Hans H ö g l
Der Gastkommentator im „Standard“ irrte, als er in Richard Coudenhove-Kalergis Verhalten Faschismus-Nähe ortete. Dies sei klarer gesagt als in meinem Leserbrief. Der folgende, sehr abgewogene Leserbrief wurde nicht veröffentlicht. Richtig ist, es wurde ein anderer, der ähnlich argumentierte, publiziert.
Für Bruno Kreisky war Richard Coudenhove-Kalergi würdig für den Nobelpreis
Der „Standard-Beitrag“ ist Impuls, sich mit diesem österreichischen Visionär Europas näher zu befassen, der sich 50-Jahre für die Europa-Idee einsetzte, die Europa-Hymne und die Europafahne anregte und Generalsekretär der Europäischen Parlamentarier Union war und den Bruno Kreisky würdig für den Nobelpreises erachtete. Übrigens Bruno Kreisky war in seiner Jugend Funktionär der Paneuropäischen Union.
Der „Standard-Beitrag“ bezieht sich im Kern auf die 30iger Jahre. In der Zeitschrift „soziologie heute“ erschien im April 2015 mein Beitrag „Richard Coudenhove. Pan-Europa versus Hitler“. 1929 erkannte R. Coudenhove, dass Hitler das Potential hatte, die unbefriedigte Masse, also in der Situation der Weltwirtschaftskrise, zu manipulieren, und Hitler nannte RCK einen „Allerweltsbastard“.
Zum Konnex R. Coudenhove – Mussolini interviewte ich Lacy Milkovics, den langjährigen Generalsekretär von R. Coudenhove. Seine Stellungnahme: Coudenhove begab sich 1933 erstmals zu Gesprächen mit Mussolini, der damals als der mächtigste Garant der Unabhängigkeit Österreichs galt. Er versuchte Mussolini für ein paneuropäisches Verteidigungssystem gegen die nationalsozialistische Gefahr zu gewinnen und sprach sich für einen Ausgleich Italiens mit Frankreich aus. Nach vier Unterredungen scheiterte die Initiative Coudenhoves, als sich Mussolini 1937 für die Achse Rom – Berlin entschied. Vgl. L. Milkovics / W. Pav: „50 Jahre Pan-Europa“ (1972).
RCK hatte als liberaler Republikaner auch Kontakte mit Sozialdemokraten. Zum historischen Handschlag von Bundeskanzler Bruno Kreisky mit Otto von Habsburg am 4. Mai 1972 im Wiener Konzerthaus war auch R. Coudenhove-Kalergi eingeladen. Und Kreisky sagte zu ihm: Eigentlich müssten Sie für die unermüdlichen Bemühungen den Friedensnobelpreis bekommen. „Ich glaube aber, es ist ehrenvoller, den Nobelpreis verdient, aber nicht erhalten zu haben, als ihn erhalten, aber nicht verdient zu haben“. Dies schrieb ORF-Chefredakteur Horst F. Mayer in einem Buch.