Kontra geben! Diskussionskultur? Lob des Mittelalters?!

Hans H ö gl

Die im 12. Jahrhundert aufkommenden Universitäten erforderten, wie der Soziologe
Walter Rüegg schreibt, „die Anerkennung der wissenschaftlicher Leistungen Andersdenkender, Andersgläubiger, gesellschaftlich Tiefstehender und die Bereitschaft, die eigenen Irrtümer durch überzeugende Erkenntnisse welcher Herkunft auch immer korrigieren zu lassen“. Das führte geradezu zu einer Explosion an äußerst geistreichen und höchst kontroversiellen Diskussionen an den neuen Universitäten (wie z.B. in Paris).

Entgegen der allzu lange herrschenden Meinung betont selbst der Atheist Georges Minois ausdrücklich: Im Mittelalter vertraten Intellektuelle extreme Positionen mit argumentativer Brillanz und diese wurden mit ebenso argumentativer Brillanz widerlegt. Die Disputationskultur war vorbildlich. Allerdings gab es dabei auch „Fouls“, was der Autor Manfred Lütz im Buch, dem Bestseller „Der Skandal der Skandale. Die geheime Geschichte des Christentums“, erschienen im Herder Verlag, im Einzelnen darstellt.

Besonders beeindruckt haben mich folgende Aussagen :

„Bevor man eine Position kritisieren durfte, musste man sie erst auf eine so überzeugende Weise selbst darstellen, dass der andere sich in dieser Darstellung auch wiederfand. Und dann erst kam der intellektuelle Gegenangriff.“(p. 94).

Diese Praxis gibt es heute kaum. Man ist schon dagegen, bevor man zugehört hat. Dies ist üblich in politischen Diskussionen, ja ist geradezu ein Habitus, aber auch im Alltag und nicht zuletzt auch in der Medienbranche.

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