Archiv der Kategorie: Studien / Rezensionen

Lob für Länder Afrikas

„Wir retten die Welt zu Tode“ lautet der Titel eines Buches von William Easterly. Der Autor differenziert darin seine Kritik der Entwicklungszusammenarbeit und betrachtet neben anderen afrikanischen Staaten Botsuana als Positivbeispiel.

Hans Högl

Neue Demokratien in Afrika haben sich in ressourcenarmen Ländern wie Benin, Madagaskar und Mali durchgesetzt (S. 117), während sich die ölreichen Länder wie Algerien, Kamerun, Gabun Diktaturen halten. Angola, Nigeria, Sierra Leone und Zaire sind auch ressourcenreiche Nationen.

Doch Botsuana ist ein Positivbeispiel. Trotz großer Diamantenvorkommen verwaltete es die Einkommen klug: Es verhinderte zwischen 1981 und 1987 eine Hungersnot bei der Dürreperiode. Die Regierung verschaffte mehr Dörfern Zugang zu sauberem Wasser, baute Krankenhäuser und gute Verkehrsverbindungen (S. 125).

Doch oft kommen hohe Hilfszahlungen an Nationalregierungen häufig politischen Insidern zugute, die korrupt sind. (S. 127).Bei meinem Einsatz auf den Kap Verden fanden Politiker, den Bau von Tennisplätzen für ihre Freizeitgestaltung sehr wichtig…

Doch es gibt auch gute Regierungen ohne größere Summen aus Geberländern. Verwiesen wird auf das Buch von Judith Tendler „Good Government in the Tropics“. Es geht um Ceará in Nordostbrasilien. (S. 126).

Regierungen und Geldgeber können gemeinsam etwas bewegen, folgert Prof. Easterly. Es scheint, als wären „einzelne Interventionen mit messbaren Ergebnissen -wie Schulunterricht und Stromerzeugung-aussichtsreicher als breit angelegte Programme…- wie Bekämpfung der Korruption oder Ankurbelung des Wirtschaftswachstums“ (S. 133).

Entwicklungshilfe mit Negativbilanz

Was brachte Entwicklungs-„Hilfe“ für Afrika? Dieser Frage geht ein auch noch heute lesenswertes 2006 erschienenes Buch von William Easterly mit dem Titel „Wir retten die Welt“ nach.

Hans Högl

Das Thema ist sehr umfangreich und komplex und erforderte europa-bezogen einen sehr langen Exkurs, den ich hier nicht bieten kann. Spricht man in Wien mit Kongolesen, so sind sie dankbar, in einem Land zu sein, das in Afrika keine Kolonien hatte.

Doch die europäischen Völker, vom Christentum formal geprägt, inklusive der Länder, die intensiv Aufklärung und offiziell Menschen-Freundlichkeit bekunden, handelten mit afrikanischen Sklaven und hatten Kolonialreiche. Weniger bekannt ist, dass in der Vergangenheit auch arabische Länder afrikanische Sklaven nützten und damit Handel betrieben.

In diesem Konnex ist es erschütternd über die Misserfolge der Entwicklungs-Zusammenarbeit des Westens nach 1960 mit Afrika im erwähnten Buch von William Easterly zu lesen. .

Der Autor hatte als Experte direkte Erfahrung mit Entwicklungshilfe, wie sie früher hieß. Sehr detailliert verweist er auf diverse negative Erfahrungen und Ergebnisse von der offiziell staatlichen „Hilfs-Industrie“, die ihre Ziele sehr selten erreicht. Ein Thema, das gern ausgeblendet wird.

Im Unterschied dazu waren NGOs und kleine Initiativen viel effektiver. Den sehr frühen positiven Beitrag der Kirchen nach 1960 erwähnt der Autor nicht. William Easterly ist als Ökonomie-Professor Spezialist für Afrika-Studien an der New York University und arbeitete 16 Jahre für die Weltbank, und er analysiert nicht nur grundsätzlich die Situation, sondern lässt sehr konkrete Erfahrungen einfließen und stellt fest, dass gerade rohstoffreiche Länder Afrikas demokratiepolitisch in der Armutsbekämpfung versagten. Mit der Migration aus Afrika trägt Europa heute u.a. die Folgen.

Uruguay medial unterbelichtet

Erstaunliche Informationen aus der jüngsten ARTE-Sendung „Land Stadt Kunst“ (6. Sept. 2024 12:40 Uhr – noch länger abrufbar) über den südamerikanischen Staat Uruguay.

Hans Högl

In der Sendung wird auf einen Beitrag in der „Deutschen Welle“ verwiesen: Es überrascht doch, dass über Uruguay und dessen Politik nur in sehr qualifizierten Medien, also „erlesenen“, die Rede ist. Auch sonst ist kaum darüber etwas zu erfahren.

Während meiner Studienzeit in Louvain und im Collége pour l Amérique Latine (Lateinamerika-Kolleg) war nie von Uruguay die Rede, obwohl sehr viele Latinos meine Kollegen waren. Themen von Gesprächen waren die Befreiungstheologie, drückendere Armut nicht nur im Nordosten Brasiliens, die Großgrundbesitzer und Revolution. Das europäische Modell der sozialen Marktwirtschaft war nie ein Gesprächsgegenstand und keine Alternative. Und die viele Studierenden aus Schwarzafrika hatten nur Revolution im Sinn, was ja konkrete Folgen bis Anfang 1990 hatte.

Aber wer vertraut ist im Publizistikstudium über Nachrichten-Selektionen von Medien sollte die Einseitigkeit und Lückenhaftigkeit von Medien nicht über die Maßen überraschen. Aber aus meiner Sicht hat Uruguay als Exempel der Einseitigkeit und Lückenhaftigkeit von Medien sehr wohl Gewicht.

Das Land Uruguay grenzt an Argentinien und Brasilien und hat eine funktionierende präsidiale Republik und zählt zu den fortschrittlichsten Ländern in Lateinamerika. Ethnisch setzt sich die Bevölkerung aus Nachkommen europäischer Einwanderer (88 Prozent),  Mestizen (8 Prozent) und Nachkommen afrikanischer Sklaven (4 Prozent) zusammen.

Obwohl Migranten eine wichtige Rolle in der Geschichte Uruguays spielten, waren 2017 nur noch 2,3 % der Bevölkerung im Ausland geboren: Die größten Gruppen davon kamen aus Argentinien (30.000 Personen), Spanien (20.000) und Brasilien (10.000).

Uruguay hat mit 98 Prozent eine der höchsten  Alphabetisierungsraten Südamerikas. Außerdem liegt der Anteil derjenigen, die einen höheren Bildungsweg einschlagen, um 50 % höher als im Durchschnitt von Lateinamerika. Dies geht auf die neunjährige Schulpflicht zurück, die vom 6. bis zum 14. Lebensjahr in Uruguay bereits ab 1877 bestand.

Sozioökonomisch ist Uruguay eines der lateinamerikanischen Länder mit dem größten Anteil der Mittelklasse an der Bevölkerung. Ein weitgehend europäisch beeinflusster  Wohlfahrtsstaat sorgte bisher für einen relativ ausgeglichenen Lebensstandard, aber auch hier ging die Schere zwischen Arm und Reich auseinander.

Uruguay schafft 1907 die Todesstrafe ab, Frauen haben seit Langem das Wahlrecht, es gibt das Recht auf Abtreibung und für gleichgeschlechtliche Ehen.

Wir erfahren, dass der frühere Präsident Uruguays José Cordano, Präsident von 2010 – 2015, von seinem Präsidentengehalt (9.000 Euro) nur 600 Euro für sich sich selbst beanspruchte. Er wohnt weiter in seinem bescheidenen Bauernhaus und nicht im Präsidentenpalais, das ihm zur Verfügung gestellt wurde. Er nützt weiter seinen VW-Käfer bis zum Lebensende, wünschte aber den Einbau eines Elektromotors. Wohl war dies ein Grund für die „Deutsche Welle“, dies aufzugreifen.

Uruguay war zu Beginn des 20. Jahrhunderts einer der ersten laizistischen Staaten der Region. Seit 1916 herrscht Trennung zwischen Kirche und Staat, die Glaubensfreiheit ist in der Verfassung festgeschrieben. Die römisch-katholische Kirche  als Institution hat – untypisch für Lateinamerika – relativ wenig Einfluss in der Gesellschaft.
Es bekennen sich 47,1 % der Bevölkerung  zum katholischen Glauben, 23,2 % sind konfessionslose Gläubige, 11,1 % sind nicht-katholische Christen, 0,3 % sind jüdischen Glaubens, 0,6 % sind der Umbanda-Religion oder anderen afroamerikanischen Religionen zugehörig, 17,2 % sind Atheisten oder Agnostiker und 0,4 % gehören anderen Religionen an. (Wikipedia).

Neutralität und Sicherheit

Einladung zur Vorwahl-Diskussion

Mi., 11. September 2024, 19.00 Uhr

Stiftgasse 8, 1070 Wien, Amerlinghaus, Galerie, 1. Stock

Heute: Ukrainekrieg, Gazakrieg. Morgen: Nahostkrieg und noch mehr Kriege? In Zeiten von Krisen und Kriegen ist eine tatsächliche Politik der immerwährenden Neutralität Österreichs und das Auftreten gegen die Kriegstreiber in Ost und West und das Eintreten für sofortigen Waffenstillstand, Friedensverhandlungen und Frieden notwendiger denn je! Nicht nur die Politik, vor allem auch die Medien sollten dafür einen konstruktiven Beitrag leisten.

NEUTRALITÄT UND SICHERHEIT – ein Thema, das nicht den Rechten, Neokonservativen und Neoliberalen überlassen werden darf.

TeilnehmerInnen:

Udo Bachmair
Redakteur, Moderator, Präsident der Vereinigung für Medienkultur

Gabriele Matzner
Juristin; Publizistin, Diplomatin und Botschafterin a.D.

Günther Greindl
General i.R., Leiter von UN-Missionen, Präsident von Aufbruch-Österreich

Daniela Gruber-Pruner
Mitglied des Bundesrates, SPÖ, Schriftführerin des Bundesrates

Rihab Toumi
Vorsitzender der Sozialistischen Jugend (SJ) Wien

Wilfried Leisch
Gewerkschafter:innen gegen Atomenergie und Krieg / Österr. Solidaritätskomitee

Michael Kösten
Moderation
*
Veranstalter:

GewerkschafterInnen gegen Atomenergie und Krieg
Vereinigung für Medienkultur

Anmeldung erwünscht: ggae@gmx.at * Freier Eintritt, Spenden erbeten * www.atomgegner.at

AfD-Präferenz Jugendlicher

Vor dem Hintergrund der Wahlen in Sachsen und Thüringen versucht eine Analyse in der jüngsten Ausgabe von „Psychologie heute“ aufzuzeigen, warum vor allem auch junge Menschen die rechtsextreme AfD wählen.

Hans Högl

Eine wissenschaftliche Antwort, warum Instagram, Tik Tok und Telegram im Sinne rechtspopulistischer Parteien bei jungen Menschen in den neuen, deutschen Bundesländern erfolgreich sind:

Die AfD gestaltet ihr Angebot mit einer besonderen Bildsprache. „Auf Instagram hat jeder Post ein kleines Bild mit einem kleinen Text. Darin werden komplexe Zusammenhänge vereinfacht auf ein einzelnes Feind- und Weltbild“, schreibt Johannes Gemkow, Kommunikationswissenschafter der Univ. Leipzig: Denken wir an Posts wie „Klimawahn“, „Genderirrsinn“, „Ampel prügelt das Heizungsgesetz durch den Bundestag“. Da wird eine dauerhaft künstliche Bedrohungslage konstruiert, die polarisieren kann.

Solche Posts werden häufiger angeklickt als vernunftbezogene Argumente. Deswegen hinken demokratische Parteien hinten nach. Vergleiche den 4-seitigen Bericht in der Juni-Ausgabe von „Psychologie heute“- schon vor der erfolgten Wahl: S. 46-49.

Wissenschaftsberichte lesen!

Wissenschaftsberichte können auch bei Alltagsfragen hilfreich und sinnvoll sein, wie folgendes Beispiel zeigt.

Hans Högl

Es ist gut, wissenschaftliche Beiträge zu lesen. Doch wie viele greifen nach der angesehenen Zeitschrift „Bild der Wissenschaft“.

Deren Nr. 1/ 2024 klärt auf S. 86 ff. auf, dass Duschen vor dem Hallenbad sinnvoll ist. Duschen bewirkt, dass 97 % der produzierten Harnstoffes des Körpers abgewaschen wird. Dieser Harnstoff entsteht durch Schweiß! Chlor im Wasser des Hallenbades zersetzt Ammoniak.

Doch bedenklich bleibt, wenn sich eine Person den Weg zur Toilette „erspart“ und sich im Becken erleichtert.

ARTE-Medientipps

Das ARTE-Magazin veröffentlicht regelmäßig das jeweilige Monatsprogramm des renommierten deutsch/französischen Senders. Im Folgenden eine Auswahl von

Hans Högl

Wohl hat mein Studium von „Sozialen und Politischen Wissenschaften“ (Sciences Po) an einer französischen Fakultät in Löwen/Belgien 1967-71 meine Hochschätzung für ARTE und lateinische Kultur geprägt, aber auch die Kontakte mit Experten von ORF-Public Value haben diese Wertschätzung vertieft und bestärkt. Und so notierte ich für mich und vielleicht für Interessierte folgende subjektiven Programmtipps aus dem ARTE Magazin September 2024.

White Power. Europas Rechtsextreme. ARTE 3.Sept 22.05 Dokufilm

Nordosten Brasiliens. Recife. ARTE 14.9. 10:35 Kulturmagazin. Der Nordosten Brasiliens gilt als besonders arm

Mao- Chinas roter Kaiser. 17.9. Die 20:15 bis 23:15 Welche Faszination hat dieser Mann auf die studentische Jugend ausgeübt und wie ist das heutige China frage ich mich- mit seinem sozialistischeN Kapitalismus? Würde sich Mao im Mausoleum umdrehen?

Philippinen im Anschluss daran-als Land im Schatten Chinas ab 23:15 Doku

Japan -19.9. 20:15 Ein Land, auf das in den letzten Jahren selten geblickt wird, das aber zu den großen Playern Asiens zählt.

Leonhard Cohen -der große- nun 90 jährigen Sänger der USA. Nach Aufenthalt in einem buddhistischen Kloster trat er 2008 in London nach jahrelanger Absenz wieder auf der Bühne auf.
20.9. ab 21:45

Vietnams alte Hauptstadt :Hue 28.9. 10:50 „Stadt Land Kunst“ Spezial. Wer gerne reist und Sinn für Literatur hat, dem empfehle ich diese Sendereihe in der Regel um die Mittagszeit.. Ich sehe diese regelmäßig und lerne sehr viel Neues.. Die Dokus handeln von sehr verschiedenen Ländern

Greenwashing

Zu viele Produkte als umweltfreundlich bezeichnet

Hans Högl

Unternehmen kennzeichnen ihre Produkte gern als umweltfreundlich. Eine EU-Studie ergab, dass die Hälfte von Umweltaussagen von Unternehmen „vage, irreführend oder unbegründet“ waren.

Greenwashing kann verschiedene Formen haben. Die EU ist bestrebt, die Umweltbezeichnungen verständlicher zu machen. Die Fehler liegen beI Unternehmen u n d bei Konsumenten. Eine Studie in der „Harvard Business Review“ ergab, dass 65 % der Verbraucher sagen, dass sie grüne Produkte bevorzugen, aber nur 26 % sie tatsächlich kaufen. Und die Unternehmen wissen das.

Aber es ist nicht alles schlecht, lässt uns „bild der Wissenschaft“ (1/2024) wissen: Einige Unternehmern sind wirklich bemüht, umweltfreundlicher zu handeln, und es werden explizit IKEA und Apple positiv angeführt.

LKW-Verkehr unter der Erde

Das Magazin „Bild der Wissenschaft“ (5/2024) berichtet über das geplante Großprojekt „Cargo sous terrain“, mit dem der LKW-Verkehr unter die Erde verlegt werden soll.

Hans Högl

Seit Jahren reift in der Schweiz der Plan, den Lkw-Verkehr unter die Erde zu verlegen. Es soll eine neue Ära des Güterverkehrs eingeläutet werden, eine unterirdische Roboterbahn. Denn die LKW-Fahrzeuge liegen pro Jahr 14.000 Stunden im Stau. Das Projekt hat den Namen „Cargo sous terrain“ (CST), es wird privat finanziert, und alles soll voll automatisiert sein.

Auf den sogenannten Hubs verbinden Aufzüge die Tunnelröhren mit dem oberirdischen Straßennetz, schreibt der Wissenschaftsjournalist Christian Bernhart in „Bild der Wissenschaft“ in der Maiausgabe 2024. Dies wird ausführlich präsentiert mit Graphiken und Plänen – ganzseitig auf S. 32 – 37. Die menschenleere Kaverne umfasst vier Spuren. Geplant ist, den Güterverkehr unter der Grundwasserlinie und neben den Wohnsiedlungen der Orte zu legen. Darin sieht der Bund, die Schweizer Raumplanung, eine große Herausforderung.

Die erste Teilstrecke verläuft von Zürich westwärts – parallel zur Autobahn. Das Gesamtprojekt mit 500 km Länge soll bis Ende 2045 den nördlichen Teil der Schweiz durchziehen, und stellt enorme Herausforderungen an die Informationstechnik. Nach der voraussichtlichen Baugenehmigungen in zwei Jahren beginnen die Bauarbeiten für den CST.

In diesem Internet der Dinge müssen Geräte, Fahrzeuge und alle Akteure der Logistik untereinander kommunizieren. Manche meinen, dies könnten nicht Private, sondern nur der Bund finanzieren. Doch auch damals wurde die Schweizer Nordbahn zwischen Zürich und Baden vom Zürcher Seidenfabrikanten Martin Escher initiiert. Als Politiker gründete er die Eidgenössische Technische Hochschule (ETH).

Vietnam – im Schatten der Weltberichte

Eine Analyse des Landes auf Basis des Dumont-Reise-Handbuches 2024 und anderer Quellen

Hans Högl –

Gewisse Länder liegen im Schatten der Weltberichterstattung. Dazu zählt Vietnam. Ein Anlass für mich, dieses Land hervorzuheben. Somit greife ich Abschnitte aus dem Dumont Reise-Handbuch auf, aktualisiert 2024. Der Verfasser lebte dort und ist Reisespezialist: Petrich Martin. Der Titel des Buches lautet: Vietnam. Dumont Reise-Buch, 464 S., hier S. 36 ff.. Davon abgesehen: Ich habe mich mit dem Vietnamkrieg aus der Sicht der Pentagon Papiere, veröffentlicht von New York Times, in meiner Dissertation beschäftigt. Vietnams Geschichte ist geprägt von jahrhundertelanger Fremdherrschaft. Es war 1000 Jahre chinesische Provinz (S. 41).

1864 wurde es Protektorat von Frankreich. In der Bevölkerung regte sich Widerstand gegen die Kolonialmacht. Und da entstand die kommunistische Partei. Der erste Indochinakrieg dauerte von 1946 -1954 und endete mit der Niederlage Frankreichs.

Ho Chi Minh ist der Übervater Vietnams. Der Schlachtruf Ho Chi Minh war auch einer der 68-iger Bewegung im Westen. 1917 kam Ho nach Paris und schloss sich der Sozialistischen Partei an und war Gründungsmitglied der Kommunistischen Partei in Paris 1920. 1923 kam er nach Moskau und erhielt den ideologischen Schliff für den Kampf gegen Kolonialmächte. 1941 betrat er wieder heimatlichen Boden. Und er wurde der kommunistischer Führer Vietnams. Er starb am 2. Sept. 1969 und erlebte das vereinigte Vietnam nicht mehr. Sein Bild ist heute in Vietnam allpräsent.

Der zweite Indochinakrieg mit den USA war von 1964 -1975. 1973 war das Pariser Abkommen. Am 2. Juli 1976 wurde das Land als „Sozialistische Republik“ wiedervereinigt. Hauptstadt wurde Hanoi. Es kam zur Kollektivierung der Landwirtschaft. Jeder Privathandel wurde verboten.

Es war ein bitteren Frieden. Zehn Jahre Später Die Kommunistische Partei gab sich auf ihrem 6. Parteitag im Dez. 1986 eine neue Struktur (=Dói Móí) somit eine radikale Abkehr von der bis dahin erfolglos praktizierten Planwirtschaft hin zu einer sozialistisch orientierten Marktwirtschaft.

Wie einige Jahre zuvor in Chinas Den Xiaoping hatte die vietnamesische Parteiführung erkannt, dass lediglich freie Marktmechanismen das Land vor dem wirtschaftlichen Bankrott retten konnten. Doch eine politische Liberalisierung und Demokratisierung wurde ausgeschlossen.

Seitdem sind in Vietnam hunderttausende Privatunternehmen entstanden, die wesentlich für das jährliche Wirtschaftswachstum von 6-8 % verantwortlich sind. Sie erwirtschaften etwa zwei Drittel der Gesamtwirtschaft. Die Staatsbetriebe wurden häufig privatisiert, aber mit vielen Privilegien bedacht (S. 36). Der Autor nennt die neue Lage: „Sozialistische Marktwirtschaft“.

Reisanbau ist weiterhin sehr wichtig. Darüber hinaus gibt es Kaffeeanbau. (Es wird mehr produziert als in Brasilien). In Vietnam werden heute produziert: Maschinen, Elektroprodukte, Smartphones, Textilien und Schuhe. Dies wird exportiert. Nach China ist Vietnam Marktführer in der Schuh – Fabrikation. Jedes zweite Paar Adidas-Schuhe kommt von hier. Im Schnitt kostet ein paar Lederschuhe 8 Euro im Export.

1993 lag nach UN-Angaben noch die Armut bei knapp 60 %, sie lag Anfang der 90iger Jahre bei der Hälfte aller Vietnamesen. Doch die Angehörigen der Bergvölker partizipieren kaum von der Entwicklung. Da die Wirtschaft stark ist, hat die Parteiführung wenig zu fürchten.

„Ein Wirtschaftswunder mit Schatten“: Es gibt keine unabhängige Gewerkschaft. Wer sich beklagt, riskiert eine Entlassung (p. 38). Zwar ist eher Kritik möglich, aber für private und unabhängige Medien ist kein Platz. (S. 25). Vor allem gegen die Blogger gehen die Behörden rigoros vor. Die einzige zugelassene Partei ist die kommunistische. Das Land har keine funktionierende Gewaltenteilung (S. 51). Der Alleinanspruch der Partei führt zu Willkürherrschaft kommunistischer Funktionäre. Zensur bestimmt die Medienlandschaft (S. 54).