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„Wie kann man nur so sein?“ Eine bittere Nachweihnachtsgeschichte

Sie waren auch zur Weihnachtszeit in Dreck, Nässe und Kälte. Und werden es auch im Neuen Jahr sein: Die Kinder von Lesbos. Trotz aller Appelle auch aus dem Medienbereich bleibt Österreichs Regierungschef hart.

Udo Bachmair

Was habt ihr damals 2020/2021 unternommen, um unermessliches Flüchtlingsleid zu lindern ? Was habt ihr damals unternommen, um vor allem die zahllosen Kinder, die auf Lesbos unter unfassbaren Bedingungen dahinvegetieren müssen, zu retten ? Bange Fragen, die spätere Generationen an die Adresse von uns heutigen (Un-?)Menschen stellen werden..

Österreich, eines der reichsten Länder Welt, bleibt unbarmherzig dabei: Es werden keine Kinder aus Lesbos aufgenommen. Trotz Bereitschaft von NGOs, der kleinen Regierungsparrei, und auch vieler Bürgermeister jener Partei, die heute den Regierungschef stellt. Sie würden genügend Kapazitäten für die ärmsten der ärmsten Flüchtlingskinder bereitstellen.

Weitgehend Empathie-befreit verfügt ein demokratisch gewählter Kanzler ein Veto gegen aktive Flüchtlingshilfe. Trotz Unterstützung sogar der Kronenzeitung für die Aufnahme einer begrenzten Zahl von Kindern in Not. Die sogenannte „Hilfe vor Ort“ greift nicht bzw. fungiert aus vordergründig politischen Gründen lediglich als Symbolpolitik.

Woher rührt die auch von anderen Medien und Politikern registrierte „Kaltschnäuzigkeit“ und „Hartherzigkeit“ des Regierungschefs und seiner gehorsamen türkisen Gefolgschaft ? Der Grund dürfte nicht nur in einer Missachtung christlicher und humaner Grundsätze liegen, sondern auch in der Überlegung, sich die Rechtspopulisten für eine nächste Koalition warmzuhalten.

„Ihr Kinderlein, kommet“ haben wohl auch einige Türkise am Weihnachtsabend gesungen. „Das neue Jahr zu beginnen, indem man eine Anzahl verzweifelter und traumatischer Kinder aufnimmt, und ihnen eine Zukunft ermöglicht, wäre ein guter Neustart“, formulierte es kürzlich Barbara Coudenhove-Kalergi in einem Zeitungskommentar.

Und Antonia Gössinger, renommierte Chefredakteurin der Kleinen Zeitung Kärnten, sagt in einem Standard-Interview zur leidigen Causa : „Dass eine früher christlich-soziale Partei einfach zuschaut und sagt, wir wollen nicht einmal 30 Kinder in Österreich aufnehmen, ist für mich unerträglich. Das raubt mir den Schlaf, wenn ich mir vorstelle: Wie kann man so sein?“

Ausseerland als Beispiel entlarvender Regionalpolitik

Hans Högl

Den Connaisseur der Politik wird dieser Text langweilen, ich schreibe hier für den politischen Agnostiker –also den Zweifler, der mit Politik nicht zurechtkommt, nicht mit dem politischen Geschwafel und der nicht um das Spiel hinter der Bühne weiß. Wer meint, diese Politik-Agnostiker wären nur einfache Leute, irrt. Nein- sie finden sich auch unter Akademikern; denn höhere Bildung meidet Deutungen, die banal, aber sachgerecht sind.

Worte von Politikern sind oft wohlklingend, münden aber  reell manchmal in Taschen politischer Freunde und der eigenen Partei. Das spiegelt regionale Politik klarer als große  große Politik. Nun das Exempel dafür aus der regionalen Mitte Österreichs, aus dem Hintertal- nahe dem Ausseerland: Die letzte steirische SPÖ-ÖVP-Landesregierung legte kleinere Gemeinden zu größeren Einheiten zusammen. So gelangte die Großgemeinde über den Finanzausgleich zu  einem Mehr an finanziellen Mitteln. Eine grosso modo vernünftige Sache.

Der Fusion widersetzten sich im Hintertal die Orte Kainisch und Tauplitz, um  nicht Teil der Großgemeinde Bad Mitterndorf zu werden. Der Bürgermeister von Kainisch, Manfred Ritzinger, protestierte mit dramatischer Geste, gab öffentlich sein SPÖ-Parteibuch zurück. Nun: Bad Mitterndorf wurde dennoch Großgemeinde. Da kandidierte eben der angesehene Manfred Ritzinger mit einer Namensliste für die Großgemeinde Bad Mitterndorf und wurde Bürgermeister.

In dieser Funktion bedarf man finanzieller Landesmittel, aber  die Landespolitiker in Graz sahen in Ritzinger weniger eine Persönlichkeit, vielmehr einen Querkopf, und das Füllhorn aus dem Landesbudget floss nur spärlich für Mitterndorf. Da erlebte der Parteilose seine Grenze,  fasste einen Entschluss und schrieb kürzlich in offiziellen Mitteilungen: „Die Spatzen pfeifen es schon von den Dächern. Ich bin wieder der SPÖ beigetreten“. Und nun ist wieder alles in Butter für die Gemeinde. Es folgte ein groß inszenierten Besuch des Landeshauptmann-Stellvertreters (SPÖ), und nun sprudeln Förderungen und werden explizit aufgezählt. Diese Begebenheit ist ein Spiegelbild österreichischer Proporzpolitik.

Der Gemeindebericht zeigt ferner, mit wieviel Know How in der Gemeinde diverse Entscheide zu treffen sind. Wir brauchen die besten Leute für die Politik. Leider findet  der Boulevard selten ein gutes Haar an Politikern –  bei aller nötigen Kritik. Und  Nicht-Wähler haben keine Vorstellung, in welchem Ausmaß Politik ins Leben eingreift: in der Personalauswahl, der Wohnungsvergabe, im Kulturleben.

NB: Aus Bad Mitterndorf stammt Conchita Wurst, hier finden auf dem Kulm internationale Skiflug-Bewerbe statt, die Tauplitz ist für Skifahrer weithin bekannt.