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Attentat in Wien: Alternative Gedanken

Nachdenkliche und ungewöhnliche Worte nach dem Anschlag in Wien hat der evangelische Superintendent Matthias Geist auf Facebook geäußert. Worte, die so ganz anders klingen als jenes Wording, das seitens der Politik und Medien in den vergangenen Tage immer wieder zu hören war.

Udo Bachmair

Matthias Geist, feinsinniger evangelisch-lutherischer Seelsorger, hat in dieser Funktion 18 Jahre lang in der Gefängnisseelsorge gearbeitet. Der nunmehrige Superintendent der Diözese Wien weiß daher, wovon er spricht, wenn er sich rund um das Attentat in der Wiener Innenstadt nicht scheut, auch alternative Gedanken zu äußern, die den Mainstream von Politik und Medien in dieser dramatischen Causa relativieren.

So sehr auch Geist den brutalen Anschlag als „schockierende Gewalt“ verurteilt, stößt er sich daran, dass auch die Sprache brutaler wird. Den von der Polizei erschossenen Täter habe man „ausschalten“, habe man „töten können“ etc.. Geist fühlt sich trotz aller Dramatik einer anderen Sprache verpflichtet, auch wenn er damit wütende Proteste erntet. Der mutige Facebook-Eintrag im Wortlaut :

Matthias Geist

Ich äußere mich hier bewusst anders, als es Medien gerade mit dem (angeblich so zielführenden, ja „lustigen“ oder zutreffenden) Spruch #schleichdiduoaschloch tun.

Ich möchte mich zeitlebens anders äußern als BK und BM es getan haben: #jagen, #ausschalten, #tötenkönnen.
Ich äußere mich in bewusster Abgrenzung zu jenen häufigen haarsträubenden Mechanismen der #Sündenbock -Projektion. Sie machen es sich leicht: auf andere Menschen hinhauen – mit gewaltigen selbstherrlichen, totalitären Worten und Haltungen.
Ich finde es bedenklich, wenn eine Gesellschaft ihre #Ohnmacht nicht wahrnimmt.
Die Ohnmacht besteht darin, systemisch Anteil am Terror zu haben: Wir sind alle NICHT die GUTEN, die sich gegen das oder DEN BÖSEN aufspielen sollen.

WER hat es nicht geschafft, Begegnung auf Augenhöhe aufzubauen?
WER ist so blauäugig und glaubt, Gefängnisse oder Beurteilungskategorien helfen einem Menschen, der im Leben vorkommen will und dies als einzigen Ausweg gesehen hat?
WER kennt hingegen die Sehnsucht nach Vertrauen und Menschen, die echt hinter einem stehen?

Angst vor digitaler Welt-was tun?

Hans Högl: Buchrezension
Andreas Barthelmess (2020) : Die große Zerstörung.Was der digitale Bruch mit unserem Leben macht, Berlin (Dudenverlag), 255 Seiten.

Digitale Giganten dominieren die Welt. Entgleiten den Staaten und der EU die Steuerung?Der 41-jährige Autor, IT-Unternehmer und Volkswirt,  macht sich Sorgen: um Deutschland, Europa, die Demokratie. Deutschland reagiere verzögert auf die Digitalisierung und riskiere einen Niedergang. Früher warnte man vor dem industriell-militärischen Komplex, heute werden IT-Giganten „zu Staaten über den Staaten“(p. 209). Diese Techno-Herrschaft gilt es auszubremsen. Ähnliches formulierte Yuval Noah Harari.

Die liberale Welt schwächelt angesichts von M. Zuckerberg (Facebook), Jeff Bezos (Amazon), Sundar Pichai (Google), Jack Dorsey (Twitter). Diese „Einhörner“ gefährden Demokratie, individuelle Freiheit, zahlen kaum Steuern, und FB hat mit der Digitalwährung Libra sogar die Notenbanken im Visier.

Vermögen wir Demokratie zu wahren? Die Aufgaben einer globalen Bürgergesellschaft werden allzu knapp angedeutet (p. 252). Der Autor formuliert ein Konzept für die Politik Europas. Eine Familie erwirbt ihr Haus mit einem Kredit auf viele Jahre. Analog braucht die EU für Großprojekte, um im IT-Bereich zu punkten, ein Zehnjahresbudget. Das Wort Zerstörung im Buchtitel lockt und irritiert, es meint Anderes als sonst, nämlich Disruption. Nein: Der Autor dämonisiert digitale Welt nicht, er sieht sie ambivalent.

Wir erfahren singuläre Impulse: Deutsche Politik ist zu bieder und nüchtern. Und viele Europäer tun sich schwer, dieses Brüssel-Europa zu lieben, einem Inbegriff von technokratischer Exekutive. Der Politik fehlen Storys, Glanz und Aura. Die Politikverdrossenheit der Bürger wird wohl zu pointiert bei den Parteien verortet. Die Hintergründe dafür sind multipel.

Das Buch vermag man kaum aus der Hand zu legen, es meidet intellektuell-selbstverliebte Faxen, ist oft prägnant wie im Satz: Likes sind „der Kristallzucker der sozialen Medien“ (p. 161). Es bietet Info-Neuland, und darum wäre ein Sachindex zu erwarten. Ein Seufzer am Ende der Lektüre: Schade, dass sie endet.

 

Medienkompetenz nötiger denn je

Rechtspopulismus und Freund-Feind-Schemata dominieren nicht selten Politik und Boulevard. Dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, wäre Schulung in Medienkompetenz von der Volksschule bis ins Seniorenheim unumgänglich.

Udo Bachmair

Das Erstarken rechtspopulistischer Bewegungen geht untrennbar einher mit einer Transformation medialer Prozesse. Darin sind sich Politologen wie Kommunikationswissenschafter einig. Dieser Thematik war ein ökumenischer Studientag im St.Pöltner Bildungshaus St. Hippolyt gewidmet. Ein besonderes Augenmerk war dabei auf die sogenannten Sozialen Medien gerichtet.

Die Funktion klassischer Medien, Inhalte zu analysieren und einzuordnen, falle bei Massenmedien wie Facebook oder Twitter weg, diagnostizierte Falter-Chefredakteur Florian Klenk in seinem Eröffnungsvortrag. Anstelle von Redaktionen seien es heute Algorithmen, die über die Auswahl von Nachrichten entscheiden.

Diese Algorithmen, so Klenk weiter, seien aber nicht auf Diversität angelegt, sondern orientierten sich ausschließlich an den ohnehin schon vorhandenen Meinungen und Präferenzen der Userinnen und User. Damit entstehen die legendären Echokammern, in denen Menschen nur mehr unter sich bleiben und sich in ihren Vorurteilen und Klischees wechselseitig bestärken.

Nach seinem Referat meinte Klenk gegenüber dem Evangelischen Pressedienst, dass insbesondere SPÖ und Grüne die digitale Transformation weitgehend verschlafen hätten. Zudem operierten soziale Medien sehr oft auf emotionaler Ebene. Die Logik dieser Medien komme daher rechten Parteien, die auf klare Freund-Feind-Schemata setzten, entgegen.

Vor diesem Hintergrund wären Bildungsprogramme zur Entwicklung digitaler Medienkompetenz unerlässlich. Sie wären laut Klenk „nicht nur an Schulen, sondern auch in Pensionistenheimen, in Betriebsräten, in Firmen, in Kirchen“ nötig. Es bleibt die Hoffnung, dass dieser Appell bei der künftigen Bundesregierung nicht ungehört verhallt.

Politologin Margit Appel ging in ihrem Vortrag von geschwächten Solidaritäten in der „konkurrenzorientierten Marktwirtschaft“ aus. Zudem „tun wir uns schwer, eindeutige Identitäten zu haben“. Betroffen sei auch die religiöse Identität. Das führe zu einer „Angstgesellschaft“. Daher seien auch Christinnen und Christen anfällig für die Parolen Rechter, schloss die Referentin.

Gefahren aggressiver Sprache in Medien und Politik

„EU-Wahlkampf zwischen Fake und Fakten“ war der Titel einer gut besuchten Podiumsdiskussion der Vereinigung für Medienkultur. Als Nachlese im Folgenden ein weiterer Beitrag.

Hermine Schreiberhuber *

Aus der Sicht des Journalismus geht es im politischen Diskurs generell um den Inhalt und um die Form. Mit dem Wandel der medialen Mittel und der Macht der sozialen Medien gingen neue Entwicklungen einher, verbunden mit der Gefahr, dass oft mit Formen statt mit Inhalten operiert – und in der Folge manipuliert wird.

Bei der Sprache im politischen Diskurs ist eine Verschlechterung in der Anwendung
festzustellen. In der Arbeitswelt, bei öffentlichen Auftritten wird lockeres Outfit heute zunehmend akzeptiert. Doch im Umgang mit Worten ist Achtsamkeit unerlässlich. Das eine ist ein zu sorgloser Umgang mit der Sprache. Das andere aber ist eine bewusste Wortwahl, mit dem Ziel, zu emotionalisieren, zu provozieren. Politiker und Medien sind gefordert, sprachliche Sorgfalt walten lassen. Gerade in Wahlkämpfen.

Bei überzeichneter und aggressiver Wortwahl kommt in den sozialen Netzwerken oft ein Prozess in Gang, der viele Gefahren birgt. Falschmeldungen, Desinformation werden lanciert statt korrekten Inhalten. Fake News werden losgelassen, ohne Quelle und ohne Kontrolle. Diese wiederum rufen eine Hyper-Emotionalisierung hervor. Wieder stellt sich die Frage: Ist das gewollt, gesteuert? Oder ist das ungewollt, wie eine Lawine in der Natur?

Hasskommentare statt nüchterner Analyse sind oft Werkzeug solcher Manipulation. Sie werden blitzartig ins Netz gestellt, von Internet-Betreibern wie von Nutzern, finden aber auch in Online-Diensten von Printmedien Eingang. Denn Feedback und Meinung sind gefragt. Sozusagen nach dem Motto: „Jeder spielt Journalist“.

Fragwürdige Inhalte bedienen sich vieler Transportmittel. Dass Gefahren in Facebook und Google lauern, wird zunehmend thematisiert. Eine bestimmte Klientel wird gezielt ins Visier genommen. Zuletzt begann die Politik damit, legistische Maßnahmen zu ergreifen. Diese Thematik wird uns noch lange beschäftigen, weit über die Grundfrage hinaus: Braucht das Internet Einschränkungen oder sind staatliche Eingriffe Zensur?

Der Populismus setzt sich zum Ziel, den ohnehin schon emotionalisierten Bürgern
zu liefern, was sie wollen. Dahinter versteckt sich: Wir vermitteln keine Botschaft. Die sozialen Medien eignen sich perfekt für diese Zielrichtung. Die Thesen des Politik-Beraters Giuliano da Empoli, Autor des Buches “Les engenieurs du chaos” lauten:
Persönliche Teilnahme am Diskurs wird geboten oder vorgespiegelt, starke Gefühle wie Wut und Angst werden bedient.

Auf der anderen Seite liefern traditionelle Parteien keine zufrieden stellenden Antworten, während populistische Parteien/Strömungen von links und rechts die Wutbürger ansprechen. In einer Debatte geht es um beides – Vernunft und Gefühl.
Ein Paradebeispiel dafür bietet der Brexit, wo der Zuhörer und Zuseher oft nicht mehr zwischen vernunft- und gefühlsbetonten Argumenten unterscheiden kann. Empoli fordert „eine Balance zwischen Vernunft und Gefühl“ („Der Standard“).

Die politische Aktualität hat bisher bei der Themenwahl im EU-Wahlkampf nicht viel Spielraum gelassen. Nationalismen prägten den Diskurs, verbunden mit einer Abkehr von den Errungenschaften der EU, der kulturellen, religiösen, sprachlichen Vielfalt in den Staaten Ost- und West-Europas. Neben dem Prioritätsthema Brexit, dessen Lösung weiter offen ist, werden EU-weit Migration und Klima breit thematisiert. Im Westen nichts Neues? Zwischendurch einige Informationen über die katalanischen Separatisten. Im Osten nichts Neues? Allenfalls kamen Ungarn unter Orban und der Disput um die Soros-Universität vor.

Schade. Viele Medien sitzen auf den genannten Schwerpunktthemen. Es ist wie in einer Kettenreaktion. Ungefiltert wird viel hineingepackt. Gesellschaftspolitische und soziale Fragen sollten oft näher beleuchtet werden, ohne ideologische Hetze.

Bleibt zu hoffen, dass angesichts der Emotionalisierungsflut in den sozialen Medien bei den Usern ein gewisser Sättigungseffekt eintritt, dass sie zu voreingenommener Information wieder Abstand gewinnen. Bürger vermissen auch Authentizität bei den Politikern. Und der Bildungsauftrag für die junge Generation besteht weiter. Sie ist es, die die Zukunft gestalten wird.

* Mag.a Hermine Schreiberhuber ist langjährige APA-Journalistin und Vorstandsmitglied der Vereinigung für Medienkultur

Wer wird EU-Kommissionspräsident/in?

Gastbeitrag. NZZ-Online heute

Die EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager ist die wohl mächtigste Frau in Brüssel. Die 50-jährige Dänin hat Google, Apple, Facebook und Co. mit Milliardenbussen das Fürchten gelehrt. Jetzt hofft Europas liberaler Superstar darauf, Nachfolgerin von EU-Kommissions-Präsident Jean-Claude Juncker zu werden.

Zur Wiener Zeitschrift „Falter“

Hans Högl

Im  Branchenmagazin „Der Journalist“ finde ich  Bemerkenswertes zum „Falter“. Er hat die Leserzahl in den letzten zehn Jahren von 67.000 auf 136.000 verdoppelt. Als Hauptursache gilt, dass dem meinungsstarken Gründervater Armin Thurnher  der hartnäckige Aufdecker und Jurist  Florian Klenk zur Seite sitzt. „Der Journalist“ sieht in beiden Yin und Yang. Was Klenk zu Facebook und Twitter sagt: „Facebook verwende ich wie eine Litfaßsäule. Über diese Aktivitäten gewinnen wir auch in der Breite Abos.“ Twitter ist ein Elitentool, eine Art Branchendienst für den politmedialen  Betrieb.

Und eine Notiz von Thurnher und Klenk zum manchmal heftig kritisierten Ex-Landeshauptmann Pröll lässt aufhorchen:  „Wir haben recherchiert, was an diversen Geschichten zu Erwin Pröll dran ist, und sind draufgekommen: nichts“. Klenk: „Ich habe dann den Anwalt von Pröll gefragt, ob wir berichten können, dass nichts dran ist. Ihm war lieber, dass nichts kommt, weil auch der Bericht, dass nichts dran ist, die gegenteilige Annahme wecken kann.“ –

Für mich als Medienbeobachter drängt sich der Eindruck auf, dass für einen Gutteil der ORF-Journalisten der „Falter“ eine Art informelles Leitmedium ist. Wenn dies zutrifft, gilt dann nicht auch ein Wort des deutschen  Kurt Beck analog für die Wiener politische Landschaft: „Die SPD war früher eine Partei für die kleinen Leute, heute ist sie eine Akademiker-Partei. Sie hat keinen Bezug mehr zu denen, für die sie vorgibt zu sein.“ (FAZ, 16.März 2018, S. 10). Und erklärt dies nicht, dass große Teile der Wiener Arbeiterschaft sich der  FPÖ zuwandten?Dies  ist ein Faktum -selbst wenn sich die „kleinen Leute“ irren.

 

 

 

Causa Germania : Was ist nur los in diesem Land ?

Udo Bachmair

Alle Medien des Landes beschäftigen sich heute mit der rechtsextremen Germania zu Wiener Neustadt. Sie zeigen auf, aus welchem ideologischen Umfeld der stv. Sprecher dieser Burschenschaft, Udo Landbauer kommt. Der Anlass: Eindeutig rassistische und antisemitische Texte in einem Germania-Liederheft. Der in Bedrängnis geratene FPÖ-Spitzenkandidat für die Wahl in Niederösterreich beteuert, von alldem nichts gewusst zu haben.. Er war ja erst 11 Jahre alt, als das Liederheft gedruckt wurde..

Alle Medien des Landes beschäftigen sich, wie gesagt, heute mit dieser Causa. Ausnahme: Die Kronenzeitung (Printausgabe). Das für seine Nähe zur FPÖ bekannte Blatt hat sich in der für beide peinlichen Sache offenbar für Selbstzensur entschieden.. Spätestens morgen jedoch dürften alle Vorwürfe als Fake des „Bolschewistenblattls“ ( Krone-Glossist Jeannee ) Falter abgetan werden. Bis zum Wahlsonntag geht es sich dann sicher auch noch aus, die vorwiegend rechtspopulistisch bis weit rechts gehaltene Leserbriefseite entsprechend zugunsten des Krone-Lieblings Udo Landbauer anzureichern..

Es wird einfach immer offenkundiger, beklagen die Einen, dass rechte Auslassungen als zunehmend salonfähig empfunden werden. Was ist nur los in diesem Land, fragen sie sich  besorgt und denken zuweilen ans Auswandern. Anderen Menschen hingegen scheinen rechtsradikale Rülpser zunehmend zu gefallen. Auf Facebook, Twitter etc. lässt sich das beängstigend ablesen. Will die Krone diese politisch Ver(w)irrten nicht verprellen ? Dabei müsste ein Aufschrei auch durch ihre Redaktionsstuben gehen..

Denn was sonst soll auch rechtlich zu ahnden sein wenn nicht ein Satz wie dieser aus dem erwähnten Germania-Liederbuch : „ Gebt Gas, ihr Germanen, wir schaffen auch die siebente Million…“

Zum Thema  sehr klar heute auch das erfreuliche steirische Gegenstück zur Krone, die Kleine Zeitung:

„Die Burschenschaft, die in Liedtexten die NS-Zeit verherrlicht, ist ein Fall für die Justiz“

Stellvertretend für die Proteste aus allen  Parteien (außer der FPÖ) bringt es NEOS-Chef Matthias Strolz auf den Punkt:

„Dieses Lied- und Gedankengut,
das Udo Landbauers Verbindung hier verbreitet, durchfährt mich mit einem
Schamgefühl, wie schon lange nicht mehr. Dass wir so etwas überhaupt
diskutieren müssen in Österreich, nimmt mir die Luft“

Bleibt abzuwarten, ob sich die Krone auch morgen noch in vornehmer Zurückhaltung übt.

 

Freiheit ohne Verantwortung ? Verantwortung ohne Freiheit ?

Udo Bachmair

„Freiheit und Verantwortung“ – das ist die Losung des Reformationsjubiläums 2017. 500 Jahre nach dem Thesenanschlag Martin Luthers. Ein Motto, dem sich Evangelische hierzulande besonders verpflichtet fühlen. Dabei wird Verantwortung nicht als Gegensatz zur Freiheit gesehen. Im Gegenteil: Nur ein freier Mensch kann Verantwortung für sein Handeln übernehmen. Und umgekehrt wäre Freiheit, ohne mit Verantwortung gepaart zu sein, ethisch kaum vertretbar.

Freiheit und Verantwortung erscheinen auch unabdingbar für guten Journalismus. Dieser wird neben handwerklicher und inhaltlicher Qualität zusätzlich dann optimiert, wenn er auch medienethischen Kriterien genügt. Werden Medien und Journalistinnen und Journalisten ihrer großen Verantwortung genügend bewusst ? Eine der Fragen, die sich auch Marco Uschmann stellt, Chefredakteur der evangelischen Zeitschrift SAAT. Hier sein Beitrag:

Freiheit und Verantwortung – die 4. Macht im Staat

Marco Uschmann

Es geschah im Leitmedium Österreichs – dem ORF. In der ZIB 2, eine der meistgesehenen Nachrichtensendungen im Land, wird der scheidende Landeshauptmann Erwin Pröll am 27. März von Armin Wolf gefragt, ob er einen absolutistischen Arbeitsstil gepflegt hat. Pröll antwortet: „Mittlerweile sind wir Gott sei Dank in der Republik so weit, dass man nicht mehr alles und jedes glaubt, was in den Schreibstuben und Redaktionsstuben in Wien alles ausgekocht wird.“ Mit anderen Worten: Journalisten in Wien denken sich Geschichten aus. Pröll bezog sich auf die Berichte der Zeitung „Falter“ über Förderungen für eine Privatstiftung. Inzwischen klagen einander ÖVP und Falter über die Produktion und vermeintliche Verbreitung von „Fake News“ – also Falschmeldungen.

Es gibt weit dramatischere Beispiele dafür, wie sich die 4. Macht im Staat, also die Presse, ihrer Verantwortung bewusst geworden ist und sich nicht einschüchtern ließ: Herausragender Fall ist wohl die Watergate-Affäre. Sie ist geradezu ein Fanal und steht für den Triumph der Pressefreiheit, weil Journalisten Amtsmissbräuche Präsident Richard Nixons gegen seine politischen Gegner enthüllten. Freiheit ohne Verantwortung ? Verantwortung ohne Freiheit ? weiterlesen

Medieninitiative „Gegen Hass im Netz“

Begrüßenswerte Aktion von „profil“ und „Kurier“

Udo Bachmair

„Führt eine strenge Selektierung der Asylanten ein, schickt die Parasiten endlich zurück.“

„Ich sage es immer wieder-Torpedieren die Boote damit die alle absaufen“ .Die wolln unsere weise Grosrasse zerstören!!!!!!“ (sic!)

„Die Glawischnig gehört an die Wand gestellt wegen Hochverrat.“

„Gebt dem Schwein eine Kugel [Faymann]“

„Hirnlose „Steuergeldverschwendung“ für diesen „Schwuchtelwahn“ (Posting wurde von einer FPÖ Bezirksorganisation verfasst)

Solche und ähnliche andere Zitate von Hasspostings und Aufrufen zur Gewalt haben sich laut Recherchen eines Wiener Aktivisten auf Facebook-Seiten der FPÖ gefunden. Er will hetzerische Nutzerkommentare nun systematisch dokumentieren und hat dafür das Projekt „Eau de Strache“ gestartet. Angegeben ist der jeweilige Link, über den jede Äußerung auf Facebook zurückverfolgt werden kann.

Angesichts der weiter um sich greifenden Verbalaggressionen wollen auch „profil“ und „Kurier“ Hass und Hetze im Internet nicht mehr länger hinnehmen. Die beiden Medien wollen mit ihrer Initiative „Gegen den Hass im Netz“ notfalls rechtliche Maßnahmen ergreifen, jedenfalls Aufklärung betreiben.

„Kurier“-Herausgeber Helmut Brandstätter: „Wir werden uns natürlich auch sehr genau ansehen, welche Politiker uns unterstützen, gegen den Hass im Netz vorzugehen.“

In den kommenden Tagen und Wochen werden „Kurier“ und „profil“ intensiv über dieses Thema berichten, auch Plattformen wie Facebook werden zum Austausch eingeladen. „Es braucht einen gesellschaftlichen Schulterschluss gegen den Hass im Netz“, sagt „profil“-Medienredakteurin Ingrid Brodnig.

Einmal mehr empfohlen sei in diesem Zusammenhang Brodnigs kürzlich im Brandstätter-Verlag erschienenes Buch „Hass im Netz“. Darin bietet sie konkrete Tipps und Strategien an, der um sich greifenden Hasskultur zu begegnen. Die Autorin grundsätzlich:

„Es ist wichtig, dass wir als Gesellschaft auch im Internet klarmachen: Hetze und Gewaltaufrufe werden nicht akzeptiert!“