Udo Bachmair
Westliche Medien haben NATO-Kriegspropaganda übernommen
Im Falle des US-Angriffskriegs gegen den Irak hat NATO-Kriegspropaganda mit entsprechender „Begleitmusik“ militärische Aggression gegen einen souveränen Staat vorbereitet und gerechtfertigt. Wie sich herausstellte: Mit Propagandalügen, bereitwillig verbreitet von westlichen Medien.
In der Causa Ukraine hat sich Ähnliches wiederholt. Wie der deutsche Nachrichtensender ntv aufdeckt, hat die westliche Militärallianz seit Monaten Politik und Medien mit dramatisierten antirussischen Darstellungen zur Lage in der Ostukraine „versorgt“. Damit ist weiter Öl ins Feuer des ohnehin gefährlichen Ukraine-Konflikts gegossen worden. Medien haben angesichts schmerzlichen Mangels an Ethik und Verantwortungsgefühl weiter an Glaubwürdigkeit eingebüßt.
Im Folgenden exklusiv der ntv-Bericht , den sich heimische Mainstream-Medien nicht zu veröffentlichen wagen:
Propaganda aus Brüssel?
Von Christoph Herwartz
Laut einem Medienbericht trickst die Nato bei ihren öffentlichen Einschätzungen zur Ukraine-Krise. Russland könnte weniger massiv an diesem Krieg beteiligt sein, als es bislang den Anschein hat. Die Bundesregierung ist angeblich fassungslos.
Der Vorwurf ist heftig: Hintertreibt der Oberbefehlshaber der Nato, Philip Breedlove, die Bemühungen der Bundesregierung, die Ukrainekrise zu befrieden? Der „Spiegel“ berichtet, Breedlove und andere US-Amerikaner würden den Konflikt weiter anheizen, anstatt zu seiner Lösung beizutragen. Und dabei setzen sie die Glaubwürdigkeit der gesamten Nato aufs Spiel. Von militärischer Propaganda ist die Rede. Breedlove, der mächtigste Soldat der Nato, soll die Rolle Russlands in der Ukraine übertrieben dargestellt haben.
- Zu Beginn der Krise sprach Breedlove von 40.000 Soldaten, die Russland an der Grenze zusammenziehe und die jederzeit angreifen könnten. Nachrichtendienste aus den Nato-Staaten widersprachen laut „Spiegel“: Es habe sich um wesentlich weniger Soldaten gehandelt und ihre Zusammensetzung deute nicht auf einen Einmarsch hin.
- Im November vergangenen Jahres meldete er mit Berufung auf die OSZE, Panzer, Artillerie, Luftabwehrsysteme und Kampftruppen seien über die Grenze gekommen. Die OSZE hatte aber lediglich gemeldet, die Einheiten hätten sich innerhalb der Ostukraine bewegt.
- Wenig später sprach er von russischen Militärberatern in der Ukraine – deren Zahl er mal mit „250 bis 300“, mal mit „300 bis 500“ angab. Im Februar, als Angela Merkel in Minsk gerade eine Waffenruhe aushandelte, meldete Breedlove, 50 russische Panzer und Dutzende russische Raketenwerfer würden die Grenze zur Ukraine überqueren. Der deutsche Geheimdienst BND konnte das nicht bestätigen, obwohl er eigene Satellitenaufnahmen hat und sich mit den US-Geheimdiensten austauscht.
- Und nun, Anfang März, als in Deutschland gerade die Hoffnung auf eine dauerhaft haltende Waffenruhe aufkommt, sagt Breedlove, Russland sei mit mehr als Tausend Kampffahrzeugen, mit Kampftruppen und Artillerie-Bataillonen in der Ostukraine. Laut „Spiegel“ verstehe man in der Bundesregierung nicht, wovon Breedlove da rede.
Glaubwürdigkeit des Westens gefährdet
Auch die Bundesregierung ist überzeugt davon, dass Russland die Separatisten direkt militärisch unterstützt. Sie beruft sich dabei auf Erkenntnisse des BND. Aber im Kanzleramt gebe es seit Monaten immer wieder Kopfschütteln, wenn die Nato russische Truppenbewegungen verkündet, schreibt der „Spiegel“. Die Regierung habe schon bei der Nato interveniert, um auf Breedlove einzuwirken.
Der „Spiegel“ zitiert so ausführlich die Position des Kanzleramtes, dass sich vermuten lässt, dass die Regierung das Magazin bewusst mit diesen Informationen versorgt hat. Das ist ein beliebtes Mittel, um weiteren Druck auszuüben, ohne einen Affront zu riskieren. Die Botschaft der Bundesregierung an Nato und USA ist demnach diese: Die umstrittenen Lageeinschätzungen könnten die Glaubwürdigkeit des Westens beschädigen. Der Propaganda dürfe man nicht mit Propaganda begegnen, sondern mit rechtstaatlichen Argumenten. Dass Breedlove seine Meldungen gerade dann verbreitet, wenn der Friedensprozess vorankommt, sei nicht unbemerkt geblieben. Die Bundesregierung ermahnt die Bündnispartner dazu, den Friedensprozess zu unterstützen.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier versucht, die Differenzen nicht zu hoch zu hängen: Es sei wahr, dass er selbst zweimal Nachfragen habe stellen lassen, weil die eigenen Informationen mit denen der Nato oder der USA „nicht völlig übereinstimmten“. Daraus solle kein Zwist entstehen, so Steinmeier in Reaktion auf den „Spiegel“-Bericht. Die Vorfälle lägen lange zurück.
Trotzdem entsteht der Eindruck, dass die Meinungsverschiedenheiten zwischen Deutschland und den USA nun mit unzulässigen Mitteln ausgetragen werden. Deutschland möchte sich militärisch nicht in die Ukraine-Krise einmischen und das Verhältnis zu Russland nicht noch weiter beschädigen. Die USA wollen vor allem verhindern, dass Russland seinen Einfluss weiter ausdehnt und sind dazu auch zu drastischeren Maßnahmen bereit. Barack Obama würde wohl Waffenlieferungen zustimmen, wenn ihn Merkel nicht davon abhielte. Besonders die Republikaner, die im Kongress die Mehrheit haben, drängen ihn dazu.
Breedlove gehört zu den Scharfmachern in dieser Sache. Er fordert, der Westen dürfe Waffenlieferungen nicht ausschließen. Der Verdacht liegt nahe, dass er mit zugespitzten Lageeinschätzungen politische Entscheidungen beeinflussen möchte. Unabhängig nachprüfen lassen sich die militärischen Informationen der Nato nur sehr bedingt. Dazu sind sie meist zu ungenau.