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Streit um Klimawandel

Die Klimafrage berührt existentiell den Menschen. Darum sieht das deutsche Verfassungsgericht in der Lösung der Klimafrage ein Staatsziel. Die Kipp-Punkte des Klimawandels greift u.a. das Buch von Axel Bojanowski auf (2024): „Was Sie schon immer übers Klima wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten. Der Klimawandel zwischen Lobbygruppen und Wissenschaft“ – Neu-Isenburg (Westend Verlag).

Hans Högl

Besonders zentral sind die Kapitel 41/42. Für den Autor ist der Klimawandel real, er weist aber auf Grenzen der Meteorologie hin. Es geht um die Frage, ob der Temperaturanstieg auf der Erde zu einer Katastrophe führt und zwar, wenn es vorher zu unwiderruflichen Kipp-Punkten durch Temperaturanstieg kommt (S. 264).

Das Pariser Klimaabkommen (2015) forderte eine 1,5-Grad-Grenze für die Erderwärmung. Diese Forderung und Passage gelangte am Morgen des letzten Konferenz-Tages in Paris in den Text. Wie – weiß man nicht. Es meldete BBC: Verhandler der Marshallinseln hatten die 1,5 Marke gefordert, um am Leben zu bleiben und wollten die Industrieländer zum Klimaschutz verpflichten. Doch Chinesen, Saudis und Argentinier waren gegen die 1,5 Marke. Der IPCC, der UN-Weltklimarat, sah ungenügende Evidenz für die Forderung. Ebenso viele Experten ( vgl. S. 265). Doch die Klimaaktivisten konnten plakatieren: „Wir sind die letzte Generation vor den Kipp-Punkten“ .

Der IPCC-Chef erklärte: Die Europäer belasten sich mit einer unerfüllbaren Aufgabe. Auch französische Wissenschafter sahen in den 1,5 Grad ein „unmögliches Ziel“. Doch Tony Blair half schon 2005 beim G-8-Gipfel dem Thema auf die Sprünge, und 2004 hatte Hans Joachim Schellhuber in Stockholm vor dem Temperaturanstieg gewarnt- als Direktor des PIK. In der angesehenem Wissenschaftszeitschrift „Nature“ war man vorsichtiger, und sie verwendete das Stichwort „Perspektive“. Auch der Schweizer Klimatologe Thoma Stocker, Vorsitzender des 5.UN-Klimareports, warnte zur Vorsicht: „Die Klimawissenschaft weiß noch zu wenig über Klipp-Punkte, sagte er zur „ZEIT“ (Ende 2022)..

Doch der „Spiegel“ dramatisierte und schrieb: Es gibt „Ernteausfälle, Wüstenbildung, Wasserknappheit, Völkerwanderungen, Eisbären auf Schollen“. Von Wissenschaftszweifeln berichten Medien ungern – weder internationale Organisationen noch Politiker. Die Wissenschaft kennt Kipp-Punkte im Laufe von Milliarden Jahren auf der Erde (S. 272), doch heutige Modelle würden nicht ausreichen, dies für das Jetzt genau festzustellen. Aber das populärwissenschaftliche Wort „Kipp-Punkte“ war nicht mehr wegzubringen. Auch die UN0 nützt es.

Unsicherheiten sind für viele Medien Fremdworte. Doch der Publizist Stephan Ruß-Mohl erinnert an die Qualität des Buchautors. Dieser war Chefredakteur der angesehenen Zeitschrift „Bild der Wissenschaft“, und Ruß-Mohl weiß, dass Medien anstelle von Erderwärmung und Klimawandel mit Vorzug von „Erderhitzung und Klimakatastrophe“ reden.

Ruß-Mohl gab seiner „Furche“- Rezension den Titel „Klima-Apokalypse als Medienereignis“, doch die Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb wählte als Furche-Aufhänger „Geschickt in die Irre geführt“. Und sie unterstellt dem Buchautor Effekthascherei und eventuell „gezielte Desinformation“ .

Dieser Text zeigt, wie korrekt dieser Buchtext das Problem Kipp-Punkte darlegt und wie verkürzt dies in nicht wenigen Medien passiert. Lob verdient die Wiener Wochenzeitung „Die Furche“, da sie in der gleichen Nummer zwei unterschiedliche Buchrezensionen zu einem einzigen Buch brachte.

Nicht d i e Medien sind fehlerhaft, denn Wissenschaftsmagazine haben sorgfältig berichtet. Doch deren Auflage ist gering. Es stellt sich für Medien die Frage, inwiefern das Publikum unklare Aussagen aufnimmt und akzeptiert. Das Thema ist komplex: Ist etwas zu differenziert greifen Medien es nicht auf. Darum ist die öffentliche Sprechweise oft übertrieben.-Aber sollte nicht anders gefragt werden: Der Rückgang der Gletscher und andere Ereignisse belegen den Klimawandel, und ist es darum nicht pragmatisch und sinnvoll, jetzt alles zu tun, um diesen zu stoppen, anstelle Zweifel der Wissenschafter an den Kipp-Punkten darzulegen?

Demokratie und Charakter

Einen Kommentar von Heide Schmidt im Standard** nimmt unsere Gastautorin zum Anlass für weitergehende Überlegungen zum Thema „Demokratie als Charakterfrage“.

Ilse Kleinschuster*

Heide Schmied, die ehemals Jörg Haider und seiner FPÖ den Rücken gekehrt und das Liberale Forum gegründet hat, war auch eine Anhängerin des Projekts Weltethos und hat sich für das Konzept eines Bedingungslosen Grundeinkommens interessiert. Es scheint mir daher gut nachvollziehbar, dass sie ob der Aussage der FPÖ „MIT EUCH GEGEN DAS SYSTEM“ schockiert ist, denn: ist nicht ‚unser System‘ Demokratie?

Ich bin keine Juristin, aber soviel weiß ich auch, dass es für unsere demokratische Halt(er)ung eine Grundlage gibt, die „Österreichische Bundesverfassung“, die „denjenigen die Hände bindet, die sich an sie halten, denjenigen aber fast alles ermöglich, die es nicht ehrliche mit ihr meinen“ – ein Satz von Vaclav Havel, den Heide Schmidt gerne zitiert. Sie kommt zu dem Schluss, dass Demokratie nicht nur eine Frage das Systems ist, sondern auch eine Frage der Haltung und damit auch des Charakters der handelnden Personen.

Nun entwickelt sich doch Haltung/Charakter im Laufe unseres Lebens und ich meine, es hängt doch sehr von den Umständen ab, unter denen diese Entwicklung stattfindet. Bereits als Kind habe ich mich – immer, wenn es um Ungerechtigkeit ging – sehr aufgeregt. Spät erst im Laufe meines Lebens habe ich begriffen, wie sehr es auch einer vernünftigen Gesetzgebung zu verdanken ist, soll es in der Gesellschaft halbwegs gerecht und friedlich zugehen.

In der heutigen Zeit eines multiplen Wandels ist es nicht mehr verwunderlich, dass sich auch die Politik wandelt. Wie sehr es an Politiker*innen fehlt, die sich in den Dienst der Rechtsordnung stellen, hat uns die Hochachtung für die verstorbene Kanzlerin Brigitte Bierlein gezeigt, die in schweren Zeiten der Bitte nachkam, „die taumelnde Republik aus Verantwortungsgefühl zu führen“ (Doris Helmberger, Chefredakteurin der FURCHE).

War die Mittelschicht bislang demokratietragend, fiel sie langsam der Globalisierung und der Schwerpunktverschiebung von Real- zur Finanzwirtschaft zum Opfer, was wohl die Frustrierten und Zurückgelassenen (rechte/linke) Populisten wählen lässt. Der Mangel an einer qualitätsvollen und zukunftsorientierten Spitzenpolitik wird immer offenkundiger. Der weltweite Populismus ist also Symptom, nicht aber Ursache der ‚Demokratie-Krise‘.

Und noch eines: Hat ein zugespitzter Stil in der Berichterstattung den Vertrauensverslust in die Politik nicht auch gefördert? Ich frage mich: Könnte mich darin vor allem die Berichterstattung zu den EU-Wahlen bestätigt haben? – Mehr Aufmerksamkeit als nötig wurde meiner Meinung nach dem Stimmenzuwachs für rechts-extreme Parteien gezollt. Ein Relevanzverlust der Medien schlägt sich nieder und vernebelt die ohnedies schon sehr verunsicherte Mittelschicht.

In Redaktionen, in denen gespart wird, fehlt es an Wissenschaftsjournalisten, die eine Gatekeeper-Funktion übernehmen könnten. Nicht Zuspitzung, sondern lösungsorientierte Kritik wäre jetzt wichtig, ausgeübt durch gebildete, verantwortliche Persönlichkeiten, deren Umfeld Selbstreflexion zulässt und fördert. -So schreibt Otto Friedrich in der FURCHE über die „Medien und ihre Selbstverzwergung“ zu den Vorwahl-Turbulenzen um Lena Schilling: „Ich ordne die Causa auch als Lehrbeispiel fürs Schlagwort overnewsed but underinformed ein“ und er stellt fest, dass sich für ihn keinerlei Relevanz in Bezug auf die Zukunft Österreichs oder Europas erkennen lasse.

Mehr noch aber als die Relevanz in Bezug auf die Zukunft Österreich und Europas fehlt mir heute jene in Bezug auf die Zukunft der ‚Menschheit‘. Was für eine vernachlässigte, globale Verantwortungsherausforderung für uns alle, die wir sowohl biologisch als auch in unseren Identitäten, Lebensrealitäten und Überzeugungen derart unterschiedlich sind! Wie sollen wir von einer Menschheit schreiben, für die wir Verantwortung tragen (wollen), wenn wir die aus der Natur des Menschen begründbaren, allgemeinen Menschenrechte täglich missachten?

Eine ERDE für Alle – EARTH FOR ALL – der neue Bericht an den CLUB OF ROME, 50 Jahre nach „Die Grenzen des Wachstums“ – könnte eine Antwort geben! Es bietet eine konkrete, bahnbrechende Vision, wie das Wohlergehen aller – in jedem Land – auf unserem begrenzten Planeten sichergestellt werden kann. Das wäre eine wichtige Lektüre auf dem Weg zu einer Gesellschaft, die das Motto Eine Erde für Alle! lebt.

** Gastautorin Ilse Kleinschuster ist eine wichtige Stimme der Zivilgesellschaft. In ihrem Beitrag bezieht sie sich unter anderem auf einen STANDARD-Kommentar von Heide Schmidt:

* www.pressreader.com/austria/der-standard/20240615/282505778761255

Medien-Politik im Abseits?

Die Zukunft von Medien angesichts wachsender Probleme und fehlerhafter Entwicklungen ist eine der drängendsten Fragen, die nicht nur seitens der Politik einer Lösung harren.

Ilse Kleinschuster *

Noch immer, also genau neun Monate nach der „völlig unnötigen Einstellung der der Republik gehörenden Wiener Zeitung“ (Fritz Hausjell) – ‚meiner‘ abonnierten Tageszeitung, vermisse ich sie. Gerne denke ich an die Zeit zurück, in der ihre tägliche Lektüre mir geholfen hat, die Welt in ihrer Schönheit aber auch mit all ihren Widersprüchen besser verständlich zu machen.

Die Frage, die sich Clemens Pig stellt „Muss es denn wirklich eine Vision bleiben, dass Journalismus dazu dient Welterklärungen zu demokratisieren und nicht als Einbahnstraße zu begreifen“ bewegt auch mich (Clemens Pig, u.a. geschäftsführender Vorstand der Austria Presse Agentur (APA) und Autor von „Hat die Wa(h)re Nachricht eine Zukunft?“. Er sieht die APA als „Gedächtnis der Nation und andererseits als medialen Pulsschlag der Republik.“ Er wünscht sich jedoch mehr Selbsterkenntnis im Journalismus, um die Bedürfnisse und Erwartungshaltung der Menschen in Bezug auf die Medien zu verstehen und darauf entsprechend einzugehen. Als Politikwissenschafter und kritischer Journalist ist er Mitbegründer von Media-Watch – Institut für Medienanalysen GmbH, das von der APA 2001 erworben wurde. Dort gibt es seither ein eigenes Ressort für Fact-Checking, d.h. dort werden Versuche unternommen, so nahe als möglich an normative Konzepte wie Wahrheit und Objektivität heranzukommen.)

Nun aber, wo unsere Welt in den letzten Jahren im Zuge der Globalisierung immer komplexer wird, fühlen sich viele Menschen abgehängt. Die Komplexität zu simplifizieren wird immer schwieriger und es erfordert dafür Meister des journalistischen Handwerks. Zeitungen mit Redaktionen, die sich unabhängig nennen, setzen sich unweigerlich einem mörderischen Wettlauf zwischen Schnelligkeit und Richtigkeit aus. Am Ende sollte sich natürlich immer die Richtigkeit durchsetzen. Wenn nun aber Fakten-Check aus Zeitmangel wegfällt, kommt es unweigerlich zu Massenmedien mit „medialer Einigkeit“ – was die Demokratie gefährdet (siehe Richard David Precht und Harald Welzers Buch „Die vierte Gewalt – Wie Mehrheitsmeinung gemacht wird, auch wenn sie keine ist“).

Wenn es also bei uns in Österreich nicht zu einem totalen Verfall der APA als unabhängiger Nachrichtenagentur kommen soll, dann muss sich diese neue Geschäftsfelder erschließen. Das kann das multimediale Verbreiten von Pressemeldungen sein, aber auch professionelle Medienbeobachtung und damit in Zusammenhang die Erstellung von Qualitätskriterien für neue Medienförderung. Dafür sollte es aber mehr staatliche Unterstützung geben, denn unabhängiger Agenturjournalismus ist ein wesentlicher Baustein für eine freie Medienwelt und damit für eine liberale Demokratie.

In seinem Gastkommentar „Visionen für analogen Journalismus!“ (DIE FURCHE vom 29. Februar 2024) schreibt Fritz Hausjell: „Wie weit nach unten soll die tagesaktuelle Medienvielfalt noch gehen, bis endlich spürbar von Medienwirtschaft und Medienpolitik gegengesteuert wird? Neugründungen von tagesaktuellen journalistischen Digitalmedien sind Mangelware oder aus unterschiedlichen Gründen (Partei- und andere Interessensnähe, journalistische Substandards), sehr mangelhafte Ersatzangebote für die Verluste im Printbereich.“ Nun, Fritz Hausjell ist ein angesehener Medienhistoriker und Medienwissenschaftler an der Universität Wien und ich vertraue seiner Kritik an Österreichs Printmedien: „Die Branche hat kaum in Forschung und Entwicklung investiert. Und Versuche, Journalismus in der digitalen Welt auf eine ausreichend finanzierte Basis zu stellen, blieben bescheiden.“

Offensichtlich, so schließe ich daraus, sind es schwere Versäumnisse im Bereich der Medien-Politik, die zu einem verhängnisvollen Vertrauensverlust in die gesamte Politik geführt haben.

Es seien daher Medienmanager gewarnt,
wenn sie ihre journalistische Tätigkeit nach wie vor gerne als Vierte Gewalt im Staate sehen wollen, dann sollten sie alle Möglichkeiten wahrnehmen und erweitern, um ihre Aufgabe als Watchdogs besser erfüllen zu können. Hier und jetzt – in Anbetracht der Notlage, so denke ich -, wäre es ihre noble Aufgabe im Namen des Gemeinwohls als verantwortungsvolle Whistleblower zu fungieren, d.h. als Verhinderer einer zunehmenden Infragestellung der demokratischen Bedeutung von Parlamenten.

Ich meine, erst wenn Journalisten imstande sind, unseren Volksrepräsentanten zu helfen, Alarm zu schlagen, sich mehr um die Lösung langfristiger Probleme zu bemühen, diese nicht durch kurzfristiges Denken in Wahlzyklen in den Hintergrund zu verdrängen, werden sie verdienterweise als die Vierte Gewalt im Staat und als Meister öffentlicher Machtüberwachung anerkannt werden.

Es wird jetzt von verantwortungsvollen Politikern die Zivilgesellschaft oft zur Hilfe gerufen, wenn es darum geht, vertrackte Probleme ins Visier zu nehmen, wie z.B. in Hinblick auf Künstliche Intelligenz, Steuerparadiese, Umweltverschmutzung, Seuchen, Menschen auf der Flucht, unregulierter Waffenhandel und endlose Zermürbungskriege.

Warum braucht es jetzt immer öfter für jedes Problem außerparlamentarische Initiativen und warum werden Bürgerräte angefordert – statt den Ruf nach Qualitätsjournalismus, nach konstruktivem Journalismus lauter werden zu lassen? Ich glaube, erst wenn diesem Ruf auf breiterer Basis Folge geleistet wird, müsste uns um die demokratische Bedeutung von Parlamenten nicht mehr so bange sein. Dann könnten wir vielleicht eher wieder Demokratie ‚neu‘ denken. Bestenfalls aus der Perspektive von Bürgern, die sich emanzipieren wollen, weil sie darin eine Garantie sehen – die Garantie für ihre Freiheit vor räuberischer Macht in all den abstoßenden Ausprägungen, einschließlich ‚unseres‘ rücksichtslosen Umgangs mit der ERDE, auf und von der wir leben.

* Gastautorin Ilse Kleinschuster ist Journalistin und engagierte Akteurin der Zivilgesellschaft. Sie lebt in Wien

„Die Furche“ -im ORF nie zitiert!?

Rätselhaftes Übersehen im ORF

Hans Högl

Gestern verwies ich auf unserem Blog www.medienkultur.at auf einen Beitrag in der Wochenzeitung „Die Furche“. Nun eine kritische Anfrage an die Chefredaktionen des ORF, die nicht allen gefallen wird.

„Die Furche“ ist eine anspruchsvolle, angesehene Wochenzeitung. Sie deckt ein breites Spektrum an Berichten und ausführlichen Kommentaren ab: Sei es von österr. oder internationaler Politik, sei es von Ökologie, kulturellen Berichten und Kommentaren (insbesondere auch zur Literatur). Und die „Furche“ bekennt sich zu einem weltoffenen, ökumenisch-christlichen Hintergrund.

Mich wundert ein Faktum als einer, der die Medienszene seit vielen Jahren beobachtet: Abgesehen von der Sparte „Religion“, die im ORF gut vertreten ist, hat meines Wissens keine sonstige ORF-Sendung (weder ein Magazin im Hörfunk noch im TV noch eine Nachrichtensendung) je einen Beitrag von der „Furche“ aufgegriffen.

Es wurde auch nie die Chefredaktion der „Furche“ zu einer Gesprächsrunde im ORF eingeladen. Nun leitet sie eine Chef-Redakteurin! Sollte meine Beobachtung nicht zutreffen, denn wer vermag denn das Gesamtangebot eines Senders zu überblicken, so ersuche ich meinen Eindruck mit 3 Gegenbelegen aus den letzten 10 Jahren zu widerlegen. Geht es darum, dass ein angesehenes Blatt mit ökumenisch-weltoffenem, christlichem Hintergrund keine Chance hat, zitiert zu werden?

Karge Lesefrüchte in Samstags-News

Viel Zeitaufwand für wenig Bemerkenswertes

Hans Högl

Einen Haufen Zeitungsausschnitte warf ich ungelesen in den Papierkorb. Weniges darin interessierte mich. Immerhin: Zur Seite gelegt -für spätere Lektüre- habe ich 8 Seiten (!) des „Standards“ (10.6.23), wo es um die SPÖ und ihren neuen Chef Babler geht. Aufgehoben für spätere Tage, abwartend – wie dies nun weitergeht. Aber acht großformatige Seiten dazu, nein: das ist mir zu viel des Guten.

Mit Interesse las ich eine Reportage in der „Wiener Zeitung“ über Bablers Politik als Bürgermeister in Traiskirchen, wo er eine Menge Positiva für die Ortsbewohner durchgesetzt hat. Das war eine faire Reportage- auch oppositionelle Politiker kamen zu Wort.

In der katholischen Wochenzeitung „Die Furche“ überflog ich Vieles. Mich interessierte der Bericht über den steirischen Pfingstdialog. Vieles war bekannt; doch ein Absatz war im Detail inhaltsreich. Wirtschaftsprofessor Karl Rose schreibt über China: „Bei 37 von 44 untersuchten Technologien sei China derzeit führend.“ Umgekehrt: Die EU ist bei Seltenen Erden zu 90 -97 Prozent von China abhängig. Das ist doch frappant.

Nirgends fand ich – weder auf orf.news.at noch im „Standard“ noch in der „Wiener Zeitung“, was der eher linksorientierte Zürcher Tages-Anzeiger schrieb, nämlich dass ein Student den Mörder in Annecy an fortgesetzten Morden an unschuldigen Kindern hinderte. Der Student mit einem Rucksack unterwegs handelte instinktiv und ist gläubiger Katholik.

Für soviel Zeitaufwand ist dies eine magere Ausbeute.

Wie die „Wiener Zeitung“ überleben kann

Auch wenn aus vielen Bereichen der (Zivil-)Gesellschaft Unterstützung für die von der Einstellung bedrohte „Wiener Zeitung“ signalisiert wird, ist vor allem medienpolitische Kreativität nötig, damit die älteste Tageszeitung der Welt überlebt.

Franz Schlacher

(Hervorhebungen im Text durch den Autor dieses Beitrags.)
Vielen Dank an die FURCHE-Redaktion für die Abdruckgenehmigung für die Originalzitate.

In seinem Artikel „Wiener Zeitung“ neu (FURCHE, 15. April 2021, S. 21) skizziert Fritz Hausjell, Medienhistoriker und Medienwissenschafter an der Universität Wien, wie die Wiener Zeitung doch noch gerettet werden könnte.

Hintergründe

Fritz Hausjell bedauert, dass die für Medienpolitik Zuständigen in der Regierung beharrlich schweigen, obwohl medienpolitische Kreativität gefragt wäre.
Dass es klassischen Medien schlecht gehe, liege unter anderem daran, dass sie durch schwere Wirtschaftskrisen und nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie erhebliche Teile ihrer Werbeeinnahmen verloren haben. Zusätzlich verschieben sich immer mehr Werbegelder in den Onlinemedien-Bereich und in die Social-Media.

Journalismus werde seither in den meisten Ländern in weniger von einander
unabhängigen Titeln angeboten und durch schwächer ausgestattete Redaktionen erarbeitet. Zugleich wüchsen die Aufwendungen der Public Relations von Unternehmen, Organisationen und Regierungen, die damit den Journalismus zu steuern versuchen.

Fritz Hausjell:

„Diese Mittel werden ohne nachvollziehbare Kriterien vergeben und entziehen sich einer Plausibilitätskontrolle. In einer wirtschaftlich sehr schwierigen Zeit stellt dies ein klassisches Einfallstor für inhaltliche Wünsche seitens der Regierung gegenüber Medien dar und sorgt zum Teil für publizistisches Wohlverhalten.

Für eine liberale Demokratie ist diese Schwächung des klassischen Journalismus aus mehreren Gründen gefährlich: Der Wettbewerb der besten politischen Ideen wird nicht mehr in der gesamten Vielfalt publizistisch begleitet. […] Die wichtige Kritik- und Kontrollfunktion des klassischen Journalismus schrumpft auf wenige Medien, die entweder das Risiko eingehen, auf Regierungsinserate zu verzichten, und auf vermehrten Publikumszuspruch durch weiterhin kritischen Journalismus setzen oder sich anders finanzieren.“

Eine „Ideenskizze“ von Fritz Hausjell zur Rettung der Wiener Zeitung:

Laut dieser „Ideenskizze“ bieten sich mehrere Wege an:

„Die Wiener Zeitung

organisationsrechtlich in eine öffentliche Stiftung transferieren und anstelle der wegfallenden verpflichtenden öffentlichen Ausschreibungen und Bilanzen von börsennotierten Unternehmen

eine Grundfinanzierung aus einer Medienhaushaltsabgabe, die vorerst noch als Rundfunkbeitrag (GIS) eingehoben wird. Für diese privilegierte Finanzierung respektiert sie dann eine niedrig eingezogene Obergrenze im Bereich der Einnahmen aus kommerzieller Werbung, um gegenüber den Mitbewerbern am klassischen tagesaktuellen Print- und Onlinemarkt keine Wettbewerbsvorteile zu haben.

Ein Entwicklungslabor für den klassischen tagesaktuellen Journalismus, der weiterhin gedruckt und zugleich in verschiedenen digitalen Kanälen distribuiert wird, sollte sie sein.

Für die publizistische Unabhängigkeit sorgen:

a) eine mittelfristige Absicherung der finanziellen Mittel auf jeweils zehn Jahre,

b) ein Stiftungsrat, der zu einem Drittel aus Personen mit politischer Nähe (in der Stärke der parlamentarischen Verhältnisse) und je einem Drittel aus Fachleuten aus Medien sowie fachlich relevanten Wissenschaften (jeweils ohne politische Nähe) besteht, und

c) das entsprechend adaptierte Redaktionsstatut.

Zugleich erhält die neue Wiener Zeitung einen
publizistischen Auftrag: Sie soll unparteilichen Journalismus leisten, der Regierung wie den Oppositionen gleichermaßen prüfend äquidistant gegenübersteht. Sie soll nach modernsten Antworten auf die publizistischen Herausforderungen suchen.“

Medienkompetenz der Jungen fördern

Um die Erfolge der Innovationen breit und laufend testen zu können, wird die neue Wiener Zeitung allen 15- bis 20-Jährigen für zumindest sechs Jahre kostenlos im Abo (Print wie digital) zur Verfügung gestellt. Zudem wird ein zweites Gratis-Abo einer frei wählbaren (sonst kostenpflichtigen) Zeitung zur Verfügung gestellt, wobei jedes Jahr eine andere Zeitung zu wählen ist. Dadurch lernen Erst- und Jungwähler zumindest die Hälfte der derzeit noch „lebenden“ Tageszeitungen ausführlich kennen.

Damit leistet sich die Gesellschaft eine Versachlichung der Debatten und steuert frühzeitig gegen eine Teilung der Republik in gut und schlecht informierte Bürger. Die Wiener Zeitung würde von der unterschätzten Tageszeitung der Republik zu einem noch moderneren Medium der republikanischen Gesellschaft. Medienkompetenz in der jungen Generation bekäme einen Schub, Fake News und Propaganda täten sich deutlich schwerer und demokratische Entscheidungen hätten ein besseres Fundament.“

„Die Furche“ hat Geburtstag

Die Wochenzeitung „Die Furche“, erfreuliche Erscheinung im heimischen Blätterwald, feiert ihr 75-jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass ist eine dicke Jubiläumsausgabe erschienen.

Udo Bachmair

Sie ist eine besonders positive Ausnahme in Österreichs boulevard-dominierter Medienlandschaft : Die Wochenzeitung „Die Furche“. Ein katholisches Blatt, aber liberal genug, um auch Rom-abweichende Positionen zu vertreten. Offen und fair genug, um auch andere Religionsgemeinschaften, allen voran die evangelischen Kirchen, wohlwollend und auf Augenhöhe zu betrachten.

Diesen Kurs garantiert Chefredakteurin Doris Helmberger-Fleckl. Ein Kurs, der auf „intellektuelle Tiefe und diskursive Breite“ setzt. Die Redaktion orientiere sich an einer „klaren Haltung, wenn es um Werte wie Menschenwürde und Menschenrechte geht“. Furche-Herausgeber Heinz Nußbaumer äußert den Wunsch, dass sein Blatt „noch viele Jahre eine wichtige Stimme der Nachdenklichkeit und Dialogfähigkeit bleibt“.

Nicht nur religiöse, auch ethische, gesellschafts- und wirtschaftspolitsche Themen prägen die Beiträge und Gastkommentare der FURCHE heute ebenso wie außenpolitische Analysen, Texte zu Wissen und Lebenskunst sowie das umfangreiche Feuilleton mit Schwerpunkten in den Bereichen Literatur und Film.

Bereits vor einem Jahr ist „die Furche“ mit einem Digitalisierungsprojekt neu aufgebrochen: dem Furche‐Navigator samt neuer Website www.furche.at. Dabei wird der große Schatz der Zeitung – das gesamte Archiv mit zeithistorisch bedeutenden Beiträgen namhafter Autoren – bis ins Jahr 1945 zurück digitalisiert und zugänglich gemacht.

Coronabedingt kann der 75.Geburtstag der renommierten Wochenzeitung leider nicht festlich begangen werden. Der Lockdown ermöglicht einstweilen bloß eine virtuelle Gratulation: Möge sich die „Furche“ künftig eines noch größeren Zuspruchs erfreuen. Zu wünschen sei ihr eine deutliche Steigerung der Reichweite.

www.furche.at

Stromverbrauch in Afrika und New York

Medienschmankerl in „Die Furche“(Wochenzeitung in Wien)

Allein die Stadt New York verbraucht an einem (1) Tag soviel Strom wie ganz Afrika südlich der Sahara in einem (1) Jahr.

schreibt Shalini Randeria, Rektorin des Instituts für die Wissenschaft vom Menschen. In:Die Furche Nr.51/52, p.13. (H.Högl)

Wertvolle Werbung?

Dr. Werner Slupetzky

Leserbrief an die Wochenzeitung DIE FURCHE

So schön die Licht- und Hoffnungsgebende Weihnachtsausgabe der FURCHE 51/52 f ist, eine Seite, die Seite 7 hat mich getroffen, ja erschreckt. Sie ist mir die Feiertage nicht aus dem Kopf und Sinn gegangen. Immer wieder habe ich diese „dunkle“ Seite aufgeschlagen. Schwarz wie eine Todesanzeige, eine verwirrende Spirale aus dem 100e mal hin gestempelten Wort, das im Zentrum des Tornados steht: „Vermehrt Schönes!“. Du ich, wie? Schönes kann man durch noch so viele „geklonte“ Worte nicht vermehren, sondern durch ansprechend gestaltete und klare, ehrliche Botschaften. Ich möchte dem Auftraggeber nichts „Böses“ unterstellen, aber es klingt eher nach, „vermehrt euer Geld, dann wird es schön und euer Leben hat mehr WERT“.

Es scheint heute in der Werbewirtschaft ein Missbrauch der Worte Einzug gehalten zu haben. Der Sinngehalt wertvoller Begriffe wird wie gewohnt gebraucht, dabei aber schleichend und unbemerkt eine verfälschte Botschaft transportiert. (z.B. „Die gute Nachricht“….Werbung für Hautcreme). Es ist an der Zeit, ein „WörterWeltKulturerbe“ einzuführen und eine „Wei(ss)e Liste der ethisch geschützten Worte und Begriffe zu definieren, ein ABC der „Werte Worte“.