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Wiener Zeitung ohne Überlebenschance

Diese Woche läuft die Begutachtungsfrist des neuen Medienförderungsgesetzes ab. Damit wird auch die Rettung des „Kulturguts“ Wiener Zeitung immer unwahrscheinlicher.

Stellvertretend für viele Stimmen des Protests gegen diese Maßnahme der schwarz/grünen Bundesregierung folgende ( von Udo Bachmair ausgewählte ) Zitate:

Die in medienpolitischen Dingen komplett indolente und skandalös agierende Regierung, der auch die Grünen angehören, zuckt nicht einmal mit dem Ohrwaschel, um etwas zur Rettung dieser Zeitung zu unternehmen, obwohl es ihre verdammte Pflicht wäre.

( Armin Thurnher, FALTER )

In einer Zeit, in der Qualitätsmedien weltweit einen Überlebenskampf gegen Banalität und Trivialisierung führen müssen – und ihn zu oft auch verlieren –, ist jede Würdigung und Auszeichnung für diese aus vielen Gründen außergewöhnliche österreichische Zeitung ein wichtiger Beitrag, um das Fortbestehen der Wiener Zeitung auch in Zukunft abzusichern.

( Aus einem Brief von Hugo Portisch und Heinz Nussbaumer aus dem Jahr 2019, als die ÖVP/FPÖ-Koalition unter Kanzler Kurz den Todesstoß für die Wiener Zeitung androhte. Nun wird das Ende des Qualitätsblatts auch von den Grünen unterstützt…)

„Der Falter“ als erfolgreiches linksliberales Medium

Der TV-Sender ORF III brachte in André Hellers „Menschenbilder“ am 17. Oktober 2019 ein Porträt von Armin Thurnher, des Gründers der damals so genannten Wiener Stadtzeitung „Falter“. Hier ein Resumé der Hauptaussagen Thurnhers im erwähnten ORF-Beitrag :

Hans Högl

Armin Thurnher besuchte in Bregenz das althumanistische Gymnasium und lernte acht Jahre Latein und sechs Jahre Griechisch. In seiner Jugend spielte er Tennis und Klavier. Wichtig für Armin Thurnher wurde sein Onkel John, der von Vorarlberg in die USA ausgewandert war und als Wohlhabender auf Besuch kam. Dies motivierte Armin T. zu einem Studienjahr in Amerika (1967/68). Aber er fand ein anderes Land vor als in seiner Vorstellung. Es war rassistisch, und die auf Pappkarton schlafenden Armen unweit von Wolkenkratzern forderten das Weltbild des 18-jährigen heraus. Er lernte in New York die Vietnamproteste kennen, die Drogenszene, die Frauen- und Schwulenbewegung und die sexuelle Befreiung.

Beim Studium in Wien (Germanistik, Anglistik, Theaterwissenschaft) entstand die Geschäftsidee zur Programmzeitschrift „Falter“ – mit Besprechungen von Wiener Lokalen. Die Gründer des „Falters“ zielten auf eine Form von Anti-Journalismus. In den Kulturredaktionen der Medien fanden sich blinde Flecken: Schwule, Frauen, Off-Theater kamen nicht vor. Und dazu kam eine gewisse Frechheit. „Wir waren links, aber nicht das Sprachrohr einer Partei.“ „Ich empfand Kreisky als Establishment“. Thurnher hatte keine Beziehung zu ihm.

„Ich habe die antiautoritäre Flagge der Studentenbewegung hochgehalten.“ Thurnher betrachtete die Gründung stalinistischer und trotzkistischer Gruppen als „Totalverrat“. „Ich habe die Illusion verloren, dass diese Gesellschaftsform so leicht durch eine andere zu verändern ist. Aber ich blieb dabei, dass die Gesellschaft verändert werden muss.“ Dies entsprach dem Buchtitel „Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung“. Die Berliner TAZ wurde ein Jahr nach dem „Falter“ gegründet. Und dies nach den RAF-Exzessen. Es war auch nicht möglich, den „Falter“ im Kollektiv zu gestalten – so dass jeder alles machte.

Auch die ursprüngliche Geldlosigkeit war nicht aufrecht zu halten. Christian Reder war damals Betriebsberater (später Professor). Er wurde der erste Gesellschafter des „Falters“. Wir mussten einen kapitalistischen Betrieb führen. Es trat eine gewisse Normalisierung ein:Ohne Hierarchien zu arbeiten war undurchführbar. Es kam zu flacheren Hierarchien. Die „Kronen“-Zeitung beschuldigte Armin Thurnher, Jörg Haider in Österreich groß gemacht zu haben.

Zur Wiener Zeitschrift „Falter“

Hans Högl

Im  Branchenmagazin „Der Journalist“ finde ich  Bemerkenswertes zum „Falter“. Er hat die Leserzahl in den letzten zehn Jahren von 67.000 auf 136.000 verdoppelt. Als Hauptursache gilt, dass dem meinungsstarken Gründervater Armin Thurnher  der hartnäckige Aufdecker und Jurist  Florian Klenk zur Seite sitzt. „Der Journalist“ sieht in beiden Yin und Yang. Was Klenk zu Facebook und Twitter sagt: „Facebook verwende ich wie eine Litfaßsäule. Über diese Aktivitäten gewinnen wir auch in der Breite Abos.“ Twitter ist ein Elitentool, eine Art Branchendienst für den politmedialen  Betrieb.

Und eine Notiz von Thurnher und Klenk zum manchmal heftig kritisierten Ex-Landeshauptmann Pröll lässt aufhorchen:  „Wir haben recherchiert, was an diversen Geschichten zu Erwin Pröll dran ist, und sind draufgekommen: nichts“. Klenk: „Ich habe dann den Anwalt von Pröll gefragt, ob wir berichten können, dass nichts dran ist. Ihm war lieber, dass nichts kommt, weil auch der Bericht, dass nichts dran ist, die gegenteilige Annahme wecken kann.“ –

Für mich als Medienbeobachter drängt sich der Eindruck auf, dass für einen Gutteil der ORF-Journalisten der „Falter“ eine Art informelles Leitmedium ist. Wenn dies zutrifft, gilt dann nicht auch ein Wort des deutschen  Kurt Beck analog für die Wiener politische Landschaft: „Die SPD war früher eine Partei für die kleinen Leute, heute ist sie eine Akademiker-Partei. Sie hat keinen Bezug mehr zu denen, für die sie vorgibt zu sein.“ (FAZ, 16.März 2018, S. 10). Und erklärt dies nicht, dass große Teile der Wiener Arbeiterschaft sich der  FPÖ zuwandten?Dies  ist ein Faktum -selbst wenn sich die „kleinen Leute“ irren.

 

 

 

Wachsende Sehnsucht nach dem „starken Mann“: Was tun ?

Buchtipps: Von „Schmutziger Demokratie“ bis zur „Bewegung für eine bessere Welt“

Udo Bachmair

1.)    „Schmutzige Demokratie“

Die Alarmglocken läuten im Land. 2016 sehnen sich vier Mal so viele Menschen hierzulande nach dem „starken Mann“ als noch vor 10 Jahren. Schockierendes Ergebnis einer Umfrage des SORA-Instituts. Demokratiemüdigkeit hat den jüngst erhobenen Daten zufolge ein beängstigendes Ausmaß erreicht. Am Ende könnte ein unheilvoller Führerkult stehen, der nicht nur einmal in der Geschichte zur Katastrophe geführt hat. Aber was tun gegen den weiter um sich greifenden Rechtspopulismus, der über FPÖ und Kronenzeitung hinaus zunehmend auch bisher liberal Gesinnte zu erfassen droht ?

Gute Analysen und Antworten zur Causa liefert Sachbuch-Autor Jürgen Roth in seinem neuen Buch

„Schmutzige Demokratie“ – erschienen im Verlag Ecowin

Für Jürgen Roth haben die Rechtspopulisten die liberale Demokratie im Visier. Sein Befund: „Autoritäre Führer sind die größte Gefahr in und für Europa“ (Kurier, 26.9.2016).

Viele AfD- oder FPÖ-Wähler würden sich nur noch von bestimmten Medien beeinflussen lassen, die ihre Vorurteile und Ressentiments bestärken. Zudem glauben sie den Lügen, etwa dass die FPÖ nichts mit den „Identitären“ zu tun habe, so der Autor.

2.)    „Ach Österreich!“ erschienen bei Zsolnay

Sorgen um die politische Entwicklung in Österreich und Europa macht sich auch Armin Thurnher von der Wochenzeitung „Falter“, die sich als eines der wenigen Medien hierzulande investigativem Journalismus verpflichtet fühlt. In seinem jüngsten Buch

„Ach Österreich! Europäische Lektionen aus der Alpenrepublik“

versucht er die bange Frage zu beantworten:

Ist es zum Fürchten um Europa, besteht noch Hoffnung ?

Die „New York Times“ illustriert übrigens den Aufstieg rechter Kräfte in den Ländern der EU graphisch: Den kräftigsten roten Balken erhält Österreich..

Nicht unmittelbar zum Thema gehörig, aber doch im Sinne von Ideen für eine bessere Welt sei auch das jüngste Buch des Philosophen, Religionspädagogen und Friedensforschers Erwin Bader empfohlen:

3.)    „Riccardo Lombardi und das Konzil – Kann Liebe die Welt verändern ?“

Das im LIT-Verlag erschienene wissenschaftliche und spirituelle Buch handelt u.a. von den zahlreichen Predigten Lombardis, in denen er immer wieder zu einer „radikalen Reform der Kirche“ aufgerufen hat.

Erwin Baders Buch befasst sich auch mit der „Bewegung für eine bessere Welt“, in der der Geist Lombardis weiterlebt.

Buchpräsentation am 13. Oktober 19 Uhr : „Quo Vadis“, Stephansplatz 6 A-1010 Wien