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Das Mittelalter lässt grüßen

Die jüngste Sendung der hervorragenden ORF-Reihe Universum History hat Möglichkeiten der Konfliktlösung im Mittelalter aufgezeigt. Mit interessanten Parallelen zur Gegenwart..

Wolfgang Koppler

Der jüngste Ausgabe von Universum History befasste sich mit den Aufgaben eines mittelalterlichen Burgvogts, den Funktionen damaliger Grundherrschaften sowie dem Fehdewesen zur Zeit Kaisers Friedrichs des II. Anfang des 13.Jahrhunderts.

Gezeigt wurde in fantasievoller Weise auch die Vermeidung der Eskalation eines bereits in Gewalttaten ausgeuferten Streits zweier Adelsfamilien mit Hilfe der diplomatischen Fähigkeiten des Burgvogts. Es ging um vorgeblich verletzte Ehre und natürlich um wirtschaftliche Interessen, im gegenständlichen Fall um einen von beiden Teilen beanspruchte Mühle. Es gab damals noch kein Gerichtswesen, sodass man sich eben meist durch Selbstjustiz in Form der Fehde Recht verschaffte. Wobei bereits der Sachsenspiegel zunächst eine dreitägige cooling-off-Phase vorsah. Doch auch damals wusste ein kluger Vogt, dass eine nicht rechtzeitig beigelegte Fehde und das Bedürfnis nach Rache Jahrzehnte langes Blutvergießen bedeutete. Mit unzähligen Toten, Verletzten und verheerten Landstrichen, was unter Umständen alle Beteiligten ruinierte.

Kommt uns das bekannt vor? Passiert nicht genau das im Ukrainekrieg und in vielen anderen Kriegen? Bomben, Raketen und Granathagel werden mit Bomben, Raketen und Granathagel beantwortet. Über Jahre hinweg. Der Aggressor muss bestraft werden. Ohne Rücksicht auf Verluste und Kollateralschäden. Wobei jede Seite naturgemäß immer die jeweils andere Seite als Aggressor sieht. Insoweit unterscheidet – abgesehen von der Waffentechnik – die moderne Kriegsführung wenig von der des 30-jährigen Kriegs oder der des Fehdewesens. Und das ukrainische Getreide verfault genauso wie jenes auf den Feldern der Bauern früherer Jahrhunderte, die unter einer Fehde oder später unter den Söldnerheeren litten.

Während wir im innerstaatlichen Bereich Streitigkeiten mit Hilfe einer mehr oder weniger gut funktionierenden Justiz lösen, erinnern unsere Kriege und die damit verbundene Außenpolitik immer noch an blutige Fehden des Mittelalters um Ehre, Rache und Einfluss. Und an die Verheerungen durch die Söldnerheere des 17.Jahrhunderts. Manchmal sogar schlimmer. Wie sagte ein kluger Mann, als er danach gefragt wurde, wie wohl der 3.Weltkrieg aussähe ? Ich habe keine Ahnung, welche Waffensysteme dann zum Einsatz kommen werden. Aber der 4.Weltkrieg wird mit Sicherheit nur noch mit Keulen ausgetragen.

Aber vielleicht brauchen wir gar keinen weiteren Weltenbrand, um uns in die Steinzeit zurückzuversetzen. Sieht man sich die Prognosen der Klimatologen und die weltweit steigenden Durchschnittstemperaturen an sowie Unvernunft und Alibimaßnahmen, mit denen Klimawandel und Umweltverschmutzung begegnet wird, kommt die Natur möglicherweise dem militärischen Selbstzerstörungstrieb des Menschen zuvor. Dann würde aus dem Steinzeitmensch mit wieder das Steinzeitwesen ohne Atombombe. Seltsam, dass sich viele immer noch einreden, alles müsse von selbst irgendwie gut ausgehen. Wer garantiert uns das ?

Heulen mit Westpropaganda

Mangelnde Ausgewogenheit in der außenpolitischen Berichterstattung erscheint als ein immer wieder neu befeuertes Reizthema. Jüngstes Beispiel ein Ö1-Journal Panorama, in dem nahezu ausschließlich einer reinen Militärlogik gehuldigt wurde. Das hat den Autor des folgenden Briefs veranlasst, sich zu Wort zu melden.

Peter Öfferlbauer *

Werter ORF-Publikumsrat,
werter ORF-Stiftungsrat,
sehr geehrte Frau Vass,

ich bin bestürzt über die Auswahl der Diskussionsteilnehmer, die Sicherheit ausschließlich militärisch denken, also in der Eskalationsspirale. Nicht einmal von der Moderation kam die Frage, wie dieser Eskalation, also einem möglichen 3. Weltkrieg, zu entkommen wäre. (Lediglich der österr. Offizier Leitgeb erwähnte wenigstens die umfassende Landesverteidigung, also die nicht militärischen Aspekte.)
Dabei war Österreich in beiden Weltkriegen auf der Verliererseite – sollte da Kriegsgefahr nicht kritischer gesehen werden? die Welt nicht nur schwarz/weiß eingeteilt werden? Statt dessen heult man lieber mit der westlichen Kriegspropaganda ?

Dabei gäbe es ja genug unverdächtige kriegskritische US-Stimmen – müsste der ORF diese nicht bei solch einer Diskussion, wenn sie mehr als Westpropaganda sein will, zur Sprache bringen?? Angefangen von Kennan, der bereits 1997 in der NYT warnte, die Nato-Osterweiterung würde die russische Politik in ein unerwünschte Richtung treiben.
Oder jüngst Jeffrey Sachs: die Ukraine ist das neueste Neocon-Desaster, wenn Europa einen Funken Einsicht hätte, würde es sich von diesem Desaster distanzieren…ein verhandelter Friede wäre besser als die Opfer eines Zermürbungskrieges in Kauf zu nehmen…
oder John Mearsheimer, der die Eventualitäten der Eskalation um die Ukraine analysiert.

Hillary Clinton sieht den Ukraine Krieg nach dem „afghanischen Modell“, wo die USA die Mujahedin gegen die Sowjets bewaffneten, um sie auszubluten. Und jetzt eben Russland schwächen.
Es scheint doch, die USA wollten diesen Krieg, sonst hätten sie Putins Briefe von Dez. 2021 nicht verächtlich vom Tisch gewischt. Wenn man Krieg nicht will, verhandelt man.

Schon Cicero wusste: der mieseste Frieden ist besser als der gerechteste Krieg!
Wo bleibt hier beim ORF professionelle Objektivität, wenn diese Aspekte nicht einmal erwähnt werden?

* Dr. Peter Öfferlbauer, Ex-AHS-Lehrer sowie Vorstandsmitglied von Pax Christi, lebt als kritischer Politik- und Medienbeobachter in Wels