Die Regierung fährt gnadenlos über die Evangelische Kirche drüber. Ihr sind Wirtschaftsinteressen sakrosankt. Im ORF-Fernsehen macht Religionsminister Blümel ausgerechnet Bischof Bünker zum Sündenbock.
Udo Bachmair
„Wer schafft denn Arbeit..?!“ schrie Sozialministerin Hartinger-Klein ins Plenum des Nationalrates. Und sie gab sich gleich selbst die Antwort: „Die Wirtschaft !“ Die Antwort hätte auch lauten können: „Selbstverständlich die Arbeitskraft der Menschen“. Wahrscheinlich stimmt Beides. Sicher hingegen ist, auf welche Seite sich diese Regierung wieder einmal geschlagen hat. Auf die Seite der Unternehmer und Konzerne. Das hat sich zuletzt gezeigt am blamablen Einknicken des FPÖ-Verkehrsministers Norbert Hofer vor der Frächterlobby. Das zeigt sich aktuell und besonders brisant an der leidigen Causa „Karfreitag“.
Da sorgt das „Drüberfahren über die Evangelischen“ für berechtigte Empörung. Auch außerhalb der Evangelischen Kirche. Denn wieder einmal wird ohne ausreichende Begutachtung ein rechtlich zweifelhaftes Gesetz durchs Parlament gepeitscht. Nicht einmal im Zusammenhang mit den Rechten und Traditionen einer Religionsgemeinschaft sieht diese Regierung entsprechende Sensibilität für angebracht. Einer christlichen Minderheitskirche die Religionsausübung zu beschneiden und ihren wichtigsten Feiertag zu kappen, zeugt zudem von beispielloser Unverfrorenheit. Vor allem jene Regierungsmitglieder, die der Evangelischen Kirche angehörigen, nämlich Hartinger-Klein, Norbert Hofer und Heinz Faßmann sollten sich schämen.
Es ist dies nicht zuletzt auch eine demokratiepolitisch und menschenrechtlich höchst bedenkliche Vorgangsweise. Dabei wäre die nach dem EUGH-Urteil logischste Konsequenz gewesen, den Karfreitag für alle zum Feiertag zu machen. Eine Forderung, die der evangelische Bischof Michael Bünker immer wieder in die Diskussion eingebracht hatte. In bewährter Manier versucht die türkis-blaue Regierungstruppe nun den Spieß umzudrehen.In bisher kaum registrierter Perfidie hat der für Religionen zuständige Kurz-Vertraute Gernot Blümel den Ball an Bünker weitergespielt.
Allen Ernstes hat Blümel in der ZIB 2 die nunmehrige unbefriedigende Karfreitagslösung mit einer angeblichen Zustimmung Bünkers gerechtfertigt. Der Bischof hatte sich zu diesem Zeitpunkt allerdings von seiner ersten Reaktion, es handle sich um eine positive Lösung mit Wermutstropfen, bereits deutlich distanziert. Dennoch steht Bünker, anerkannt und gelobt für seine Verdienste auch über Kirchengrenzen hinaus, nun als Sündenbock da. Nicht nur seitens Blümels, sondern auch kirchenintern.
Statt den Regierungskoordinatoren Blümel und Hofer schwappt nun Bünker eine Welle von Kritik entgegen. Ja, sogar von Verrat an der eigenen Glaubensgemeinschaft ist mancherorts die Rede. Ein engagierter Kirchenmann wie Bünker verdient das aber beileibe nicht, er hat das Erscheinungsbild der Evangelischen Kirche in seiner 12-jährigen Amtszeit äußerst positiv geprägt.
Eine Glaubensgemeinschaft, die in ihrer Geschichte bis weit ins vergangene Jahrhundert hinein nicht wenig Leid erfahren hat, von Regierungsseite her derart zu demütigen und desavouieren, ist wohl einmalig in der Zweiten Republik. Oder sind wir bereits in der Dritten angelangt ? Manche Entwicklungen in diesem Land, wie die Infragestellung von Grundrechten sowie Revanchegelüste gegenüber einer Minderheits-Kirche, die sich immer wieder auch regierungskritisch zu menschenrechtlich bedenklichen Erscheinungen geäußert hat, lassen diesen Schluss zu.
1. Mose 3,19 verflucht Gott Adam nach dem „Sündenfall“: „Und zum Manne sprach er: Weil du gehorcht hast der Stimme deines Weibes und gegessen von dem Baum, von dem ich dir gebot und sprach: Du sollst nicht davon essen -, verflucht sei der Acker um deinetwillen! Mit Mühsal sollst du dich von ihm nähren dein Leben lang. Dornen und Disteln soll er dir tragen, und du sollst das Kraut auf dem Felde essen. Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis du wieder zu Erde werdest, davon du genommen bist. Denn du bist Erde und sollst zu Erde werden.“ Damit ist gemeint: Im Gegensatz zu den paradiesischen Zuständen musst du ab jetzt für deinen Lebensunterhalt arbeiten. Der Wunschtraum, diesem Los zu entrinnen, zeigt sich beispielsweise in den Märchen vom Schlaraffenland. Siehe auch „von Angesicht zu Angesicht“
Herr Bachmair
Wenn für Sie „selbstverständlich die Arbeitskraft der Menschen“ Arbeit schafft, dann müssten die 400.000 Arbeitslosen ja eigentlich nur etwas arbeiten und das Problem wäre ganz einfach gelöst.
Unsere Regierung schlägt sich auf die Seite der Unternehmer und Konzerne, Venezuelas Maduro schlägt sich jedoch auf die Seite der einfachen Menschen.
Die leidige Causa „Karfreitag“ entstand durch linke EUGH-Richter und nicht durch unsere Regierung. Und „möglichst Nahe an der bisherigen Praxis“, bedeutet eben nicht, dass 96% der Bevölkerung einen zusätzlichen Feiertag bekommen, sondern, dass 4% der Bevölkerung ein Feiertag gestrichen wird. Sonst macht das nämlich Schule!
Wenn dann die Juden und die Muslime ihre Feiertage auch noch beim Europäischen Gerichtshof einklagen, dann muss man eben noch ein paar zusätzliche Feiertage einführen. Alles kein Problem und alle wären zufrieden. Der durch diesen wirtschaftlichen Wettbewerbsnachteil verursachte Schaden kommt sowieso erst nach Jahren zum Vorschein und kann dann locker der FPÖVP-Regierung untergejubelt werden.
PS: Wenn einem Evangelischen sein Karfreitag keinen Urlaubstag wert ist, dann ist es sowieso kein gläubiger Mensch, sondern nur ein Nutznießer von staatlichen Regelungen.
Zur Karfreitag-Entscheidung der Regierung sagte Kardinal Schönborn: -Die Lösung sei „hatschert“ gewesen. Schönborn bestätigt, dass man (Die Katholische Kirche) zu einem Feiertagstausch bereit gewesen wäre , nämlich mit dem Pfingstmontag, der kein kirchlicher Feiertag ist. „Der Karfreitag wäre dann für alle zum Feiertag geworden.“ (Wiener Zeitung, 2019-03-23, p. 9). (Resumé Hans Högl)