Nach der Wahl: Zur Zukunft von ORF und Funkhaus

Udo Bachmair

Die Nationalratswahl ist geschlagen, die Neuauflage einer schwarz-blauen Koalition gilt als wahrscheinlich. Eine Entwicklung, die mit großem Interesse und unverkennbarer Nervosität auch im ORF registriert und diskutiert wird. So wachsen bei Belegschaft und ORF-Führung Ängste und Befürchtungen über angebliche Pläne, ORF 1 und Ö 3 zu verkaufen. Ein solcher Privatisierungsschritt käme einer Zerschlagung des ORF gleich, wird argumentiert. So schnell, wenn überhaupt, dürfte es jedoch nicht dazu kommen.

Realistischer ist da schon eine komplette Umfärbung der wichtigsten ORF-Positionen. Abgeschreckt vom rigiden Kurs des ÖVP-nahen Hardliner-Duos Monika Lindner / Werner Mück erscheint das vielen im ORF als gefährliche Drohung. ORF-Redakteure haben den seither unter Wrabetz erreichten journalistischen Spiel-und Freiraum durchaus schätzen gelernt , wie mir Ex-ORF-Kollegen bestätigen. Der Vorwurf, Wrabetz würde ORF-Informationsabteilungen parteipolitisch gängeln, läuft daher weitgehend ins Leere.

Angesichts der voraussichtlich neuen politischen Konstellation im Lande erscheint auch die Zukunft des Funkhauses brisant. Noch im Vorjahr war fix mit der Absiedelung von Ö 1 und FM 4 aus dem Wiener Funkhaus gerechnet worden. Diese Fehlentscheidung des ORF-Stiftungsrates dürfte zwar endgültig vom Tisch sein, doch es kursieren neue Gerüchte, dass die Radioinformation als einziger Bereich in bestehende Hallen des ORF-Zentrums verbannt werden soll. Die Generaldirektion hat nämlich eine Machbarkeitsstudie zu solchen Überlegungen in Auftrag gegeben…

Die ProponentInnen und UnterstützerInnen der Funkhausrettung haben aus aktuellem Anlass folgende Erklärung veröffentlicht:

„Wir freuen uns, dass der ORF den 50. Geburtstag seines Kultur- und Informationssenders Ö1 sowohl im Wiener Funkhaus als auch in seinem Hörfunk- und Fernsehprogramm gefeiert und im Funkhaus einen würdigen Rahmen dafür vorgefunden hat. Er hat damit die Aufmerksamkeit auf das Funkhaus als Hauptstandort seiner Hörfunksender gelenkt. Wir verstehen das als Zeichen, dass ihm sein Funkhaus etwas wert ist und er es behalten möchte.

Daher gehen wir davon aus, dass nicht mehr an den Verkauf des gesamten Funkhauses gedacht ist. Nur noch Überlegungen zu einem Teilverkauf wurden zuletzt bekannt. Aber auch ein Teilverkauf des Funkhauses würde in den Folgekosten den Verkaufserlös bei weitem übersteigen und das Funktionieren von Ö1, FM4 und Radio Wien durch die Aufteilung der einzelnen Programmbereiche auf verschiedene Standorte elementar gefährden. 

Über die Standortfrage hinaus hängt die weitere positive Entwicklung vom Willen des ORF ab, die Sender des Funkhauses mit dem entsprechenden Personal und den nötigen Mitteln auszustatten. Dem ORF insgesamt und dem Hörfunk sowie Ö1 als Informations- und Kultursender kommt eine besondere Bedeutung und Verantwortung bei der Wahrung der äußeren und inneren Meinungsfreiheit und der Erhaltung der Meinungsvielfalt zu. Jede Einsparung bei Personal und Mitteln verringert sie. Nur der ORF ist durch seinen Informations-, Bildungs- und Kulturauftrag in der Lage, ein umfassendes Angebot in diesen Bereichen zu erstellen.

Wir treten daher für einen starken und unabhängigen ORF ein. Wir befürworten die Stärkung seiner Informations- und Kulturprogramme. Wir begrüßen jede Aktivität, die zum Ausbau seiner Kultur-, Bildungs- und Informationsaufgaben führt. Wir unterstützen alle Maßnahmen, die der Fortsetzung der großen Bedeutung des Wiener Funkhauses dienen. Wir befürworten jede Öffnung des Funkhauses für weitere öffentlich-rechtliche Nutzungen im Rahmen seines Auftrags.

Wir rufen den ORF und die Politik dazu auf, sich mit uns gemeinsam für einen ORF einzusetzen, der ein Garant für Offenheit, Pluralität und Objektivität ist. Der selbst, durch seine verschiedenen Standorte und ihre jeweils eigenständigen Gesamtprogramme, die innere und äußere Medienfreiheit repräsentiert und einen unverzichtbaren Bestandteil des kulturellen, wissenschaftlichen und publizistischen Lebens in Österreich darstellt.“

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