Archiv der Kategorie: Studien / Rezensionen

Mehr „Selbstmorde“ als Verkehrstote

Einen anderen Umgang der Medien mit dem „Suizid“ hält Filmproduzent Golli Marboe für wünschenswert

Hans Högl

Der 10. September ist Welttag der Suizidprävention, eine Initiative der Welt-Gesundheitsorganisation (WHO). Ziel ist es, uns für dieses enorme Problem zu sensibilisieren. Das lateinische Wort Suizid bedeutet Selbst -„Mord“, besser Selbsttötung. Medien berichten so gut wie nie über einen Suizid, da er nachgeahmt wird. Das erwies die Suizidwelle zum „Werther“-Roman von Johann W. Goethe. Um dies zu verhindern, vermeiden Medien Berichte drüber.Das ist eine reelle Medienselbstkontrolle. Von Leuten, die sich vor die U-Bahn stürzen, wird nicht berichtet.

Der Filmproduzent Golli Marboe und Obmann des Vereins zur Förderung eines selbstbestimmten Umgangs mit Medien hat bereits bei der letzten Generalversammlung der Vereinigung für Medienkultur darauf hingewiesen, dass Medien die Frage des Suizids anders gewichten sollten. Seit dem 2.Vatikanischen Konzil gewährt die Katholische Kirche den Menschen, die sich selbst getötet haben, ein kirchliches Begräbnis. Dazu hat die Expertise des österreichischen Psychoanalytikers Dr. Erwin Ringel beigetragen.

Die Wiener Kirchenzeitung bringt in der neuesten Ausgabe (6.Sept.) ein längeres Interview mit Susanne Kummer, einer Bioethikerin. Sie sagt, dass die Suizidrate im Alter zunimmt – auch wegen der Vereinsamung. Auch Jugendliche sind stark betroffen. Zwar sinke die Suizidrate in Österreich kontinuierlich, dennoch gibt es jährlich drei Mal soviel Suizide als Verkehrstote: Im Jahr 2018 nahmen sich in Österreich 1.209 Personen das Leben. Jährlich nehmen sich weltweit rund 800.000 Menschen das Leben.
Für Menschen in Krisensituation gibt es in Wien unter www.suizid-praevention.gv.at eine Anlaufstelle (mit Telefon) oder die Telefonseelsorge Tel. 142 , täglich 0 – 24 Uhr. (www.telefonseelsorge.at)

Perle im Fernseh-Meer des Larifari. Wissenschafter-Biografie

Ein Meisterwerk eines deutschen TV-Films über das Leben des Astronomen Johannes Kepler. Dies im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Bei privaten TV-Anstalten dominiert eher Kommerz mit Unmengen an Schwachsinn. Aber es gibt Ausnahmen.

Hans H ö g l

Die Corona-Wochen gaben mir den Impuls, ungelesene Bücher zu entsorgen. Das Buch „Unser Kosmos“ hatte ich bisher nie angerührt. Und da kam eines zum anderen. Ich vertiefte mich ins Buch, und da bot Fernsehen einen deutschen Film, produziert von SWR,BR und Arte, über Leben und Werk des Astronomen Johannes Kepler. Der Film: ein Meisterwerk einer Wissenschafter-Biografie. Das Anschauliche des Filmes verlebendigte das Buch des US-Astronomen Carl Sagan und darin fesselte mich der Bezug Religion und Astronomie. Kepler, 1571 geboren im württembergischen Städtchen Weil, studierte Theologie in Tübingen, um Geistlicher zu werden, und da er protestantische und mathematische Interessen hatte, wurde er nicht Geistlicher, sondern Mathematik-Lehrer in einer evangelischen Schule in Graz. Doch in Graz griff die katholische Richtung hart durch, da verließ Kepler diese Stadt und wurde obgleich Protestant nach Prag berufen als Mitarbeiter des Astronomen Tycho Brahe am Hof des katholischen Habsburgers Rudolf II. Hier entdeckte Kepler die nach ihm benannten Planetengesetze. Sein Schirmherr Rudolf II. wurde abgesetzt, und Kepler wurde „aufgrund seines kompromisslosen Individualismus in Fragen der Lehre aus der lutherischen Kirche ausgeschlossen“.

Keplers 74-jährige Mutter Katharina wurde als Hexe verdächtigt und in Württemberg bei Nacht und Nebel in einer Wäschetruhe fortgeschafft und „in einem Kerker der Protestanten“ gefangen gehalten und sollte – wie Galilei von den Katholiken – als Hexe gefoltert werden. Ihr Sohn zeigte Widersprüche im Prozess auf, und so wurde Keplers Mutter nur „bei Todesstrafe lebenslänglich aus Württemberg verbannt“. Zwischen 1615 und 1629 wurden in dem Heimatstädtchen Weil jährlich drei Frauen gefoltert und als Hexen verbrannt. Nun: Hexenprozesse gab es auch im puritanischen frühen Amerika. Vgl. Arthur Millers Theaterstück „Hexen von Salem“ mit historischem Hintergrund.

Eine Rückblende zum Bezug Weltbild und Religion: Bekannt sind die Verbrennung des Dominikanermöchs Giordano Bruno als Ketzer und Galileis Probleme mit der Katholischen Kirche. Höchstens beiläufig ist bekannt, dass Kopernikus katholischer Geistlicher war und Martin Luther ihn, den Heliozentriker, als Emporkömmling und Narren bezeichnete. Dies zum Bezug christlicher Konfessionen zum Werden des neuzeitlichen Weltbildes.

Quelle: Carl Sagan „Unser Kosmos“, München 1982, p. 76-79.

Der Komet kommt….

In diesem Blog befasse ich mich mit der Angst vor Kometen, ohne die Angstproduktion von gewissen Medien zu übertreffen.Vgl. auch unseren letzten Blog. Es geht mir darum, aus Angst konkrete Furcht zu machen.

Hans Högl

Menschen erfasst Angst, wenn Kometen am Himmel erscheinen. Sie sind immer wiederkehrende Gäste im Sonnensystem. In Nestroys Theaterstück „Lumpazivagabundus“ warten der Schuster Knieriem und seine Handwerkerfreunde auf den Kometen.

Gewisse Kometen kommen in regelmäßigen Abständen. So kommt der Halleykomet jedes 76. Jahr wieder. 1682 wurde er entdeckt. Es gibt auch nichtperiodische Kometen.(Duden:Astronomie, S.116 ff.). Ein Zusammenstoß der Erde mit einem Kometen oder einem größeren Asteroiden „ist nicht für alle Zukunft auszuschießen“ (Staguhn,2011, S. 149). Vor 65 Millionen Jahren traf ein riesiger Asteroid (= Meteorit) die mexikanische Halbinsel Yukatán und löste ein gigantisches Artensterben aus, dem die Dinosaurier zu Opfer fielen (Ebd. S.195).Dies ist eine der Theorien.

Kometen bestehen aus Eis und aus eingelagerten Teilchen. Für manche sind sie gleichsam „schmutzige Schneebälle“. In Sonnennähe lösen sich Gase und Staub von der Oberfläche und bilden den Kometenschweif.

„Der Spiegel“ lieferte viele Jahre den Deutschen die schaurigst möglichen Umweltkatastrophen, und eben dieser „Spiegel“ machte sich in einer Ausgabe über die Deutschen lustig, die Hypochonder wären. Vereinzelte Umweltbewegte, so ein Engagierter und seit Langem „Spiegel“-Gläubiger, dramatisieren ökologisch derartig, dass man sich jede Woche das Leben nehmen müsste. Diese Total-Negativität lähmt entschlossenes Tun.

Auch Sterne müssen sterben. Für Freunde von Katastrophen

Medien sind voll von Unglück, Konflikten und Katastrophen. Dem will ich mich widmen – und Gefahren der Sternenwelt aufgreifen und Raum für Angstlust schaffen. Sollen wir die Erde verlassen, bevor sie unbewohnbar wird?

Hans Högl

Rein statistisch gesehen wird die Erde alle 10.000 Jahre von einem etwa 200 m großen Asteroid getroffen. Der Einschlag hätte schwerwiegende – vor allem klimatische Folgen für die Einschlagregion. Ein Einschlag im Meer würde mit einer gewaltigen Flutwelle vor allem Küstenregionen heimsuchen.

Sollen wir die Erde verlassen, bevor sie unbewohnbar wird? Die Menschheit könnte im Sonnensystem Kolonien bilden, um den Fortbestand der Gattung zu sichern. Für den Fall, dass die Erde durch einen Astroideneinschlag unbewohnbar wird. Für die lange Fahrt können sich Astronauten einfrieren.
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Zusammenstöße zwischen Sternen selbst „sind so gut wie ausgeschlossen“ und zwar wegen den riesigen Abstände. Doch in dichten Galaxien könnte sich alle 500 Millionen Jahre ein Zusammenstoß ereignen. Dieser Zusammenstoß würde sich aber wieder über Millionen Jahre erstrecken. Dabei können Galaxien miteinander verschmelzen oder einander durchdringen, wobei eine Galaxie der anderen Sterne entreißen kann. „Das hört sich dramatisch an, ist aber für die Sterne der beiden Galaxien folgenlos“ (S. 45)

Unsere Milchstraße erwartet einen Zusammenstoß mit dem Andromedanebel. Sie bewegen sich aufeinander zu mit 200 km/sec. Daraus folgt, dass sie in etwa 3,7 Mrd. Lichtjahren zusammenstoßen werden (Ebenda).

Dies fand ich in dem Buch Gerhard Staguhn (2011) Die Rätsel des Universums, Köln. Mit Sach- und Personenindex. Umfang: 206 S. Der Autor ist Journalist und hat sich intensiv mit Astronomie befasst und schreibt außergewöhnlich klar.

Vgl. ferner: Prinja Raman (2005) Das Universum. Fasziniernde Entdeckungen im All, Darmstadt (Orig. Engl. 2004). – Duden (2001) Astronomie. Basiswissen Schule.Sehr geeignet zur Klärung von Begriffen.

Globale Themen als Kurz-Infos. Medientipp

Wie finden Interessierte verlässliche Kurz-Infos über globale Themen – und nicht nur dann, wenn ein Konflikt ausbricht (vgl. Libanon)

Hans Högl

Der deutsch-französische Kultursender ARTE bringt die je 10-minütige exzellente Kurzsendung „OFFENE GRENZEN„. Einige Themen als Beispiele:

Chinas Machtinteressen im Westpazifik/ Japan-Rückkehr ins Zentrum?/ Geopolitik im Cyberspace/ Künstliche Intelligenz als neues Machtinstrument?/ Singapur- Modellstaat?/ Kann Großbritannien auf den Commonwealth setzten?/ Ernährung: Globalisierung auf unseren Tellern/ Wer beherrscht den Weltraum?/ Migration in Afrika/Epidemien im Laufe der Geschichte…..

Wer diese Sendungen programmiert, verfügt über gute Übersichten.

Erlebnis der Vielfalt des Donauraumes

Existieren in Medien Staaten an der Donau – wie Bulgarien- nur dann, wenn es politischen Protest gibt? Die „Donau“-Ausstellung in der Schallaburg zeigt Wirtschaftliches, Kulturelles und Ökologisches, das wenig bekannt ist.

Hans Högl

Seit einer Woche existiert in den Medien sogar Bulgarien. Nun – da es Proteste gibt -über eine längst gegebene Unzufriedenheit. Bis vor Kurzen gab es kein Interesse an Berichten über Bulgarien und Rumänien. Das ist eigene Erfahrung.

Die Ausstellung „Donau. Menschen, Schätze & Kulturen“ in der Schallaburg bei Melk lenkt den Blick auf diesen großen Strom und auf zehn Anrainer-Länder mit sieben Sprachen. Wer weiß, dass auch die Ukraine und Moldawien Anteil an der Donau haben? Die Reise führt vom Donaudelta beginnend in zehn Ausstellungsetappen bis in die Wachau. Das wissenschaftliche Konzept stammt vom Byzantinisten Dominik Heher.

Über das Eiserne Tor hatte schon der römische Kaiser Trajan eine imposante Brücke bauen lassen. Heute ist dieses Nadelöhr entschärft durch ein E-Werk, und so können Fische vom Schwarzen Meer nicht mehr donauaufwärts schwimmen. Die bulgarischen Stadt Ruse bzw. Russe wird ausführlich dargestellt. Aus Ruse stammt Elias Canetti. Ein Bulgare war auch der „Verhüllungs“-Künstler Christo.

Am serbischen Donauufer wurden jungsteinzeitliche Funde von der Vinca-Kultur geortet. Vor mehr als 7.000 Jahren lebten hier Menschen, und die antike Kultur aus dem Orient gelangte donauaufwärts nach Westeuropa. Vertieft werden die geopolitischen Konflikte zwischen den Habsburgern und den Osmanen vom 16.-18. Jahrhundert.- Die Wasserstraße der Donau ist auch Quelle für Freizeit und Lebensraum für Tiere und Pflanzen.

Ich besuchte die Ausstellung vergangenen Donnerstag. Ein Bekannter warnte mich vor einem Massenandrang. Dem war nicht so. Die Ausstellung ist gut besucht, aber ich war mit nicht mehr als 3-5 Personen gleichzeitig in einem Raum.

Gibt es das- „Der Spiegel“ mit Positivnachrichten?

Hans Högl. Buchrezension

Auf allen Kanälen erreichen uns Bilder und Nachrichten aus einer Welt, die aus den Fugen zu geraten scheint. Diverse Medien umstellen die Öffentlichkeit fast lückenlos mit schlechten Nachrichten. Kein Wunder, dass die Menschen Angst vor der Zukunft haben.

Aber diese Perspektive offenbart nur einen Teil der Wirklichkeit. Sie beschränkt sich darauf, was schief geht. Und das sehr kritische Magazin „Der Spiegel“ fragt: Wie war das vor zehn, vor 50 Jahren?

Und so handelt das SPIEGEL-BUCH „Früher war alles schlechter“ von langfristigen Fortschritten der Menschen und stellt dies in kurzen Texten und illustrativen Graphiken dar.

Die im Buch erörterten Themen, in denen sich die Welt verbesserte, sind z.B.: Meerwasserentsalzung, Sauberes Wasser weltweit und sanitäre Anlagen, Müttersterblichkeit, Wohlstand in China, Schusswaffenkriminalität, Zugang zu Elektrizität, Jugend und Alkohol. Insgesamt werden in einem Band 63 Themen erörtert. Es lohnt sich, das Buch zu lesen.

Dramatisierende Journalisten, Aktivisten u. Politiker

Kommentar über Medien durch den Wissenschafter Hans Rosling im Buch „Factfulness“(2020). Wiedergabe des fast identischen Worlautes von Hans Högl (S. 304).

Journalisten, Aktivisten und Politiker sind auch nur Menschen. Sie erliegen wie wir alle einer dramatisierenden Weltsicht. Es ist nicht das Berufsverständnis des Journalismus und nicht das Interesse von Aktivisten und Politikern, die Welt so darzustellen, wie sie ist.

Sie werden stets darum konkurrieren,
unsere Aufmerksamkeit durch aufregende Geschichten und Dramatik zu gewinnen.

Sie werden sich immer eher darauf konzentrieren,
– was Ungewöhnliche ist als auf das Gewöhnliche,
– auf neue als auf die sich langsam verändernde Verhaltensmuster

Dies betrifft sogar die hochwertigsten Nachrichtenkanäle, so Hans Rosling. Die Ergebnisse der Statistikbehörden wären zwar korrekt, aber schlicht zu langweilig.

Manche Journalisten sind sich des Einflusses negativer Nachrichten bewusst sind und bemühen sich um konstruktive Nachrichten. Es bleibt abzuwarten, welche Folgen das hat. Erwarten wir nicht, dass sich Medien allzu weit in diese Richtung bewegen. Stattdessen müssen wir Verbraucher lernen, mit Nachrichten faktenbezogen umzugehen.

Publik-Forum: Kirchen-unabhängige Zeitschrift

Hans Högl: Tour d` horizon im Publik-Forum (Kurzrezension)

In der Regel erscheint die deutsche Zeitschrift „Publik-Forum“ 14-tägig. Sie versteht sich als kritisch-christlich-unabhängig. Sie wurde von einer Initiative von Christen und Christinnen gegründet -und zwar ökumenisch-überkonfessionell und unabhängig vom Amt der christlichen Kirchen und hebt öko-soziale und politische Aspekte hervor.Ein Merkmal ist, dass sie auf gelungene Beispiele und engagierte Personen hinweist, gut lesbar ist, gern Lebensgeschichtliches bringt, und sie kann nach üblicher Diktion als „progressiv“ eingestuft werden. Sie bietet kostenlose Testexemplare an: www.publik-forum.de/pfplus

Mit Bedacht ackerte ich die letzten Hefte von Publik-Forum durch: Erfreulich ist die Vielfalt an Beiträgen: das Leben Dalai Lamas (Nr.12), Beiträge über Ökologie, die Mut machen (Kohleausstieg in Deutschland, Aufwertung der Bahn in Österreich, das erstaunliche Bild von Bäumen auf Mailands Hochhäusern).

Die Worte über die Opfer-Attituden von Matthias Lohre treffen ins Volle (Nr.13), ebenso das Thema angeblicher Mikro-Aggression, wenn freundlich nach ethnischer Herkunft gefragt wird. Der kritische Beitrag über das „Das System des Fleischbarons“ Tönnies ist solide. Aber es fehlt der Bezug auf Sigmar Gabriel. Dies ist eine Lücke im Abschnitt „Personen und Konflikte“.

Publik-Forum

Turbo-Tourismus in Ischgl als Bildband

Der Corona-Virus griff von Ischgl bis nach Island über. Da durchbrachen Massenmedien ihre Abstinenz, kritisch über Ischgl zu berichten. Nun liegt der Fotoband „Ischgl“ vor. Davon bringt „Medienkultur“ eine fundiertere Rezension als sonst in Medien üblich.

Hans Högl: Rezension

Der „Standard“-Redakteur Stefan Gmünder geht im April 2020 mit dem Fotografen Hechenblaikner durch Ischgl und erlebt gespenstische Stille. Die Gesichter der Menschen sind verschlossen, es irrlichtert das Team eines TV-Senders herum und sucht nach Sensationen. Hechenblaikner wird um ein Interview gefragt, er lehnt ab.

„Journalisten, die für einen Tag anreisen, um auf der Jagd nach einer schnellen Geschichte nur das suchen, was sie bestätigt sehen wollen, sind ihm ein Gräuel. Dass es unter den Einheimischen schon lange Widerstand gegen Partyexzesse gibt, wird in solchen Storys ebenso wenig erwähnt, wie dass Ischgl versucht, mit erstklassigen Hotels und Gourmetlokalen entgegen zu steuern.“

Seit 26 Jahre dokumentiert Hechenblaikner, Tiroler aus dem Alpbachtal, was sich in Ischgl abspielt, dem hochalpinen Ballermann des Skitourismus. Seine Bilder zeigen die Entwicklung eines armen Bergbauerndorfes zu einem Brennpunkt von Turbotourismus. Zu Fotoausstellungen wird der Tiroler Hechenblaikner im Ausland, nicht in Tirol eingeladen.

Für den breitformatigen Fotoband traf Hechenblaikner eine Auswahl unter 9.000 Bildern. Sie zeigen eine unbeschreibliche Drastik von Suff und entgrenzt-blöden Späßen ohne Scham und Wahrung jeglicher öffentlicher Sitte und entspannten Hormonhaushalt. Den architektonischen Wirrwarr im „Lifestyle“-Ort Ischgl spart der Bildband aus. Auch andere Bildbände wie „Winterwonderland“ (2012), „Hinter den Bergen“(2015) erschienen im Göttinger Steidl Verlag.

Ein Vater berichtete uns, dass seine Tochter von einer großen deutschen Versicherungsgesellschaft mit einem Urlaub in Ischgl belohnt wurde. Sie verließ diesen Pfuhl schwer erkrankt und Corona-infiziert. Mit der Ischgl-Welt hatte die Versicherung 40 Mitarbeiter honoriert, einer davon ist gestorben.

Am Ende des Fotobandes sind 15 Pressetexte der Tiroler Landespolizei über Streitereien und Körperverletzungen in Ischgl abgedruckt. So stellte sich ein Gast zu später Stunde auf die Theke, der Kellner überreichte ihm einen brennenden Golfschläger zum Köpfen einer Champagnerflasche, wobei es zu einem Umfall kam.

Nicht nur Ischgl erweckt Nachdenken. Am 26. November 2008 wird von dicker Luft zwischen Salzburger Touristikern und der Kripo berichtet. Denn es wurden partyverlängernde Substanzen wie Kokain oder Ecstasy konsumiert. Die Daten belegen, dass die Wintersaison in Skigebieten auch drogenanfällig ist. Beim Après Ski wurden verbotene Substanzen, Cannabis bis Kokain unter die Partygäste gebracht- von wem auch immer. Vgl. die letzte Seite des Ischgl-Bildband und den „Standard“-Bericht vom 27. Nov. 2008.