Die Tageszeitung Der Standard hat wie auch andere Qualitätsmedien meist auch eine gute außenpolitische Berichterstattung. Dennoch bedarf es fallweise auch einer medienkritischen Betrachtung.
Udo Bachmair
Gleich drei Schlagzeilen allein in einer Standard-Ausgabe (vom 21.1.2021):
„Ein neuer Morgen in Amerika“, „Biden beschwört Amerikas Einheit“ sowie „Botschafterin eines neuen Amerika“.
Von welchem Amerika ist da genau genommen die Rede ? Von Nord- oder Südamerika, von Kanada, Bolivien oder Kuba oder..? Alle Genannten gehören ebenfalls zu Amerika. Wollen die alle in einen Topf geworfen werden? Wollen die gar in einem „neuen Amerika“ (unter Führung der USA) leben ?
Wäre es nicht viel korrekter, von den USA zu sprechen und diese nicht gleich mit Amerika gleichzusetzen? In dem Sinne ist auch die oft verwendete Formulierung „amerikanischer Präsident“ störend und irreführend, der damit gleich für einen ganzen Kontinent verantwortlich gemacht zu werden scheint..
Eine ähnliche journalistische Unart begegnet einem auch im Zusammenhang mit „Europa“. Europa wird in der Regel (auch in Qualitätsmedien) immer wieder mit der EU identifiziert. Doch Europa umfasst deutlich mehr als die EU, beispielsweise auch den bevölkerungsstärksten Teil Russlands..
Die generalisierende Verwendung von „Amerika“ und „Europa“ spiegelt zudem eine gewisse (meist nicht bewusste journalistische) Überheblichkeit gegenüber Ländern und Bereichen außerhalb der USA und außerhalb der EU wider.