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Aggressiver ZDF-Moderator

Die jüngste Ausgabe der ZDF-Diskussionssendung Lanz war geprägt von beispielloser Einseitigkeit und Aggressivität des „Moderators“. Markus Lanz zeigte sich überschießend empört gegenüber der linken Politikerin Sarah Wagenknecht, die sich die „Provokation“ erlaubt hatte, Waffenstillstandsgespräche zur Beendigung des Ukrainekriegs zu fordern. Wagenknecht ihrerseits konterte den Attacken von Lanz beeindruckend brillant.

Wolfgang Koppler *

Wer wissen will, wie es um die Meinungsfreiheit in einem führenden europäischen NATO-Staat bestellt ist bzw. was Österreich diesbezüglich nach dem von vielen Journalisten so sehr herbei gesehnten NATO-Beitritt blüht, der möge einen Blick nach Deutschland werfen. Genauer gesagt, zum öffentlich-rechtlichen Sender ZDF, dessen Moderator Markus Lanz zusammen mit der Journalistin Dunz ein wunderbares Beispiel lieferte, wie man ohne Argumente dem Mainstream widersprechende Meinungen desavouiert. Nämlich gleich dem Boulevard mit dem Holzhammer.

In einem von Lanz geführten Talk wagte es Sahra Wagenknecht, im seit langem festgefahrenen Ukrainekrieg einen Waffenstillstand an der bestehenden Frontlinie und Friedensverhandlungen unter Vermittlung von China und Brasilien zu fordern, was von Lanz und Dunz nur zu Empörung und zur Behauptung führte: Dann wird die Ukraine untergehen.

Weshalb soll ein Waffenstillstand an einer seit langem – abgesehen von einigen Vorstößen der Russen in letzter Zeit – wenig veränderten Frontlinie, auf der sich auf beiden Seiten schwer bewaffnete Armeen gegenüberstehen, zu einem Untergang der Ukraine führen. Wo selbst viele Militärexperten wie der gewiss nicht russenfreundliche Markus Reisner eine eingefrorene Waffenstillstandslinie a la Nordkorea als Endergebnis des Krieges für nicht unrealistisch halten? Was die Möglichkeit der Nachrüstung und Erholung der Truppen während eines Waffenstillstands betrifft, so gilt dieser Vorteil wohl für beide Seiten und erst recht für die erschöpften und an Munitionsmangel leidenden ukrainischen Truppen. Ich darf in diesem Zusammenhang auch auf die Forderung von Bundeskanzler Nehammer verweisen, der sich ebenfalls für Verhandlungen einsetzt. Das Sterben muss ein Ende haben..

Was spräche also gegen einen Waffenstillstand und Verhandlungen, deren Ergebnis angesichts der ja keineswegs nachlassenden Unterstützung des Westens keineswegs feststeht? Insbesondere wenn man in Betracht zieht, dass es Russland primär um die Neutralität der Ukraine geht, was auch von einigen amerikanischen Generälen vor kurzem angesprochen wurde.

Dass Wagenknecht – als Reaktion auf den Vorwurf ihrer Nichtteilnahme – Selenskyjs Rede im deutschen Bundestag als Jubelveranstaltung bezeichnete, brachte Wagenknecht auch noch die Bemerkung „Ist ja irre“ ein.

Jeden Tage sterben sinnlos hunderte Menschen, ohne dass dies jemandem irgendetwas bringt. Das Niedermachen Andersdenker und drehorgelartige Wiederholung von Phrasen kann man in diesem Zusammenhang wohl nur als zumindest gedankenlos bezeichnen. Um nicht auch noch in den Stil von Lanz zu verfallen.

Gerade in Österreich und Deutschland sollten wir in Sachen Meinungsfreiheit, Respekt und Nachdenklichkeit vielleicht etwas sensibler sein. Ganz gleich, worum es geht.

www.msn.com/de-at/nachrichten/other/tv-kolumne-wagenknecht-sorgt-bei-lanz-mit-ukraine-these-f%C3%BCr-entsetzen-das-ist-irre

* Mag. Wolfgang Koppler ist Journalist und Jurist und lebt in Wien

Destabilisierung der politischen Fundamente

Fundamentalkritik: Hintergründe

Hans Högl

Die „Dämonen“ von Dostojewski hätten mehr Aussagekraft als die Botschaften von Karl Marx. Sicherlich: Eine sehr gewagte Aussage von Albert Camus. Das Wiener Burgtheater inszeniert den genannten Roman auf der Bühne. In Vorbereitung auf diese 4-stündige fordernde Dramatisierung griff ich auf die deutsche Übersetzung der „Dämonen“ zurück und befasste mich mit den Anarchisten am Ende des 19. Jahrhunderts im vorrevolutionären Russland. Ein Drahtzieher dieser Anarchisten, die Morde, Brandstiftungen und diverse Unruhen in einer Kleinstadt bei Petersburg in Szene setzten und sich in 5er-Komitees „verschwörten“ und die Gesellschaft in Angst und Schrecken versetzten, wurde gefragt, warum sie das tun. Dieser antwortete „eilig und eifrig“:

„Zum Zwecke einer systematischen Erschütterung der Fundamente; zum Zwecke einer systematischen Zersetzung der Gesellschaft und aller Elemente; um alle zu entmutigen und aus allem einen Mischmasch zu machen und, wenn dann die Gesellschaft auf diese Weise ins Wanken gebracht, krank und matt, zynische und ungläubig geworden sei, sich aber grenzenlos nach einem leitenden Gedanken und nach Selbsterhaltung sehne, sie auf einmal selbst in die Hand zu nehmen, indem man die Fahne der Empörung erhebe und sich auf ein ganzes Netz von Fünferkomitees stütze, die unterdes gewirkt, geworben und praktisch alle Kunstgriffe und alle schwachen Stellen, die man in Angriff nehmen könne, ausprobiert hätten.“
Zitat aus: Fjodor Dostojewski: Die Dämonen. Insel Taschenbuch, 2. Aufl. 2019, p. 919.

Diese Zielsetzung einer systematischen Zersetzung unserer demokratischen Fundamente und der Gesellschaft ist unausgesprochenes Ziel einzelner aktueller politischer Bewegungen – in den Jahrzehnten nach 2000 und davor. Sie kritisieren alles nur Denkmögliche und verfolgen eben diese Ziele wie die Anarchisten im vorrevolutionärem Russland.

Empörung über Hetzartikel gegen evangelische Theologin

Betrifft: Kolumne von Henryk M. Broder – Kleine Zeitung – unter dem Titel

„Liebe Täter, jemand betet für Sie!“

Franz Schlacher *

In dieser Kolumne greift Henryk M. Broder ein Interview der deutschen Theologin Margot Käßmann aus „Bild am Sonntag“ auf, in dem sie – drei Tage nach dem Terroranschlag in Brüssel – die Fragen „Was würde Jesus zum Terror sagen? Würde Jesus den Terroristen vergeben?“ aus ihrer (theologischen) Sicht beantwortet hat. In seinem äußerst gehässigen, Frau Käßmann persönlich herabwürdigenden und religiöse Gefühle Gläubiger verletzenden Kommentar nennt Broder die Aussagen der Theologin „Obszönitäten“ und stellt die Frage, ob ihr „Sündenstolz“ aus Quellen wie der „Posener Rede“ oder den „gesammelten Aufrufen der Rote Armee Fraktion“ sprudle.

Dazu anwortete Dr. Gerhard Hammerschmied, Klagenfurt, mit folgendem Leserbrief:

„Sehr geehrter Herr Broder,

Frau Käßmann hat recht. Die Liebe, das ist das Wichtigste am Glauben an Jesus Christus. Dass diese Liebe als Feindesliebe im Laufe der Geschichte nur eine leise Stimme hatte, wissen wir. Dass aber diese Liebe nicht wehrlos sein muss, hat uns der jüdische Philosoph Levinas vor Augen geführt: der ethische Anspruch kommt vom Anderen in seiner Nacktheit und Schutzlosigkeit her und heißt: Du wirst mich nicht töten. Aber das wissen Sie ja. Man kann ja immer behaupten, dass man seine ethischen Ziele so hoch steckt, um sie dort zu belassen, wo sie hingehören… Diese Diskussion ist so alt wie die Menschheit selbst, nur sollte man sie nicht für beendet erklären.

Erschreckend an Ihrer Argumentation ist folgendes: Sie klingt so, als ob Sie jemandem vorschreiben wollten, für wen man beten dürfe, und für wen nicht. Das ist unsere Situation, in der man auch dies erkennen müsste: Dass wir als Teil einer Struktur, hinter der wir uns in unserer Ratlosigkeit und in vorschnellen Urteilen verstecken, auch mitansehen, wie massive Kapitalinteressen nicht zuletzt der Rüstungsindustrie, ganze Landstriche und die Menschen hier und dort dem Terror aussetzen. Und wo man mit grausamem Kalkül die Not der Menschen dort auf unsere sozialen Ängste hier prallen lässt, oder Verbündete schafft, die sich dem Terror anschließen. Solchen der Selbstmordattentäter, solchen gewisser Geschäftemacher. Der Respekt vor den Opfern des Terrors und ihrer Angehörigen verlangt es, dass wir auch diese Zusammenhänge wahrnehmen.

Das ist es, was mich diesen Brief schreiben lässt: dass Sie, Herr Broder, mit welchen Absichten auch immer, ihre Fassungslosigkeit so martialisch zum Ausdruck bringen. Im Namen welcher Opfer sprechen Sie, wo ziehen Sie die Grenze zwischen Opfern und Opfern, zwischen Tätern und Tätern? Und nicht einmal davor zurückschrecken, ihre Verunsicherung mit einem Hass zu versehen, der in einer Zeitschrift wie der Kleinen Zeitung nichts zu suchen hat… Ich will diese letzten Zeilen nicht noch einmal anklingen lassen, aber Frau Käßmanns Appell als obszön und als Verhöhnung der Opfer zu bezeichnen, sie sogar in den Zusammenhang einer Posener Rede zu stellen, in der Heinrich Himmler die Ermordung von Juden glorifiziert, ist erbärmlichste Hetze, die auch mich fassungslos macht .“

* Ein Beitrag, übermittelt von Mag. Franz Schlacher, Vorstandsmitglied der Vereinigung für Medienkultur.