Wer ist Urban Loritz?

Der Wiener Urban Loritz Platz bezieht seinen Namen von einer außergewöhnlichen Persönlichkeit.

Hans Högl

Häufig besuche ich die reichhaltige und gut sortierte Hauptbücherei der Stadt Wien am Urban Loritz Platz. Da wurde ich neugierig, wer denn dieser Urban Loritz war. Über Wikipedia erfuhr ich Erstaunliches.

Urban Loritz war Benediktinerpriester und viele Jahre Pfarrer in Schottenfeld. 1831 meldete er sich freiwillig zur Seelsorge im Gumpendorfer Choleraspital. Auch als Kooperator in Eggendorf im Thale ab 1832 kümmerte er sich um Infektionskranke, erkrankte aber selbst an den Blattern. 1841 wurde er Kooperator in Schottenfeld u. später Pfarrer bis zu seinem Lebensende 1881.

Er engagierte sich für die sozial Schwächeren, für Kinder und Jugendlichen, und bemühte sich um eine Überwindung der sozialen Unterschiede und Spannungen. 1853 gründete er eine „Kleinkinderbewahranstalt“ für verwahrloste Kinder. Aufgrund seiner volkstümlichen und originellen Art entwickelte er sich zu einer der populärsten Seelsorgepersönlichkeiten im Wien des 19. Jahrhunderts.

Für seine Verdienste erhielt Loritz 1867 das Goldene Verdienstkreuz mit der Krone und 1869 die Goldene Salvator-Medaille der Stadt Wien; die Universität Wien ernannte ihn 1880 zum Ehrendoktor. 1892 wurde in Wien-Neubau (7. Bezirk) der Urban-Loritz-Platz nach ihm benannt.

Hartnäckiger Irrglaube

Warum sich Irrglaube hartnäckig hält im Folgenden zusammengefasst.

Hans Högl hat dazu folgendes Zitat aus dem Blog „Perspektive Daily“ ausgewählt :

„Es gibt psychische Faktoren, warum Menschen Irrglauben leicht aufsitzen. Vieles entsteht im Verarbeiten von Informationen. Die 5 wohl wichtigsten Einflüsse sind:

1. Wir suchen und glauben die Informationen, die zu unserem Weltbild passen: Wir werden mit einer Masse an Informationen zugeschüttet. Jede einzelne Person hat nur begrenzte Zeit und kognitive Ressourcen und Motivation, um komplexe Themen zu verstehen. Wenn wir nach Nachrichten suchen, tendieren wir dazu, jenen Meldungen Aufmerksamkeit zu schenken, die in unser Weltbild passen. (Vgl. Kognitive Dissonanz!)

2. Ob die Information stimmt, ist nicht so wichtig: Erlernte Überzeugungen lassen sich wieder ändern, doch nicht leicht. Hören wir, dass eine unserer Überzeugungen falsch ist oder wissenschaftlich widerlegt wurde, sträubt sich erst einmal etwas in uns. ….

3. Wir bewerten das als richtig, was uns vertraut vorkommt: Da gängige Mythen so oft wiederholt werden…brennen sie sich in unser Gedächtnis ein. So denken wir: »Irgendwo habe ich das schon einmal gehört, das muss also stimmen.«

4. Wir sind unaufmerksam: Das Gehirn verarbeitet Informationen eher automatisch als systematisch. Bei der Flut an täglichen Informationen neigen wir dazu, unaufmerksam zu sein, sodass uns wichtige Details oder auch Einschränkungen einer Aussage entgehen können.

5. Wissenschaft kann sich irren: Sie arbeitet mit Wahrscheinlichkeiten, Belegen, Theorien und Fakten. Menschen fehlt das Wissen über Abläufe in der Wissenschaft, um so manch reißerische Überschrift in den Medien als Fehldarstellung einzuordnen – oder um beim wissenschaftlichen Widerlegen einer plausiblen Theorie nicht gleich die gesamte Wissenschaft anzuzweifeln.“

Soweit das Zitat aus „Perspektive Daily“, ausgewählt von Hans Högl.

Im Kern finden sich diese zutreffenden Darlegungen bereits im Buch: „The Science of Human Communication“ (1963)- auf Deutsch im ausgezeichneten Juventa-Paperback „Grundfragen der Kommunikationswissenschaft“(München 1971). Ich habe dies in meinem abgeschlossenen Publizistik- und abgeschlossenen Soziologie-Studium an der Universität Louvain/Belgien bereits Ende der 1960-iger Jahre mit Aufmerksamkeit studiert (Hans Högl, Hochschule-Prof. Dr. MMag.)

Christian Wehrschütz im Visier

Da Christian Wehrschütz, verdienstvoller ORF-Korrespondent, ausnahmsweise einmal ein Fehler passiert ist, versuchen manche gegen ihn mobil zu machen.

Udo Bachmair

Er ist jemand, der als Journalist penibel recherchiert, abwägt, differenzierend berichtet. Ein vorbildlicher Korrespondent, der versucht, ein ausgewogenes Bild auch über Vorgänge während des Ukraine-Kriegs zu vermitteln. Im Sinne des ORF-Gesetzes, das das öffentlich-rechtliche Unternehmen auch in der außenpolitischen Berichterstattung zu Objektivität verpflichtet. Christian Wehrschütz erfüllt diese Voraussetzungen in vorbildlicher Weise.

Dass einem ZiB-Beitrag von Wehrschütz über Korruption in der Ukraine eine falsche Bildsequenz unterlegt war, mindert insgesamt nicht die Kompetenz des mehrfach preisgekrönten Ukraine-Korrespondenten. Dieser von Wehrschütz eingestandene bisher einzige Fehler, wie er sagt, ist und war jedoch für seine Gegner ein willkommener Anlass, um gegen ihn Stimmung zu machen.

Manche ORF-KollegInnen, vor allem eine ehemalige Korrespondentin, die ihren Ex-Kollegen Wehrschütz online immer wieder attackiert, beneiden ihn offenbar wegen dessen großer Akzeptanz bei Medien-KonsumentInnen. Seitens der Politik haben sich nun die NEOS auf Christian Wehrschütz eingeschossen. Überzogene Kritik von NEOS-Mediensprecherin Henriette Brandstötter hat auf STANDARD-online eine Welle an Attacken auf Wehrschütz ausgelöst.

Dass nun ausgerechnet ein dem Boulevard zugerechnetes Blatt, wie die Kronenzeitung, die Angriffe gegen Wehrschütz auf faire Weise zurechtrückt, ist lobenswert. Im Gegensatz zu den in der Ukraine-Causa nahezu gleichgeschaltet wirkenden anderen westlichen Medien geht die Kronenzeitung davon aus, dass in einem Krieg beide Kriegsparteien Kriegspropaganda betreiben, demnach auch die ukrainische Seite. Eine wohl auch in der Bevölkerung mehrheitsfähige Erkenntnis.

Christian Wehrschütz dazu auf eine entsprechende Frage von Edda Graf in der Krone-Sonntagsausgabe:

„Es gibt übrigens auch die westliche Propaganda. Die darf man nicht übersehen. Etwa die sog. Berichte des britischen Geheimdienstes. Was der schon alles behauptet hat…
Was mich aber wirklich erschüttert – und das muss ich jetzt schon einmal sagen: Wo ist endlich eine wirklich entschlossene politische Lösungsabsicht? Wo ist die Friedensbewegung? Gibt es die noch?
Wer heute für Frieden ist, ist automatisch Putin-Freund. Ich komme mir vor wie bei Orwell und frage mich, ob wir nicht tatsächlich schon in einer totalen Verkehrung der Welt angekommen sind.
Das ist ja das wirklich Absurde – dieses Abfinden mit dem Krieg, dem Töten und der nuklearen Bedrohung“.

Für eine engagierte Neutralität

Auffällig ist in vielen Medien die Tendenz, die österreichische Neutralität als nicht mehr zeitgemäß darzustellen. Doch nicht alle Experten sehen dies so.

Udo Bachmair

Die österreichische Neutralität sei überholt und kein effektiver Schutz in Zeiten wie diesen. Mit dieser Botschaft sollen MedienkonsumentInnen offenbar Zug um Zug an den Gedanken eines NATO-Beitritts Österreichs gewöhnt werden, als eine sozusagen logische Konsequenz. Dies offen auszusprechen traut sich jedoch kaum jemand im Politik- und Medienbereich, auch nicht die NEOS, die die Neutralität besonders deutlich in Frage stellen. Sie träumen von einem eigenständigen EU-Verteidigungssystem, das letztlich, sollte es überhaupt jemals realisiert werden, wiederum voll unter die Domäne und den Einflussbereich der NATO käme.

Wie auch immer, kein Weg würde in weiterer Folge an der NATO vorbeiführen. Dass seitens der westlichen Militärallianz ein großes Interesse auch an einem Beitritt Österreichs bestünde, liegt auf der Hand. Umso mehr obliegt bzw. obläge es seriösen und beherzten Experten, Argumente pro Beibehaltung der in der Verfassung garantierten und bisher auch bewährten Neutralität einer breiteren Öffentlichkeit nahe zu bringen. Einer dieser Wissenschafter, nämlich der renommierte Politologe Heinz Gärtner, bringt Rolle und Bedeutung eines neutralen Staates wie Österreich besonders gut auf den Punkt, indem er klar festhält:

„Neutrale Staaten sind nicht wertneutral. Im Gegenteil, »engagierte Neutralität« bedeutet, Stellung zu nehmen zu schweren Menschenrechtsverletzungen, Genozid und Krieg. Neutrale Staaten sind aber nicht gezwungen, die Positionen von Großmächten oder Bündnissen zu übernehmen. Engagierte Neutralität ist also das Gegenteil von Abseitsstehen. Sie bedeutet Einmischen, wann immer möglich, und Heraushalten, wann immer nötig. Damit kann sie ein wertvoller Beitrag der Vermittlung und der Deeskalation in Zeiten immer schärfer werdender Konfrontationen sein. Somit behält sich der Neutrale einerseits die Macht, Weisungen von Bündnissen nicht auszuführen. Andererseits wird Status der Neutralität glaubhaft und nützlich.“

Auf Augenhöhe

Lob für ORF-Redakteurin Rosa Lyon für eine weitere einfühlsame Reportage aus Afghanistan.

Wolfgang Koppler *

Allen Menschen auf Augenhöhe zu begegnen, egal woher sie kommen, wie sie aussehen oder welchen Status sie haben, ist der Grundsatz von Rosa Lyon. Man spürt das auch in ihren Reportagen und den Interviews, die sie ihren Kolleg:innen dazu gibt.

So wie jüngst in der ZiB2, als sie sich zur derzeitigen Situation in Afghanistan äußerte. Der zweite Jahrestag nach der (erneuten) Machtübernahme der Taliban nach dem eher chaotischen Abzug der US-Truppen hat das Land ja wieder in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Der Westen begnügt sich ja weitgehend damit, Sanktionen zu verhängen und jeden Kontakt mit dem Regime der Taliban zu verweigern unter Verweis auf deren Menschenrechtsverletzungen. Das hat aber die Situation dort nicht verbessert. Weder die Stellung der Frauen noch das Lage jener, die um das nackte Überleben kämpfen. Ebenso wie Eike Gottschalk die Vertreterin der Welthungerhilfe spricht sich Rosa Lyon für einen Dialog mit den Taliban aus und vor allem für Projekte vor Ort, die das Leben der Menschen verbessern können. Auch ohne Anerkennung des Taliban-Regimes, mit dessen Vertretern Rosa Lyon ebenso gesprochen hat wie mit Frauenrechtlerinnen und einfachen Menschen am Land. Auf Augenhöhe.

Da Afghanistan anscheinend nur dann in den Medien vorkommt, wenn sich die Machtübernahme der Taliban gerade jährt, ein alter bis jetzt unveröffentlichter Artikel von mir zu einer Zib2- Sendung vom August 2022:

Wirken die Sanktionen ?

Freitag Abend ZiB2. Ein wunderbarer Beitrag von Rosa Lyon über die Situation der Frauen in Afghanistan, die sich zunehmend verschlechtert. Zuerst wurden die Frauen in den Städten gezeigt, die nur mehr getrennt von den Männern und mit Schleier arbeiten dürfen. Auch sonst ist der Kontakt mit Männern in der Öffentlichkeit verboten. Ein Zurückdrängen der Frauen in den häuslichen Bereich droht. Noch wird nicht gestraft.

Dann die Situation der Frauen auf dem Land. Ihnen ging es auch während der amerikanischen Militärpräsenz in Kabul nicht gut. Vor allem wirtschaftlich. Die Menschen dort draußen wurden schlechterdings vergessen.

Die Frau, die gezeigt wurde, eine Erntehelferin ohne eigenes Land, die ums Überleben kämpft, wurde einfühlsam porträtiert. Die wirtschaftliche Situation Afghanistans ist katastrophal. Dürre. Überschwemmungen. Hunger.

Dann schließlich das Interview der ZiB2-Moderatorin mit der Gestalterin des Beitrags. „Wirken die Sanktionen ?“ Genauso gut hätte die Moderatorin (der das natürlich nicht bewusst war) fragen können: Wann verhungern die Menschen endlich ? Rosa Lyon versuchte zu erklären, dass das Regime in Afghanistan für Kontakte mit dem Westen offenbar – noch – offen ist. Das man auf Hilfe aus dem Westen wartet, wie auch ein Transparent am verödeten Flughafen in Kabul zeigt. Sie sprach auch über den Hunger und dass sich die wirtschaftliche Lage durch die Isolation verschlechtert. Handel und Bankensystem sind weitgehend zusammen gebrochen. Aber humanitäre Organisationen erhalten durchaus Zugang. Auch in entfernten Provinzen.

Ich mache Marie Claire Zimmermann, die ich sonst sehr schätze, gar keinen Vorwurf. Bin ihr sogar dankbar. Sie zeigt auf, wie wir im Westen unsere Wertvorstellungen (und Interessen) in anderen Ländern mit Gewalt oder zumindest Druck implementieren wollen und dabei das genaue Gegenteil von Humanität erreicht wird . Unsere Gesellschaft ähnelt immer mehr der „animal farm“ von Orwell. Four legs good, too legs bad. Vielleicht sollte man statt dessen zu den ganz alten, eigentlich selbstverständlichen Weisheiten zurückkehren: Mit leerem Magen lässt sich schlecht über Moral reden.

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ORF Teletext vom 14.8.2023.

Mehr Pragmatismus mit Taliban ?

Die Welthungerhilfe spricht sich für einen pragmatischen Umgang mit den in Afghanistan herrschenden radikal-islamistischen Taliban aus.

Für die Bevölkerung „kann nur zusammen mit den Taliban etwas erreicht werden, nicht gegen sie“, sagt die Asien-Regionaldirektorin der Welthungerhilfe, Eike Gottschalk, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Es sei versucht worden, Druck auf die Taliban auszuüben, ihre menschenverachtende Politik zu beenden. Diese hätten sich davon überhaupt nicht beeindrucken lassen, so Gottschalk. Die humanitäre Hilfe dürfe nicht politisiert werden.

https://www.news.at/a/rosa-lyon

* Gastautor Mag.Wolfgang Koppler ist Journalist und Jurist und lebt in Wien

Konzert-Stehplatz für 300 Franken

Solche Summen für Konzert-Tickets – ein Rätsel? .

Hans Högl

Dem Zürcher Qualitätsblatt Tages-Anzeiger entnehme ich die Information, dass Konzertbesucher bereit sind, für Stehplätze 300 Schweizer Franken hinzublättern. Es handelt sich um das Konzert von US-Superstar Taylor Swift. Hier stellt sich die Frage, was solche Menschen bewegen kann, derartige Summen für ein Konzert auszugeben.

US-Superstar Taylor Swift wird im Juli 2024 an zwei Abenden in Zürich auftreten. Die regulären Tickets kosten zwischen rund 170 und 300 Franken.

Elton John, der gerade seine Abschiedstour beendet hat, ist auf Platz eins. Bruttoeinnahmen: über 930 Millionen Dollar. Er wird spätestens 2024 von Taylor Swift abgelöst werden, die mit ihrer «Eras»-Tour über 1,5 Milliarden umsetzen wird. Neu auf Platz vier: Coldplay, die noch unterwegs sind, und auf Platz fünf Harry Styles mit 617 Millionen Dollar aus seiner jüngsten Tour.

Tipp: Blog „Perspective Daily“

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Hans Högl

Den mehr als ein Dutzend Autoren/Autorinnen geht es um konstruktiven Journalismus. Ihr Motto: Zuerst recherchieren wir. Dann denken wir. Dann schreiben wir.
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Die 5 besten Nachrichten der Woche: Jeden Sonntag bringen wir dir gute Nachrichten aus aller Welt. Dieses Mal dabei: Bulgarien verschärft ein Gesetz gegen häusliche Gewalt, Google erleichtert die Löschung deiner Daten und bald ist Schwimmen in der Seine wieder möglich.

David Lynch – Regisseur und Maler schrieb im Kunstmagazin „art“:
„Wir Menschen sind wie Glühbirnen. Wenn wir mit Negativität gefüllt sind, strahlen wir das auch aus. Jeder kann dazu beitragen, eine positive Stimmung in der Welt zu verbreiten“.

Sicherlich: Es gibt auch genügend Anlässe für berechtigte Kritik! Auch das soll nicht verschwiegen werden.

Das Mittelalter lässt grüßen

Die jüngste Sendung der hervorragenden ORF-Reihe Universum History hat Möglichkeiten der Konfliktlösung im Mittelalter aufgezeigt. Mit interessanten Parallelen zur Gegenwart..

Wolfgang Koppler

Der jüngste Ausgabe von Universum History befasste sich mit den Aufgaben eines mittelalterlichen Burgvogts, den Funktionen damaliger Grundherrschaften sowie dem Fehdewesen zur Zeit Kaisers Friedrichs des II. Anfang des 13.Jahrhunderts.

Gezeigt wurde in fantasievoller Weise auch die Vermeidung der Eskalation eines bereits in Gewalttaten ausgeuferten Streits zweier Adelsfamilien mit Hilfe der diplomatischen Fähigkeiten des Burgvogts. Es ging um vorgeblich verletzte Ehre und natürlich um wirtschaftliche Interessen, im gegenständlichen Fall um einen von beiden Teilen beanspruchte Mühle. Es gab damals noch kein Gerichtswesen, sodass man sich eben meist durch Selbstjustiz in Form der Fehde Recht verschaffte. Wobei bereits der Sachsenspiegel zunächst eine dreitägige cooling-off-Phase vorsah. Doch auch damals wusste ein kluger Vogt, dass eine nicht rechtzeitig beigelegte Fehde und das Bedürfnis nach Rache Jahrzehnte langes Blutvergießen bedeutete. Mit unzähligen Toten, Verletzten und verheerten Landstrichen, was unter Umständen alle Beteiligten ruinierte.

Kommt uns das bekannt vor? Passiert nicht genau das im Ukrainekrieg und in vielen anderen Kriegen? Bomben, Raketen und Granathagel werden mit Bomben, Raketen und Granathagel beantwortet. Über Jahre hinweg. Der Aggressor muss bestraft werden. Ohne Rücksicht auf Verluste und Kollateralschäden. Wobei jede Seite naturgemäß immer die jeweils andere Seite als Aggressor sieht. Insoweit unterscheidet – abgesehen von der Waffentechnik – die moderne Kriegsführung wenig von der des 30-jährigen Kriegs oder der des Fehdewesens. Und das ukrainische Getreide verfault genauso wie jenes auf den Feldern der Bauern früherer Jahrhunderte, die unter einer Fehde oder später unter den Söldnerheeren litten.

Während wir im innerstaatlichen Bereich Streitigkeiten mit Hilfe einer mehr oder weniger gut funktionierenden Justiz lösen, erinnern unsere Kriege und die damit verbundene Außenpolitik immer noch an blutige Fehden des Mittelalters um Ehre, Rache und Einfluss. Und an die Verheerungen durch die Söldnerheere des 17.Jahrhunderts. Manchmal sogar schlimmer. Wie sagte ein kluger Mann, als er danach gefragt wurde, wie wohl der 3.Weltkrieg aussähe ? Ich habe keine Ahnung, welche Waffensysteme dann zum Einsatz kommen werden. Aber der 4.Weltkrieg wird mit Sicherheit nur noch mit Keulen ausgetragen.

Aber vielleicht brauchen wir gar keinen weiteren Weltenbrand, um uns in die Steinzeit zurückzuversetzen. Sieht man sich die Prognosen der Klimatologen und die weltweit steigenden Durchschnittstemperaturen an sowie Unvernunft und Alibimaßnahmen, mit denen Klimawandel und Umweltverschmutzung begegnet wird, kommt die Natur möglicherweise dem militärischen Selbstzerstörungstrieb des Menschen zuvor. Dann würde aus dem Steinzeitmensch mit wieder das Steinzeitwesen ohne Atombombe. Seltsam, dass sich viele immer noch einreden, alles müsse von selbst irgendwie gut ausgehen. Wer garantiert uns das ?

Ökokrise: Dramatik und Wissenschaft

Es sei Ihnen ein interessantes Sachbuch empfohlen mit dem Titel „Im Wald vor lauter Bäumen. Unsere komplexe Welt besser verstehen“. Das Buch von Dirk Brockmann ist dtv-Verlag erschienen.

Hans Högl

Die NGO-Plattform AVAAZ schrieb am 7.August 2023: Die Erde hat gerade den heißesten Tag, die heißeste Woche und den heißesten Monat in 120.000 Jahren erlebt.

AVAAZ WARNT auch am 8. August 2023:
Wir stehen kurz vor einem Kippunkt, der das Amazonasgebiet in eine trockene Steppe verwandeln könnte. Der Verlust des Amazonas-Regenwaldes würde einer CO₂-Bombe in der Atmosphäre gleichkommen. Aber uns bleibt eine Chance: Der neue brasilianische Präsident versammelt die Regierungschefs des Amazonasgebiets zu einem historischen Gipfeltreffen, und wir haben die einmalige Gelegenheit, wichtige Schutzmaßnahmen gegen die Holzfäller und Bergleute durchzusetzen….Unterstützen Sie jetzt, um sich dem Bürger*innen-Manifest für den Amazonas anzuschließen, und wir tragen unsere Stimmen direkt in das Gipfeltreffen.

Dieses Engagement mit dramatischen Ausdrücken in allen Ehren. Doch es soll auch darum gehen, besser zu verstehen, was Kippunkte, komplexe Systeme, Synchronität sind.

Dazu las ich das Buch des Biologen und Univ. Prof. Dirk Brockmann (2022): Im Wald vor lauter Bäumen. Unsere komplexe Welt besser verstehen. Kippunkte erklärt er an einem Beispiel, wann eine Eisdecke einbricht. Das hängt von der Dicke des Eises ab und vom Gewicht der Person, die sich über die Eisdecke wagt. Dies ist ein ganz bestimmter Punkt. Als komplexes System nennt er das Wetter, das von vielen Faktoren abhängt und darum nicht für 3 Wochen im voraus angekündet werden kann. Diese beiden Beispiele sollen zum Thema hinführen.

In der Regel ist es so, dass sich das Ökosystem selbst stabilisiert. Und Brockmann führt dafür Beispiele an. Bei der Besiedlung Nord- und Südamerika wurden viele Tierarten ausgerottet, dennoch stabilisierte sich das Öko-System.

Als die Menschheit vor 100.000 Jahren von Afrika aus die gesamte Welt nach und nach besiedelte, rottete sie überall, wo sie hinkam die Megafauna aus, So verschwanden in Nordamerika vor etwa 12.000 Jahren Wollhaarmammuts, Säbelzahnkatzen und amerikanische Löwen, in Südamerika Riesenfaultiere und Riesengürteltiere, dennoch sind die Ökosysteme nicht kollabiert (p. 134). Dies sind Informationen, die in der Regel in Mainstream-Medien wohl kaum zu finden sind.

Es k a n n ein System durch Netzwerkregulierung wieder in ein Gleichgewicht kommen, aber nicht immer.

Der Autor geht auf das Überschreiten von einigen Kippunkte ein: auf das Schmelzen des Grönlandeises, auf die Überfischung, auf den Amazonasregenwald (S. 139 ff.).Abgesehen von den bekannten gravierenden Schmelzfolgen des Grönlandeises erfahren wir Sachverhalte, die kaum in Medien dargestellt werden, nämlich dass es erdgeschichtlich vor 34 Millionen Jahren ein tropisches Klima gab ohne Eis an den Polkappen, das mehrere hundert Millionen Jahre andauerte und dann in eine kälter Zyklusphase mit vereisten Polkappen eintrat (p. 142).

Zum Amazonas-Regenwald: Bei einer globalen Erwärmung um 3 bis 4 Grad würde es mit der Abholzung und stärkeren Trockenphasen auf Grund des El Ninos an der Pazifikküste innerhalb von nur 50 Jahren das Verschwinden des Regenwaldes nach sich ziehen- mit unabsehbaren Folgen für das globale Klimasystem (p. 140).

In der Regel ist ein gesundes Ökosystem stabil gegenüber äußeren Einflüssen, z.B. klimatischen Veränderungen oder zufällige Störungen. Es kommt mit Jahreszeiten klar, Unwettern und mit uns, der Spezies Mensch. Betrachtet man unseren Umgang mit der Natur, ist es geradezu verwunderlich, dass Ökosysteme nicht reihenweise kollabieren (p.133). Der Experte weist darauf hin, dass es Situationen gibt, wo es definitiv völlig anders wird und Entwicklungen nicht rückgängig gemacht werden können. Und er sieht jetzt große Gefahren für die ökologische Situation und hofft, dass es doch irgendwie im letzten Moment gut ausgeht.

Typisch für Ökosysteme sind Schlüsselarten. Analysen zeigen, dass Netzwerksstrukturen bis zu einem gewissen Grad robust gegen Störungen sind. Aber es kann auch das Gegenteil passieren wie beim Kollaps der Finanzmärkte 2008 (p. 144)

Die Eisdecke Grönlands könnte bei kritischer Erderwärmung um drei Grad eisfrei sein und den Meeresspiegel um zwei bis sieben Meter ansteigen lassen (p. 140).

Die durch Menschen verursachte und langsame und stetige Erwärmung kann Kippelemente der Reihe nach und sich gegenseitig verstärkend, plötzlich abrupte Veränderungen hervorrufen und schließlich das gesamte Klimasystem in einen anderen Zustand bringen. (p.141).

Kipp-punkte gibt es auch im sozialen Bereich. Dies wird an sozialen Normen deutlich. Oft sind es kritische Minderheiten, die den Anstoß geben. Dieses Kippen kann am Tabakkonsum beobachtet werden, so kam es zu einer Intoleranz des Tabakkonsums in öffentlichen Räumen. (p.143).

Es ist in einem Blog nicht möglich, den Inhalt des Buches zusammenzufassen. Ich empfehle die Lektüre, um Komplexität und Irreversibilität und Synchronizität besser zu verstehen.

Mainstream-Medien auf NATO-Linie ?

Immer deutlicher wird offenbar, dass österreichische Medien zunehmend auf kritischen Kurs gegenüber unserer Neutralität einschwenken bzw. bereits eingeschwenkt sind.

Fritz Edlinger *

Die Berichterstattung mancher österreichischer Medien über die von rund 70% der heimischen Bevölkerung geschätzten immerwährenden Neutralität lässt zunehmend Zweifel an den Absichten mancher Herausgeber und ihrer Journalisten entstehen. Vor allem die überregionalen Zeitungen – ich meine hier vor allem Kurier, Standard und Presse – bombardieren ihre Leserinnen und Leser mit neutralitätskritischen Analysen und Interviews.

Ganz zufällig haben sowohl der Kurier als auch der Standard elendslange Interviews mit dem als NATO-Propagandisten bekannten US-Professor Timothy Snyder veröffentlicht, der nicht nur die NATO-Ukraine-Politik ohne weitere Wenn und Aber unterstützt, sondern der sich auch noch die Freiheit nimmt, Österreich darauf hinzuweisen, dass seine Neutralität seit langem nicht mehr zeitgemäß sei.

Den sprichwörtlichen Vogel hat allerdings der langjährige ORF-Auslandskorrespondent und regelmäßiger Falter-Kommentator Raimund Löw, der in seinem Kommentar im Falter die Demolierung der Neutralität konstatiert und empfiehlt, dass sich Österreich ebenfalls dem „Schutz der NATO“ anvertrauen soll. Im ebenfalls einmal linksliberal positionierten Standard liest man es ähnlich. Die Zeitenwende hat ganz offensichtlich in den Hirnen vieler Menschen, vor allem auch solcher in Politik und Medien tätigen, zu einer radikalen Bewusstseins- und Meinungsveränderung geführt. Die deutsche Außenministerin ist da offensichtlich kein Einzelfall.

Dass Hopfen und Malz noch nicht gänzlich verloren sind, beweisen einige mutige Autoren, wie unser langjähriges Redaktionsmitglied Prof. Heinz Gärtner (siehe sein aktuelles Interview in der deutschen Zeitschrift Die Zeit und auch eines im Schweizer Rundfunk). Auch ein langes Interview mit Prof. Dieter Segert (übrigens ebenfalls Autor in der aktuellen Ausgabe von INTERNATIONAL) in den Salzburger Nachrichten zeigt, dass es doch noch nachdenkliche und friedenswillige Menschen gibt. Der langjährige ORF-Redakteur Udo Bachmair gehört ohne Zweifel ebenfalls zu dieser Gruppe, wie sein Kommentar in der Internet-Zeitschrift „Unsere Zeitung“ (siehe Link) beweist. Offensichtlich verbreiten sich gewisse meinungsändernde Viren in bestimmten – zumeist großstädtischen Blasen – stärker als in periphereren Milieus.

Ich möchte abschließend nochmals auf einige unserer jüngsten Videos zu Fragen der Neutralität und der Friedenspolitik verweisen. Wir werden weiterhin derartige nationale und internationale Positionen verbreiten, um die Möglichkeit zu geben, sich auch Informationen zu besorgen, die man in den meisten der heimischen Mainstreammedien kaum mehr findet. Dass Meinungsfreiheit und Pluralismus zu den Grundsäulen unserer „freiheitlich-demokratischen“ Grundordnung zählen, scheint immer weniger Menschen bewusst zu sein. Zumindest bei jenen, welche privilegierte Zugänge zu Medien haben.

Links:

www.international.or.at

www.unsere-zeitung.at/2023/07/15/neutralitaet-ade/

www.srf.ch/audio/echo-der-zeit/hat-die-neutralitaet-ausgedient?partId=12417424

Die Zeit: „Diese Raketen sind nicht nur ein Schutz“- Prof. Heinz Gärtner

* Fritz Edlinger ist Herausgeber und Chefredakteur der renommierten Zeitschrift INTERNATIONAL. Der Text ist aus dessen Newsletter entnommen.