Besinnliche Weihnachten

Politik und Medien überbieten einander zurzeit in Analysen und Kommentaren zum Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Magdeburg. Und immer wieder bei Attentaten dieser Art taucht dabei der Begriff „Hass“ auf.

Wolfgang Koppler *

Es ist traurig, wenn man zu Weihnachten über den Hass schreiben muss. Aber es ist notwendig.

Das Attentat von Magdeburg hat viele verwirrt. Ein 50-jähriger Arzt richtet am Weihnachtsmarkt von Magdeburg ein Blutbad an. Eines jener Attentate, die von man von jungen Islamisten gewohnt ist. Aber der Mann war kein Islamist. Er stammt zwar aus Saudiarabien und die saudiarabischen Behörden hatten vor ihm gewarnt. Aber er war offenbar Antiislamist und vertrat Positionen, wie sie auch die AfD vertritt.

Verwirrend oder auch wieder nicht. Der Gerichtspsychiater Reinhard Haller hat schon vor Jahren in einer Fernsehdiskussion darauf verwiesen, dass psychisch kranke Attentäter ihren Hass überall festmachen können, so wie etwa der UNA-Bomber sich als Umweltaktivist verstand. Die Aggression ist offenbar zuerst da und sucht sich ein Ventil. Etwas, das Freud in seinem „Unbehagen in der Kultur“ schon im Jahr 1930 feststellte. Er ging davon aus, dass wir Menschen unsere Aggression letztlich nur gegen die anderen oder uns selbst richten können (letzteres vor allem in Form von Schuldgefühlen).

Meist richten wir die Aggression aber gegen die anderen. Und suchen dafür eine Begründung. Ein Feindbild, welches das Böse verkörpert, das wir in uns selbst tragen. Das kann jemand oder etwas sein, das uns wirklich bedroht oder gegen das wir kämpfen müssen. So lange wir das mit angemessenen Mitteln tun, ist dagegen auch nichts einzuwenden. Sehr oft trifft unser Hass aber Unschuldige. Menschen, denen wir alle möglichen schlechten Eigenschaften anhängen oder die wir zumindest als wesentlich „böser“ bzw. verabscheuungswürdiger einstufen als sie in Wirklichkeit sind. Das ist vor allem beim Hass oder auch nur der Abneigung gegen ganze Gruppen regelmäßig der Fall.

Ob es die Rechten, die Linken, die „Juden“, die „Ausländer“, die „Islamisten“, die „Russen“ sind. Unser Hass trifft regelmäßig Menschen, die – ebenso wie wir höchst unterschiedlich sind und in denen wir das „Böse“ verkörpert sehen. Auch wenn die meisten von uns dabei Gott sei Dank keine Attentate begehen. Aber zum Hass sind die meisten von uns fähig – selbst wenn er nur unterschwellig zutage tritt. Man sieht es auch wieder im Ukrainekrieg.

In diesem Sinne: Besinnliche Weihnachten.

* Mag. Wolfgang Koppler ist Journalist und Jurist, er lebt in Wien

Stop der Zwangsbeschallung!

Besinnliche Adventszeit war einmal. Aktuell kann eher von lauter stressiger Vorweihnachtszeit die Rede sein.

Hans Högl

Die „ARGE Schöpfungsverantwortung“ (Wien) hat eine originelle Aufforderung bekannt gemacht, die auch im Sinne der Medienkultur ist.

Sie lautet Stop der Zwangsbeschallung in den Kaufhäusern und für eine beschallungsfreie Weihnachtszeit.

Erster Lehrstuhl für Gendermedizin

Frauen und Männer zeigen oft andere Krankheitsbilder, was die Medizin lange vernachlässigte. Das ändert sich nun – auch mit einem ersten Schweizer Lehrstuhl für Gendermedizin. Die wirklich notwendige Gleichheit der Gehälter wird im Unterschied der Geschlechter transparent.

Hans Högl mit einem Zitat aus dem Zürcher Tagesanzeiger:

„Starke Schmerzen in der Brust, im linken Arm und plötzliche Atemnot: Mit diesen Symptomen würden die meisten Menschen den Notfall aufsuchen – denn sie können bekanntlich auf einen Herzinfarkt hindeuten. Dennoch werden viele Herzinfarkte zu spät entdeckt – unter anderem, weil Frauen typischerweise andere, weniger bekannte Symptome wie Übelkeit oder Schmerzen im Oberbauch zeigen.

Umgekehrt werden Depressionen bei Männern häufiger nicht diagnostiziert – etwa weil sie teils von der als typisch wahrgenommenen Symptomatik wie Bedrücktheit abweichen oder sich durch gesellschaftlich geprägte Rollenbilder weniger in Behandlung begeben.

Diese Unterschiede zwischen den Geschlechtern fanden in der Medizin lange kaum Beachtung – mit Folgen für die Diagnose, die Behandlung und die individuelle Gesundheit. Die Gendermedizin will diese Lücke schlie?en. Seit diesem Jahr gibt es an der Universität Zürich den ersten Schweizer Lehrstuhl in diesem Gebiet (lesen Sie hier das Interview mit Professorin Carolin Lerchenmüller).

Warum halten sich Geschlechterklischees in der Medizin hartnäckig? Und was hat es mit dem Gender-Data-Gap auf sich? Darüber spricht Annik Hosmann, Teamleiterin im Ressort Zürich und Host des Podcasts «Tages-Anzeigerin», in einer neuen Folge des täglichen Podcasts «Apropos»“.

Syrien: Anlass zur Hoffnung?

Berichte aus Syrien und die Kommentare dazu beherrschten in den letzten Tagen die Medien. Offen bleibt das weitere Schicksal des schwergeprüften Landes.

Wolfgang Koppler *

In die Erleichterung über Assads Sturz mischt sich auch Unsicherheit über die Zukunft des von 13 Jahren Bürgerkrieg zerrissenen Landes, wie auch El-Gawharys jüngster ZiB2-Kommentar zeigte. Und der auf den ersten Blick an die Vorgänge in Afghanistan 2021 erinnernde rasche Vormarsch islamistischer Gruppierungen in Verbindung mit dem Sturz eines verhassten Diktators weckt natürlich auch Ängste vor einer Entwicklung ähnlich wie in Libyen.

Aber da Weihnachten vor der Tür steht, sollte man sich vielleicht zurücklehnen und zunächst das unbestreitbar Positive sehen. Die Gefahr eines Flächenbrands im Nahen Osten scheint vorerst gebannt. Netanjahu sieht den Iran durch den Sturz Assads und die teilweise Ausschaltung der Hisbollah geschwächt. Ebenso die Hamas, mit der er ohne Gesichtsverlust einen Deal abschließen kann. Ob ihn nicht doch noch die Hybris befällt und er immer noch die Hamas auslöschen und den Iran angreifen will, steht natürlich in den Sternen. Aber das diesbezügliche Risiko scheint derzeit minimiert.

Die Feindbilder Iran und Russland sind momentan beinahe aus den Medien verschwunden, zumal sich beide Mächte – wenn auch nicht ganz freiwillig – aus dem Konflikt herausgehalten und Vernunft bewiesen haben. So setzten beide auf Verständigung mit den neuen Machthabern in Syrien. Auch wenn dies ihrer momentanen Schwäche geschuldet ist, so zeigt es doch, dass sowohl in Moskau als auch in Teheran keine Verrückten, sondern offenbar klug kalkulierende Politiker sitzen. Wie auch die Zurückhaltung des Iran bei seinen militärischen Aktionen gegenüber Israel gezeigt hat.

Auch das Verhältnis zu islamischen Ländern insgesamt könnte sich vielleicht ein bisschen entkrampfen. Dialog statt bloß Sanktionen könnte das Stichwort sein. Und man sollte realistische Erwartungen haben: Ein halbwegs stabiler innen- und außenpolitischer Friede und erträglichere Verhältnisse für die Menschen in vielen Ländern dort wäre schon ein großer Fortschritt.

Und Al-Julani – ich bediene mich hier der vereinfachten Schreibweise – von der HTS scheint ein durchaus wandlungsfähiger Pragmatiker zu sein, der weiß, dass er den Westen beim Wiederaufbau Syriens braucht. Sein rascher Vormarsch, bei dem er versuchte, Menschenleben zu schonen und seine Zusage, mit den anderen Religionen und Ethnien kooperieren zu wollen, gibt zumindest Anlass zur Hoffnung. Wenngleich natürlich niemand sagen kann, wie sich die unterschiedlichen Kampfgruppen verhalten werden, wenn sie einmal an der Macht sind, Und dasselbe gilt natürlich für Julani selbst. Aber die gesunde Skepsis des Nahost-Experten Peter Neumann, wie er sie im ZiB2-Interview gezeigt hat, sollte nicht wieder in die alte Schwarz-Weißmalerei ausarten- Mit den altbekannten Feindbildern von Putin bis zum Islam.

Vor allem aber erleichtert es Verhandlungen im Ukrainekrieg, wenn sich die Spannungen zwischen den Großmächten im Nahen Osten und damit auch insgesamt reduziert haben. Und die Augen der Welt einmal mehr auf Syrien und den Nahen Osten als auf Selenskyj gerichtet sind.
Die Welt besteht nämlich nicht nur aus Europa. Und Gerechtigkeit erschöpft sich nicht darin, dass man irgendeinem echten oder vermeintlichem Bösewicht das Handwerk legt. Sondern wirklich etwas zum Besseren verändert.

* Mag. Wolfgang Koppler ist Journalist und Jurist und lebt in Wien

In memoriam Fritz Edlinger

Fritz Edlinger ist in der Nacht auf Donnerstag völlig unerwartet verstorben. Der Tod des engagierten Nahostexperten und Chefredakteurs der renommierten Zeitschrift INTERNATIONAL hat eine große publizistische und politische Lücke aufgerissen.

Udo Bachmair

Fritz Edlinger ist von Freunden, zu denen auch ich mich zählen durfte, immer wieder darauf aufmerksam gemacht worden, kürzer zu treten und sich mehr zu schonen. Doch er hat sich davon nicht abhalten lassen. Er ist gleichsam Tag und Nacht mit nahezu übermenschlichem Einsatz seiner journalistischen und politischen Leidenschaft nachgegangen. Mit unermüdlich scheinender Energie widmete er sich seinen Lieblingsthemen Friedens- und Neutralitätspolitik sowie der Solidarität mit dem schwer in Mitleidenschaft gezogenen palästinensischen Volk.

In unseren zahlreichen Gesprächen, in denen ich auch seine positive menschliche Seite schätzen gelernt habe, hat er auch hin und wieder Dampf abgelassen über Dinge und Entwicklungen, die ihn immer wieder geärgert haben: So etwa darüber, dass jede noch so berechtigte Kritik am überschießend brutalen Vorgehen Israels in Gaza in Politik und Medien oft mit der Keule des Antisemitismus-Vorwurfs begegnet wird. Sorge bereitete ihm in jenen Fragen, die ihn besonders bewegten, auch seine eigene Partei, die SPÖ.

Fritz war enttäuscht, dass die Sozialdemokratie bzgl. Krieg und Frieden- betreffend die Ukraine und Gaza- ihren humanitären und brückenbauenden Grundwerten nicht gerecht werde. Die SPÖ habe sich unmissverständlich auf die Seite Israels gestellt, und sich auch im Ukrainekrieg einseitig zugunsten des ukrainischen Regimes und der NATO positioniert. Dabei wäre Österreich als neutraler Staat sowie als UNO-Standort prädestiniert dafür, wie zu Kreiskys Zeiten als Mediator zu fungieren und eine Bühne für Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen zu bieten.

Insgesamt war Fritz ein Optimist und ewig Hoffender, dass sich Humanität und Frieden letztlich doch durchsetzen mögen. Mit ihm verlieren wir einen unermüdlichen Kämpfer für ein neutrales Österreich, ein freies Palästina und ein tolerantes Miteinander. Auch ganz persönlich werde ich Fritz sehr vermissen. Was bleibt, sind Erinnerungen an Fritz als eine auch menschlich außergewöhnliche Persönlichkeit, an spannende Gespräche mit ihm, oft gespickt mit seinem ganz eigenen Humor.

Ja, und last but not least wird mir die besonders wertschätzende Haltung zueinander stets in Erinnerung bleiben.

Fritz Edlinger hat sich im Übrigen auch für unsere Vereinigung für Medienkultur verdient gemacht. Er war des Öfteren (Podiums-)Gast bei Veranstaltungen und Diskussionsrunden und hat Aufzeichnungen davon im Youtube-Kanal von INTERNATIONAL verbreitet. Auch dafür gebührt ihm Dank.

Klimawandel im Fokus

Hans Högl

Manche Medienbeiträge hebe ich auf und lese sie später, so einen Beitrag in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 22. Nov. 2024. Darin geht es, w i e etwas für Klimaschutz getan werden kann.

Ansichten dazu äußert ein Neurowissenschafter: Beim Klimawandel geht es primär um Fabriken, Flugzeuge und Kraftwerke, also nicht bloß um Solches auf individueller Ebene. Die britische „Climate Action Unit“ berät Organisationen für Natur- und Kulturschutz.

Seit drei Jahren arbeitet sie mit dem National Trust zusammen und allmählich ändert sich der Umgang der Organisationen zum Klimawandel. Der Einwand: Es gibt ja Gegner des Umweltschutzes. Die Antwort von de Meyer: Ja, es werden Länder weiter fossile Brennstoffe produzieren, aber eines Tages ist das nicht mehr rentabel. Ferner gibt es „Early adopters“, und dann wächst die Zahl der Anwender. Schließlich folgt die letzte Gruppe, die es tun, weil es andere tun.

Für den Wissenschafter ist zentral, konkrete Lösungen und Wege (Rezepte) aufzuzeigen und Geschichten über Erfolge zu berichten. So habe Deutschland um die Jahrtausendwende Maßnahmen zur Solarenergie gefördert. Dies zu zeigen ist besser, als zu betonen, wir seien auf dem Weg zur Klimahölle.

Leider seien 95 % der Klimaberichte negativ. Das Verbreiten von Horror helfe nicht. De Meyer meint im Gegenteil: „Es hat sich eine Menge getan“ (Das ist auch der Titel der „Süddeutschen“).

In eigener Sache

Die nächste Hauptversammlung der Vereinigung für Medienkultur findet am 5.12.2024 ab 15.30 Uhr im Presseclub Concordia statt

Udo Bachmair

Die HAUPTVERSAMMLUNG unserer Vereinigung am kommenden Donnerstag (5.12.), zu der Sie als Mitglieder bzw. InteressentInnen in der Bankgasse 8 herzlich eingeladen sind, steht im Zeichen neuer Aktivitäten und Perspektiven. Nach den in Bezug auf öffentliche Veranstaltungen lähmenden Covid-Jahren schafft die nun glücklicherweise wieder normalisierte Situation neue positive Bedingungen auch für die Tätigkeit der Vereinigung, wenngleich sich die budgetäre Lage und die damit einhergehende eher bescheidene Zahlungsmoral unserer Mitglieder kaum gebessert hat. Da wir uns nach wie vor dazu bekennen, strikt unabhängig zu bleiben, verzichten wir auf Sponsorengelder. Vor diesem Hintergrund ein großes Danke an unsere ehrenamtlich engagierten Autoren und Autorinnen der zahlreichen Veröffentlichungen auf unserer Website www.medienkultur.at

Bilanz und Ausblick

Die Bilanz bezüglich Veranstaltungen seit der letzten Hauptversammlung ist durchaus beachtlich. Herausgegriffen sei etwa die aktive Teilnahme unserer Vereinigung an einer gut besuchten Podiumsdiskussion im März 2024 im Amerlinghaus in Wien zum Thema Krieg und Frieden und die Rolle der Medien sowie im September2024 in Kooperation mit den Gewerkschaftern gegen Atomenergie und Krieg eine Diskussionsveranstaltung zum Reizthema Neutralität oder NATO. Zusätzlich habe ich als Hauptverantwortlicher unserer Vereinigung an den Fresacher Toleranzgesprächen Im Mai 2024 teilgenommen, die sich dieses Mal dem Thema „Wahrheit und Journalismus“ gewidmet haben (siehe dazu den detaillierten Beitrag auf unserer Website)

Die erfolgreichste Eigenveranstaltung unserer Vereinigung seit der letzten Hauptversammlung war zweifellos die große Podiumsdiskussion im renommierten Presseclub Concordia zur westlichen Berichterstattung über den Ukraine-Krieg. Der Andrang war enorm, mehrere BesucherInnen mussten leider abgewiesen werden, da es doppelt so viele Anmeldungen wie freie Plätze gab. Die Aufzeichnung der Podiums- und Publikumsdiskussion hatte via Youtube und Dorf TV mehr als 1000 Abrufe im Internet zu verzeichnen. Das hat nicht zuletzt die öffentliche Aufmerksamkeit für die Vereinigung für Medienkultur erhöht.

Als nächste größere Veranstaltung geplant ist eine Podiumsdiskussion zur Nahost-Berichterstattung. An einem weiteren von mir moderierten Abend wird es in Kooperation mit der Evangelischen Akademie um die Frage „Wie politisch darf Kirche sein?“ gehen.

In der Bilanz keineswegs fehlen darf die weiter gestiegene Zahl an Veröffentlichungen auf unserer Website. Vorwiegend Analysen, Kommentare zu Themen im Spannungsfeld von Politik und Medien, im Besonderen Medienkritik, Medienpolitik, Buchrezensionen, etc.. Da möchte ich besonders hervorheben das Engagement von Hans Högl, Wolfgang Koppler, Ilse Kleinschuster und anderen AutorInnen.

Namens der Vereinigung für Medienkultur sind außerdem mehrere Gastkommentare in Tageszeitungen, Zeitschriften, Magazinen und der reichweitenstarken Internetzeitung „Unsere Zeitung“ erschienen. Beispiele dafür Kommentare im Kurier, im Standard, in der Presse zu Entwicklungen im und des ORF, im Besonderen etwa zu inkompatiblem Verhalten eines Stiftungsrates namens Westenthaler sowie zum beliebten ORF-Bashing, das den besonders auch demokratiepolitischen Wert des öffentlich-rechtlichen Rundfunks konterkariert.
Analysen in Magazinen von INTERNATIONAL, einem renommierten außenpolitischen Blatt, bis hin zur Zeitschrift SPINNRAD, Organ des Versöhnungsbundes oder FRIEDEN HEUTE, einer ebenfalls engagierten Monatsschrift zur Thematik „Kriegsrhetorik statt Friedensbemühungen in Politik und Medien“ komplettieren die auch öffentliche Präsenz der Vereinigung für Medienkultur.

Wir sind auch künftig bemüht, für Mitarbeit in unserer Vereinigung zu werben. Dabei geht es vor allem auch darum, junge engagierte Menschen zu gewinnen, die unsere Website mit Beiträgen bereichern. Das ist allerdings recht schwierig, trotz der Bemühungen auch von Publizistikprofessor Fritz Hausjell, Studierende für regelmäßige Mitarbeit zu motivieren. Wir werden jedoch nicht aufgeben und auch in diese Richtung weiterarbeiten.

Zu Ihrer Info liegt für die bevorstehende Hauptversammlung der Vereinigung für Medienkultur ein neuer alter Wahlvorschlag vor:

>> Udo Bachmair als Präsident
>> Hans Högl und Fritz Hausjell als Vizepräsidenten
>> Christine Grabner, Hermine Schreiberhuber, Franz Schlacher und Karl Heinz Wingelmaier als weitere Präsidiumsmitglieder

Herzlichen Dank im Voraus für Ihre wohlwollende Unterstützung !

Kampagne gegen El-Gawhari

Kritiker am brutalen Vorgehen Israels in Gaza werden umgehend als Antisemiten denunziert. Mit einer Welle an Vorwürfen sieht sich auch der Nahostkorrespondent des ORF, Karim el Gawhari konfrontiert.

Udo Bachmair

Der Hauptvorwurf gegen den renommierten und durchaus sachlich berichtenden ORF-Journalisten Karim El-Gawhari besteht darin, dass er zu israelkritisch und zu gazafreundlich sei.

„Es ist Zeit, dass Konsequenzen gezogen werden“ droht etwa der PR-Berater Daniel Knapp auf X (vormals Twitter). Viele User:innen stimmen überein mit Äußerungen wie „Dass der ORF noch immer an ihm festhält, ist mir ein Rätsel“.

Karim El- Gawhary hält sich laut der Zeitschrift JOURNALIST:IN de facto gänzlich raus, egal, wie unsachlich und untergriffig die Attacken gegen ihn seien. Vermutlich werde seitens des ORF empfohlen, auf die Attacken nicht einzugehen, um sie nicht aufzuwerten.

„Dr. Media“ zitiert dazu El Gawhari selbst: „Der Grund, warum ich selten antworte, ist, dass ich die Twitter- Blase schon länger nicht mehr allzu ernst nehme. Die Angriffe gegen mich haben oft Kampagnen-Charakter“.

Der von israelischer und jüdischer Seite attackierte, von den meisten ORF-KonsumentInnen jedoch sehr geschätzte Korrespondent grundsätzlich: „„Ich versuche einfach seit 30 Jahren als Journalist im Nahen Osten und seit 20 Jahren als ORF-Korrespondent meine Arbeit zu machen und will mich da nicht von den X oder Twitter-,Experten ohne Grenzen‘ ablenken lassen. Ich hoffe, dass meine Arbeit dabei für sich spricht.“

Ohne Bildschirm

Hans Högl – Resumé eines medienpädagogischen Beitrages

Eine Suite des Hotels „Wasnerin“ bei Bad Aussee ist bewusst ohne Telefon, Handyempfang, WLAN, TV und Radio schreibt das Bregenzer Magazin „Original“ . Ziel ist, zur Ruhe zu kommen, den Geist zu klären und die Verbundenheit mit der Natur zu stärken.

Das Magazin empfiehlt:

1. Offline-Zeiten und „bildschirmfreie Zonen“
Es gilt klare Offline-Zeiten (Offline-Rituale) in den Tagesablauf zu integrieren.

2. Digitalen Minimalismus:
Apps reduzieren. Es gilt, wesentliche Technologien gezielt zu nutzen, unnötige Apps zu deinstallieren oder löschen. Wer braucht ständige Push-Nachrichten! Für soziale Medien lohnt es, feste Zeiten einzuplanen, z.B. die Mittagspause. Dadurch gewinnt man Energie.

3. Natur als Rückzugsort.
Tipp: Bewusst Zeit in der Natur verbringen. Dies baut Stress ab und fördert das Wohlbefinden.

4. Retreats und medienfreie Urlaube

Es gibt „Digitale Detox Retreats“ in ruhigen, naturnahen Umgebungen.
An diesen Orten gibt man seine digitalen Geräte ab.

Journalismus und Wahrheit

„Was ist wahr?“ war die Fragestellung der diesjährigen Fresacher Toleranzgespräche. In diesen Tagen erscheint das dazugehörige Jahrbuch. Einer der darin enthaltenen Beiträge widmete sich der „Wahrheitsfindung im Journalismus“.

Udo Bachmair *

Die Inanspruchnahme einer absoluten Wahrheit (im theologischen Sinn) ist und kann nicht Gegenstand journalistischer Arbeit sein. Seriösem Journalismus geht es vielmehr um den Versuch einer größtmöglichen Annäherung an die Wahrheit. Ein solcher Versuch kann u.a. mittels Recherchen aus einer Vielfalt auch alternativer Quellen erfolgen sowie durch unermüdliches Bemühen um Differenzierung. Dazu gehört nicht zuletzt ständiges Hinterfragen von Wirkung und Bedeutung traditionellen und wiederholt verwendeten Sprachgebrauchs.

Einige Beispiele dafür:

Menschen, die die wachsende Kriegsrhetorik in Politik und Medien ablehnen und auf Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen im Ukrainekrieg drängen, als „Putinunterstützer“ und „russische Trolle“ verächtlich zu machen, auch wenn sie gleichzeitig den Krieg gegen die Ukraine klar verurteilen, erscheint als eine der Verzerrungen von Wahrheit in der Berichterstattung. Sich in die jeweilige Interessens- und Bedrohungslage von Kriegsgegnern hineindenken zu können und daraus differenzierende Schlüsse zu ziehen, würde wahrheitsorientierten Qualitätsjournalismus ausmachen.

Ein Krieg ist immer auch ein Informationskrieg und beide Kriegsparteien machen Kriegspropaganda, unabhängig davon, wer nun der Aggressor und wer das Opfer ist.

westliche Medien stellen ukrainische Kriegspropaganda meist als Fakten dar, hingegen alles, was von russischer Seite kommt, als völlig unglaubwürdig und propagandistisch. Freilich ist es für journalistische Arbeit schwieriger denn je, auf seriöse Quellen zurückgreifen zu können, auch wenn ehrliche Absicht dazu besteht. Seriöse Quellen im Informationskrieg sind nämlich kaum eruierbar. Aber es wäre zumindest wünschenswert, Quellen zum Kriegsverlauf überhaupt anzugeben, was leider in Medien selten passiert.

Schon Jahre vor dem Krieg haben westliche Medien und PolitikerInnen Russland beharrlich zu einem Feindbild mit aufgebaut. Dazu tragen auch einzelne Begriffe und Worte bei, wie sie auch in der sogenannten objektiven Nachrichtensprache verwendet werden. So fällt wahrscheinlich nur wenigen auf, dass Äußerungen von russischen Politikern tendenziell mit Prädikaten wie „behaupten“, „unterstellen“, etc. versehen werden. Wenn ein US- oder EU-Politiker eine Stellungnahme abgibt, lauten die Prädikate „betonen“, „bekräftigten“, „erklären“ etc. also positiv geladene Begriffe.

Abermals sei bekräftigt, dass ein Angriffskrieg im 21.Jahrhundert in Europa ein absolutes „No Go“ sein sollte. Großmachtphantasien mit einem realen Krieg erzwingen zu wollen, ist menschenrechtlich und völkerrechtlich strikt abzulehnen. Krieg und Gewalt sind per se Verbrechen, besonders ein aggressiver militärischer Überfall. Das heißt aber nicht, dass automatisch nur der Aggressor Kriegsverbrechen begeht und Kriegspropaganda verbreitet.

Apropos „Angriffskrieg“: Dieser vor allem von APA und ORF ständig wiederholte Begriff wird kontraproduktiv dann, wenn er allzu inflatiönär verwendet wird. Denn es könnte dadurch bei MedienkonsumentInnen der Eindruck eines von oben verordneten und verpflichtenden Wordings entstehen. Die Bezeichnung „US-Angriffskrieg“ etwa für den Überfall der USA auf den Irak und andere Staaten der letzten Jahrzehnte wäre in westlichen Medien wohl auch heute noch unerwünscht bis verpönt.. US-Kriege waren nach offizieller Lesart ja meist „Befreiungskriege“..

Ähnlich beliebt in Politik und Medien ist die häufige Verwendung des Attributs „Terror“. Es ist wahr, dass etwa die Hamas zu Recht als Terrororganisation bezeichnet werden muss. Das grässliche Massaker vom 7. Oktober hat dies eindeutig bestätigt. Die Bevölkerung von Gaza dürfte das allerdings anders empfinden. Ihre Wahrheit besteht darin, die israelische Regierung wegen des brutalen Vorgehens im Gazastreifen als „Terrorregime“ zu betrachten. Niemals würden jedoch westliche Medien einen solchen Sprachgebrauch für Israels Regierung verwenden, was ja auch nicht wirklich seriös wäre.

Jedenfalls mehren sich Tendenzen, nahezu jede Kritik an der politisch weit rechts stehenden israelischen Führung mit der Keule des Antisemitismus zu beantworten. Dieser immer wiederkehrende Vorwurf gegen politische und journalistische Kritiker Israels verharmlost im Übrigen den wahren, den rassistisch motivierten Antisemitismus.

Als einer der Begriffe, der ebenfalls als verzerrte Wahrheit daherkommt bzw. umgedeutet wird, gilt das Wort Frieden. Ein ursprünglich positiv geladener Begriff, der im Umfeld zunehmender Kriegsrhetorik zum „Friedensdiktat“ oder „Diktatfrieden“ mutiert und damit abgewertet wird.

Höchst bedenkliche Begriffe, die sich ohne größere Empörung bereits langsam aber sicher eingeschlichen haben, sind aus der Nazi-Zeit entlehnte Bezeichnungen, wie „Systemparteien“, „Volksverrat“, „Fahndungsliste“, Lügenpresse, etc.. Politische Kampfbegriffe wie „EU-Wahnsinn“ oder die Kronenzeitungs-Rubrik mit „EU-Theater“ als Überschrift auf der Leserbrief-Seite, sowie etwa auch die schon zur Gewohnheit gewordene Verknüpfung von Migration mit der Beifügung illegal, verfehlen ihre fatale Wirkung ebenfalls nicht.

Beispiele, die noch beliebig fortzusetzen wären, Begriffe und Formulierungen, die jedenfalls nicht der Wahrheitsfindung dienen, sondern diese weitgehend erschweren. Dabei wären ein inhaltlich abwägender und objektiver Journalismus sowie eine Abrüstung der Worte auch im Bereich der Politik von hoher demokratiepolitischer Relevanz.

* Udo Bachmair nahm als langjähriger ORF-Redakteur und Präsident der Vereinigung für Medienkultur an den Fresacher Toleranzgesprächen zum Leitthema Wahrheit teil.