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Was wird aus Syrien?

Rätsel um die Wahl in Syrien gelüftet

Hans Högl

Das Wichtigste in der Medienwelt ist angesichts der Fülle an Nachrichten entweder verspätet zu erfahren. Oder es ist so, dass wir davon gleichsam nur die Spitze eines Eisberges sehen, alles Andere bleibt im Dunkeln und kommt erst später, manchmal nach Jahren, an die Oberfläche. Und so fand ich folgende Deutung der Wahl in Syrien leider verspätet. Ein Ereignis, das mir bisher rätselhaft blieb.

Auch wenn die Gegenkandidaten in Syrien attraktiver wären, angesichts der Machtverhältnisse in Syrien

würden es wohl auch viele Wähler aus bloßer Angst vor Denunzianten nicht wagen, ihre Stimme nicht Assad zu geben.

„Die Syrer haben diese Paronoia, dass die Geheimdienste immer alles wissen“,

so erklärt ein syrischer Flüchtling in Libanon die allgegenwärtige Angst seiner Landsleute. Dies sei auch der Grund, warum sich am vergangenen Donnerstag Hunderte von Vertriebenen in Libanon von prosyrischen Parteien in Bussen zur syrischen Botschaft in Beirut hatten fahren lassen, um dort ihre Stimme für Assad zu geben. NZZ, 26. Mai 2021: Assad dürfte die Scheinwahl mit einem Glanzresultat von rund 90 % der Stimmen gewinnen.

Mutmaßliche Chemiewaffen durch Assad?!

Hans Högl – Kommentar

Landauf, landab und überall ist zu hören, zu lesen, zu sehen, dass Assad in Syrien Chemiewaffen eingesetzt hat. Da stellt sich die Frage, wer dies mit dieser Felsensicherheit wie ein Dogma behaupten kann?  Wer hat dies überprüft und hat die Möglichkeit im Krieg dazu? Haben wir denn nicht erfahren, welche Kriegslügen bezüglich des IRAK in die Welt gesetzt wurden?  Da ging es damals im Irak um riesige gefährliche Waffenlager usw. usw. Alles Falschmeldungen. Wird denn der syrische Präsident Assad so dumm sein, Giftgas gegen ein Spital einzusetzen, wo dies eine rote Linie darstellt? Und mit der Tötung von Kindern kann immer Propaganda betrieben werden. Es geht hier nicht darum, das  Regime Assad zu verteidigen (viele seiner Gegner wurden seit langem in Kerker gesteckt, und seine Geheimpolizei war nicht ohne),  es ist aber von freier Presse – und dies nicht nur in neutralen Staaten –  Fairness und Sorgfalt zu erwarten.

Da lob` ich mir die Neue Zürcher (online), die den Sachverhalt nun so formuliert:  …Parallel zum ersten offiziellen Besuch von US-Außenminister Rex Tillerson in Moskau verdächtigt US-Präsident Donald Trump Russland, von dem mutmaßlichen Chemiewaffenangriff in Syrien gewusst zu haben.

Der Vorsitzende der Vereinigung „Schwedische Ärzte für Menschenrechte“, Marcello Ferrada, hat im Gespräch mit dem Fernsehsender RT erklärt, warum die Vorwürfe westlicher Länder gegenüber der syrischen Regierung bezüglich Chemieangriffen sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit beweislos sind.

Als eines der Beispiele für dieses Verhalten des Westens hat Ferrada den Chemieangriff von März 2015 in Sarmin genannt. Der sei durch internationale Organisationen und große Länder untersucht worden. „Alle Beweise wurden sorgfältig von UN-Ausschüssen geprüft. Nach all den Untersuchungen kam man zu der Schlussfolgerung: Die von den USA und Großbritannien vorgelegten Beweise können nicht eindeutig belegen, dass chemische Waffen von syrischen Streitkräften verwendet worden waren“, so Ferrada.

Ein Bild von Baschar Assad in Aleppo
© REUTERS/ Mahmoud Hassano

Obwohl niemand nach all den Untersuchungen eine Verbindung zwischen dem Vorfall und der syrischen Regierung feststellen konnte, setzte man fort, die Schuld für jenen Angriff weiterhin auf den Präsidenten Baschar al-Assad zu schieben, so Ferrada weiter.
Nach der Befreiung der Stadt Aleppo von Terroristen verbreiten westliche Länder erneut Vorwürfe gegen die syrische Regierung. Und wieder seien sie unbewiesen, hieß es.

 

Syrien-Krieg: Wer ist hauptverantwortlich ?

Infos zum Syrien-Konflikt: Vereinzelt journalistische Lichtblicke

Udo Bachmair

Assad, Putin böse. Die USA und die syrischen Rebellen gut. So einfach macht es sich der Boulevard. Nur der ? Nein, auch sogenannte Qualitätsmedien gefallen sich in einer oft verblüffend einseitigen Sicht der Welt. Kein Wunder, sind die Hauptbezugsquellen für Informationen (auch) über den Syrienkonflikt fast ausschließlich die großen westlichen Agenturen wie AP, UPI, Reuters oder AFP. Von diesen wiederum beziehen kleinere Agenturen wie die dpa oder Österreichs APA ihre außenpolitischen Erkenntnisse. Diese wiederum fließen ein in die Redaktionskonferenzen auch österreichischer Medien.

Manchen auch seriösen JournalistInnen scheint dabei in der Hektik der Alltagsarbeit nicht bewusst zu sein, dass Informationen dieser Art wegen der dahinter stehenden Interessen einfach nicht objektiv sein können. Dabei bedürfte gerade eine so komplexe Causa wie der Syrien-Krieg einer differenzierenden Annäherung .

Doch es gibt journalistische Lichtblicke. So mischen sich in den Mainstream westlicher Berichterstattung  vereinzelt auch Analysen, die belegen, dass der Syrien-Krieg ein von langer Hand geplanter, von außen hineingetragener Konflikt ist. Analysen, die zudem klarmachen, dass Schwarz-Weiß-Malerei und Feindbildpflege den Blick auf die Realität weitgehend verstellen. So wird Medienkonsumenten zu Syrien, im Besonderen zu Aleppo, das Bild vermittelt: Das Assad-Regime bombardiert gezielt die eigene Bevölkerung, unterstützt von „den aggressiven Russen“. Die Brutalität der von den USA und Saudiarabien unterstützten radikalen Oppositionsgruppen bleibt ausgeklammert..

Umso überraschender daher ein ZDF-Interview mit alternativer Sicht der Zusammenhänge. Darin wird jenseits westlicher oder russischer Propaganda auch das Interesse Washingtons klar benannt. Prof. Günter Meyer, renommierter Syrien- und Nahostexperte der Universität Mainz weist in dem Gespräch faktenbasiert nach, wer denn eigentlich die Hauptverantwortung für die Not der Menschen in Syrien trägt :

heute.de: Die Hilfsorganisation World Vision vergleicht Aleppo mit Berlin nach dem Zweiten Weltkrieg. Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen spricht von einem „kompletten Kollaps der Menschlichkeit“ in Aleppo. Und der UN-Generalsekretär gibt zu: „Wir alle haben die Menschen in Syrien bislang kollektiv hängenlassen.“ Herr Meyer, was hat die Welt in Syrien falsch gemacht?

Günter Meyer: Die Welt hat in Syrien sehr vieles falsch gemacht, aber wir müssen auch sagen, wer was falsch gemacht hat: Und hier liegt die Hauptverantwortung bei den USA. Nach Aussagen des ehemaligen Oberkommandeurs der NATO, General Wesley Clark, begann die US-Regierung bereits unmittelbar nach den Terrorschlägen am 11. September 2001 mit den Planungen des Regimewechsels in sieben Ländern, die von den USA als Gegner angesehen wurden, darunter Irak, Libyen und auch Syrien.

Um dort dieses Ziel zu erreichen, haben die USA seit 2005 die Rahmenbedingungen geschaffen. Dazu gehörte neben zahllosen medialen Propagandaaktionen gegen das Assad-Regime die Finanzierung und Ausbildung einer Armee von Terroristen gemeinsam mit Israel und Saudi-Arabien. Diese Truppen sollten für den Sturz der Regierungen in Damaskus und Teheran eingesetzt werden, wie der renommierte Journalist Seymour Hersh 2007 aufdeckte.

heute.de: 2011 begann der Krieg in Syrien. Welche Fehler wurden da gemacht?

Meyer: Der Westen, also insbesondere die USA, hat die aufständischen Dschihadisten mit Waffen versorgt und teilweise auch ausgebildet. Die materielle und personelle Logistik wurde vor allem von der Türkei abgewickelt, während die finanzielle Unterstützung zum größten Teil aus Saudi-Arabien und Katar kam. Saudi-Arabien hat dabei salafistische Extremisten gefördert, um in Syrien eine radikal-islamistische Regierung zu etablieren. Hier war die Eroberung von Aleppo 2012 für die Dschihadisten ein wichtiger Schritt.

heute.de: Mal abgesehen von den USA. Was muss sich Russland an der Situation in Aleppo vorwerfen lassen?

Meyer: Ohne die militärische Intervention Russlands im September 2015 wäre inzwischen nicht nur Aleppo komplett von den Dschihadisten erobert worden. Auch das Assad-Regime wäre längst zusammengebrochen. Damit hätten die Assad-Gegner unter Führung der USA ihr Ziel des Regimewechsels zwar erreicht. Die Macht hätten jedoch die stärksten militärischen Kräfte an sich gerissen. Und das wären die islamistischen Extremisten, wie die zum Al-Kaida-Netzwerk gehörende Nusra-Front und der von der internationalen Allianz unter US-Führung bekämpfte Islamische Staat (IS). Wem, wie israelische Politiker erklärten, eine solche Terrorherrschaft lieber ist als das Assad-Regime, der kann Putin vorwerfen, dass er dies verhindert hat. Syrien-Krieg: Wer ist hauptverantwortlich ? weiterlesen

Syrien: Stopp der Einmischung von außen !

Spannende Diskussion zum syrischen Drama

Udo Bachmair

Die überaus komplexe Causa Syrien war Gegenstand einer äußerst gut besuchten und streckenweise auch hitzigen Podiumsdiskussion gestern im Presseclub Concordia in Wien.

Die Einmischung von außen muss aufhören“, forderte in Übereinstimmung mit anderen Podiumsgästen die in Damaskus akkreditierte deutsche Journalistin Karin Leukefeld. Den ausländischen Mächte, von den USA über Israel, bis zu Russland und den arabischen Staaten ginge es keineswegs um das Wohl der Syrer , sondern ausschließlich um das jeweils eigene Interesse.

„Akteure wie die USA, Saudi-Arabien und Katar lassen den Krieg eskalieren“, pflichtete Mamoun Chawki bei, Sprecher der Unabhängigen Syrer in Österreich. Heute seien Terroristen am Werk, die von ausländischen Mächten unterstützt werden.

Heftig polarisiert hat in der Diskussion die Rolle von Präsident Assad. Diesbezüglich zeigte sich Tarafa Baghajati, Obmann der Initiative muslimischer Österreicher_innen, kompromisslos. „Frieden für Syrien müsse ohne Assad geschaffen werden“.

Eine Haltung, der der Großteil des Podiums widersprach: So auch Salma Reda, Sprecherin der syrischen Studierenden in Österreich. Sie kritisierte, viele Gruppen hätten Assad a priori von einer Verhandlungslösung ausgeschlossen.

Fritz Edlinger, Generalsekretär der Gesellschaft für österreichisch-arabische Beziehungen befürchtet eine weitere Eskalation. Die Türkei spiele eine üble Rolle, auch Saudi-Arabien komme eine Täterrolle zu. „Die Täter sitzen in Washington, in Ankara, in Mekka und sonstwo“, so Edlinger wortgewaltig unter großem Applaus.

Nahostexpertin und Buchautorin Karin Kneissl äußerte „eine gewisse Zuversicht“. Frieden sehe sie für Syrien zwar nicht, aber doch „eine klare Entschlossenheit“, dem Vormarsch der Islamisten Einhalt zu gebieten.

Die Diskussion „Das syrische Drama-Ausweg aus dem Dilemma“ kann als großer Erfolg für die Vereinigung für Medienkultur verbucht werden. Das zeigt das bisher von verschiedensten Zeiten bekundete extrem positive Feedback.

 

ARD lässt mit Assad-Interview aufhorchen

Udo Bachmair

Ungewöhnliches an der westlichen Medienfront

Die ARD überrascht in der Causa Syrien mit einer Darstellung, die vom üblichen Mainstream deutlich abweicht. So hat sie es zugelassen, ein Interview mit Syriens Präsident Assad, der normalerweise als der Bösewicht im Syrien-Krieg dargestellt wird, in voller Länge auf Tagesschau 24 zu senden. Assads Äußerung etwa, der Krieg des Westens gegen sein Land sei Ursache für Flucht und Vertreibung, ist ungekürzt stehen geblieben. Auch, dass er den Rebellen eine Amnestie anbiete, wenn sie die Waffen abgeben.

Ein Vorgang ganz gegen bisherige Gepflogenheiten, ein beharrlich aufgebautes Feindbild medial nicht zu erschüttern. Als Beispiel dazu fällt einem auch wieder die Ukraine-Berichterstattung ein, bei der Schwarz-Weiß-Malerei im Sinne von „Moskau böse, Kiew gut“ gang und gäbe war.

Aber warum nur hat die ARD nun mit Assad gesprochen ? Es wird spekuliert, dass das deutsche Außenamt bei der Anbahnung behilflich gewesen sein könnte. Tatsache ist, dass Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) eine außenpolitisch auf Verständigung ausgerichtete Politik betreibt.

Eine weitere Erklärung für das unzensierte Assad-Interview könnte sein, dass Berlin offenbar nicht mehr an dem von US-amerikanischen Neokonservativen vorgegebenen Kurs festhält, wonach Assad zu stürzen sei und der Waffenstillstand nichts anderes als eine Finte der Russen darstelle.

Eine Spur Optimismus bezüglich eines Friedens in und für Syrien ist berechtigt.

Ein Tipp an dieser Stelle:

„Das syrische Drama. Auswege aus dem Dilemma“

ist Thema einer Podiumsdiskussion

veranstaltet von der Vereinigung für Medienkultur

am 3.3. 19 Uhr im Presseclub Concordia, Bankgasse 8.

Frankreichs Nahost-Politik. Zwiespalt

Hans Högl

Frankreich holte sich im Oktober 2015 von Saudi-Arabien einen Waffenvertrag in der Höhe von 10 -Milliarden Euro.  Paris hat es nicht geschafft, das Atomabkommen mit dem Iran scheitern zu lassen, wie es Riad, Tel-Aviv und die US-Republikaner wollten. In der Syrienpolitik ist Frankreichs Forderung, Assad zu bestrafen, weniger der Grausamkeit des Regimes geschuldet, schreibt „Le Monde Diplomatique“  (2015/11), als dem Wunsch, den Golfmonarchien zu gefallen, die Assad stürzen wollen, allen voran Saudi-Arabien. Die Menschenrechte, auf die sich Frankreich anderswo lautstark beruft, werden hier verletzt. Nicht anders wie von den USA.