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Fragwürdige grüne Medienpolitik

Der Vorstoß der grünen Regierungspartei für eine zentrale ORF-Finanzierung aus dem Bundesbudget lässt demokratie- und medienpolitische Alarmglocken schrillen.

Udo Bachmair

Nach der FPÖ und anderen, die den ORF stärker an die Kandare nehmen wollen, sind nun auch die Grünen dafür, dass der ORF aus dem Budget des Bundes finanziert wird. Mit entsprechenden Äußerungen gegenüber KURIER und STANDARD schlägt die grüne Mediensprecherin Eva Blimlinger all jene Bedenken in den Wind, die von der Gefahr einer verstärkten Regierungsabhängigkeit des ORF ausgehen.

Die ORF-Führung müsste demnach jedes Jahr zum Finanzminister pilgern und darum betteln, die Finanzierung des ORF ( mit entsprechendem Wohlverhalten ? ) weiter garantiert zu bekommen. Der Vorschlag Blimlingers, ein derartiges Finanzierungsmodell könnte ja durch eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat abgesichert werden, kann jedoch Befürchtungen rund um einen drohenden Verlust der Unabhängigkeit des ORF kaum entkräften.

Der ORF gehört gleichsam dem Publikum und nicht der Regierung. Blimlinger sei daran erinnert, dass einige den Grünen durchaus nahestehende Persönlichkeiten und Initiativen etwa bei der „Alternativen Medienenquete“ 2019 einer Finanzierung des ORF via Bundesbudget eine klare Absage erteilt haben, nicht zuletzt aus demokratiepolitischen Gründen. Wären die Grünen in Opposition, würden sie gegen derartige Pläne Sturm laufen..

Ebenso würden sie konsequent daran arbeiten, die ORF-Gremienreform, wie die Entpolitisierung des Stiftungsrates, vehement voranzutreiben. Dazu treffend Daniela Kraus vom Presseclub Concordia, die im Gegensatz zu ÖVP-Medienministerin Raab in Medienfragen als hoch kompetent gilt, im KURIER : „Detaillierte Vorschläge liegen auf dem Tisch, allein es fehlt der politische Wille der Parteien-spätestens wenn sie an der Macht sind“.

Und weil sie an der Macht sind, finden die Grünen auch nichts dabei, dem schon von Sebastian Kurz erwünschten Ende der renommierten Wiener Zeitung als täglich erscheinendes Blatt zuzustimmen. Der Widerstand auch in den eigenen grünen Reihen gegen ein Aus für ein teils regierungskritisches Medium hat bisher nichts gefruchtet. Ein „Kulturgut“ ist damit verloren gegangen und die Medienlandschaft ist weiter verarmt.

ORF als Spielball der Politik

Angesichts der Wahl der neuen ORF-Spitze durch den Stiftungsrat stellt sich mehr denn je die Frage nach der Unabhängigkeit der Berichterstattung des für Österreichs Medienlandschaft wohl wichtigsten Unternehmens.

Udo Bachmair

Im ORF-Stiftungsrat, dem oberstes Entscheidungsgremium des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, kann erstmals eine klare Mehrheit der größeren Regierungspartei einen ORF-Generaldirektor allein bestimmen. Das Gremium ist offiziell unabhängig, gemäß österreichischer Realpolitik jedoch parteipolitisch besetzt.

Dass nun die Regierung ohne Rücksicht auf Oppositionsparteien einen nur ihr genehmen Kandidaten in den ORF-Chefsessel hieven kann, erscheint Medienbeobachtern demokratiepolitisch höchst bedenklich. Es liegt nun an den ORF-Journalisten, trotz aller Einflussversuche unabhängige Berichterstattung zu garantieren.

Zur Causa ORF im Folgenden ein Auszug aus einer Rede, die ich aus Anlass einer alternativen Medienenquete gehalten habe :

Ein unabhängiger Rundfunk ist unverzichtbarer denn je.

Natürlich kann und soll der Wert des Öffentlich-Rechtlichen neu diskutiert, teils auch neu definiert werden.

Das erscheint umso notwendiger im Umfeld einer Medienlandschaft, die geprägt ist von einem beispiellosen Konzentration an Boulevardmedien speziell im Osten unseres Landes.

Dem ORF und den Qualitätszeitungen kommt in dem Zusammenhang eine besondere Rolle zu. Auch als Gegengewicht zu all dem, was sich an höchst bedenklichen Inhalten in den sogenannten „Sozialen“ Medien abspielt. Hass und Hetze gegen Minderheiten, insbesondere gegen Flüchtlinge und Asylwerber.

Der ORF dagegen muss ein Hort sein für seriösen differenzierenden Qualitäts-Journalismus

Er kann die Rolle aber nur dann erfüllen, wenn von ihm und seinen Programmitarbeitern Druck genommen wird.

Und: Wenn auch seine Finanzierung gesichert ist.

Aus meiner Sicht sollte das bisherige Finanzierungsmodell erhalten bleiben, teils Werbeeinnahmen, teils Einnahmen über die Gebühren. Diese jedenfalls sollten von den jeweiligen Landesabgaben entschlackt werden.

Keinesfalls zu begrüßen wäre der Vorschlag, den ORF aus dem Bundesbudget zu finanzieren. Denn dann müsste die ORF-Führung jährlich zum Finanzminister pilgern, um demütig die Sicherstellung der weiteren Finanzierung zu erbitten.

Erwartetes Wohlverhalten seitens des ORF verstünde sich in diesem Fall wohl von selbst. Auf der anderen Seite ein noch effektivere Zugriffsversuche der großen Regierungspartei auf das Unternehmen.

Der ORF muss allerdings die finanzielle Unterstützung im wahrsten Sinn des Wortes auch verdienen:

In erster Linie mit Qualität seiner Programme und journalistischer Glaubwürdigkeit.

Diese kann und sollte etwa auch in der außenpolitischen Berichterstattung gestärkt werden. Durch weniger Schlagseite bei so komplexen Causen wie etwa dem Ukraine-, Nahost oder Syrien-Konflikt.

Oder in der innenpolitischen Berichterstattung darauf zu achten, nicht der gespenstisch gut inszenierten Regierungspropaganda auf den Leim zu gehen.

Der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk sollte bestrebt sein, seinen Kultur-und Informationsauftrag auch mit einer besseren Durchmischung auf die einzelnen Kanäle zu erfüllen. So wären sicher weitere Programmkorrekturen von ORF 1 vonnöten. Damit kann der Kritik begegnet werden, dieser Kanal sei programmiert wie ein kommerzieller Privatsender.

Das heißt: Der ORF muss sich klar unterscheidbar machen.

Das gelingt zum überwiegenden Teil bei ORF 3 sowie bei Ö 1.

Und das soll so bleiben. Das soll nicht durch neue Zugriffsversuche auf den ORF gefährdet werden.

Initiative „Wir für den ORF“ macht mobil

Udo Bachmair

Heute ab 18 Uhr ist es soweit. Vor der Karlskirche in Wien geht im Vorfeld der Regierungsenquete eine alternative Medienenquete in Szene. Dabei werden mehrere Rednerinnen und Redner ein Plädoyer für Qualitätsjournalismus zu halten, im Besonderen für einen unabhängigen Rundfunk.

In dem Zusammenhang geht es auch darum, den demokratiepolitisch wichtigen Wert des öffentlich-rechtlichen ORF zu betonen. Im Umfeld einer Medienlandschaft, die speziell im Osten Österreichs von einer beispiellosen Konzentration an Boulevardzeitungen geprägt ist. Besonders auch im Umfeld von Hass und Hetze im Internet.

Bei der Veranstaltung auf dem Karlsplatz wird auch die Stimme unserer Vereinigung für Medienkultur zu vernehmen sein. Die Initiative „Wir für den ORF“ gibt  mir als zweitem Redner nach Gerhard Ruiss, dem Obmann der IG Autoren die Gelegenheit, sich zum Thema zu äußern.

Hier die Forderungen der Initiative:

– Die Unabhängigkeit der Medien schützen!

Politiker/innen müssen akzeptieren, dass Medien zwar zur Sachlichkeit und zur objektiven Wiedergabe aller Standpunkte, aber nicht zu Neutralität gegenüber jeder politischen Äußerung oder Handlung verpflichtet sind. Politik ist von Medien stets an höchsten menschenrechtlichen Standards zu messen und an ihrem Umgang mit allen Menschen, gleich welcher Herkunft und Lebenssituation.

– Presseförderung nur für Qualitätsjournalismus! 

Kein öffentliches Geld für Boulevardmedien, zumal wenn sie mit Populismus und Hetze Quote machen. Um das zu gewährleisten, ist die Zusammensetzung der Vergabekommission zu ändern.

– Ja zu vernünftig eingesetzten Rundfunkgebühren.

Qualitätsjournalismus braucht viel Aufwand und ist nicht gratis. Daher: Der ORF darf auch nicht aus dem Bundesbudget statt aus Gebühren finanziert werden, denn er ist kein Regierungsfunk.

– Keine Zerschlagung des ORF. Kein Verkauf und keine Schließung von Sendern.

– Die ORF-Führung muss sich parteipolitischen Interessen endlich verweigern. 

– Der ORF muss sich stärker auf den Kulturauftrag konzentrieren. 

Daher auch: Keine Ausdünnung von ORF-Programmen und Umwandlungen von Sendungen zu Sendeflächen. Die Regionalprogramme haben genauso wie alle anderen Programme den öffentlich-rechtlichen Auftrag einzuhalten bzw. zu verwirklichen.

– Das Wiener Funkhaus muss bleiben – für eine Stadt der kurzen Wege.

Der innerstädtischen Netzwerkknoten Funkhaus soll ausgebaut, nicht demoliert werden.

– Mehr ORF-Mittel ins Programm statt in Neubauten. 

Das Absiedlungsprojekt bedeutet Verschwendung mehrerer Millionen Gebührengelder. Das Funkhaus in Wien zu erhalten, käme weitaus billiger.

–  Bessere Absicherung des nichtkommerziellen Privatrundfunks.

nichtkommerzieller Privatrundfunk leistet österreichweit einen großen Beitrag zur Vermittlung von Medienbildung und Medienkompetenz, er trägt als einziger Rundfunkveranstalter der gesamten Sprachenvielfalt in der österreichischen Gesellschaft Rechnung. Entsprechend dieser Rolle muss ihm eine deutliche Aufwertung zuteil werden.

– Kein Meinungskauf.

Öffentliche Inserate nur bei Mindesterfüllung journalistischer Sorgfaltspflicht.

Wir für den ORF  –  wirfuerdenorf.at