Bedrohliches Kriegsgetöse (2)

Medien und Politik schüren Angst und Panik vor einem Angriff Russlands auf die EU und die NATO. Das erhöht die Zustimmung zu weiterer hemmungsloser Aufrüstung.

Wolfgang Koppler *

„Die NATO ist nicht nur von außen bedroht“, lautet ein Artikel jüngst in den Oberösterreichischen Nachrichten (OÖN). Darüber ein Foto mit Panzer und drauflos stürmenden Soldaten. Stoltenberg und das NATO-Emblem haben offenbar ausgedient und wirken zu wenig kriegerisch.

Anlässlich des uns bevorstehenden 75-Jahr-Jubiläums der NATO im April und wirtschaftlicher, politischer und gesellschaftlicher Probleme im Westen müssen natürlich Ängste vor inneren und äußeren Feinden geschürt werden. Auch um die Opferbereitschaft der Bevölkerung zur Erhöhung der Rüstungsbudgets zu steigern. Und so beginnt der Autor natürlich mit dem äußeren Feind Russland. Ein zunehmend kriegerischer russischer Präsident Putin könnte das Militärbündnis in weniger als einem Jahrzehnt angreifen, wird der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius zitiert (vielleicht sollte er noch seinen Vornamen ändern: Boris könnte zu russisch wirken).

Wer weiß, was dann sein wird ? Auf jeden Fall wäre Putin dann an die 80. Und wer weiß, ob er dann noch am Leben sein wird, wer dann in Russland überhaupt an der Macht ist. Und Russland hat mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kein Interesse, Polen, das Baltikum oder gar Schweden anzugreifen. Das sind – aus der Sicht Russlands – keine strategisch oder auch nur kulturell – bedeutsamen Gebiete. Alles andere ist bloße Spekulation und Kaffeesudleserei. Genauso gut können wir uns auf einen Angriff der Außerirdischen vorbereiten oder auf einen Ausbruch eines der 50 Supervulkane, die es auf der Erde gibt. Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit werden wir aber angesichts der jetzt schon besorgniserregenden Daten in 10 Jahren den Klimawandel und das Elend in den Entwicklungsländern weit stärker zu spüren bekommen als uns lieb ist. Aber mit solchen weitaus realistischeren Vorhersagen steigert man keine Rüstungsbudgets,

Um Politik und Bevölkerung aber trotzdem zu sensibilisieren, muss man Horrorvisionen erzeugen und sich dabei auf Experten berufen. Wie das auch Pistorius tut: „Unsere Experten rechnen mit einem Zeitraum von fünf bis acht Jahren, in dem dies möglich sein könnte“ (man beachte das Wort „möglich“ und mein obiges Stichwort „Kaffeesudleserei“). Da es dem Autor scheinbar darum zu tun ist, die Panik noch zu steigern, stellt er in der Folge einige Suggestivfragen: „Ist der Angriff Russlands gegen die Ukraine nur ein Testlauf, um zu sehen, wie ernst es den westeuropäischen Staaten mit ihrer Verteidigungsbereitschaft ist ? Falls es Putin gelingen sollte, die Ukraine niederzuringen, wendet er sich dann seinem Hauptfeind ‚NATO‘ zu ? Testet er den Artikel 5 des NATO-Vertrages“ ? (Anm: Beistandspflicht)

Um diesen geradezu bohrenden, aber eher substanzlosen Fragen Nachdruck zu verleihen (wobei der Autor zugesteht, dass seine Visionen in Westeuropa als eher unwahrscheinlich abgetan werden), wird dann Schwedens Oberbefehlshaber General Michael Byden zitiert, der die Schweden aufgefordert hätte, sich „mental“ auf den Krieg vorzubereiten. Und dann folgt noch einmal Pistorius, der in seinem Interview die schwedischen Warnungen „aus skandinavischer Sicht als verständlich“ bezeichnet hätte. Ich würde eher sagen, aus Sicht der skandinavischen Regierung und der Militära, die den sich jetzt bald zwei Jahre hinziehenden Beitrittsantrag ja irgendwie rechtfertigen müssen.

Und natürlich darf im gegenständlichen ÖON-Artikel der Hinweis auf die historisch verständliche Besorgnis der Polen nicht fehlen. Weshalb Polen gegenwärtig gefährdet sein sollte, kann der Autor nicht darlegen.

Da dies alles wenig stichhaltig ist, um eine massive Erhöhung der europäischen Verteidigungsbudgets zu begründen, darf natürlich auch die Angst vor einem möglichen Sieg Trumps bei den kommenden US-Präsidentschaftswahlen nicht fehlen. Dieser hat ja – im Gegensatz zu Biden – an Europa und seinen antirussischen Reflexen wenig Interesse und liebt mehr die Auseinandersetzung mit China, Wenn dass kein Grund ist, die europäischen Verteidigungsbudgets hinaufzuschrauben ? Endlich auf die lästige „Friedensdividende“ zu verzichten ? Zumal die Polen ihr Rüstungsbudget schon unter der PiS-Partei auf 4 % (und heuer auf mehr als 4 %) hinaufgeschraubt haben ?

* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler lebt als Journalist und Jurist in Wien

Klar & deutlich

Einmal mehr empfiehlt der Autor des folgenden Beitrags die leicht lesbare Monatsschrift „Klar & Deutlich“, die in Münster erscheint.

Hans H ö g l

Es ist paradox: Menschen, die Kriege auslösen und unzählige Tote verursachen, genießen sehr viel mehr Aufmerksamkeit als Personen, die mutig vor Kriegen warnten – wie Berta von Suttner. Auch Kritik an zu vielen Einwanderern wird gern gepflegt oder im Kontrast dazu jeder Ausdruck daran abgelehnt. Mit anderen Worten, es geht je um Parteipolitik. Wie steht es aber darum, wenn Problemlösungen u.a. zu Pisafolgen angeboten werden – für bekannte Sprachdefizite, die mit der Migration naturgemäß gegeben sind?

Bereits am 4. Jänner wies ich auf die leicht lesbare Monatszeitschrift „Klar und deutlich“ hin. Heute bringe ich stark gekürzte Texte aus der Jännerausgabe 2024, die ich mir bestellte. Auf S.1 wird auf die Europawahl, jene in den USA und Russland hingewiesen. Da heißt es: „Durch Wahlen können Menschen mitbestimmen, wer das Land regiert. Regiert eine Partei gegen die Wünsche der Menschen?“ Dann bekommen sie bei der nächsten Wahl sicher weniger Stimmen. Durch solche Aussagen wird in einfacher Sprache klargemacht, dass Wahlen sehr wichtig sind.

Kurz die Erklärung der Europäischen Union (EU): „Ein Zusammenschluss von aktuell 27 europäischen Ländern“.

Auf der bunten Seite drei heißt es: „Wenn wir einen Brief verschicken, geht das so: Auf den Umschlag schreiben wir Name, Straße, Hausnummer. In Costa Rica gibt es solche Adressen nicht. Man schreibt zum Beispiel: An Pedro Luca in der Stadt Colon, 200 m südlich der Kirche im gelben Haus mit blauen Fenstern.“

Auf der Seite „Natur und Wissenschaft“ der Monatsschrift geht es u.a. um die Angst vor der Schlange Kreuzotter. Viele Leute fürchten sich vor ihr. „Die Schlange flüchtet aber eher vor Menschen.“ Sie beißt nur, wenn sie in die Enge getrieben wird.

Diese Beispiele mögen genügen. Lassen wir die Hinweise auf das gesunde Wintergemüse und die Erklärung von Bräuchen, so des Dreikönigstages und der Sternsinger.

Das Jahresabo der großformatigen Monatsschrift mit 8 Seiten kostet für Einzelpersonen € 50, für Institutionen € 70. Zu bestellen über Verlag „Spaß am Lesen“ Postf. 10 04 30 D- 48053 Münster oder info@spassamlesenverlag.de. Der Verlag gibt auch leicht lesbare Bücher heraus. Es ist lobenswert, dass die Hauptbibliothek der Stadt Wien diese Zeitschrift führt.

Schweiz: Profit durch Korruption

Institutionelle Verbrechen sind oft unbeachtet, geht aus einem Bericht des Zürcher „Tagesanzeigers“ hervor. Ein Zitat daraus ausgewählt von

Hans Högl *

„Man könnte sehr böse formulieren, was Christian Brönnimann da zusammengetragen hat: Verbrechen lohnt sich – für die Schweiz. Tatsächlich hat die Art, wie die Schweiz Hunderte Millionen Franken eingenommen hat, ein Gschmäckle.

Denn: Von 2018 bis 2022 nahm der Bund über 437 Millionen Franken ein. Meist stammt dieses Geld aus dem Ausland, wenn dort beispielsweise korrupte Beamte Gelder ergaunern und diese auf Konten in der Schweiz parkieren. Ähnlich ist es, wenn Schweizer Firmen sich etwas im Ausland zu Schulden kommen lassen, Bestechung etwa.

Brönnimann zeichnet anhand von zwei Fällen nach, wie Bund und Kantone profitieren. Das Problem: Nur unter bestimmten Bedingungen können die Gelder zurückgegeben werden. Das könnte sich in Zukunft ändern, berichtet der Kollege allerdings ebenfalls. Immerhin.“

* Hans Högl hat aus dem Zürcher Tagesanzeiger vom 24.1. zitiert

Kultur der Unmenschlichkeit

Das neue ORF-Magazin „Weltweit“ hat kürzlich ein interessantes Thema aufgegriffen: Die Spekulation auf dem Internationalen Wohnungsmarkt.

Wolfgang Koppler *

Jahrzehnte lang haben Politik und Medien diese Entwicklung verschlafen. So wie überhaupt die Auswüchse des Neoliberalismus. Dieser wurde ja in den 80-ern und 90-ern sogar begrüßt. Auch von vielen Journalisten. Jens Tschebull etwa forderte meiner Erinnerung nach damals im Profil die Abschaffung der wettbewerbsverzerrenden Wohnbauförderung und den völlig freien Wohnungsmarkt. Für jene, die sich das nicht leisten könnten, müsse man halt Obdachlosenheime errichten. Nicht einmal die letztlich vom Staat eingedämmte Finanzkrise 2008 konnte an dieser Vergötzung des Marktes wirklich etwas ändern.

Und das Elend breiter Bevölkerungsschichten, wie es sich etwa in den USA abzeichnet, schon gar nicht. Diejenigen, die sich dort kein Eigenheim leisten können, sind auf die Mietwohnungen am freien Wohnungsmarkt angewiesen. Und der ist in der Hand international agierender Immobilieninvestoren. Im Beitrag wurde ein Mieter gezeigt, der sich ergebenislos über eine Rattenplage beschwerte. Und das bei Mieten von 2000 Dollar für eine Einzimmerwohnung. Kein Wunder, dass in den USA immer mehr in den seinerzeit so genannten „Thatcher-Betten“ auf der Straße landen.

Global Players wie Blackstone (Immobilien im Wert von mehr als 900 Milliarden Dollar) machen sich aber auch in Europa breit. Etwa in Dänemark, Deutschland, den Niederlanden und sogar Schweden. Horrende Mieten, die sich bei jeder Neuvermietung noch einmal steigern. Beschwerden über Missstände werden von der Hausverwaltung ignoriert. Geht man damit an die Öffentlichkeit, wird seitens des Vermieters mit Polizei und Kündigung gedroht.

Dass derartige Unternehmen von Demokratie und Meinungsfreiheit nicht viel halten, mussten auch die Journalisten von „Weltweit“ bei ihren Recherchen erfahren. Sie erhielten schon nach kurzer Zeit ein Mail von Blackstone, das ihnen zeigte, wie sie bei ihren Recherchen in den USA beobachtet wurden. Die von ihnen kontaktierten Mieter seien natürlich nur Querulanten…

Die Sozialdemokraten haben das Thema Wohnen in den letzten Jahren verschlafen, wie die deutsche Ministerin für Wohnen und Bau in dem Beitrag ganz offen zugab, Die Konservativen sowieso. Treffend die Bemerkung eines Mieters: Das Recht auf Wohnung wurde durch das Recht auf Spekulation ersetzt.

In dem hochinteressanten Beitrag hat mir allerdings eines gefehlt: Die Beschäftigung mit der Situation In Österreich, wo die Situation zwar noch besser ist, aber der soziale Wohnbau in den letzten Jahren angesichts steigender Bau- und Grundkosten und zu geringer Wohnbauförderung fast zum Erliegen gekommen ist. Und Kritik an der EU fehlte ebenfalls. Mit dem Thema Wohnen beschäftigt sich man dort allenfalls dann, wenn man Angst um den Wettbewerb hat. So mussten die Niederlande ihre Wohnbauförderung kürzen: Wegen Wettbewerbsverzerrung. Griechenland ist da geradezu vorbildlich: Dort gibt es überhaupt keinen sozialen Wohnbau mehr. Wieder einmal ein Zeichen, was in der EU Vorrang hat: Profit und Wettbewerb.

Dass sich diese Situation durch den Ukrainekrieg und die geplante europäische Aufrüstung verschärfen wird, ist klar. Denn die Gelder werden anderswo fehlen. Für Waffen ist ja immer Geld da. Seltsamerweise auch bei den Sparefrohs. Eine Kultur der Unmenschlichkeit.

https://www.swiss-architects.com/de/architecture-news/meldungen/wohnbauforderung-in-gefahr

https://www.derstandard.at/story/2000110039625/eu-laender-wohnbeihilfen-statt-wohnbaufoerderung

* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler lebt als freier Journalist und Jurist in Wien

Keine Malaria auf Kap Verde

Gute Nachricht vom Blog „Perspective Daily“

Hans Högl

Das afrikanische Cabo Verde hat eine der tödlichsten Krankheiten der Welt besiegt. In dem afrikanischen Staat gibt es offiziell keine Malaria mehr. Laut WHO könnten zudem bald weitere Länder in Afrika folgen.

„Sternstunden der Philosophie“

Schweizer Fernsehen bedankt sich

Grüezi Herr Högl

Als Erstes möchten wir uns bei Ihnen für die verspätete Antwort entschuldigen.
Vielen herzlichen Dank für Ihren Brief vom 10. Dezember 2023.

Über Ihre positiven Worte zur «Sternstunde Philosophie» und Moderatorin Barbara Bleisch haben wir uns sehr gefreut. Wir wissen es sehr zu schätzen, dass Sie sich die Zeit genommen haben, uns zu schreiben. Gerne geben wir Ihr Feedback an die Redaktion weiter.

Wir freuen uns, Sie am kommenden Sonntag wieder auf SRF 1 begrüssen bei «Sternstunde Philosophie» zu dürfen. Um 11.00 Uhr wird über die Arbeit des IKRK gesprochen, vertreten durch die Präsidentin Mirjana Spoljaric Egger.

Wir hoffen, dass Sie unserem Angebot gewogen bleiben und wünschen Ihnen viel Freude mit unserem Programm.

Freundliche Grüsse und einen schönen Tag

Michelle Kraljevic
Publikumsservice

Papst gegen Rüstungsspende

Die Haltung des Vatikans erscheint konträr zu Mainstream-Medien.

Hans Högl

Zurückgekehrt vom Winterurlaub entdecke ich die Meldung, dass der Vatikan eine Spende von 1,5 Mio € des italienischen Rüstungskonzerns Leonardo abgelehnt hat. Leonardo beschäftigt weltweit 51.000 Personen im Konzern und wollte den Beitrag zum Erwerb eines innovativen Gerätes für Computer-Tomografien für das vatikanische Kinderkrankenhaus „Bambino Gesù“ spenden. Laut der römischen Zeitung „La Repubblica“ hat der Papst die Spende zurückgewiesen (Die Presse 13.1.2024).

Manchmal entsteht der Eindruck, Medien verhalten sich wie auf dem Schulhof, wo es auch Prügelknaben gibt, die immer wieder ausgeschlossen oder negativ beurteilt werden.

Die Katholische Aktion Österreichs solidarisiert sich mit der letzten Generation von 52 Klimaaktivist:innen. KAÖ-Präsident Ferdinand Kaineder nannte die Kriminalisierung der Gruppe als „absolut unerträglich“. (Die Presse 13.1.2024)

Der heute 83-jährige bengalische Ökonom Muhammad Yunus erhielt 2006 den Friedensnobelpreis für seine Idee, Mikrokredite an die Ärmsten zu vergeben. 1976 startete Yunus das Experiment, 27 Dollar an 42 bitterarme Korbflechter ohne Sicherheit, aber mit Zinsen zu verleihen. Zur Überraschung wurden die Zinsen korrekt zurückgezahlt. Zuletzt kritisierten immer wieder internationale Organisationen Repressalien durch die Regierung in Bangla Desh gegen ihn. Nun wurde er in Haft genommen (vgl. den präzisen, zweispaltigen Kommentar in der kirchlich nahen „Kleinen Zeitung“/Graz 3.1.2024).

Bemerkenswerte Statistik

Fast 60 Prozent der Kinder (bis 15 Jahre) in der Schweiz haben ausländische Wurzeln. Der Zürcher „Tagesanzeiger“ hat dazu eine Statistik veröffentlicht.

Hans Högl

Es lohnt ein Blick über die Grenze. Die Geburtenrate in der Schweiz ist laut „Tagesanzeiger“ auf einem neuen Tiefststand. Allerdings steigt die Zahl der Mädchen und Buben, die Eltern mit ausländischen Wurzeln haben (es sind 58 %). Was das für das Land und die Gesellschaft bedeutet, darüber denkt der eher linkspositionierte „Tages-Anzeiger“ nach.

Solche Informationen durchbrechen die sogenannte Schweigespirale, so genannt von der Meinungsforscherin Elisabeth Noelle-Neumann um 1980. Sie bezog sich auf eine ähnliche Beobachtung des französischen Denkers Descartes um 1640.

Es gibt je ein dominantes Meinungsklima zu bestimmten Themen, dem nur wenige zu widersprechen wagen. Auch an Universitäten. Darum wurde in Deutschland das „Netzwerk Wissenschaftsfreiheit“ gegründet.

Dem Blickfeld entrückt

Verdeckt vom Ukraine- und dem Gazakrieg sind andere Kriege und Konflikte aus dem Blickfeld westlicher Politik und Medien verschwunden. Besonders stiefmütterlich behandeln Medien den globalen Süden, im Besonderen Afrika, und dort im Speziellen die schlimme Situation im Sudan.

Wolfgang Koppler *

Was dort passiert, interessiert kaum. Oder wann wurde in der ZiB2 das letzte Mal über die katastrophale Lage in Somalia oder im Südsudan berichtet? Oder die Konflikte zwischen Ägypten und Äthiopien um das Wasser des Nil und einen geplanten Staudamm. Es ist auch kein wirkliches Thema für die EU oder die USA, die mehr damit beschäftigt sind, sich gegen den globalen Süden zu wappnen. Militärisch natürlich.

Selbst die unvermindert anhaltenden Kämpfe im Sudan und die katastrophale Lage dort sind etwa für die ZiB2 schon seit dem Sommer kein Thema mehr. Obwohl dort inzwischen 7,5 Millionen Menschen auf der Flucht sind und auch noch eine Hungersnot droht , weil die Kornkammer des Sudan, der Bundesstaat Jezira, von den Paramilitärs eingenommen wurde. Auch in der Hauptstadt Khartum fehlt es an Wasser, Strom und leistbaren Lebensmitteln. Als das islamistische Regime von Al Bashir gestürzt wurde, herrschte Jubel (auch im ORF). Der sehr bald der Ernüchterung wich. Die zivile Übergangsregierung musste weichen. Das Militär übernahm auch formal die Macht. Und dann brachen innerhalb des Militärs Kämpfe aus. Die regulären Streitkräfte unter Abdel Fattah Burjan gegen die arabischstämmigen rapid support Forces (RSF) von Mohammed Daglo. Es ist einerseits ein ethnischer Konflikt (arabischstämmiger RSF gegen schwarzafrikanische Gruppen), wie er sich schon bei Abspaltung des christlichen Südsudan abzeichnete. Wobei gerade im Sudan auch der Klimawandel eine große Rolle spielt, der den Kampf um Wasser und Weideland, insbesondere im Darfur-Konflikt verschärfte. Und damit Spannungen zwischen den Volksgruppen.

Andererseits werden diese Konflikte natürlich von außen geschürt. Weshalb trotz Hunger und Elend den Bürgerkriegsparteien nie die Waffen ausgehen. Schon in den Fällen der seinerzeitigen Abspaltung des christlichen Südsudan vor einigen Jahren spielten Rohstoffe wohl eine große Rolle. Im schon seit Jahren unabhängigen Südsudan etwa liegen 75 % der sudanesischen Ölreserven. Aber die Unabhängigkeit hat der Masse der Bevölkerung dort wenig gebracht. Die Menschen hungern und die FAO war aufgrund mangelnder Bereitschaft der Geberländer sogar zeitweise gezwungen, die Essensreserven zu kürzen. Zudem gibt es dort ebenfalls bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen verfeindeten Gruppen. Das Interesse des Westens ist enden wollend. Hauptsache, der Südsudan ist unabhängig, und Al-Bashir ist weg.

Noch schlimmer die Situation im „Mutterland“ Sudan, wo selbst die humanitäre Hilfe immer schwieriger wird. Auch hier Unterstützung der Aufständischen von außen. In diesem Fall von den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die die USA auf diplomatischem Weg einzubremsen suchen. Da es sich aber nicht um antiwestliche „Bösewichte“ wie den Iran oder Putin handelt, natürlich nur vorsichtig. Und die EU schläft überhaupt. Der Ukrainekrieg ist schließlich wichtiger. Und die bevorstehenden EU-Wahlen.

Immerhin darf das ZDF darüber berichten. Zumal auch größere Flüchtlingsbewegungen in Richtung Europa zu erwarten sind. Auch neuer Nährboden für Terror könnte angesichts des von Chaos, Elend und Kriegsverbrechen entstehen. Stichwort Somalia. In österreichischen Medien weitgehend Schweigen.

https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/sudan-krieg-vertreibung-100.html

https://www.deutschlandfunk.de/sudan-kaempfe-unruhen-militaer-102.html

* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler lebt als Journalist und Jurist in Wien

Tipp: „Bild der Wissenschaft“

Die Monatsszeitschrift „Bild der Wissenschaft“ besteht nun schon seit 61 Jahren. Sie bietet unvermindert qualitativ hochwertigen Lesestoff.

Hans Högl

Im Fokus der Zeitschrift sind neue und bekannte wissenschaftliche Erkenntnisse und neueste Experimente. Wer eine Trafik aufsucht, sieht sich einer Unzahl von Wochen- und Monatsschriften gegenüber – auch solchen fragwürdiger Qualität. In manchen Trafiken kann „Bild der Wissenschaft“ erworben werden, in anderen nicht, weil keine Nachfrage beseht (so in einer großen inner-österreichischen Marktgemeinde, wie ich feststellte).

Es ist sinnvoll, auf die Qualität dieser Zeitschrift auf der Website der Vereinigung für Medienkultur anerkennend hinzuweisen – im Wissen, dass ähnliche Themen sich im Feuilleton von Printmedien und in Magazinen von Radio und Fernsehen oft verstreut finden. Eben gestern zeigte der TV-Sender Phönix eine exzellente, mehrstündige Dokumentation über Australien.

Folgende, sehr kurz gefasste Informationen finden sich in einem Heft von „Bild der Wissenschaft“. Schweizer Experten der angesehenen Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) haben errechnet, wieviel Geld erforderlich wäre, um die Klimaziele zu erreichen. So beiläufig erfahren wir ja rund um die Uhr, was alles beim Klimaschutz versäumt wird. Ein ungewöhnlicher Vorschlag: Jene Journalistinnen und Journalisten, die dies erwähnen, sollten fallweise bekunden, wie sie es selbst konkret mit der Ökologie halten, was sie und ihre Angehörigen für Klimaziele beitragen. Und das betrifft auch Medien-Unternehmen als solche.

a) 87 Milliarden müsste Europa pro Jahr in klimarelevante Infrastruktur investieren im Sinne des selbstgesteckten Klimaschutzes. Ziel ist: Reduktion der Treibhausgase bis 2050 auf Null- Emissionen. Alles dies müsste um 42 % mehr als bisher sein wie Bjarne Steffen und Lena Klaßen von der ETH Zürich ausgerechnet haben. Es wird oft der Klimawandel in den Mund genommen. Darum der Hinweis, wer auch immer dies in Medien zum Ausdruck bringt, solle mitteilen, was er persönlich für den Klimaschutz beiträgt, damit dies nicht bloß ein belangloses ‚Gerede` ist.

b) Moderner Beton hält meist nur 50 Jahre. Die Römer verwendeten nicht Löschkalk, sondern Brantkalk (Kalk wurde mit Vulkanasche gemischt und mit Meerwasser angerührt. Das brachte große Qualität) Antike Bauten überdauerten Jahrtausende.

c) Weltweite Weizen-Exporteure (laut FAO)

1. Russland 37.3 Mio Tonnen (18,8 %), 2. USA 26,1 Mio t (13,2 %), 3. Kanada 26,1 Mio t (13,2 %), 4. Frankreich 19,8 Mio t (10 %), 5. Ukraine 18,1 Mio t (9,1 %). Ukraines Exportanteil fiel 2022 auf knapp ein Drittel der Vorjahrsproduktion. Dies bedeutet, dass ohne Krieg die Ukraine rund 50 Mio t produzierte, also das meiste Getreide im Frieden exportierte.

d) Milch enthält neben Fett und Proteinen auch lebenswichtige Mikro-Nahrungsstoffe wie Kalzium, Magnesium, Zink und Vitamine. Milchtrinken führte in Europa zu einer körperlich größeren Bevölkerung, denn sie enthält einen Wachstumsfaktor. Aber es gibt eine angeborene Milch-Intoleranz. Betroffenen Säuglingen fehlt die Fähigkeit, Milchzucker zu verwerten. Man nennt dies Laktose-Intoleranz. Vor dem 20.Jahrhundert hatten solche Säuglinge keine Überlebenschance (heute gibt es spezielle Babynahrung).

Und Milch hat Ansteckungen reduziert; so hat kontaminiertes Wasser Cholera verbreitet. Darum trank man im Mittelalter lieber Wein und Bier anstelle von Wasser. Der darin enthaltene Alkohol tötete die meisten Mikroorganismen und schützte vor lebensbedrohlichen Krankheiten (Bild der Wissenschaft 3/23 p.44f.).

e) Cholera 1832 in Paris. Bericht darüber von Heinrich Heine. Die Reichen verließen Paris, Stadtbewohner nutzten Flanellstoffe als Panzer, und Priester glaubten, der geweihte Rosenkranz wehre die Cholera ab. Die Frühsozialisten um Saint-Simon meinten, sie könnten nicht sterben, denn Fortschritt sei ein Naturgesetz und sozialen Fortschritt bringe die Bewegung der Anhänger von Saint-Simnon.

f) Auf S. 49 (3/23) wird auf ein Buch der Science Busters hingewiesen, gegründet von den österr. Physikern Heinz Oberhummer und Werner Gruber. Das Buch „Wissenschaft ist das, was auch dann gilt, wenn man nicht daran glaubt“ sei „Lesespaß pur“- erschienen im Hanser Verlag. Motto: Humor und Wissenschaft müssen keine Feinde sein.

g) Zu Planetoiden im Weltall. Millionen von Kleinkörpern (Planetoiden) bewegen sich im Weltall und geben Zeugnis von dessen Urgeschichte. Gesteinsproben davon werden untersucht.

h) Satelliten: Ihre Umlaufbahnen befinden sich auf einzelnen „Etagen“ rund um die Erde. In etwa 500 km Höhe sind die Satelliten der ISS-Station und des Hubble. Im mittleren Orbit zwischen 20.000 km und 27.000 km ist der Geo-Satellit. Die stationären Wettersatelliten und die Rundfunk- und TV-Satelliten befinden sich auf einer Höhe von 36.000 km.

Satelliten brauchen Treibstoff, um nicht abzustürzen. Forscher bemühen sich um Lösungen.