbalradikalismus auf Seiten Ficos, aber auch jenen der Opposition. Er beklagt die Vergiftung der politischen Atmosphäre und dass es in der Slowakei keine politische Mitte mehr gäbe. Die Ursachen sieht er vor allem im nicht gänzlich überwundenen, autoritären System des Kommunismus, dem auch Fico entstamme. Und einer „missglückten Transformation“ nach der sogenannten Wende, zumal in der Slowakei eine gewisse Ostalgie vorhanden sei und sich manche nach der scheinbaren Sicherheit der damaligen Zeit zurücksehnten.

Man muss dem Autor zugestehen, dass er sich um Sachlichkeit bemüht und versucht, nicht Partei für eine der beiden Seiten zu ergreifen. Sodass er sowohl Ficos Anhänger als auch dessen Gegner zu Wort kommen lässt. Was die Ursachen des Konflikts und der gegenwärtigen Unversöhnlichkeit betrifft, greift er aber meines Erachtens zu kurz. Nicht an allem ist der Kommunismus schuld. Der manchmal übertriebene Nationalismus und Konservativismus – vor allem außerhalb der urbanen Zentren – hat sicher weitreichende historische Wurzeln. Die Slowakei stand lange Zeit unter der Vorherrschaft Ungarns, war anderseits in den urbanen Zentren (wie etwa in Bratislava) lange Zeit von einer deutschsprachigen Mehrheit dominiert und ging nach dem Zusammenbruch der Monarchie in der Tschechoslowakei auf. Zwischen 1939 und 1945 existierte dann ein nur pro forma eigenständiger Staat von Hitlers Gnaden, an den fast nahtlos die realsozialistische Tschechoslowakei anschloss. Die Slowakei in ihrer heutigen Form gibt es erst seit 1993.

Die Wende 1989 und der EU-Beitritt bedeutete für weite Teile der Bevölkerung nur vordergründig wirtschaftlichen Aufschwung. Zwar gab es Investitionen aus dem Westen. Der Preis dafür waren Löhne, die noch nach der Jahrtausendwende für viele nicht mehr als 500 Euro monatlich für einen Vollzeitjob ausmachten. Bei Lebenshaltungskosten, die nicht allzu sehr unter jenen im Westen lagen. Anderseits wurde Brüssel – nicht nur in wirtschaftlichen, sondern auch gesellschaftlichen Fragen – als allzu dominant empfunden, was wohl auch bei manchen uralte Reflexe gegenüber Westeuropa auslöste. Diese sind sicher auch in anderen ehemaligen Ostblockländern spürbar. In der Slowakei, welche in ihrer Geschichte meist von Ungarn, Deutschen und Tschechen dominiert wurde, sind Panslawismus, Nationalismus, aber auch Konservativismus nicht ganz unverständlich. Was die Anlehnung an Russland als Schutzmacht zumindest erklärt. Und angesichts der missglückten und allzu radikalen wirtschaftlichen und politischen Transformation nach der Wende ist auch eine gewisse „Ostalgie“ durchaus nachvollziehbar.

Und was die Spaltung der Gesellschaft in zwei unversöhnliche Lager und zunehmende Radikalisierung betrifft, so ist die Slowakei damit wohl nicht alleine. Ob Liberals und Trump-Anhänger in den USA, ob Rechtspopulisten und so genannte Lifestyle-Linke (wie sie Sahra Wagenknecht zu nennen pflegt) in vielen europäischen Ländern, eine gewisse Ähnlichkeit mit der slowakischen Gesellschaft ist nicht zu leugnen. Auch die Auseinandersetzung zwischen Politik, Justiz und Medien, die Versuche der Politik, dritte und so genannte vierte Gewalt in den Griff zu bekommen, aber auch der gelegentliche Anschein einer Instrumentalisierung von Justiz und Medien – es handelt sich nicht um auf die Slowakei beschränkte Phänomene. Das gilt erst recht für die allgegenwärtige Korruption. Auch wenn die Tendenz zur „illiberalen“ Demokratie in manchen Staaten aufgrund bestimmter geschichtlicher Erfahrungen vielleicht etwas stärker ausfallen mag. Und der Mainstream und erst recht die Regierung bei uns in der Wortwahl meist etwas vorsichtiger sind. Aber auch bei uns droht die politische Mitte abhanden zu kommen. Man denke etwa an Gaza und den Ukrainekrieg.

Ein bisschen mehr Verständnis für die jeweils andere Seite, sei es der innenpolitische Gegner oder eine vom Mainstream (ob zu Recht oder zu Unrecht) scheel angesehene Regierung eines fremden Staates, würde so manchen Dialog vielleicht wieder in Gang bringen. Dann brauchen wir vielleicht nicht mehr den Kommunismus, Putin oder sonst jemanden als ständiges Feindbild. Und könnten uns unseren eigenen blinden Flecken widmen.

Der Link zum Artikel in der Wiener Zeitung :

https://www.wienerzeitung.at/a/die-ursachen-des-hasses-in-der-slowakei

* Mag. Wolfgang Koppler ist Jurist und Journalist in Wien.

Verlorenes Urvertrauen

Regelmäßig zu den Feiertagen zeigt uns der ORF, dass Unterhaltung nicht nur aus Krimis bestehen muss. Und strahlt den einen oder anderen guten Film aus.

Wolfgang Koppler *

Zu den ausgestrahlten Filmen zählt auch die Verfilmung von Hermann Hesses „Narziss und Goldmund“ durch Stefan Ruzowicki.

Die meisten von uns haben das Buch irgendwann einmal als Jugendliche gelesen. Und wieder vergessen. Dabei behandelt das Buch und natürlich erst recht Ruzowickis Film das zentrale Thema der europäischen Kultur: Unser verloren gegangenes Urvertrauen. Symbolisiert durch Goldmunds und letztlich auch Narziss‘ Suche nach der Mutter. Der Intellektuelle Narziss findet sie nicht und selbst der Künstler Goldmund vermag sie in unserer lieblos-materialistischen Gesellschaft nicht zu entdecken. Wenngleich er mit seinen Kunstwerken, in die er sein Herzblut steckt, seinen Mitmenschen wenigstens eine Ahnung davon zu geben vermag. Doch selbst sein größtes Kunstwerk, ein allzu sinnlicher Altar, wird von einem wahnsinnigen Mönch zerstört.

Materialismus und Rationalismus auf der einen, und weltfremde, leibfeindliche Ideale auf der anderen haben uns Europäer bis heute fest im Griff. Wir werden immer noch zerrieben zwischen Plato und Aristoteles, außerhalb und innerhalb der Kirche.

Mehr als ein Wort des Mitgefühls, wie in Wolfram von Eschenbachs „Parzival“ oder Goldmunds vergebliche Suche nach der Mutter ist für uns bis heute nicht drin. Urvertrauen und Liebe sind vor allem unserer intellektuellen Elite etwas höchst Befremdliches. Obwohl wir sie alle irgendwann einmal erfahren haben. Aber es hat keine Bedeutung in unserer Werteskala. Dafür hat unser kopflastiges Schul- und Erziehungssystem schon gesorgt.

Daher sollte man sich solche Filme unbedingt ansehen. Und einmal darüber nachdenken oder nachspüren, was uns Europäern seit der Antike meistens fehlt.

* Mag. Wolfgang Koppler ist Journalist und Jurist und lebt in Wien

Verhaltene mediale Kritik

Laut Bibel sollten wir eigentlich das Salz der Erde sein. Aber unsere Medien bevorzugen anscheinend salzlose Kost.

Wolfgang Koppler *

Da können sich viele Menschen am freien Markt keine Wohnung mehr leisten, Ausmietfirmen treiben ihr Unwesen, der Klimawandel wird nur halbherzig bekämpft und der globale Süden stöhnt angesichts des Ukrainekriegs unter der Last stark gestiegener Lebensmittelpreise, während Israel trotz Protesten seinen Gazakrieg unerbittlich vorantreibt. Die mediale Kritik dazu fällt äußerst verhalten aus.

Und welche Meldungen dominieren derzeit im Internet, worüber sorgt sich unser Journalismus? Dass Unbekannte ein 1,20 m tiefes Loch in Schäubles letzte Ruhestätte gegraben haben. Sogar der deutsche Staatsschutz wurde eingeschaltet, wie sogar Qualitätsmedien wie FAZ und Standard zu berichten wissen.
Aber man kann es genauso gut in Gratiszeitungen wie OE24 nachlesen.

Wozu brauchen wir eigentlich noch Qualitätsjournalismus? Als Baldrian der Erde?

Kein Wunder, wenn die Leser in die sozialen Medien abwandern und sich gegenseitig aufhetzen. Aber nicht einmal Kritik an den sozialen Medien und dem schrankenlosen Gewinnstreben der Internetgiganten scheint mehr möglich. Macht nichts, man kann sich immerhin noch für eine Erhöhung der Presseförderung einsetzen. Ob das unsere Printmedien retten wird ?

Gastautor Mag. Wolfgang Koppler lebt als Journalist und Jurist in Wien

Mit der Keule des Antisemitismus

Langsam wird es unerträglich. Jeder Versuch, eine sachliche Debatte über den Krieg Israels gegen Gaza zu führen, wird abgewürgt von der sattsam bekannten Antisemitismus-Keule.

Udo Bachmair

Jede noch so berechtigte Kritik an der gewaltsamen Überreaktion Israels auf das ebenfalls zu verurteilende grausame Massaker der Hamas gilt als antisemitisch. Sogar ein gemäßigter humanistischer Intellektueller wie der jüdische Philosoph Omri Boehm, der gestern auf dem Judenplatz besonders versöhnliche Worte fand, wird als antisemitisch verunglimpft. Vor dem Hintergrund eines indirekten Gewaltaufrufs seitens des früheren Chefs der israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Musicant, Eier auf den Redner zu werfen. Dabei will Boehm nichts anderes als einen gemeinsamen Staat mit Gleichberechtigung für Israelis und Palästinenser, um damit der ewig scheinenden Gewaltspirale ein Ende zu setzen.

Das interessierte eine kleine Schar proisraelischer AktivistInnen nicht, die mit Transparenten, die die Sicht auf den Redner verstellten sowie Fernsehjournalisten an ihrer Arbeit hinderten, von der Rede Boehms abzulenken versuchten. Man stelle sich umgekehrt vor, jemand hätte mit palästinensischen Losungen eine Veranstaltung und journalistische Arbeit gestört, die Polizei wäre sofort eingeschritten.. Es ist wahrlich unerträglich, jeglicher Kritik am brutalen militärischen Vorgehen Israels in Gaza, das mittlerweile weit über 30.000 Todesopfer gefordert hat, mit der Keule des Antisemitismus zu begegnen.

Vor diesem Hintergrund sind besonnene und differenzierende Stimmen gerade in hoch emotionalisierten Zeiten wie diesen nötiger denn je. Stellvertretend dafür ein Facebook-Eintrag des Politikwissenschafters und Kulturanthropologen Univ. Prof. Thomas Schmidinger kürzlich auf Facebook:

Derzeit zeigt sich sehr deutlich, dass aus der Shoah und den anderen Verbrechen der Nazis sehr unterschiedliche Lehren gezogen werden können. Einerseits kann man daraus die universalistische Konsequenz ziehen, dass man immer und überall gegen Unterdrückung und Verfolgung ethnischer, religiöser, sozialer oder sexueller Gruppen auftritt und weltweit für die Menschenrechte aller Menschen konsequent eintritt. Andererseits kann man daraus die partikularistische Konsequenz ziehen, dass der jüdische Staat Israel immer und überall Recht hat und die Handlungen der Regierung dieses Staates jedenfalls zu verteidigen sind. Der politische Mainstream in Österreich und Deutschland hat sich offensichtlich parteiübergreifend für letzteres entschieden und geht dabei so weit, auch die Versuche der israelischen Rechtsregierung, Kritik an deren Politik grundsätzlich mit dem Verdacht des Antisemitismus abzuschmettern, zu übernehmen.

Wenn auch gemäßigte jüdische KritikerInnen der israelischen Kriegsführung in Gaza bereits delegitimiert werden und von österreichischen und deutschen PolitikerInnen unter Antisemitismusverdacht gestellt werden, dann läuft meines Erachtens in dieser Debatte etwas gewaltig schief. Dieser deutsch-österreichische Sonderweg scheint mir nichts anderes als ein identitätspolitischer Versuch zu sein, sich seiner eigenen historischen Verantwortung durch Externalisierung des Antisemitismusvorwurfes zu entledigen.

Offener Brief an die Ö1-Information

Der ORF wäre verpflichtet, auch in der außenpolitischen Berichterstattung auf Ausgewogenheit und Differenzierung Bedacht zu nehmen. Wenn es ums Thema Ukrainekrieg geht, gelingen diese Vorgaben nur selten. Eines der Beispiele dafür ist ein Beitrag mit besonderer Schlagseite von Markus Müller jüngst im Ö1-Mittagsjournal, Gegenstand des folgenden offenen Briefes an die Ö1-Information:

An die Redaktion des Radiosenders Ö1

von Sylvia Stuckenberg *

ORF-Redakteur Markus Müller-Schinwald beschuldigt den Neutralitätsforscher Pascal Lottaz im Mittagsjournal von Ö1 vom 19.4.2024 Kreml-Propaganda zu betreiben. Als Grund werden dessen Äußerungen zu den Friedensverhandlungen im März 2022 in Istanbul herangezogen. Lottaz sagt, dass die Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland vom Westen torpediert worden seien.
Und das sei der Beweis, dass er im Dienste Moskaus stünde, so der Journalist.

Schauen wir uns das einmal genauer an. Als Vermittler bei den Friedensverhandlungen in Istanbul traten Erdogan (türkischer Staatspräsident), Bennett (damaliger israelischer Premierminister) und Gerhard Schröder (ehemaliger deutscher Bundeskanzler) auf. Alle drei waren sich am Ende der Verhandlungen einig, dass die russischen und die ukrainischen Unterhändler einer umfassenden Friedenslösung sehr Nahe gekommen waren.

Die Ukraine würde einem Neutralitätsstatus zustimmen und auf eine Aufnahme in die Nato verzichten und im Gegenzug dafür Sicherheitsgarantien von einem wesentlichen Teil der westlichen Staaten ( sogenannte Garantiestaaten) erhalten. Und Russland erklärte sich bereit die Integrität der Ukraine mit Ausnahme der Krim zu gewährleisten. Ein Waffenstillstand sei damals, so Bennett, in greifbarer Nähe gewesen, beide Seiten waren zu erheblichen Zugeständnissen bereit, Großbritannien und die USA hätten den Prozess beendet und auf eine Fortsetzung des Krieges gesetzt.
Bennett weiter: …die Ukrainer haben den Frieden nicht vereinbart, weil sie es nicht durften. Die mussten bei allem, was sie berieten, erst bei den Amerikanern nachfragen. Auch Mevlüt Cavusoglu , damaliger türkischer Außenminister, äußerte sich in ähnlicher Weise. In einem Interview mit der CNN Türk am 20.4.2022 sagte er:“ Einige Nato Staaten wollten, dass der Ukraine Krieg weitergeht, um Russland zu schwächen.“

Im Rahmen der Verhandlungen wurde von der ukrainischen Delegation am 29. März 2022 ein Positionspapier vorgelegt, das zum Istanbuler Kommunique wurde. Die ukrainischen Vorschläge wurden von der russischen Seite in einem Vertragsentwurf umgesetzt. Michael von der Schulenburg, der ehemalige UN Assistant Secretary-General (ASG) in UN Friedensmissionen schreibt, dass “die Nato bereits am 24.März 2022 auf einem Sondergipfel beschlossen hätte, diese Friedensverhandlungen (zwischen der Ukraine und Russland) nicht zu unterstützen“. Nach von der Schulenburg hatte es sich bei den russisch-ukrainischen Friedensverhandlungen um eine historisch einmalige Besonderheit gehandelt, die nur dadurch möglich war, weil sich Russen und Ukrainer gut kennen und die „gleiche Sprache sprechen“

Die Washington Post berichtet am 5.4., dass in der Nato die Fortsetzung des Krieges gegenüber einem Waffenstillstand und einer Verhandlungslösung bevorzugt wird:“ Für einige in der Nato ist es besser, wenn die Ukraine weiterkämpfen und sterben als einen Frieden zu erreichen, der zu früh kommt oder zu einem zu hohen Preis für Kiew und das übrige Europa“ Selenskyj solle“ so lange weiterkämpfen, bis Russland vollständig besiegt ist“.

Am 9.4. traf Boris Johnson unerwartet in Kiew ein und wies laut dem britischen Guardian vom 28.4. den ukrainischen Präsidenten Selenskyj an „keine Zugeständnisse an Putin zu machen“ Er brachte die Botschaft mit nach Kiew, dass selbst, wenn Selenskyj bereit wäre gegen Sicherheitsgarantien eine Verhandlungslösung mit Russland zu finden, es der Westen nicht ist!

Auch die NZZ meldet am 12.4., dass die britische Regierung unter Johnson auf einen militärischen Sieg der Ukraine setzt. Der Guardian Kolumnist Simon Jenkins warnte, dass „Liz Trust riskiert, den Krieg in der Ukraine für ihre eigenen Ambitionen anzufachen“

Die US Zeitschrift Responsible Statecraft zitiert die Zeitschrift „Foreign Affairs“: diese schreibt am 2.9.22:“ Laut mehreren ehemaligen hochrangigen US-Beamten, mit denen wir gesprochen haben, schienen sich russische und ukrainische Unterhändler im März 2022 auf die Umrisse einer vorläufigen Zwischenlösung geeinigt zu haben……..aber der Westen ist nicht zu einem Ende des Krieges bereit.“

Eine tragfähige Lösung von beiden Seiten, Ukraine und Russland, ein ausverhandelter Vertragsentwurf war finalisiert und im letzten Augenblick von den USA und Großbritannien torpediert worden. Alle anwesenden Diplomaten berichten über diesen Verlauf.

Wie kommt nun Herr Müller-Schinwald dazu, diese Darstellung als russische Propaganda zu bezeichnen? Hat er nur nicht sorgfältig recherchiert oder steht eine Absicht dahinter?

Sehr erstaunlich ist die Tatsache, dass Herr Müller-Schinwald als einzige Referenz für seine Behauptung ein Mitglied einer Nato-Denkfabrik zitiert. Herr Kalensky vom Zentrum für hybride Bedrohung diskreditiert Herrn Pascal Lottaz. Diese Zentren werden auch als Exzellenzzentren bezeichnet. Sie wurden 2003 von der Nato als zivile Einrichten für Schulungen u.a. gegründet. Bis heute gibt es 26 solcher Zentren, die auch eine Einbindung von nicht Nato-Staaten vorsehen. Es ist die einzige Nato/EU Institution. Das Konstrukt ist sehr undurchsichtig, wäre es aber Wert, genau beleuchtet zu werden.

Ich denke seriöser Journalismus sieht anders aus. In kürzester Zeit hätte Herr Müller-Schinwald unendlich viele Quellen aus der ganzen Welt zusammentragen können und damit die Aussage von Pascal Lottaz bestätigen können. Aber es muss wohl die Frage gestellt werden, warum gerade jetzt ein seriöser Neutralitätsforscher als russischer Spion „enttarnt“ wird, oder bestenfalls wie Herr Müller Schinwald meint als „nützlicher Idiot“ einzustufen sei.

Als öffentlich rechtlicher Rundfunk sind Sie verpflichtet mit Sorgfalt und ausgewogen zu berichten. Im übrigen gebietet dies auch die journalistische Ethik.

Erlauben Sie mir noch eine persönliche Anmerkung. Wenn ich als Ärztin mit einer Problemstellung überfordert bin, wird der Patient an einen Fachkollegen zugewiesen. Da fange ich nicht an herumzupfuschen. Das gilt auch für den Journalismus. Auch dort werden mit solch unprofessionellen Berichten Existenzen aufs Spiel gesetzt.

* Dr. Sylvia Stuckenberg ist Journalistin und Medizinerin und lebt in Lochau in Vorarlberg. Zitate in ihrem offenen Brief stammen aus der Berliner Zeitung, vornehmlich aus der Analyse „Wie die Chance für eine Friedensregelung vertan wurde“ (erschienen 19.11.2023).

Durch Mainstream reduzierter Diskurs?

Die jüngste ORF-Diskussion „Im Zentrum“ trug den Titel: Verwirrt, frustriert, resigniert – Warum noch wählen?

Wolfgang Koppler *

Ein bisschen beklemmend wirkte der zugeschaltete Beitrag zu Beginn der Sendung, in dem man unsere Spitzenpolitiker von Maurer über Edtstadler bis Nehammer auf TikTok in den dort üblichen Posen und mit kurzen Slogans bewundern konnte. Diskussionsteilnehmer Prof. Filzmaier erklärte das schlüssig damit, dass man zunächst mit den potentiellen Wählern (in diesem Fall Jugendliche) dort Kontakt aufnehmen müsste, wo sie sich meist aufhalten bzw. erreichbar sind. Das könne aber nur ein erster Schritt sein. Dann müssten weitere folgen, um Inhalte nahezubringen und einen Diskurs zu führen, Interesse zu wecken.

Die anwesenden Jugendpolitiker sahen das naturgemäß etwas weniger realistisch. Sie beklagten etwa den durch den Mainstream eingeschränkten Diskurs (was interessanterweise von manchen Populisten brachial ausgenutzt wird, indem diese nur mehr auf Emotionen und nicht auf Sachargumente setzen, sodass allzu viel political correctness zum Gegenteil dessen führt, was sie beabsichtigt),sie beklagten aber auch die eingeschränkten Möglichkeiten der Politik durch vorgegebene rechtliche und wirtschaftliche Erfordernisse.

Und hier hätte es interessant werden können. In der unmittelbar vorangegangenen ZiB2 kam zumindest im Rahmen eines kurzen Straßeninterviews der EU-Spitzenkandidat der KPÖ, Hopfgartner, zu Wort. Neben dem Einsatz für eine Verhandlungslösung im Ukrainekrieg will sich die KPÖ ja auch für leistbares Wohnen auch auf EU–Ebene einsetzen. Und da stellte er einen interessanten Vergleich an: Während die Wirtschaft jederzeit gegen Wettbewerbshindernisse vorgehe, also ihre „Rechte“ problemlos durchsetzen kann, stehen Grundrechte des Einzelnen meist nur auf dem Papier. Wie etwa das Recht auf Wohnen (auch wenn es sich nur in der UN-Menschenrechtsdeklaration vom 1948 findet).

Menschenwürde ist in unseren Gesellschaften offenbar ein Lippenbekenntnis und Menschenrechte werde oft als weit weniger bedeutsam erachtet als der freie Wettbewerb und das Recht auf weitgehend schrankenlosen Gewinn. Auch wenn das vielen Leuten vielleicht nicht so ganz bewusst ist. Ob es den Mangel an leistbarem Wohnraum (bei leerstehenden Bürobauten und Luxuseigentumswohnungen), die zugrunde gehenden Kleinunternehmer, den Klimawandel oder unseren Dreck an afrikanischen Küsten betrifft. An dem angeblich nur der Konsument schuld ist. Und nicht primär die schrankenlose und umweltschädigende Überproduktion. Sowie die ständige Expansion von Großunternehmen.

Und Menschen, die Derartiges hinterfragen, sind meist Miesmacher oder gefährliche Radikale. Oder werden zumindest schnell vom dringend erforderlichen Diskurs über unsere Werte ausgeschlossen.

Was vielleicht auch ein Grund für die vielen Nicht- und Protestwähler ist.

Und unsere Medien: Die beschäftigen sich mit so wichtigen Dingen, wie dem Schutz von Wölfen, die längst keine gefährdete Tierart mehr sind. Wie die Coverstory des jüngsten Profil. Kein Wunder, wenn sich viele von Politik und Medien abwenden. Mit einer gesunden und freien Diskussionskultur könnte man vielleicht den einen oder die andere wiedergewinnen.

* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler ist Journalist und Jurist und lebt in Wien

Medientipp: „Le Monde Diplomatique“

Weltpolitik- Hintergrund-Infos

Hans Högl

Kürzlich kaufte ich die deutsche Ausgabe von „Le Monde Diplomatique“, herausgegeben von der Berliner taz. Es war die Aprilnummer dieser Monatsschrift. Sie kostet 5,60 Euro in Österreich, in Deutschland 5,20 €. Die einzelnen Beiträge sind sehr ausführlich und so gründlich und informativ, dass sie alles ersetzen, was sonst so zu lesen und zu hören ist.

Die wesentlichen Inhalte dieser Nummer waren: „Indien – neue Werkbank der Welt“ und das Indien, auf das der Westen hofft – als geopolitisches Gegengewicht zu China, die Wut der indischen Bauern und wie Modi das Land zugunsten der Hindus umbaut und über seine reichen Freunde.

Ein sehr langer Beitrag erörtert Gaza und das israelische Selbstbild – bis hin zu religiösen Bezügen – sogar auf das Alte Testament wird verwiesen. Ein anderer Beitrag erörtert den fatalen Siegeszug der deutschen Autobahn, ein weiterer das Erstarken der Rechten in Portugal heute und erinnert an die Nelkenrevolution 1974. Der Beitrag über die Ukraine trägt den Titel „Russische Obsessionen“.

Eine Reportage handelt von San Francisco auf zwei großen Doppelseiten. Der Titel lautet „Tod einer Stadt“. Dies drückt z.B. folgender Satz aus: „Ich bin 1980 nach San Francisco gezogen, als die Straßen und Bars voller Leben waren… Seit der Jahrtausendwende sah man in den Cafés nur noch überwiegend junge, weiße Gäste stumm auf ihre Apple-Geräte starren, als säßen sie in einem Großraumbüro. Die nächste Phase scheint zu sein, in der man die Gäste austreiben will, längere Zeit im Café zu verweilen“. Der Untertitel des Beitrages lautet: San Francisco verkommt zum Experimentierfeld der Technikmilliardäre aus dem Silicon Valley.

Ein weiterer Beitrag lautet „Bauernfänger“: „Warum die französische Rechte auf dem Land offene Türen einrennt“.

Kurzbeiträge befassten sich mit Reportern ohne Grenzen und bezogen sich auf die Causa Julian Assange. Ein Beitrag über einen Autokonzern interessierte mich weniger.

Meine Botschaft: Sich fallweise über „Le Monde Diplomatique“ gründlich zu informieren.

Friedenswille sieht anders aus

In der ZiB 2 des ORF war vergangenen Mittwoch – wie schon so oft – erneut Bundesheer-Oberst Reisner zu Gast. Stellvertretend für die kleine Schar der immer selben Interviewpartner mit den einander immer wieder gleichenden Positionen zum Ukrainekrieg.

Wolfgang Koppler *

Nicht ganz überraschend hat auch der US-Senat nach langem Hin und Her das neue Unterstützungspaket für die Ukraine genehmigt. In der ZiB2 wurde in diesem Zusammenhang in einem Beitrag auch darauf verwiesen, dass Russland seine Waffenproduktion längst angekurbelt hätte und 29 % seines Budgets dafür ausgebe. Friedenswille sehe anders aus. Nur in Russland oder doch auch bei uns im Westen ?

Dann ein Interview Wolfs mit Oberst Reisner vom Bundesheer, welcher natürlich die neue Unterstützung für die in Bedrängnis geratene Ukraine begrüßte. Dann wurde von Wolf auf sein Interview von letzter Woche mit dem ehemaligen NATO-Generalsekretär „Stoltenberg“ verwiesen, der eine ähnliche Unterstützung des Westens bei der Luftabwehr der Ukraine gefordert hatte wie im Falle des iranischen Luftangriffs auf Israel. Die Verwechslung mit Stoltenberg lässt tief blicken: Der Name Rasmussen ist für viele doch noch mit seinem seltsamen Gebaren im Irakkrieg verbunden. Dass Wolf sich für die Verwechslung nicht entschuldigte, lässt zudem die Vermutung aufkommen, dass der Fauxpas vielleicht nicht ganz unbeabsichtigt war.

Wirklich interessant wurde das Gespräch am Ende. Da fragte Wolf doch tatsächlich nach einem „Ausstiegsszenario“, zumal weder eine Eroberung der Ukraine durch Russland noch ein totaler Sieg der Ukraine zu erwarten sei. Reisner sah drei Möglichkeiten, wobei er einen Waffenstillstand a la Nordkorea bzw. „Diktatfrieden“ offenbar für am wahrscheinlichsten hielt (wenngleich er das nicht offen aussprach) – mit einer Waffenstillstandslinie, die in etwa der heutigen Frontlinie entsprechen würde. Ein Ergebnis, das Ex-Bundespräsident Heinz Fischer in einer ORF-Diskussion schon vor mehr als zwei Jahren für realistisch hielt.

Und dafür opfert man Hunderte Milliarden Dollar und einige hunderttausend Menschen, lässt Millionen hungern und den Globalen Süden links liegen? Pardon, gegen letzteren müssen mir ja auch noch aufrüsten, wie uns Reisner schon vor längerer Zeit im ORF erklärte. Statt endlich Verhandlungen mit Russland und parallel dazu Gespräche mit den BRICS-Staaten ins Auge zu fassen. Auf Augenhöhe und ohne Vorbedingungen.

Der Bankrott der westlichen Außenpolitik ist offensichtlich. Aber ohne permanente Feindbilder lässt sich unsere Gesellschaft anscheinend nicht mehr zusammenhalten. Ähnlich wie die russische. Oder sollte man nicht doch (mit etwas Selbstbescheidung) über gemeinsame Werte nachdenken? Statt überall nur Feinde zu sehen. Käme vielleicht billiger, ließe uns alle etwas leichter überleben und die echten Probleme angehen.

Und die Russen, der Iran, China, die Islamisten, die Rechten, die Kommunisten, die Fundamentalisten usw. würden uns dann vielleicht gar nicht mehr so gefährlich vorkommen. Weil auch auf der jeweils „anderen“ Seite“ nicht nur Verrückte und Teufel sitzen. Sondern des Öfteren nur übertrieben emotionalisierte und sich selbst belügende Menschen. Wie wir selbst.

* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler ist Jurist und Journalist und lebt in Wien

Beliebtes Anti-ORF-Bashing

Hinhauen auf den ORF hat Tradition. Trotz aller auch berechtigten Kritik ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk aber allein schon aus demokratiepolitischen Gründen unverzichtbar.

Udo Bachmair *

Anti-ORF-Bashing war schon früher beliebt, jetzt feiert es angesichts neuer Entwicklungen -Beispiele Gagen sowie Haushaltsabgabe – fröhliche Urständ‘. Für konstruktive Kritik am ORF hingegen liegen durchaus Gründe vor. Nicht jedoch für dessen Zerschlagung, die sich manche vor allem aus dem FPÖ-Dunstkreis wünschen.

Freilich ist die Optik der veröffentlichten Spitzeneinkommen einer Minderheit im ORF denkbar schlecht. Viele fühlen sich zu Recht provoziert, wenngleich sich die hohen ORF-Gagen verglichen mit Managergehältern in der Privatwirtschaft im Rahmen des Üblichen in einer freien Marktwirtschaft bewegen, auch wenn einem darob übel werden könnte.

Extreme Einkommensunterschiede sind auch innerhalb des ORF selbst gewaltig und sorgen für Unmut. So besteht etwa zwischen teils kärglich verdienenden freien MitarbeiterInnen und Höchstverdienenden, deren Einkommen oft nicht ihrer Leistung entsprechen, ein eklatantes Missverhältnis.

Neben der Empörung über die Spitzengagen steht der ORF auch in Bezug auf die (schlecht kommunizierte) Haushaltsabgabe weiter im Visier der Kritik. Der auch medial aufgeheizte Unmut richtet sich dabei paradoxerweise gegen eine Abgabe, die im Vergleich zur früheren GIS-Gebühr niedriger ausgefallen ist.

Darüber hinaus findet sich der ORF seit jeher- nicht ganz zu Unrecht- wegen des Vorwurfs parteipolitisch motivierter Postenbesetzungen immer wieder in den Schlagzeilen. Besonders nervend nicht zuletzt für unabhängige ORF-JournalistInnen waren und sind traditionelle Einflussversuche von außen. Besonders hervorgetan hat sich bereits vor 20 Jahren der damalige FPÖ Politiker Peter Westenthaler. Er sitzt seit kurzem abermals im höchsten ORF-Gremium. Von ihm wird ORF-intern neuerliche Interventionitis befürchtet. Aber auch dieses Mal werden sich ORF-RedakteurInnen bei ihrer insgesamt guten Arbeit nicht stören lassen.

Westenthaler gefällt sich dennoch weiter darin, ungebremst in Servus-TV-Talkshows-sowie als Dauergast bei Oe24 Attacken gegen den ORF und dessen MitarbeiterInnen zu reiten. Das Anti-ORF-Bashing von außen wird damit gleichsam durch eines von innen ergänzt. So ist der ORF für Westenthaler generalisierend eine „Propagandamaschinerie“. Dem ZiB2-Anchor Armin Wolf unterstellt er „politische Agitation“. Vorwürfe, die nach meiner persönlichen Erfahrung als einer von Wolfs Ex-ORF-Kollegen haltlos sind.

Als ORF-Redakteur und Ö1-Journal-Moderator hatte ich selbst einschlägige Erfahrung mit Anrufen Westenthalers bis hinein ins Studio in der Zeit der ersten ÖVP/FPÖ-Regierung. Es ist fraglich, ob jemand als Aufsichtsratsmitglied eines Unternehmens, das er in aller Öffentlichkeit angreift, tatsächlich geeignet ist. Als einem Stiftungsratsmitglied des ORF stünde es jedenfalls gut an, dessen Interessen zu vertreten und nicht die einer politischen Partei.

Kritik am ORF ist legitim, gerade auch, wenn er manchmal Objektivitätsgebote im Zusammenhang mit Reizthemen wie Neutralität/NATO, Ukraine- oder Gazakrieg verletzt. Verallgemeinerndes Hinhauen auf den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk, dem eine demokratiepolitisch wichtige Rolle zukommt, entbehrt aber jeder Grundlage und Sachlichkeit.

* Dieser Beitrag von Udo Bachmair, Ex-ORF-Redakteur und verantwortlich für die Vereinigung für Medienkultur, ist auch als Gastkommentar im KURIER (Ausgabe 20.4.2024) erschienen.

NATO-Propaganda im ORF

In der jüngsten ZiB2 des ORF war der umstrittene ehemalige NATO-Chef Rasmussen zu Gast. Allzu kritische Fragen brauchte er sich nicht gefallen lassen. So konnte er seine Kriegsrhetorik weitgehend ungebremst verbreiten.

Wolfgang Koppler *

Dass der ORF den ehemaligen NATO-Generalsekretär Rasmussen zu einem Interview ins ZiB2-Studio einlud, ließ schon angesichts der Vergangenheit Rasmussens Schlimmes befürchten. Als dänischer Ministerpräsident hatte er eine Teilnahme eines dänischen Kontingents am Irakkrieg befürwortet und zudem – trotz offenbar gegenteiliger Geheimdienstberichte – das Vorhandensein irakischer Massenvernichtungswaffen behauptet. Was etwa Tony Blair das Amt kostete. Man kann dies alles problemlos den seinerzeitigen Medienberichten entnehmen. In der ZiB2 wurde nur erwähnt, dass Rasmussen die ukrainische Regierung berät..

Das gestrige von Armin Wolf geführte Interview mit Rasmussen übertraf allerdings auch die Erwartungen von an immer mehr zugespitzter Kriegsrhetorik bereits gewöhnten Zusehern. Da wurde die erfolgreiche Abwehr des iranischen Drohnenangriffs auf Israel mit Unterstützung Großbritanniens und der USA zum Anlass genommen, ein entsprechendes Eingreifen des Westens auch in der Ukraine zu fordern. Wolf fragte zwar nach, ob dies nicht zu einer weiteren Eskalation und zu einer direkten Konfrontation NATO-Russland führen könne, verließ sich aber dann auf Rasmussens substanzlose Bestreitung einer derartigen Gefahr.

Auch eine Einladung zu einem NATO-Beitritt der Ukraine wurde von Rasmussen befürwortet, weil alles andere Putin nur zu einer Weiterführung des Krieges verlocken würde. Auch wenn Rasmussen nur von „Einladung“ sprach, klang es für einen unbefangenen Zuseher sogar danach, als ob die Ukraine schon während des Krieges beitreten sollte. Was gegen den Nordatlantikvertrag verstoßen und schon per se zu einer unmittelbaren Konfrontation führen würde. Was Wolf zwar erwähnte, sich aber auch hier mit einer substanzlosen Bestreitung Rasmussens begnügte. Gefordert wurde natürlich auch noch der Einsatz von Langstreckenwaffen und wurden die diesbezüglichen Bedenken von Deutschen und Amerikanern gerügt.

Die letzten Tage der Menschheit von Karl Kraus kommen einem da in den Sinn. Was macht der Krieg aus den Menschen ?

Dass Rasmussen Macrons Ansicht, man solle auch den Einsatz von NATO-Bodentruppen nicht ausschließen, unterstützte, ist angesichts der obigen Äußerungen nur mehr selbstverständlich. Beängstigend, wenn die Industriellenvereinigung einen solchen Mann nach Wien einlädt. Noch beängstigender, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk eines neutralen Landes in einer solch aufgeheizten und gefährlichen weltpolitischen Situation diesem auch noch Gelegenheit biet, derart problematische und selbst in Brüssel und Washington umstrittene Ansichten zu propagieren.

Das gegenständliche ZiB2-Interview war jedenfalls das genaue Gegenteil von Deeskalation.

* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler ist Journalist und Jurist und lebt in Wien.