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Millionenregen für den Boulevard – kein Segen für die Demokratie

Österreichs Regierung hat 2020 so viel wie noch nie für Eigen-PR ausgegeben. Vor allem die Boulevardzeitungen können sich über Inseraten-Millionen in Rekordhöhe freuen.

Udo Bachmair

Nicht zuletzt coronabedingt fallen die Ausgaben aus dem Steuertopf vorwiegend für den Boulevard besonders hoch aus. Unzählige ganzseitige Schaltungen sind bekanntlich sehr teuer. Allerdings ohne großen Informationswert, wie Politik- und Medienanalythiker anmerken. Sie glauben auch zu erkennen, dass sich die Millionenspritzen zusätzlich zur eigentlichen Presseförderung wahrlich ausgezahlt haben. Ausgezahlt für die Regierung, deren Chef Sebastian Kurz speziell in den finanziell bevorzugten Fellner-Medien sowie in der Kronenzeitung besonders gut und unkritisch wegkomme. Gezielte Message-Control habe er da gar nicht mehr nötig, denn medial laufe für ihn ohnehin alles „wie geschmiert“, zeigen sich Kritiker überzeugt. Die Devise, wer zahlt, schafft an bzw. wer die Medien mit Millionen füttert, könne sie auch gefügig machen, sei eine demokratiepolitisch bittere Realität.

Die verdeckte und doch so offensichtliche Medienförderung über die „Inserate-Gießkanne“ (Copyright Der Standard) unterliegt im Gegensatz zur gesetzlich geregelten Presseförderung keinen Regeln. Auf Geheiß der Regierungskoalition geben die mittlerweile besonders aufgeblähten Kommunikationsabteilungen der jeweiligen Ministerien klar vor, wo geworben wird. Und was läge näher, als die (ohnehin optimal dotierten und profitorientierten) reichweitenstarken Zeitungen mit zusätzlichen Millionen zu ködern. So gingen seit der Angelobung der türkis-grünen Regierung 5,3 Millionen Euro zusätzlich an die „Krone“, 3,4 Millionen an „Österreich“, das besonders oft vom Presserat wegen mangelnder journalistischer Ethik gerügt wird, sowie 3,3 Millionen an das Gratisblatt „Heute“.

Kürzlich hat die Bundesregierung ein Vier-Jahres-Budget von rund 200 Millionen Euro für „Media- und Kreativleistungen“ angekündigt. Der renommierte Presseclub Concordia übt in dem Zusammenhang heftige Kritik und fordert eine finanzielle Umschichtung eines wesentlichen Teils dieses horrenden Betrags in eine Medienförderung, die „vom Wohlverhalten gegenüber Inseraten-Auftraggebern unabhängig ist“. Besonders wichtig ist dem Presseclub, dass die erwähnte Medienförderung an Qualitätskriterien gebunden ist und nicht nur an Reichweiten. Das wird angesichts einer Regierung, die für wohlwollende journalistische Unterstützung und eigene Selbstinszenierung dem Grundsatz „koste es, was es wolle“ huldigt, wohl ein frommer Wunsch bleiben..

Message Control und Ablenkung als Erfolgsrezepte

Message Control heißt das Zauberwort für Regierungsharmonie. Zudem betreibt die ÖVP-FPÖ-Koalition Ablenkung ähnlich professionell und erfolgreich. Nicht zuletzt dank der „Krone“.

Udo Bachmair

Nur wenig hat in den vergangenen Monaten die Harmonie der Bundesregierung erschüttern können. Alle Regierungsmitglieder sind unverbrüchlich der „Message Control“ verpflichtet. Ohne Rücksprache und Vorgabe geht normalerweise nichts an die Öffentlichkeit. „Wir ziehen alle an einem Strang“ lautet das Motto der Kuschel-Koalitionäre.

Immer wieder war und ist das Schweigen des Regierungschefs zu Rechtsaußen-Sagern des kleineren Koalitionspartners die Devise. Es dürfte dem Obmann seiner einst christlich-sozialen Partei so schwer nicht gefallen sein. Denn auch der Kanzler selbst hat sich speziell in der Migrationsfrage nicht selten rechtspopulistischer Rhetorik bedient.

Mit Harmonie und Eitelwonne war es allerdings kurzfristig vorbei. Die nachgewiesenen FPÖ-Querverbindungen hinein in die rechtsextreme ( identitäre ) Szene waren denn auch für den Regierungschef des Schlechten zuviel. Er konnte sie letztlich nicht länger ignorieren. Jedenfalls ein unangenehmes Thema für die Regierung und deren PR.

Doch es gibt ein bewährtes Erfolgsrezept: Ablenkung. Mit Unterstützung der Kronen Zeitung wurde eine Razzia gegen ein paar rechtsradikale Konzertbesucher medial groß inszeniert. Die Doppelbotschaft: „Seht her, wir tun was gegen Rechtsextreme“ und : „So gefährlich sind die ja gar nicht..“ Denn Festnahmen sind keine erfolgt..

Sogar der in den letzten Monaten regierungsfreundlicher gewordene KURIER schreibt von einem „durchsichtigen Manöver“ und von „großer Ablenkung“.

Armin Wolf, engagierter Anchorman der ZiB 2, dazu auf Twitter:

„Ein ziemlich verlässliches Muster in der PR-Arbeit der Koalition: Wenn ein Thema sehr unangenehm wird – ein neues Thema auf die Agenda bringen. In der Regel via Kronenzeitung und rund Migration/Flüchtlinge/Sicherheit.“

Appell an die Bundesregierung: Unabhängigkeit des ORF erhalten !

Udo Bachmair

Ein neues ORF-Gesetz könnte gleichsam über Nacht in gewohnter „Drüberfahr-Manier“ der Bundesregierung präsentiert werden. Für so manch kritischen Medienbeobachter eine schwere Drohung. Denn für den ORF und die journalistische Freiheit  könnten schwere Zeiten anbrechen. Mit auch demokratiepolitisch problematischen Konsequenzen.

Die Entwicklung animiert besorgte Akteure, unermüdlich auf die für journalistische Freiheit und Qualitätsjournalismus unverzichtbar Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hinzuweisen. Attacken auf unabhängige (ORF-) JournalistInnen seitens der Regierungspartei FPÖ hatten im Vorfeld der Neufassung des ORF-Gesetzes Besorgnis und Empörung ausgelöst.

Befürchtet wird u.a. eine noch nicht dagewesene parteipolitische Einfärbung der ORF-Spitze, mit der das Unternehmen gefügig gemacht werden soll. Es gilt nur noch als Frage der Zeit, bis ein neuer (mehrköpfiger) Vorstand mit klar türkis/blauer Dominanz die bisherige Geschäftsführung unter Generaldirektor Wrabetz, der durchaus journalistische Freiräume gewährt hat, aushebelt.

Kommt hinzu, dass der Plan, den ORF künftig via Bundesbudget zu finanzieren, zu einer völligen Abhängigkeit von Staat und Regierung führen würde. Die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wäre dann weitgehend Geschichte, so die Besorgnis von Kommentatoren, die Österreichs Medien und Demokratie nicht in Richtung Orbanisierung abdriften sehen wollen…

Die Plattform „Wir für den ORF“ und andere Initiativen haben einen Appell an die Bundesregierung gerichtet, die Zukunftsfähigkeit, Unabhängigkeit und wirtschaftliche Eigenständigkeit des ORF auch durch das neue ORF-Gesetz zu gewährleisten.