Sorge dich nicht !

Es lohnt, ein weithin bekanntes Buch wieder zu lesen: Dale Carnegie: Sorge Dich nicht -lebe! Fischer 2011.

Hans H ö g l

Insbesondere die Seiten 267-272 sind lesenswert. Das Kapitel 20 hat den Titel „Vergessen Sie nicht: Einen toten Hund tritt man nie“.

Dale Carnegie befragte viele Menschen, wie sie mit Ängsten und so auch mit Angst vor Kritik umgehen. Eben dieser Abschnitt läßt mich ich an das Übermaß an Kritik in Medien denken. Selbstverständlich sind in der Demokratie Bemängelung und berechtigte Kritik extrem wichtig, so wenn es um öffentliche Anliegen und wirkliche Fehler von Politikern geht. Das Ärgste wäre ja Zensur und ein Verbot von Kritik- wie vor 1848 – im Vormärz. Dennoch gilt zu fragen, ob heutige (Medien) Kritik nicht ein Übermaß erreicht hat und schon kritisiert wird, bevor Regierungsmaßnahmen erklärt wurden. Mit diesem Vorbehalt seien folgende Aussagen von Dale Carnegie zu interpretieren.

Carnegie bringt ältere Beispiele aus der US-amerikanischen Geschichte, die uns Europäern selten bekannt sind. Ich bringe hier primär seine Schlussfolgerungen. Carnegie: Manche Leute treten auf andere ein und kritisieren sie, weil es ihnen „ein Gefühl von Wichtigkeit gibt“. Es verschafft vielen Menschen Genugtuung, andere, die erfolgreicher sind, herunterzumachen. Bemerkenswert ist das Missverhältnis: Manager, diverse Direktoren und Sportler verdienen oft wesentliche mehr als Politiker. Dies wird kaum thematisiert.

Schopenhauer meinte zu diesem Thema, „dass gewöhnliche Leute großes Vergnügen an den Fehlern und Verrücktheiten bedeutender Menschen hätten“ (S. 264). Nun – wir beziehen dies auf Boulevard-Journalismus, welcher mit Kritik der Masse zu gefallen sucht und sich so zu ihrem Sprecher macht und die Zeitungsauflage oder Medienq
uote erhöht.

Ein paar amerikanische Beispiele seien angeführt- so ein Hinweis auf eine Zeitungskarikatur-ausgerechnet über George Washington, der von einer johlenden Masse, wenn er durch die Straßen ritt, verspottet und beschimpft wurde. Auch den siegreichen General Grant traf es: Er gewann 1862 die entscheidende Schlacht für die Nordstaaten, die ihn über Nacht zum Nationalhelden machten. Und es läuteten die Glocken, und es gab Freudenfeuer vom nordöstlichen Staate Maine bis zum Ufer des Mississippi.

Doch innerhalb von sechs Wochen nach diesem großen Sieg wurde Grant, der Held des Nordens – verhaftet, und man nahm ihm seine Armee weg. Er weinte vor Demütigung und Verzweiflung. Warum er verhaftet wurde? „Zum größten Teil, weil er Neid und Eifersucht seiner arroganten Vorgesetzten geweckt hatte.“ (S. 266). Der Tipp von Dale Carnegie: „Ungerechte Kritik ist oft ein verkapptes Kompliment. Vergessen Sie nicht: Einen toten Hund tritt man nie.“

Dies nun auf Boulevard-Medien bezogen. Nachdenklich sollte eine spontane Aussage eines Wiener Pfarrers stimmen: „Journalisten wissen alles besser!“. Sie sollten sich nicht nur auf kritische Aspekte konzentrieren, sondern sachgerecht informieren. Ich beobachte in Journalen, dass zu geplanten Regierungsmaßnahmen mit Eifer gleich Einwände eingeholt werden, bevor noch der Sinn von geplanten Maßnahmen erklärt wurde.

Lob für die Klimakonferenz

Auffällig ist, das mehrere Medien Österreichs sich sehr anstrengen, ja den positiven Aussagen der Umweltministerin über die Ergebnisse der Klimakonferenz in Dubai zu widersprechen.

Hans Högl

Der Trend von Medien: Es darf nichts Positives über Dubai gesagt werden. Im Unterschied zu unklaren und durch Bilder verwirrende TV-Aussagen finde ich folgende Kurzmeldung zur Klimakonferenz in Dubai im Blog von „Öko-Invest“, einer Information für nachhaltige Investoren, sehr inhaltsreich:

Der Text in „Öko-Invest“ lautet schlicht:

Bei der Klimakonferenz (COP 28) in Dubai wurde am Mittwoch – doch noch einstimmig – eine Kompromissformel verabschiedet, in der die fossilen Energieträger als Ursache der Klimakrise benannt werden und alle Staaten zu einer Abkehr (statt nur Reduzierung) aufgefordert werden.

Erdöl (32%), Kohle (27%) und Gas (23%) machten 2022 weltweit noch rund 82% des Energieverbrauchs aus. Bis 2030 soll laut der COP-28-Erklärung die Kapazität der erneuerbarer Energieanlagen verdreifacht werden, d.h. der weltweite Anteil soll von zuletzt rund 14% auf über 40% steigen.

Selbstverständlich gibt es Leute, die immer mehr fordern und unzufrieden sind. Zutreffend ist die Kritik, dass 60.000 Leute zu einer Klimakonferenz anreisen….

Ukraine und Gaza : Beendet das Töten!

Gerade im Krieg zeigt sich, wie auch bei Intellektuellen in Wirklichkeit der Bauch regiert. Die vermeintliche Unmöglichkeit von Verhandlungen ist bloß Scheinrationalität.

Wolfgang Koppler *

In der gestrigen ORF- Nachrichtensendung ZiB2 wieder einmal ein Interview mit einem Experten zum Ukrainekrieg. Diesmal war es Stefan Lehne von Carnegie Europe, dem Brüsseler Ableger eines US-Thinktanks. Zuständig für EU-Außenpolitik wurde er zum jüngsten EU-Rat zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine befragt. Angesichts der festgefahrenen Situation erkundigte sich Moderator Thür nach der Möglichkeit einer Friedenslösung- Putin wolle nicht, meint Lehne, „Sie haben ihn doch gerade im Beitrag gehört, es gibt keine Vermittlung“.

Was man im zuvor geschalteten Beitrag über eine Pressekonferenz Putins gehört hatte, war, dass dieser eine Neutralität und eine Entnazifizierung der Ukraine gefordert hatte. Ersteres wurde bereits im Frühjahr letzten Jahres verhandelt und „Denazifizierung“ ist eine mehr oder weniger stehende Redewendung Putins, die damals auch kein Hindernis für Verhandlungen war. Zudem gab es in den letzten Monate mehrere Signale seitens Putins, die auf Gesprächsbereitschaft hindeuten.

Wie schal und wenig stichhaltig die Behauptung von der Aussichtslosigkeit oder gar Unmöglichkeit von Verhandlungen ist, zeigt ein Artikel in Deutschlandfunk.de vom Februar heurigen Jahres unter dem Titel „Lässt sich der Frieden mit Russland verhandeln“. Als Argumente dient eigentlich nur die Behauptung, dass die die Ukraine „mit dem Rücken zur Wand und ihre Existenz als Staat auf dem Spiel“ stehe“ und der Verweis auf Kriegsverbrechen. In der Folge werden dann nur mehr die Ansichten und Befürchtungen der Kriegsparteien angeführt.

Weshalb die Existenz der Ukraine derzeit wirklich gefährdet sein soll, ist mir nicht ganz einsichtig. Vor allem aber stellt sich die Frage, weshalb ein Waffenstillstand und Verhandlungen die Ukraine mehr gefährden sollten als die Weiterführung des Krieges. Das Argument der Militärs, dass sich dann die russische Armee neu aufstellen bzw. erholen und ihre Position verbessern könne, gilt genauso für die Ukrainer. Weitere militärische Abenteuer sind angesichts der Schwächung Russlands ziemlich unwahrscheinlich. Und was Kriegsverbrechen betrifft, so ist dies ein rein emotionales „Argument“, zumal seit den Verbrechen von Butscha auf beiden Seiten Hunderttausende gestorben, verwundet und verstümmelt worden sind und auch Menschen in anderen Ländern unter diesem Krieg leiden. Reicht das Politik und Medien immer noch nicht ? Während hunderte Milliarden in diesen Krieg fließen, die im Klimaschutz und in der Entwicklungszusammenarbeit fehlen.

Und was die Angst vor einem Nachlassen der Unterstützung im Westen betrifft: Der derzeitige Abnützungskrieg schafft viel mehr Kriegsmüdigkeit und Unwillen als die Bereitschaft zu kreativen Lösungen. Die ja bis zur Befreiung von Kiew sehr wohl bestanden hat. Da wurde sogar während des Krieges verhandelt. Etwa über ein Neutralität mit Sicherheitsgarantien. Bis die ukrainische Führung die Verhandlungen abbrach.

Aber jetzt wäre es an der Zeit, das Töten zu beenden. Ob im Ukrainekrieg oder im Gazastreifen. Und die Scheinrationalität.
Warum sind Biden und Blinken im Fall des Ukrainekriegs so blind ?

Not in our names.

https://www.deutschlandfunk.de/verhandlungen-ukraine-russland-100.html

* Mag. Wolfgang lebt als Journalist und Jurist in Wien.

Schwarzer Tag für die Neutralität

Das Abstimmungsverhalten Österreichs gegen eine UNO-Resolution, die sich für eine Feuerpause im Gaza-Krieg ausspricht, hat erneut Kritik an der Außenpolitik der Regierung ausgelöst, wenngleich das Thema medial bisher eher auf eine Randnotiz beschränkt bleibt..

Udo Bachmair

Die schwarz-grüne Regierung hat bei der UNO-Generalversammlung in New York zum zweiten Mal gegen einen humanitären Waffenstillstand im Krieg Israels gegen Gaza gestimmt. Im Gegensatz dazu haben alle anderen neutralen EU-Staaten (Irland, Malta, Zypern) die UNO-Resolution unterstützt. Auch die Schweiz und die früheren Neutralen Finnland und Schweden haben zugestimmt. Sogar die Deutschen, wie Österreich bedingungslose Unterstützer Israels, haben nicht ausdrücklich gegen die Resolution gestimmt, sie haben sich enthalten.

Es stellen sich dabei Fragen über Fragen: Warum stimmt ein kleines neutrales Land wie Österreich gegen einen humanitären Waffenstillstand? Wieviele Menschen sollen noch getötet werden, bevor sich das offizielle Österreich wieder auf unsere Tradition eines Vermittlerstaates zurückbesinnt? Was treibt unsere Außenpolitik an, Österreichs humanitäre Tradition (Beispiel die Außenpolitik Bruno Kreiskys) mit Füßen zu treten? Ein moralisches und neutralitätspolitisches Desaster, so die übereinstimmende Kritik.

Das Abstimmungsverhalten Österreichs bezeichnet die SPÖ-Abgeordnete Muna Duzdar in einem Posting als „unfassbar“. Ihr Befund: „Wir gehören in der Welt nur mehr zu den Außenseitern. Die Außenpolitik der ÖVP ist eines neutralen Staates unwürdig“.

General Günther Greindl von der Initiative Engagierte Neutralität, früherer Oberkommandierender der österreichischen Blauhelmtruppen, spricht von einem „schwarzen Tag in der Geschichte der Neutralität.“ Es sei höchste Zeit, zu einer glaubwürdigen Neutralitätspolitik zurückzukehren.

Fritz Edlinger, Herausgeber von INTERNATIONAL und Vorsitzender der Österreichisch-Arabischen Gesellschaft, schreibt im Newsletter seiner Zeitschrift:

„Als österreichischer Staatsbürger und als Humanist protestiere ich auf das Schärfste gegen diese seit geraumer Zeit verfolgte Politik der Österreichischen Bundesregierung. Diese ist nicht nur neutralitätspolitisch absolut inakzeptabel, sondern widerspricht auch – in Verweigerung der Forderung nach einem humanitären Waffenstillstand – den einfachsten Grundsätzen von Menschlichkeit und Achtung des humanitären Völkerrechts“.

Willkommen

Kriegsbilder und Kinder

Kriegsbilder auf Bildschirmen können Kinder krank machen. Das geht aus einem Beitrag der Internet-Plattform „Perspective Daily“ hervor.

Hans Högl
(präsentiert einen Ausschnitt aus dem Blog)

„Plötzlich ist der Krieg ganz nah, in aller Deutlichkeit. Per Social Media landen drastische Bilder und Videos direkt auf den Smartphones, auch auf den Geräten von Kindern und Jugendlichen. Wie im Fall der Schwestern Charly und Nele Schneider, 13 und 16 Jahre alt. Seit dem Ukrainekrieg, dem Terrorangriff der Hamas auf Israel und in dessen Folge dem Krieg in Gaza bekommen die beiden immer wieder verstörende Inhalte zu sehen. Die Mädchen haben ihren Eltern von Kriegsszenen auf den Smartphones der Mitschüler:innen erzählt. Laut Mutter Anne Schneider ist es aber auch oft schon problematisch, wenn die Familie zusammen die Tagesschau guckt: »Die Bilder sind auch nicht ohne.«

Was machen die Kriegsszenen mit jungen Menschen – die zudem in einer Welt aufwachsen, die von Nachrichten zur Klimakrise, zur Coronapandemie und zu den aktuellen Kriegen geprägt ist? Können Eltern sie überhaupt vor Gewaltinhalten schützen, wenn diese praktisch pausenlos in sozialen Medien unterwegs sind? Und wie arbeiten Familien im Ernstfall das Gesehene richtig auf?“

Zitate aus „Perspective Daily“, ausgewählt von Hans Högl

Unbeachteter Neutralitäts-Tag

Heute ist bzw. war der Internationale Tag der Neutralität. Politik und Medien haben ihn weitgehend ignoriert.

Udo Bachmair

Den 12. Dezember hat die UNO- Generalversammlung 2017 zum Internationalen Tag der Neutralität erklärt. Eine entsprechende Resolution betont die wichtige Rolle neutraler Staaten bzgl. friedlicher Konfliktlösung und vorbeugender Krisendiplomatie. Den Jahrestag nimmt die INITIATIVE ENGAGIERTE NEUTRALITÄT zum Anlass, um auf die Wichtigkeit und Nützlichkeit der immerwährenden Neutralität Österreichs hinzuweisen.

Ex-Bundesheer-General Günther Greindl, einer der Sprecher der Initiative und früherer Oberkommandierender österreichischer Friedenstruppen, unterstreicht in einer Erklärung, dass Österreich als Sitzstaat der OSZE und UNO-Standort im Rahmen der kooperativen Sicherheit in Europa gute Dienste einbringe und einbringen könne. Die bewährte Neutralitätspolitik sei kein Versatzstück aus einer vergangenen Zeit.

Bedauerlicherweise hat der Internationale Tag der Neutralität in Österreichs Medien und Politik kaum Niederschlag gefunden. Die Bundesregierung (inkl. Außenministerium) hat den Tag offenbar überhaupt nicht zur Kenntnis genommen. Nur zwei APA-Aussendungen sind bisher zu registrieren, eine von der INITIATIVE ENGAGIERTE NEUTRALITÄT selbst, eine Initiative, der auch der Autor dieser Zeilen angehört, sowie eine Erklärung seitens der SPÖ:

https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20231212_OTS0020/internationaler-tag-der-neutralitaet

https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20231211_OTS0140/spoe-bayrlaimer-die-neutralitaet-ist-unser-hoechstes-aussen-und-sicherheitspolitisches-gut

Höchst empfehlenswert ist zum Thema ein Gespräch zwischen Univ. Prof. Heinz Gärtner und Prof. Pascal Lottaz, Schweiz, im Videokanal der renommierten Zeitschrift INTERNATIONAL:

Der folgende Link führt zur ebenfalls besonders empfehlenswerten Podiumsdiskussion der INITIATIVE ENGAGIERTE NEUTRALITÄT im Presseclub Concordia:

Big Spender für die ETH Zürich

Der Besitzer des Lidl-Konzerns spendet 600 Millionen Franken für die Eidgenössische Technische Hochschule (ETH)

Hans H ö g l

Dass reiche Unternehmer spenden, widerspricht manchen Sagern. Doch der „Tages-Anzeiger“(Zürich) teilt es heute mit. Ein überaus reicher Deutscher (Besitzer der Discount-Kette Lidl) spendet gegen 600 Millionen Franken der ETH-Zürich.

Aufhorchen lässt die Höhe des Betrages und die Begründung: Dieter Schwarz will damit in Bildung investieren und dass der Wohlstand in Europa erhalten bleibt. Wer kannte bisher den Namen dieses Milliardärs? Wegen ihres ausgezeichneten Rufes erwählte er die ETH und auch weil sie Ausnahme-Unternehmerinnen und -Unternehmer ausbildet.

Unser Land, das einst globale Spitzenunternehmen in der Pharma-, der Finanz- und der Nahrungsmittelbranche hervorgebracht hat, kann im Zeitalter des Internets nichts Vergleichbares vorweisen.

Nachdenken über echte Menschenwürde

Über die Krise der Menschenrechte ist in letzter Zeit viel berichtet worden. Reflexionen über echte Menschenwürde haben dabei jedoch weitgehend gefehlt.

Wolfgang Koppler *

75 Jahre sind es nun her seit der Erklärung der Menschenrechte durch die UNO. Am 10.12.1948 hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen in Paris die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte in einer Resolution verkündet. Die Medien haben sich diesem Jahrestag in zahlreichen Beiträgen gewidmet, die – soweit ersichtlich – fast alle zu dem Schluss kommen, dass die Menschenrechte in einer Krise stecken.

Auch UNO-Generalsekretär Guterres kommt in einem am Dienstag in der ORF-Sendung ZiB2-History ausgestrahlten Interview zu dem Schluss, dass bei der Verwirklichung der Menschenrechte schon seit Längerem mehr Rückschritte als Fortschritte zu verzeichnen sind. Gefährdet sei schon einmal das wichtigste Grundrecht, nämlich jenes auf Leben. Sieht man sich die Leichtfertigkeit an, mit welcher in zahlreichen Kriegen Menschenleben geopfert werden – ob von Verteidiger- oder Angreiferseite – muss man Guterres Recht geben. Da zählen auch Hunderttausende Tote wenig. Von Hunger und Armut in den so genannten Entwicklungsländern (die durch Kriege und Klimakrise verschärft werden) ganz zu schweigen.

Da werden Menschenrechte oft zum leeren Wort. Das Recht auf Leben und erst recht zivile und politische Rechte. Kein Wunder, wenn dann jene, die sich`s leisten können, in die materielle Selbstverwirklichung fliehen. Und demokratische Mitbestimmung geringschätzen.

Alle Menschen sind gleich an Würden und Rechten geboren…Ganz kalt lässt uns der Satz in der Präambel trotzdem nicht. Schon rein intuitiv würde dem jeder Mensch zustimmen. Es ist unser aller Sehnsucht nach Menschlichkeit. Erst wir Europäer schafften es, aus Menschen eine Sache zu machen. Das römisch-rechtliche Denken konstruierte Sklaven als Sache, was den Sklavenhandel wesentlich erleichterte. Bis weit ins 19.Jahrhundert.

Und unser materialistisch-naturwissenschaftliches Denken lieferte die Voraussetzungen, Menschen abzuwerten.
Wurde nicht auch der Rassismus naturwissenschaftlich begründet ? Oder die angeblich geringere Intelligenz der Frauen ? Und liefern wir nicht auch jetzt noch rationale Begründungen für die angebliche Überlegenheit des neoliberalen Kapitalismus ? Obwohl er nicht nur die Welt, sondern auch unsere eigenen Gesellschaften und die Demokratie ruiniert ?

Wir versachlichen alles. Auch den Staat als res publica. Statt als lebendiges Gemeinwesen.

Es ist Zeit, über echte Menschenwürde nachzudenken. Über globale Werte. Im Rahmen der UNO.

Sie könnten vielleicht die Grundlage für die Erklärung der Menschenrechte liefern. Ob man Letztere nun aktualisiert oder nicht.

* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler ist Journalist und Jurist. Er lebt in Wien.

Ministerien als Schauplätze der Macht

Manfred Matzkas neu erschienenes Buch „Schauplätze der Macht. Geheimnisse. Menschen. Machenschaften“ (Verlag Brandstätter) bietet besondere Informationen vor allem zur sozialen Entwicklung Österreichs.

Hans Högl

Was Medien so intensiv beschäftigt, sind für Manfred Matzka Blitzlichter. Er- viele Jahre Präsidialchef des Bundeskanzleramtes- kennt die Interna Österreichs Politik und sieht Lücken an Dokumenten: Es fehlen seit 25 Jahren inhaltlich aussage- kräftige Ministerratsprotokolle. Umso aufschlussreicher sind Bücher, die Geschehen weitergeben, ist der letzte Satz in seinem Buch. In ihm durchqueren wir per Ministerien Österreichs Geschichte der 1. u. 2. Republik und blicken in die eindrucksvolle Baulichkeit der Ministerien.

Nicht nur wer an öffentlichen Dienst denkt, dem ist dieses Buches zu empfehlen. Es erhellt die Rekrutierung von Personal. In der Inhaltsfülle frappieren markante Informationen – so das Versagen von Bundespräsident Wilhelm Miklas, dann kürzlich geschredderte Ministerratsprotokolle und die grundlegenden Sozialreformen um 1920. In der Herrengasse ergeht das Narrativ vom verstopften Kamin in Minister Franz Ohlas Büro, über seinen Vorgänger berichtet Minister Staribacher (1970-1983): Vor 1970 sollen barocke Kamine und Schornsteine reaktiviert worden sein.

Im Jahr 2000 beklagten sich Minister über gelöschte Computer. Die Schredder-Affäre ist präsent. Über länger Zurückliegendes schwiegen Medien. Daran zeigt sich Qualität von Büchern in Relation zu schnell hingeworfenen Berichten ohne historischen Bezug. Die Vernichtung von Dokumenten ist von Belang, doch das Versagen von Bundespräsident Wilhelm Miklas war tiefgreifend. Ab 1928 war Miklas Präsident. „Er war von Anfang an ein willfähriger Parteisoldat seiner Kanzler.“(p. 71 f.). „Er versagte kraftlos in der Phase der schrittweisen Aushöhlung der Demokratie und Verfassung durch die Regierung. Nach der Ausschaltung des Nationalrates im März 1933 unterließ er es, Neuwahlen einzufordern oder die Regierung nach ihrem formalen Rücktritt durch eine verfassungstreue zu ersetzen…“.

Und nun ein Blick zurück in die Jahre um 1920, zur unglaublichen Leistung von Sozialminister Ferdinand Hanusch. Er wuchs sehr ärmlich als schlesischer Weber auf, konnte mit elf Jahren kaum lesen und schreiben, wurde bekannter Gewerkschaftsführer und Abgeordneter in der Monarchie und Gigant der Sozialpolitik- obwohl er nur zwei Jahre Sozialminister war (p. 181). Er nützte konstruktiv die dramatische Not nach dem 1. Weltkrieg und in Wochentakt ließ er mit einem kleinen Team 83 Gesetzestexte formulieren, um eine Rätediktatur wie in München und Budapest zu verhindern, argumentierte er.

Ferdinand Hanusch wurde 1866 in Oberdorf in Österreichisch-Schlesien geboren, war sozialdemokratischer Politiker, gründet die Arbeiterkammer und prägt österreichische Sozialpolitik mit maßgeblichen und international vorbildlichen Gesetzen: Den Mindestlohn, das Verbot der Kinderarbeit, den 8-Stundentag, die 48-Stundenwoche, die Sozialversicherung, den Urlaubsanspruch, das Betriebsrätegesetz, die Arbeitslosenunterstützung, das Arbeiterkammergesetz. das Kollektiv-Vertragsgesetz (p. 182). Es sind tiefgreifende politische Leistungen am Beginn der 1. Republik, gut zu wissen für alle Demokratie-Zweifler.

Matzkas verweist auf den christlich-sozialen Richard Schmitz, einem Sozialminister, später Bürgermeister von Wien. Dieser hielt an den Sozialgesetzen fest, unterstützte den Bau der Höhenstraße. Die Nationalsozialisten sperrten ihn ins KZ. Etwas kurz gerät der Bericht über die Landwirtschaftsminister. Der erste Minister ab 1945 war der Bauer Josef Kraus – gleich- zeitig Obmann des Milchwirtschaftsfonds und Vizegeneralanwalt von Raiffeisen (p. 172 f.). Der ehemalige Bauernbunddirektor Eduard Hartmann war bis 1964 Minister. Auch er war „nebenher“ Generalanwalt von Raiffeisen.

Die verstaatlichte Industrie war meist in roten Händen: Deren Skandale erschrecken: Jene rund um Krauland, das Liefern von Noricumkanonen als neutrales Land ins Kriegsgebiet des Nahen Osten, die WBO-Involvierung NÖs, die Eurofighter-Ausschreibungen, das Aufsichtsversagen bei der Hypo-Alpen Adria, der Bau des Klagenfurter Stadions, die Telecom Affäre, die Geschäfte rund um den Blaulicht-Rundfunk, die merkwürdigen Corona-Masken-Ankäufe, der Inseraten-Missbrauch… (S. 203).

Zum Finanzministerium: Hier ist von Mag. G. die Rede und vom Skandal um die Bundeswohnungen (Buwog). Der volle Namen des Ministers wird vermieden. Schon im Jahr 2000 wurde die zum privaten Vorteil ausgeübte Ministertätigkeit von Sachverständigen gerügt. Der Prozess ist im Jahr 2023 noch nicht zu Ende….also nach 23 Jahren, fast nach einer Generation – ein maßloses Verzögern meint der Rezensent.
Oft war das Justizministerium in Händen von Deutsch- Nationalen und in der 2. Republik der Freiheitlichen…..
Doch Kreiskys Justizminister Christian Broda machte Schluss mit dem „Mann als Haupt der Familie“, beendete die Diskriminierung unehelicher Kinder. In seiner Zeit wurde die Strafbarkeit der Abtreibung und der Homosexualität ab-
geschafft. Obwohl angefeindet- blieb er konsequent. Sein häufiger Satz: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“

Zum Innenministerium: Der Generaldirektor für öffentliche Sicherheit befehligt (!) strikt hierarchisch 30.000 bewaffnete und mit weiteren Befugnissen ausgestattete Menschen (p. 134). Es ist wichtig, mit dieser großen Macht behutsam umzugehen.

Unter Innenminister Blecha verschwand ein Telegramm von Österreichs Botschafter Amry, in dem er von den seltsamen, neutralitätswidrigen Wafffenlieferungen der Firma Noricum aus Liezen in den Nahen Osten berichtete. In der Folge kam es zu seltsamen Todesfällen – nicht nur von Botschafter Amry und dem „pumperlgesunden“ Sozialdemokraten und Voestmanager Dr. Apfalter (wie mir Kenner aus dessen Mostviertler Heimat berichteten). Minister Blecha und Beamte wurden verurteilt, schreibt M. Matzka. Blecha war auch mit seinem Freund Udo Proksch verwickelt….

Ministerien sind Schauplätze der Macht. Minister wechseln oft, Beamte sind das verlässlich tragende Element.

Handyverbot in Schulen?

In der laufenden Debatte um Handys in Schulen mehren sich in Medien Forderungen nach einem Verbot.

Hans Högl

Wer auch nur fallweise öffentliche Verkehrsmittel nützt, sieht in welchem Ausmaß das Handy benutzt wird – auch von Schülern und Schülerinnen. Wer beobachtet je, dass irgendetwas vom Unterricht wiederholt wird? Dazu brachte das Blatt „Die ganze Woche“, das ich gelegentlich wegen des guten TV-Programms kaufe, einen bemerkenswerten Beitrag zum Handy-Gebrauch in Schulen (Nr 41/2023)

Die Schlussfolgerung daraus: „Welche Regelung es im Umgang mit dem Mobiltelefon gibt, bestimmt jede (österreichische) Schule selbst.“ Ein generelles Verbot sei „weder sinnvoll noch umsetzbar“, sagt der Pflichtschul-Gewerkschafter Paul Kimberger.

In der Einleitung des Beitrages wird allerdings darauf verwiesen, dass in Frankreich bereits ein Handy-Verbot in Schulen besteht, und Großbritannien und die Niederlande führen das Handy-Verbot in der Schule ein.

In der Mittelschule in Gleisdorf in der Steiermark legen die Schüler und Schülerinnen nach Betreten der Schule das Handy in ihren Garderobenspind. Dies ist Teil der auch mit den Eltern gemeinsam vereinbarten Hausordnung, sagt Schuldirektor Bernhard Braunstein.

Am 6.Juli 2019 schrieb ich bereits Folgendes: In einer internationalen Studie wurden auch 7.600 österr. Schüler/innen befragt, nämlich in der 5.,7.,9.,11. Schulstufe. Demnach beschäftigt sich ein Viertel aller Mädchen und ein Fünftel aller Burschen täglich mehr als fünf Stunden im Sitzen oder Liegen mit dem Handy.