Steigender FPÖ-Druck auf den ORF
Udo Bachmair
ORF-Redakteure und Moderatoren sind seit längerem bereits im Visier der FPÖ. In den vergangenen Tagen und Wochen haben die Anti-ORF- Attacken einen neuen Höhepunkt erreicht. Einschüchterung und Bedrohung kritischer JournalistInnen sind eine auch demokratiepolitisch bedenkliche Entwicklung.
Ziel der vor allem via Facebook verbreiteten Angriffe ist wieder einmal Armin Wolf. Keine Überraschung, gehört er doch zu jenen ORF-Journalisten, die gut vorbereitet und journalistisch korrekt ihre Aufgabe erfüllen.
Kritik an ihm und manchen seiner KollegInnen ist durchaus legitim, die nun geübte Praxis aber, den ORF insgesamt abzuqualifizieren, steht dem Chef einer Regierungspartei in keiner Weise zu. Schon gar nicht, einzelne Redakteure zu diffamieren und generell der Lüge zu bezichtigen.
Nach den Gesprächen, die ich mit Ex-ORF-KollegInnen geführt habe, verstärkt sich bei mir der Eindruck, dass der ORF noch nie in seiner Geschichte einem derart penetranten Druck ausgesetzt war wie in diesen Tagen und Wochen.
Dass mit dem ORF offenbar auch unabhängiger und seriöser Journalismus sturmreif geschossen werden soll, lässt die Alarmglocken schrillen. Droht unserem Land die Orbanisierung oder sind wir schon mitten auf dem Weg dorthin ?
Aus der Kanzlerpartei ÖVP ist bisher vornehmlich Schweigen zu vernehmen. Das wird der Kurz-schen neuer Volkspartei längerfristig nicht zum Vorteil gereichen. Sie läuft Gefahr, den bürgerlich-liberalen und christlich-sozialen Flügel ganz einzubüßen, wenn der Kanzler seinen ungezügelten Koalitionspartner nicht zur Ordnung ruft.
Trotz aller Fehlleistungen, die in einem großen Unternehmen passieren können ( Beispiel der verunglückte Tiroler Beitrag über den dortigen FPÖ-Chef ), darf der Wert des Öffentlich-Rechtlichen nicht pauschal in Misskredit gezogen werden. Dem Öffentlich-Rechtlichen a la ORF kommt gerade im Umfeld einer bedenklich hohen Konzentration an Boulevardmedien, die vielfach rechtspopulistisch infiziert sind, eine besonders wichtige Rolle zu.
Selbstverständlich ist nicht zu leugnen, dass es im ORF auch bisher schon parteipolitisch motivierte ( rot-schwarze ) Besetzungen von Führungsfunktionen gegeben hat. Allerdings wäre eine politisch total rechte Vereinnahmung des ORF von neuer zweifelhafter Qualität: Ein Rechtsdrall weg von bisher politisch weitgehend gemäßigter und korrekter ORF-Berichterstattung.
Eine solche Entwicklung ginge auch an die Substanz des Radioflaggschiffs Ö 1. Dieser renommierte Informations- und Kultursender hat einen besonders guten Ruf zu verteidigen. Der könnte durch weitere Verunsicherungen seiner engagierten MitarbeiterInnen verloren gehen. Denn ein Hort von Kultur, kritischen Disputen und seriösen Hintergrundinformationen ist nicht gerade nach dem Geschmack von Rechtspopulisten.
Der nach ÖBB-Vorbild voraussichtlich auch einseitig rechte Zugriff auf den ORF lässt jedenfalls kaum eine sachliche Debatte über die Zukunft des ORF erwarten.