Udo Bachmair
Gewalttriefenden Worten können früher oder später entsprechende Taten folgen. Die Geschichte hat diese Erkenntnis immer wieder grausam bestätigt. Ungeachtet dessen breiten sich im Internet Hass und Hetze ungehindert aus. Im Sog von rechtspopulistischen und rechtsextremistischen Tendenzen, befeuert von Boulevardmedien, die mit Feindbildpflege und Schwarzweißmalerei ihr fragwürdiges Geschäft betreiben.
Den Gipfel an Verantwortungslosigkeit müssen sich jedoch die Betreiber der Facebook-Seite von FPÖ-Chef Heinz Christian Strache vorhalten lassen. Unzähligen Hasspostings mit Gewaltaufrufen gegen Flüchtlinge und Asylwerber wird entweder nur zögerlich oder gar nicht Einhalt geboten. Das alles unter den Augen eines Mannes, der allen Ernstes den Anspruch auf das Amt des Bundeskanzlers in unserem Land erhebt…
Deutliche Worte zur immer ungezügelteren Hetze lässt auch Nobert Hofer, meist als Wolf im Schafspelz auftretender FPÖ-Präsidentschaftskandidat, vermissen. Es scheint, als würde eine weitere Vergiftung des Klimas in unserer Gesellschaft bewusst in Kauf genommen werden. Eine Abrüstung der Worte wäre daher dringender denn je. Bevor es zu spät ist..
In der Tageszeitung „Standard“ ist zur Facebook-Seite des FPÖ-Chefs ein engagierter Gastkommentar des bekannten Anwalts Georg Zanger erschienen. Hier ein Auszug:
„Der Shitstorm gegen einen jungen Mann, der sich angesichts des Todes seines Vaters umbringen wollte, ist vorläufiger Höhepunkt. Auf Heinz-Christian Straches Facebookseite wurden hunderte Verhetzungsbeiträge gepostet, die auch zum Teil neonazistischen Inhalt enthielten.
Einige Beispiele:
„Also ehrlich mal, fließt in der Leitung nur Strom von ner R6 Batterie? Dreht mal hoch und lasst ihn nochmal anfassen. Am besten zu Weihnachten als Straßenbeleuchtung!“
„Also ich alls Straßenbahnfahrer hätte meinen Fahrplan eingehalten ich wär da Drüber ge Fahren!!“
Ist es Strache vorwerfbar, dass er das Video über die Verzweiflungstat gepostet hat? Hat er es ernstlich für möglich gehalten, dass Hasspostings folgen werden, bzw. war gerade das sein Ziel?
Strache hat Erfahrung! Seine Seite ist geradezu Marktplatz für Hasspostings. Er weiß, was er bei seinen „Freunden“ auslöst, wenn er aufreizende Bilder, Videos oder Statements verlinkt.
Seit vielen Monaten werden verhetzende Mitteilungen auf seiner und anderen rechtsextremen Facebookseiten festgestellt. Die Poster können sicher sein, dass ihre Postings dort oft mehrere Tage verweilen dürfen. Strache erklärt dann, das Löschen der strafgesetzwidrigen Postings überfordere ihn. Es kann aber nachgewiesen werden, dass jedes Posting, das nicht zur „Linie Strache“ passt, sofort entfernt wird. Die Hasspostings dürfen länger bleiben. Gerade das dürfte jetzt für den FPÖ-Chef zum Problem werden:
… drei bis fünf Jahre Haft
Wer öffentlich in einem Medium auf eine Weise, dass es vielen Menschen zugänglich wird, zu Gewalt oder Hass gegen eine nach Abstammung oder Staatsangehörigkeit definierte Gruppe aufstachelt, in der Absicht, die Menschenwürde anderer zu verletzen, diese verächtlich macht oder herabsetzt, ist mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe zu bestrafen. Wer durch eine solche Tat bewirkt, dass andere Personen Gewalt gegen eine solche Gruppe ausüben, ist mit bis zu fünf Jahren zu bestrafen.
Auch wer Hasspostings auf eine Weise, wodurch diese einer breiten Öffentlichkeit zugänglich werden, in gutheißender oder rechtfertigender Weise öffentlich verfügbar macht, ist nach dem Gesetz zu bestrafen.
Es ist nicht bekannt, dass Heinz-Christian Strache den Hetzern auf seiner Facebookseite Kritik entgegengesetzt hat. Im Gegenteil, die Poster können sich dort wohlfühlen. Es ist kein Zufall, dass sich zum Unterschied von anderen Internetseiten gerade bei den Rechtsextremen so viele Hassposter treffen. Es ist eine Hassgemeinde geworden.
Strache hat es, um juristisch zu sprechen, ernstlich in Betracht gezogen, dass dem von ihm verlinkten Video eine Unzahl von Hasspostings folgen wird. Ungeachtet dessen hat er die Verhetzung in Kauf genommen.
Die spätere „Rechtfertigung“ von Strache, die er erst nach der öffentlichen Kritik auf seiner Facebookseite postete:
„Wer die Wahrheit schreibt, wird in unserer linken Meinungsdiktatur als Hetzer diffamiert. Sie wollen offensichtlich die Meinungsfreiheit einschränken. Aber es wachen zum Glück immer Bürger auf!“ verstärkt diese Annahme.
Akute Wiederholungsgefahr
Das Verhalten von Strache impliziert akute Wiederholungsgefahr. Wenn die Staatsanwaltschaft Verhetzung als Gefahr für die öffentliche Ordnung und das friedliche Zusammenleben der Menschen erkennt, darf sie weitere Hasspostings nicht einen Tag länger zulassen!
Wenn ein Ladendieb zum zweiten Mal erwischt wird, droht ihm Untersuchungshaft. Auch bei Strache liegen dringender Tatverdacht und konkrete Wiederholungsgefahr vor.“
(Georg Zanger am 21.10.2016 im STANDARD)