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Vom Ego zum Selbst

Mitunter findet sich auch in Boulevardblättern Interessantes. Etwa das, was NEOS-Gründer und Ex-NR-Abgeordneter Matthias Strolz zu seinem nunmehr endgültigen Rückzug aus der Politik getwittert hat.

Wolfgang Koppler

Ob Matthias Strolz sich nun wirklich für immer aus der Politik oder gar aus der Öffentlichkeit zurückzieht, ist hier nicht so wichtig. Auch nicht, ob ihm das, was er hier zu dem, was man in der zweiten Lebenshälfte anpeilen sollte, schildert, wirklich gelingt. Aber die Richtung, die er hier für unsere Persönlichkeitsentwicklung in einer besonders egoistischen und egozentrischen Kultur vorgibt, das Wesentliche worauf es ankommt, wäre für uns alle interessant. Besonders für Angehörige der so genannten Eliten aus Politik, Medien und Wirtschaft.

Zunächst beschreibt Strolz jene Egozentrik, die seiner Ansicht nach die erste Lebenshälfte prägt. Das Streben nach meist materieller Selbstverwirklichung, das die Presse vor einigen Monaten treffend als Flucht (vor dem Wesentlichen, wie etwa den Anforderungen der Gemeinschaft) bezeichnete. Strolz, der selbst nicht ganz frei von Egozentrik ist, hat da wohl auch seine eigenen Erfahrungen geschildert. Strolz nennt es etwas beschönigend, den Versuch, sich an Projekte und Menschen zu binden. Der mE wohl meist in Verlorenheit und Einsamkeit endet. Strolz meint zu Recht, dass viele dieser (materiellen Selbstverwirklichungs-)Logik bis zum Lebensende anhaften.

Und spricht Strolz unter Bezugnahme auf C.G. Jung von der Einladung in der zweiten Lebenshälfte vom Ego zum Selbst zu reifen, zur eigenen Personenmitte vorzustoßen. Was nur gelingt, wenn wir dabei „unsere Schattenseiten integrieren“. Die nachstehenden Ausführungen sind manchen vielleicht zu philosophisch oder zu esoterisch – aber das ist hier nicht so wichtig. Aber zu uns selbst, zu unseren Abgründen und dann vielleicht – wenn uns davor schaudert – zu unserer positiven Intuition vorzustoßen, das ist wohl allgemeingültig.

Und könnte für jede und jeden, vor allem aber für Politiker, Unternehmer und Journalisten wichtig sein, Um sich nicht allzu sehr in Egozentrik und Feindbildern zu verlieren, ob es der ach so unvernünftige „Pöbel“, Putin oder sonst jemand ist. Das wäre ein wesentlicher Beitrag zur Veränderung in Medien, Wirtschaft und Politik. Und würde auch die Klagswut bei einigen eindämmen. Und die Eigenständigkeit fördern. Anstelle von Echokammern.

https://x.com/matstrolz/status/1838489030524117379?ref_src=twsrc%5Etfw%7Ctwcamp%5Etweetembed%7Ctwterm%5E1838489030524117379%7Ctwgr%5E8dea7ae1fa63f195f297926abff25dc48bbfe3fa%7Ctwcon%5Es1_&ref_url=https%3A%2F%2Fwww.heute.at%2Fs%2Fpolit-knall-neos-comeback-von-strolz-abgeblasen-120060730

* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler ist Journalist und Jurist und lebt in Wien

Taylor Swift und das Echo

Die Echokammern funktionieren – nicht nur im Ukrainekrieg.

Wolfgang Koppler

Unisono meinten etwa ORF-Innenpolitikexperte Webhofer ebenso wie der Standard schon am Donnerstag, dass es ein falsches Signal gewesen wäre, das Swift-Konzert abzusagen. Der Westen müsse zeigen, dass er sich von Terroristen nicht davon abhalten lässt, business (und entertainment) as usual fortzuführen.

Dabei war damals schon bekannt, dass ein mutmaßlicher Komplize des in Ternitz festgenommenen Neunzehnjährigen als Teil des Facility Service Zugang zum Stadion hatte. Und wie man nun weiß, erfolgten die ausländischen Geheimdienstinformationen zu dem geplanten Anschlag relativ kurz vor dem Konzert. Die Handlungsweise des Veranstalters ist also durchaus nachvollziehbar. Die „Jetzt erst recht“-Haltung mancher Journalisten schon weniger. Ganz gleich, wie ausgegoren der Plan des Verdächtigen war – für Messerattentate von Komplizen (die sich vielleicht ebenfalls denken: Jetzt erst recht) wäre immer noch Zeit gewesen.

Ebenso engstirnig: Die in der ZiB2 gerade penetrant verfochtene Ablehnung der Überwachung von Messengerdiensten. Selbst als die gewiss liberale und ausgesprochen unverdächtige Strafrechtlerin Ingeborg Zerbs diese – im Fall schwerster Straftaten – für verhältnismäßig und verfassungsrechtlich unbedenklich erklärte, blieb Margit Laufer bei ihrer Skepsis. Auch der diesbezügliche ZiB-Beitrag war von – wenig sachlichen – Datenschützern geprägt. Nachdem aber 80 § der Telekommunikation inzwischen über Messengerdienste abläuft – wie Zerbs nachvollziehbar darlegte, ist eine derartige Überwachung bei entsprechendem Gerichtsbeschluss wohl nicht schwerwiegender als eine Telefonüberwachung. Und eine solche würde im Falle schwerwiegender Straftaten ja auch niemand in Frage stellen.

Die Nymphe Echo war in der antiken Mythologie eine eher traurige Gestalt. Vielleicht sollte man sich dessen in Politik und Medien wieder bewusst werden. Und gelegentlich selbst Überlegungen anstellen.

Kleiner Lichtblick: Zumindest in den Printmedien entdeckt man nun – reichlich spät – die Problematik der Sozialen Medien für die Entwicklung von Jugendlichen. Jahrzehntelang hat man hier zugesehen und diese geradezu als demokratische Errungenschaft bejubelt. Vielleicht sollte man auch einmal unserem Freiheitsbegriff hinterfragen, der die Ausbeutung von Mensch und Umwelt zugunsten von Milliardengewinnen als unbedenklich oder zumindest in Kauf zu nehmendes Risiko einstuft- Sofern nicht gerade ein nicht mehr zu kaschierender Skandal auftaucht.

Gastautor Mag. Wolfgang Koppler ist Journalist und Jurist und lebt in Wien

Van der Bellen ein Spion ?

Qualitätsjournalismus klärt auf

Udo Bachmair

„Das ist das Mieseste, das ich seit langem erlebt habe“. So reagierte Alexander Van der Bellen auf Spionagevorwürfe Norbert Hofers im letzten ORF-TV-Duell vor der Wahl am 4. Dezember. Sein Ärger erscheint berechtigt. Dank Recherchen von Qualitätsmedien ist an den Vorwürfen nämlich nichts dran. Das wusste auch der FPÖ-Kandidat, denn vor etlichen Jahren bereits hat das Innenministerium Gerüchte dieser Art nicht ansatzweise bestätigen können.

Doch nach der Devise „es wird schon was hängenbleiben“ spekuliert die FPÖ-Kampagne offenbar auf 10.000e noch Unentschlossene. Zudem auf diejenigen, die (als KonsumentInnen des Bouelvards) eher zur Leichtgläubigkeit neigen. Des Weiteren besteht das Kalkül, dass die „Echokammern“ im Internet keine Gegendarstellung, kein Dementi mehr vor der Wahl zulassen..

Und dennoch: Glücklicherweise existiert noch ein Quantum an Qualitätsjournalismus, der sich der Aufklärung verpflichtet fühlt. Ob das allerdings reicht, im letzten Moment noch einen Sieg Norbert Hofers abzuwenden, bleibt äußerst fraglich..

Ein renommierter Meinungsforscher sagte mir gestern, dass auf Basis seiner Zahlen Norbert Hofer das Rennen um die Hofburg mit 53 zu 47 Prozent klar schaffen werde. Unbewiesene Lügenvorwürfe gegen den politischen Gegner ( im TV-Duell 24 Mal an die Adresse VdBs ) könnten also einen Rechtspopulisten doch noch an die Staatsspitze bringen..