Archiv der Kategorie: MEDIEN SPEZIAL

Vorbildlicher Klimajournalismus

Das KLIMAMAGAZIN der jüngsten Ausgabe der Wochenzeitung FALTER entpuppt sich nicht als Werbebeilage für unternehmerisches Greenwashing, sondern als ein inhaltsreiches Dossier für alle, die die Hitze nicht mehr kalt lässt.

Ilse Kleinschuster *

Traurig ob des Verlusts, greife ich in der Trafik – noch unschlüssig welche Tageszeitung mir künftig „meine geliebte Wiener Zeitung“ ersetzen soll – zum FALTER. Und ich hab’s nicht bereut, denn der Wochenausgabe in der ersten Juli-Woche lag ein fast 50 Seiten dickes Kompendium bei, das KLIMAMAGAZIN 2023. „Bewegen, Schaffen, Verändern, Überzeugen“, versprach der Untertitel, und er hat nicht zu viel versprochen. Wenn dieses Heft auch nicht die Welt retten wird, kann es sich doch mit gutem Recht ein „Best-Practice-Paket“ nennen.

Da erklärt zum Beispiel die Transformationsforscherin Ilona Otto, was es braucht, damit die Gesellschaft sich ändert. Da werden Klimahelden vorgestellt. Umweltbewussten Autoliebhabern werden hoffnungsmachende Alternativen zum Verbrenner aufgezeigt. Natürlich geht es auch hier nicht ohne Werbeeinschaltungen, aber in vernünftigem Ausmaß. Warum sollte an dieser Stelle das Umweltcenter der Raiffeisenbank Gunskirchen – DIE GRÜNE BANK – nicht auf sich aufmerksam machen, wenn es um Investitionen in eine lebenswerte Zukunft geht, oder der ÖBB-Wegfinder mit seinen Apps für Öffis, Sharing & Co.! Auch den Innovationen im Wirtschaftsbereich sei Raum für Werbung gegönnt, vor allem auch den einschlägigen österreichischen Institutionen für Weiterbildung im Bereich Nachhaltigkeit und Energie, denn, wo kämen wir hin, wenn nicht von dieser Seite Impulse für klimarelevantes Bauen und CO2-neutrales Wirtschaften kämen.

Einige relevante Buchbesprechungen sind da zu finden, beeindruckend vor allem solche, die von den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen, u.a. zu ‚biologischen Geheimwaffen‘ berichten. Ja, hier steckt schon viel Überzeugungskraft drin – und klar, gute Kommunikation ist wesentlich, so erfahren wir, dass die deutsche Plattform klimafakten.de regelmäßig neue Erkenntnisse aus der Klimaforschung aufbereitet und uns zugleich erklärt, wie man am besten übers Klima sprechen soll.

Ein Bericht über das Netzwerk Klimajournalismus Österreich krönt dieses Magazin. Seine Mitgründerin, Katharina Kropshofer, analysiert den Bereich Klimakommunikation und meint, wir hätten noch keine zufriedenstellende Antwort. Die Frage, wie es zu schaffen ist, der Klimakrise genug Platz zu geben, ihre Dringlichkeit zu betonen und gleichzeitig die Leute nicht zu überfordern, war schließlich Anlass, weltweit an einem Klimakodex zu arbeiten. Fünf Ansätze ziehen sich durch: 1. Die Klimakrise als Dimension sehen, 2. Basisbildung, kreative Berichterstattung, 3. Angemessene Sprache und Bebilderung, 4. Überdenken der Medienlogik, 5. Gute Kenntnis der Leserschaft.

Österreichs Haus- und Hofphilosoph, Konrad Paul Liessmann, durfte natürlich auch noch seine Stellungnahme abgeben. In einem Gespräch mit Florian Klenk meint er, es werde durch Katastrophismus und Untergangsrhetorik unser politisches Denken in eine falsche Richtung gelenkt. Er meint auch, dieses Unterdrucksetzen der Regierung von der Straße her (Letzte Generation!) sei „für demokratische und säkulare Gesellschaften, für Gesellschaften, die auch ihre politischen Geschäfte auf ein Minimum an Rationalität gründen wollen, nicht zumutbar.“ Die Klimaproteste hätten demnach bei der eigenen Generation kein entsprechendes grünes Bewusstsein geschaffen. Nun ja, diese Frage wird noch lange die Gemüter bewegen, bleiben wir also offen für die Probleme, die uns die Klimakrise bereitet und versuchen wir, breitere Plattformen zu fördern, die sich dieser Thematik stellen.

* Ilse Kleinschuster ist Journalistin und besonders engagierte Vertreterin der Zivilgesellschaft.

Lob für den ORF

Der schwarze Kontinent ist ein weithin weißer Fleck der Berichterstattung unserer Medien. Eine diesbezüglich positive Ausnahme stellt die engagierte Afrika-Korrespondentin des ORF, Margit Maximillian, dar.

Wolfgang Koppler *

„Alles andere ist wichtiger als Afrika“ beklagt Margit Maximilian auf der Website der Hilfsorganisation Care und verweist dabei auf Gleichgültigkeit und Unwissen von vielen ihrer Kolleg:innen zu dortigen Konflikten, aber auch positiven und negativen Entwicklungen in diesem vergessenen Teil der Welt.

Die ORF-Journalistin ist viel in Afrika unterwegs und der Kontinent ist ihr fast schon zur zweiten Heimat geworden. Wie auch ihr Beitrag im letzten ORF-Weltjournal über den Bau einer Ölpipeline in Uganda beweist. Sie zeigt ein sehr buntes Bild dieses Landes. Die wunderschönen Naturparks, ebenso wie die Armut und die unterschiedlichen Ansichten zu dem – angesichts des Klimawandels, aber auch der zu befürchtenden Beeinträchtigungen der Umwelt problematischen – Projekt. Aber ebenso wie andere afrikanische Staaten benötigt das im Vergleich zu seinen Nachbarn noch relativ friedliche Uganda Impulse für die Wirtschaft, auch um später selbst auf umweltfreundliche Technologien setzen zu können.

Auch wenn der Westen für den Klimawandel verantwortlich ist, dürfen wir uns nicht selbst die Hände schmutzig machen, um gegenüber den Industrieländern auftreten zu können, meint ein afrikanischer Aktivist. Wir sollten uns zusammensetzen, um globale Gerechtigkeit zu entwickeln. Man kann eine derartige Gelassenheit angesichts der vielen hundert Milliarden Dollar, die Ukrainekrieg und Wiederaufbau kosten werden – und der selbstgefälligen Kriegspropaganda des Westens (Europa im Kampf gegen Putin, wie vor einigen Monaten die Avisos auf ORFIII lauteten) – nur bewundern.

Es ist bezeichnend, dass Margit Maximilian von Kolleg:innen und Medienkonsumenten kaum wahrgenommen wird. Afrika ist einfach nicht „in“. Wer sich für die Projekte von Care und für die Arbeit von Margit Maximilian interessiert:

Warum „alles Andere ist wichtiger als Afrika“ nicht stimmt

* Wolfgang Koppler ist Jurist und Journalist und lebt in Wien

Kritik am ORF

Ohne entsprechende Gegenargumente hat jüngst eine ZiB2- Sendung den Einsatz von Streumunition als taktisch vorteilhaft verharmlost.

Wolfgang Koppler *

Kürzlich wurde ja eine Änderung des ORF-Gesetzes beschlossen und hat auch im Plenum des Nationalrates die erforderliche Mehrheit bekommen. Auf eines wurde allerdings vergessen: Den Namen ORF entsprechend der Berichterstattung zum Ukrainekrieg umzuwandeln in SOG: Sender ohne Gewissen.

Dieser Gedanke kam mir anlässlich eines ZiB2-Beitrags zu der von den USA angekündigten Lieferung von Streumunition. Moderator Martin Thür erklärt uns, dass diese schon beiden Seiten eingesetzt wird. Oberst Reisner vom Bundesheer beschreibt uns anhand einer Graphik die taktischen Vorteile des Einsatzes dieser von 110 Staaten vertraglich geächteten Waffen. Russland und die USA seien (ebenso wie die Ukraine) diesem Abkommen ja nicht beigetreten. Und die vielen Toten, Verwundeten und Amputierten bekommen Zuseher und Journalisten sowieso nicht zu Gesicht. Man darf annehmen, dass auch der Einsatz von taktischen Atomwaffen eine ähnlich wohlwollende Aufnahme in der ZiB2-Redaktion erfahren würde.

Interessant, dass nicht nur UN-Generalsekretär Guterres und selbst Premier Rishi Sunak für die ansonsten durchaus kriegerischen Briten laut APA ihre Ablehnung geäußert haben.

* Gastautor Wolfgang Koppler ist Jurist und Journalist und lebt in Wien.

Medial überdramatisierte Welt

Menschliche Psyche findet negative Nachrichten wichtiger.

Hans Högl

Ich greife den medienkritisch – wertvollen Beitrag der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift „Pragmaticus“ auf. Auf S. 15 heißt es zutreffend: „Wir leben in einer überdramatisierten Welt. Das hat viel mit den Mechanismen des Mediengeschäfts zu tun. Schlechte Nachrichten verkaufen sich einfach besser, jede Webseite kann dies mit einem Klick genau überprüfen.“ Es liegt aber auch an der menschlichen Psyche: Gute Nachrichten werden als weniger wichtig und auch weniger spannend wahrgenommen.

Der Medienkonsument sollte sich fragen: Kommen auch unterschiedliche Standpunkte vor, oder berichtet das Medium gesamtheitlich einseitig zu einer Thematik? Sind die Autoren wirklich unabhängig oder verfolgen sie – wie beispielsweise NGOs und Lobbygruppen ganz spezifische Ziele der Meinungsbeeinflussung? Ähnliches gilt für Studien und Statistiken.

Unter Framing wird verstanden, aus einem realen Geschehen jene Aspekte hervorzuheben, dem dem gewünschten Erzählmuster entsprechen.

Schwerpunkt „Good News“

Good News ist das Hauptthema der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift „Pragmaticus“.

Hans Högl

Die Zeitschrift brachte im Juli einen Schwerpunkt, einen ausführlichen, über Good News, und zwar so ausführlich, wie ich es bisher nie in einem Magazin gesehen habe. Ich sah gute Ansätze im deutschen Magazin „Stern“, ich sah bisweilen kurze Gute Nachrichten in den „Salzburger Nachrichten“ und auch im „Kurier“, aber in dieser umfassenden Form noch nie irgendwo. Dies hier in „Pragmaticus“ ist eine fundamentale Medienkritik.

Der Chefredakteur von „Pragmaticus“ (stammend aus dem Red- Bull- Konzern) ist ein ehemaliger Wirtschafts – Ressortleiter im „Standard“. Aus den vielen Seiten „Guter Nachrichten“ kann ich hier nur auf ein paar hinweisen. Offenbar sind sie inspiriert von dem schwedischen Statistiker Hans Rosling. Irgendwo scheint so nebenbei sein Name auf.

Sehr wichtig erscheinen mir die Aussagen des Saarbrückner Soziologieprofessors Martin Schröder. Greifen wir ein paar Beispiele auf: Afrikas Schulbildung ist schon „längst der Normalfall, nicht mehr die große Ausnahme“. Die Menschheit hat schon viele angekündigte Weltuntergänge ohne Schrammen überstanden: Wir haben das Ende des Maya-Kalenders überlebt, das Ozonloch, den Millennium-Bug unbeschadet überstanden. Der nächste Weltuntergang kommt bestimmt. Das reicht für diesmal. Man lese das Magazin.

Reste von Vernunft

Hin und wieder ist auch in der Kronenzeitung Positives zu entdecken.

Wolfgang Koppler *

Man sagt mir nach, ich sähe im Emmentaler nur die Löcher. Und so fallen mir meistens Beispiele für schlechten Journalismus auf.

Die Krone vom 3.7. war (abgesehen von der etwas reißerischen Schlagzeile) eine angenehme Überraschung. Auf den Seiten 2-3 ein Interview mit Philipp Kucher, dem neuen Klubchef der SPÖ im Nationalrat, in dem es darum ging, wie man die Partei wieder einen könnte. Kucher gilt ja als Doskozil-Mann (aber auch als Brückenbauer) und erkennt die Notwendigkeit, Doskozil und seine Anhänger in den Erneuerungsprozess einzubinden

Ein wirkliches Highlight war aber Christians Hauensteins Artikel auf S 4: Er nimmt die Diskussion über die österreichische Neutralität anlässlich des nicht ganz unproblematischen Beitritts zum Luftverteidigungssystem Skyshield zum Anlass, die internationale Bedeutung der Neutralität von Österreich und der Schweiz als Beispiel für andere Länder hervorzuheben, die – so wie einst Österreich – in den Konflikt zwischen Machtblöcken zu geraten drohen.

Zu solchen Ländern zählen ehemalige Sowjetrepubliken wie die 5 „Stans“, also Turkmenistan, Kasachstan, Usbekistan. Kirgistan und Tadschikistan. Das autoritär regierte, aber laut Verfassung neutrale Turkmenistan hat nämlich in Kooperation mit der Parlamentarischen Versammlung der OSZE zu einer Veranstaltung mit dem Titel „Neutralität in Zentralasien“ nach Aschabad geladen, zu der neben Vertretern der obgenannten Staaten auch Diplomaten aus Deutschland und Russland kamen. Und Experten aus der Schweiz und Österreich, wie etwa Heinz Gärtner, die die Vor- und Nachteile sowie die jeweilige Auslegung der Neutralität in ihren Ländern erklärten. Sie sprachen sich für einen neutralen Block in Zentralasien aus. Kronejournalist Christian Hauenstein meinte am Schluss seines Beitrags, die „atomwaffenfreie Pufferzone“ dieser Staaten könnte dadurch stabiler werden.

Was eigentlich jedem vernünftigen Menschen einleuchten müsste. Insbesondere wenn man Politik als Spiel von Interessen begreift. Aber in Kriegszeiten geht die Vernunft bekanntlich regelmäßig verloren. Und so wurde auch diese Veranstaltung in anderen Medien weitgehend totgeschwiegen. Denn Neutralität gilt als unmoralisch.

*Gastautor Wolfgang Koppler ist Jurist und Journalist und lebt in Wien

Keine 2/3-Gesellschaft

Kein Arbeitslosen -„Heer“- trotz Internet. Ein Ergebnis der Arena-Analyse 2023, die kürzlich präsentiert wurde.

Hans Högl

Österreich braucht mehr Arbeitende, als zur Verfügung stehen. 2022 konnten 70 % aller Betriebe ihren Personalbedarf nicht zur Gänze decken.

Die Arena Analyse 2023: „Chancen in Sicht“- hg. von Kovar & Partners – Verfasser: Walter Osztovics und Andreas Kovar- wurde kürzlich im österreichischen Parlament präsentiert. Daraus heben wir einen Aspekt hervor, der bisher in Medien wenig beachtet wurde.

Die Arbeit geht uns aus, so tönte es häufig in vergangenen Jahren …. Durch das Internet und die Automatisierung käme es definitiv zu einer Zwei-Drittel-Gesellschaft: Zwei werden Arbeit haben, das andere Drittel ist definitiv arbeitslos. Also rund 30 % Arbeitslose – eine schaurige Zahl! Um dem zu begegnen, böte sich als Lösung das Grundeinkommen für alle an….

Hier die dreifach begründete Entwarnung- diesen Wandel greife ich exklusiv für die Vereinigung für Medienkultur auf. Die Gründe dafür sind: demografischer Natur, der Wertwandel und gemanagte Zuwanderung.

Zur Bevölkerung: Die Zahl der geborenen Kinder betrug in Österreich 1958 knapp 120.000 (exakt: 119.755). Im Jahr 2013 waren es nur 78.235 Kinder. Es gibt also viel weniger 20-jährige, die ins Berufsleben einsteigen, als 65-jährige, die ausscheiden. Diese Schieflage wird bleiben. 1973 machte sich der Pillenknick bemerkbar, und die Zahl der Geburten fiel erstmals unter 100.000.

Doch die Generation derer, die ins Erwerbsleben einsteigen, hat auch andere Wertvorstellungen als damals. Hohes Einkommen steht nicht mehr an erster Stelle. Neben dem Wunsch nach Sinnerfüllung und Entfaltungschancen spielt auch die erwünschte Arbeitsbelastung eine Rolle. Forderung nach einer Viertage-Woche oder 30-Stunden-Teilzeitjobs gehören in Vorstellungsgesprächen zur Tagesordnung. Viele wollen eigene Ideen einbringen und/oder genügend Freizeit haben, etwas Nützliches für die Gesellschaft tun, und die Familie soll nicht zu kurz kommen.

In diesem Sinne sind Ökonomen der Ansicht. Wir brauchen eine Nettozuwanderung, ein Immigrationssaldo, von rund 21.000 Menschen, damit die Bevölkerung einigermaßen stabil bleibt. Für die österreichische Wirtschaft reicht das nicht: dafür wäre eine Nettozuwanderung von 50.000 Menschen im Jahr nötig (Arena-Analyse S. 28 f. ).

Ku-Klux-Kan: Hintergründe

Feinde der Ku-Klux-Kan

Hans Högl: Zur ARTE- Doku über die Ku-Klux-Kan

Es war gestern ein Glückstreffer, diese Doku gesehen zu haben. Von den Ku-Klux-Klan hatte ich bisher nur eine vage Vorstellung von seltsam verkleideten, radikalen Figuren in den USA. Diese Doku verwies auf Hintergründe im amerikanischen Bürgerkrieg und schildert ihr Entstehen zu einer Massenbewegung in den Südstaaten und ihren Einfluss auf die Gesetzgebung und wer als Feinde dieser Bewegung gelten, nämlich nicht nur die Schwarzen….Die Dokumentation kann in der ARTE-Mediathek abgerufen werden.

ARTE- Dienstag 4. Juli ab 20.15 „Der Ku-Klux-Klan. Die Geschichte eines Hasses“

Medialer Trauertag 30.6.2023

Das Aus für die Wiener Zeitung steht unmittelbar bevor. Morgen erscheint die letzte Printausgabe der ältesten Tageszeitung der Welt. Hoffnung auf Weiterbestand muss begraben werden.

Udo Bachmair

Die renommierte „Wiener Zeitung“ ist Geschichte. Alle Appelle und Initiativen zur Rettung des zum Kulturgut gewordenen Qualitätsblattes haben offenbar nichts gefruchtet. ÖVP und Grüne, vertreten durch Medienministerin Susanne Raab und Mediensprecherin Eva Blimlinger haben der Zeitung den Todesstoß versetzt. Der 30. Juni 2022 wird als medialer Trauertag in die Geschichte erbärmlicher Medienpolitik hierzulande eingehen.

Dass die Regierungspartei ÖVP an der Zerstörung der Wiener Zeitung festhalten würde, war nicht weiter überraschend. Sie hat ihren Machtanspruch und ihre Einflussversuche auf Medien während der Kurz-Ära massiv erweitert. Dass aber auch die Grünen, früher leidenschaftliche Fürsprecher von Qualitätsmedien und Medienvielfalt stur geblieben sind, erscheint rätselhaft. Ihre Mittäterschaft am Tod der Wiener Zeitung ist für Politstrategen völlig unverständlich. Vergrämen sie damit doch einen Großteil des bisher durchaus grünaffinen Medien- und Kulturbereichs.

Auch seitens des Bundespräsidenten, dem eine gesunde Medienlandschaft mit Medienvielfalt und Qualitätsjournalismus allein schon aus demokratiepolitischen Gründen ein Anliegen ist bzw. sein sollte, hat es an Unterstützung gemangelt, die älteste Zeitung der Welt am Leben zu erhalten. Der Vorwurf an ihn lautet, die Regierung nicht auf die vorhandenen Alternativangebote zur Weiterführung der Zeitung verwiesen zu haben.

Ungehört verhallt ist übrigens jener Brief, den der legendäre Hugo Portisch gemeinsam mit Heinz Nussbaumer vor 4 Jahren veröffentlicht hat. Darin heißt es unter anderem:

In einer Zeit, in der Qualitätsmedien weltweit einen Überlebenskampf gegen Banalität und Trivialisierung führen müssen – und ihn zu oft auch verlieren –, ist jede Würdigung und Auszeichnung für diese aus vielen Gründen außergewöhnliche österreichische Zeitung ein wichtiger Beitrag, um das Fortbestehen der Wiener Zeitung auch in Zukunft abzusichern.
Diese Hoffnung muss nun begraben werden. Ein möglicher Lichtblick jedoch besteht darin, dass bei einer neuen Regierung nach der nächsten Nationalratswahl die Wiener Zeitung eine Chance auf Wiederauferstehung hat.

Ein Buchautor klärt auf

Drei Epochen der Aufklärung sieht der Buchautor Thomas Halik: der Vernunft, Emotionalität, des Klimas. „Aufklärung“ bietet er auch in anderen Fragen.

Hans H ö g l

Passagen aus dem Buch: Thomas Halik (2022): Der Nachmittag des Christentums.Eine Zeitansage,Freiburg, Herder, 317 S.- mit Index und Anmerkungen. Der tschechische Soziologe und Theologe Thomas Halik schrieb ein epochales Buch – primär zur Zukunft des Christentums. Ich greife daraus einige Passagen auf, die meiner Ansicht nach im Sinne der Medienkultur von Interesse sind. Halik schreibt sinngemäß:

Die erste Aufklärung hat die Epoche der Moderne eröffnet. In ihr sieht Thomas Halik die Emanzipation der Vernunft (17./18.Jahrhundert – vgl. Jahr 1789). In der zweiten Aufklärung wurde gegen die vorausgehende Generation der Eltern revoltiert, die den 2. Weltkrieg und den „Kalten Krieg“ erlebt haben. Die zweite Aufklärung ist die Emanzipation der Emotionalität (u. Sexualität – vgl. Jahr 1968). Die dritte Aufklärung legt großen Wert auf ökologische Verantwortung – angesichts des unbestreitbaren Klimawandels und lehnt neoliberalen Kapitalismus und unbeschränktes Wachstum ab und fordert einen alternativen Lebensstil. Eine globale mediale Aufmerksamkeit habe das „Auftreten der Kinderprophetin Greta Thurnberg gewonnen“ (p. 169 f.).

Doch Halik meint auch, das Wort „Krise“ gehört zu den am meisten benutzten Worten unserer Zeit. Kein Wunder, dass es schon viele Menschen ermüdet und gereizt reagieren lässt. Gab es denn eine Zeit ohne Krisen, ist unsere Zeit mit ihren Krisen wirklich außergewöhnlich? fragt er (p. 89). Das Misstrauen gegen die jetzige ökonomische und politische Weltordnung spiele dem politischen Extremismus, Populismus und Fanatismus in die Hände.

Ähnlich wie in der Zeit der Wirtschaftskrise der 30-er Jahre des 20. Jahrhunderts radikalisieren sich die Linke und die Rechte. In manchen postkommunistischen Ländern kommt die nationalistische Rechte zur Macht, während sich vor allem im akademischen Milieu mancher amerikanischer und westeuropäischer Universitäten die Anhänger der radikalen linken Ideologie des Multikulturalismus und der Politischen Correctness zu ihren Gegnern mit einem solchen Maß an Intoleranz, Arroganz und Fanatismus verhalten, dass es fast an ideologischen Säuberungen aus der Zeit der Kommunismus erinnert (p. 168 f.).

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