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Feindbild Flüchtlinge

Erhöhte Kriminalität durch Flüchtlinge frei erfunden

Udo Bachmair

Die jüngste Kriminalitätsstatistik legt es an den Tag: Die von Boulevard- Medien, allen voran der „Kronenzeitung“ an die Wand gemalte große Kriminalitätswelle durch Flüchtlinge ist ausgeblieben. In Relation zur deutlich erhöhten Zahl an Asylwerbern gegenüber 2014 ist 2015 die Zahl krimineller Vergehen sogar zurückgegangen!

Das subjektive Empfinden verängstigter Menschen steht diesen Fakten diametral gegenüber. Aufgeheizt und angestachelt von übertriebenen, teils unwahren Medienberichten und Hasspostings nehmen Xenophobie und immer ungeniertere Verbalradikalität erschreckend zu. Es ist und bleibt ein Phänomen, dass überall dort, wo Menschen nie mit Flüchtlingen in Berührung gekommen sind, besonders fruchtbarer Boden aufbereitet ist für Angst, Hetze und Hass.

Norbert Leonhardmair vom Zentrum für sozialwissenschaftliche Sicherheitsforschung dazu in einem KURIER-Interview: „Bei Kriminalität und bei Ausländern ist es gleich: Die Angst ist dort groß, wo es am wenigstens gibt“.

Veronika Hofinger vom Institut für Kriminalsozioligie fügt hinzu : „Ausführliche Berichterstattung über Sexualdelikte schadet den Opfern und erzeugt nur Angst“.

Vor diesem Hintergrund blühen die Gerüchte über Kriminalität von Flüchtlingen und Asylwerbern.

Ein konkretes Beispiel für unzählige andere liefert ZIB-2-Moderator Armin Wolf auf Facebook :

Ich hatte in den letzten Tagen einen wirklich interessanten Mail-Wechsel mit einem ZiB2-Seher, aus dem man, denke ich, einiges lernen kann, wenn man denn will.

Nach einem ZiB2-Beitrag zum Thema Flüchtlinge schrieb mir Herr P. ein sehr langes Mail, das mit diesen Absätzen endete:

„Herr Dr. Wolf, ich habe vor einigen Tagen in der Gemeinde XY in einem Gasthaus, in dem ich oft schlafe und auch esse, von Leuten gehört, dass in die Gemeindebauten (Siedlungs-Genossenschaft) Füchtlinge einziehen werden! In einem Fall soll es eine ganz schlimme Sache geben! Eine körperbehinderte Mindestpensionistin die zwei Kinder aufgezogen hat – der erste hat die Meisterprüfung gemacht, ist in Arbeit und sehr fleißig und beliebt; der zweite ist kurz vor der Lehrabschlussprüfung und in der Firma und im Dorf recht beliebt – muss aus ihrer Wohnung ausziehen, weil sie diese Wohnung mit der Mindestpension nicht mehr halten kann. Die Küche wird herausgerissen, weil Flüchtlinge in einer Küche nicht kochen können, wo Schweinefleisch zubereitet worden ist und die Toiletten werden ebenfalls herausgerissen, weil Flüchtlinge nicht auf eine Toilette gehen, auf der eine Frau gesessen hat! Ich spare mir meinen Kommentar! Helfen ist wichtig! Man soll es aber mit Verstand machen!“ _____

Daraufhin habe ich Herrn P. unter anderem zurückgeschrieben:

„Was die Sache mit der Siedlungsgenossenschaft betrifft: Ich gehe jede Wette beliebiger Höhe mit Ihnen ein, dass die Geschichten mit der Küche und den Toiletten frei erfunden sind. Wie solche absurden Gerüchte zustande kommen, hat Kollege Klenk vom FALTER gerade erst heute in seiner Heimatgemeinde Eichgraben erfahren:https://www.facebook.com/florian.klenk.7/posts/534593083379752 

Ich bin hundertprozentig überzeugt, dass die Geschichte mit der Wohnung ganz genau so entstanden ist.“ _____

Nach einigen Tagen hat Herr P. gestern Abend geantwortet:

„Ich bin nach XY gefahren, in das besagte Haus gegangen und habe mich direkt informiert! Sie hatten 100%ig recht! Das Gerücht ist folgend entstanden: 1. Die körperbehinderte Frau wollte ins Altenheim. 2. In ihre Wohnung sind bereits Flüchtlinge eingezogen. 3. Küchen wurden eingebaut, aber die alten Küchen wurden nicht entfernt. Es gab in diesen Leerständen keine Küchen. Im Dorf hat man gesehen, dass die körperbehinderte Frau ins Altenheim gezogen ist und in ihre Wohnung Flüchtlinge eingezogen sind und auch, dass neue Küchen eingebaut worden sind. Diese Geschichte hat Leute dazu bewogen zu dichten! Ich bin darauf hineingefallen, weil mir dieses von der Wirtin – bei der ich oft übernachte – gesagt worden ist! Es tut mir leid, dass ich ein so schwerwiegendes Gerücht weitergetragen habe. Ich wollte es wissen und bin daher 250 km gefahren, um dieses entweder bestätigt zu bekommen oder ich mich entschuldigen muss, weil ich so etwas weiter getragen habe.“

 

Ewig gleiche Leier in Journalisten-Interviews zu Flüchtlingen

Hans  H  ö g l

Vieles an der Flüchtlingsberichten und Interviews nervt mich gehörig.  Es dreht sich immer um das Gleiche, es ist immer dieselbe  Leier,  und im Hintergrund lauert die Parteinahme. Wollen Sie einen Zaun oder keinen, sind Sie für Obergrenzen oder für keine?  Und was ist, wenn dies um ein Flüchtling mehr ist als diese Obergrenze?  Geht es eigentlich noch dümmer!  Und es ist ärgerlich, dass selbst den Leuten in Qualitätsmedien und – sendern nichts Originelleres einfällt.  Die hocken vor den Monitoren in den Pressestudios oder auf dem Küniglberg  oder interviewen per Telefon die Spitzenpolitiker, denen ebenfalls kaum anderes einfällt, als dass die  Flüchtlingsfrage gemeinsam in der EU gelöst werden soll.

Kein Wort davon, dass es den Menschen im Osten Europas nicht gut  geht, viel schlechter als bei uns.  Dass die Slowakinnen zu uns kommen  und bei uns wichtige Dienste erledigen, in den Spitälern und  sonst überall arbeiten und daheim fehlen. Das betrifft auch Facharbeiter. Ich kenne eine ukrainische Mutter, die in Mailand Bedienerin ist und erst nach mehreren Wochen heimkommt.   Die Einkommenssituation in diesen Ländern ist drastisch geringer  als bei uns,  und diese Transformationsstaaten  haben große Probleme mit eigenen Minderheiten. Ich hätte dies einmal in Medien gehört/ gelesen.  Wissen denn dies unsere Redakteure/innen nicht?   Können wir diese Länder mit unseren Maßstäben messen?

Da höre ich von einem Militärseelsorger, der Kontakte zur Polizei hat, dass Polizisten 200  Überstunden machen in der Arbeit mit Flüchtlingen.  Ich frage nach: In welchem Zeitraum? „In einem Monat“. Das heißt,   dass viele Polizisten in einer Woche 50 Überstunden im Einsatz sind,  nicht daheim sind, extrem gefordert sind und auf die Dauer das nicht durchhalten können. Abgesehen von den Kosten dieser Einsätze. Das würde ich gerne hören von recherchierenden Journalisten und nicht dieses  ewige BlaBla, ebenfalls das Gleiche aus Politikermund. Offensichtlich reden viele von der Medienbranche sehr gern mit den politischen Spitzen, aber vernachlässigen völlig das Hinaus-Gehen, mit den Betroffen zu reden,  sie machen keine   Reportagen. Da gefallen mir handfeste Worte von Sozialminister Rudof Hundstorfer: Wir müssen alles tun für die Kriegsflüchtlinge, aber wir können nicht die ganze Welt retten.

Mich erschüttert auch, was ich von einem Männerberater aus einer kirchlichen Organisation höre.  Er berichtet glaubhaft und mit innerer Erregung leise im kleinen Kreis   von österreichischen Männern, die in der Familie gewalttätig werden. Der Hintergrund: Sie verlieren die Arbeit, wechseln  die Arbeitsstelle immer wieder,  verdienen weniger und ihre Frauen verdienen manchmal mehr als sie.  Das nagt am Selbstbewusstsein. Und dann hören, lesen und sehen diese Männer, nennen wir sie österreichische Modernisierungsverlierer, von den Flüchtlingen und entwickeln ambivalente Gefühle. Auch ihnen selbst geht es nicht gut. Sie leiden unter den prekären Einkommensverhältnissen, haben sich vielleicht überschuldet, ein zu großes Auto gekauft.  Und der Männerberater sagt, das sind Männer, die nicht rechts stehen und Probleme mit den zu vielen Flüchtlinge haben.  Die einfachen Leute haben auch Ängste. Wenn  sie im Dorf aber  Flüchtlinge haben und sehen, verlieren sie die Angst. Vor ihnen haben sie dann im Dorf keine Angst, aber vor denen weiter weg sehr wohl.

Ich hätte gern von Journalisten/Journalistinnen gewusst, wie sie selber die Probleme und den Umgang mit vielen Flüchtlingen lösen. Das wäre konstruktiver Journalismus.  Gibt eine Obergrenze dafür, dass  Flüchtlinge Platz finden in einem Pressehaus oder im ORF?

 

Keine Angst vor Flüchtlingen

Angstfrei ins Neue Jahr ohne Barriere im Kopf

Udo Bachmair

Das Reizthema Flüchtlinge wird uns auch im heurigen Jahr allgegenwärtig begleiten. Im Positiven wie im Negativen. Auf der einen Seite der Boulevard, der mit Übertreibung, Generalisierung und Schwarz-weiß-malerei weiter Öl ins Feuer gießen wird. Auf der anderen Seite seriöse Tageszeitungen und elektronische Medien (allen voran der ORF), die größtenteils mit Abwägung und Differenzierung versuchen, künstlich geschürten Ängsten vor „Überfremdung“, Hass auf Flüchtlinge, der vor allem in („Krone“-)Leserbriefen zum Ausdruck kommt, sowie rassistischen Postings medial entgegenzuwirken.

Zur emotional aufgeheizten Flüchtlingscausa melden sich auch immer wieder vernünftige Stimmen zu Wort, die zu Besonnenheit und menschlichem Umgang mit Schutzsuchenden aufrufen. Sollten solche Appelle 2016 auf positive Resonanz stoßen, wird die berechtigte Diskussion darüber, wie Probleme im Angesicht des „Flüchtlingsstroms“ zu bewältigen sind, endlich in sachlichere Bahnen gelenkt.

Dazu beitragen will neben anderen der österreichische Filmemacher Robert Hofferer, der die Flüchtlingsfrage zum Gegenstand seines neuen Filmes „Die letzte Barriere“ gemacht hat. Eine Spielfilm-Dokumentation über das Schicksal von Flüchtlingen, die im März in die Kinos kommt.

Eine der zentralen Botschaften des neuen Kinofilms umschreibt der Produzent und Drehbuchautor in einem heute im KURIER veröffentlichten Interview so:

„Ich wünsche mir, dass die hochgezüchteten Angstszenarien verschwinden. Wir brauchen weder vor Flüchtlingen noch vor Terroristen irgendwelche Angst zu haben“.

Mit dem Filmtitel „Die letzte Barriere“ meint Robert Hofferer nicht einen Stacheldrahtzaun zur Abwehr von Flüchtlingen, den er als völlig sinnlos betrachtet, sondern die

Barriere in den Köpfen von Menschen, die zumeist aus Unverständnis und Angst errichtet wurde. Die brauchen wir sicher nicht.“

Nützt Rechtspopulismus dem IS ?

Udo Bachmair

Hetze gegen Flüchtlinge und all diejenigen, die Hilfe für in Not geratene Menschen als humanitäre und urchristliche Aufgabe betrachten, erscheint gerade rund um die Weihnachtszeit besonders übel. Unermüdlich schürt dennoch der Boulevard, allen voran die rechtspopulistische „Krone“, weiter Ängste und Hass gegen „unkontrollierte Masseneinwanderung“. Davon nicht unbeeinflusst wird die Geschichte rund um die „Herbergssuche“ auch in so mancher „christlichen“ Familie zur Farce.

FPÖ-Obmann Strache, der sich mitunter besonders katholisch geriert, spricht Flüchtlingen in einem Gastkommentar der Wiener Zeitung gar den Anspruch ab, „Schutzsuchende“ zu sein. Die meisten würden ja ohnehin aus „sicheren Flüchtlingslagern“ kommen. Daher seien sie bloß „Sozialzuwanderer“ oder „potentielle Terroristen“, die den „Zerfall des christlichen Abendlandes“ vorantrieben. Strache sieht in der Flüchtlingsbewegung schlicht eine „moderne Landnahme und Invasion für eine kommende Islamisierung Europas“.

In derselben Ausgabe der Wienerzeitung, wohltuend bekannt für Meinungsvielfalt und differenzierte Berichterstattung , fällt ein Gastkommentar mit inhaltlicher Treffsicherheit auf. Darin formuliert Clemens M. Hutter, langjähriger Redakteur der Salzburger Nachrichten, ein Autor, der über jeden Verdacht erhaben ist, ein Linker zu sein, als seine klare These:

„Europas Rechtspopulisten nützen den Dschihadisten“

Lenin wird der Begriff „nützliche Idioten“ zugeschrieben, weil er den geldgierigen Kapitalisten unterstellte, dass sie „uns noch den Strick verkaufen, mit dem wir sie aufhängen“. Vergleichbares praktizieren jene Rechtsausleger der Gesellschaft, die das „christliche Abendland“ schon in der islamistischen Flut untergehen sehen. Das Musterbeispiel sind die Rechtspopulisten von Pegida (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes). Ihnen spielt die Massenflucht von Muslimen vor dem Terror des IS und ähnlicher Milizen in die Karten. Sie agitieren und hysterisieren nach bewährten Schablonen: Die natürliche Scheu der Menschen vor Fremdem, Unbekanntem oder Ungewohntem wird zu Vorurteilen verfestigt, die zur „Bedrohung“ aufgeblasen werden, die Ängste auslöst und steigert. Daher müssten die Muslime ausgegrenzt und bekämpft werden.

Hier schimmert das Grundmuster nicht nur des Nazi-Rassismus durch: Die sind andersartig, also anderswertig und daher minderwertig. Nicht nur grenzt diese Strategie eine Parallelgesellschaft von Frustrierten und Perspektivlosen in Europa aus, sie hantiert auch mit haltlosen Pauschalurteilen und setzt die Muslime unter Generalverdacht“.

Hutters Befund lautet somit:

„Mit Hass auf Muslime treiben die Rechtspopulisten somit in Europa dem IS Sympathisanten und Rekruten zu und munitionieren auch die IS-Propaganda an der ‚Heimatfront‘“.

 

Flüchtlinge als Bereicherung ?

Flüchtlinge und Zuwanderung: Wie „nützlich“ sind sie für uns ?

Udo Bachmair

Das Thema Flüchtlinge ist zurzeit in aller Munde. Wir sind mit einer großen Herausforderung konfrontiert, die sachlicher und menschlicher Lösungen bedarf. Doch Emotionen nehmen überhand. Angeheizt vor allem von Boulevard-Medien sowie rassistischen Internet-Postings, die mit dazu beitragen, Ängste und Hass zu schüren.

Selbstverständlich sollen Unsicherheiten und Probleme, die mit der Flüchtlingsfrage verbunden sind, nicht ignoriert werden. Es ist allerdings nun höchste Zeit, sich nach permanent demonstrierter Empörung und Aufregung von Kronenzeitung bis hin zu Stammtischen mit der komplexen Causa konstruktiv zu beschäftigen.

Einen Versuch dieser Art unternimmt die Stiftung Unruhe und die Sozialmarie mit Unterstützung der Vereinigung für Medienkultur am kommenden Donnerstag mit Antworten auf die Frage:

Flüchtlinge und Zuwanderung – Wie profitieren wir davon?
Termin:    Donnerstag, 26. November 2015
Ort:            Presseclub Concordia, Bankgasse 8, 1010 Wien
Beginn:                17:00 Uhr
Programm:
Best Practices Initiativen mit Flüchtlingen und Zuwanderern

Bei diesem Austausch gibt es einerseits die Möglichkeit, die SozialMarie Siegerprojekte der letzten Jahre aus dem Bereich Migration kennenzulernen. Anderseits haben Sie die Gelegenheit, Ihre Ressourcen und Unterstützungsmöglichkeiten anzubieten.

ab 18.30 Uhr : Eine Expert_innendiskussion :
Flüchtlinge und Zuwanderung- Belastung oder Bereicherung?

Moderation: Udo Bachmair, Präsident der Vereinigung für Medienkultur

Gäste:

Michael Landesmann, Scientific Director des Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche

Regina Polak, Associate Professor am Institut für Praktische Theologie an der Universität Wien

Helmut Spudich, T- Mobile Pressesprecher und ein der Autoren bei 0676 Blog T- Mobile Austria

Laura Wiesböck, Migrationsforscherin am Institut für Soziologie, Universität Wien

Beate Winkler, Autorin und über viele Jahre Direktorin der jetzigen EU-Grundrechtsagentur

 

Neue „Krone“-Hetze gegen Flüchtlinge

Verbale Gewalt als Vorstufe zu physischer Gewalt ?

Udo Bachmair

So als wäre die Flüchtlingscausa nicht ohnehin schwierig genug und höchste Lösungskompetenz gefordert, gießt das rechtspopulistische Boulevard-Blatt erneut Öl ins Feuer. Jüngstes Beispiel: Eine Glosse des „Krone-Steiermark“-Chefredakteurs Christoph Biro, in der er pauschal Stimmungsmache gegen Flüchtlinge betreibt.

Biro phantasierte in seinem „Kommentar“ von Übergriffen und Sachbeschädigung durch Flüchtlinge. Die Polizei dementierte die Vorwürfe klar und spricht von „absolutem Blödsinn“.

Der neue österreichische Presserat, der kürzlich sein 5-jähriges Jubiläum beging, hat mit der Kronenzeitung viel zu tun. Zahlreiche Beschwerden sind bei ihm bereits eingegangen, allein 40 zum oben angeführten Fall.

„Junge, testosteron-gesteuerte Syrer“ hätten „sich äußerst aggressive sexuelle Übergriffe“ geleistet, Afghanen die Sitze in ÖBB-Waggons aufgeschlitzt und ihre Notdurft verrichtet, weil sie nicht auf Sitzen Platz nehmen wollten, auf denen Christen gesessen sind, und „Horden stürmen die Supermärkte, reißen die Packungen auf, nehmen sich, was sie wollen, und verschwinden wieder“, so heißt es ganz ohne Beweise und ohne Angaben von Quellen in dem FPÖ-nahen Blatt.

Fritz Grundnig von der Landespolizeidirektion Steiermark nannte die Ausführungen Biros „absoluten Blödsinn„. Dabei handle es sich um Facebook-Gerüchte, für die Beweise fehlen. „Die leider aber sehr viel an polizeilicher Arbeit binden“, so Grundnig.

Die „Krone“ war erst vergangene Woche wegen mehrerer Beiträge auf Krone.at, in denen Flüchtlinge diskriminiert wurden, vom Presserat gerügt worden. Dabei wurden laut Polizei Schilderungen aufgebauscht, verstärkt, übertrieben und verkürzt. Laut Presserat wolle die „Krone“ syrische Flüchtlinge offenbar bewusst in schlechtem Licht erscheinen lassen.

Die Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch hat eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Graz übermittelt. Es sei zu prüfen, ob der Kommentar unter den Verhetzungsparagrafen (§ 283 StGB) oder unter die wissentliche Verbreitung falscher, beunruhigender Gerüchte (§ 276 StGB) falle.

„Der Chefredakteur der steirischen ‚Kronen Zeitung‘ hat sich in übler Stimmungsmache gegen Flüchtlinge betätigt. Er hat in pauschalierender Weise Gerüchte über Flüchtlinge gestreut und damit Angst und Misstrauen gegen Schutzsuchende geschürt„, erklärte SOS Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak. Meinungsfreiheit sei ein sehr hohes Gut, zugleich gebe es aber „vollkommen zu Recht“ Gesetze gegen Verhetzung und gegen die wissentliche Verbreitung falscher, beunruhigender Gerüchte. „Verhetzung ist keine Meinung, sondern ein Akt der verbalen Gewalt. Diese verbale Gewalt ist oftmals die Vorstufe zu physischer Gewalt...“

Journalistischer Verantwortung und Ethik und damit auch der österreichischen Medienkultur hat das Pegida-nahe Massenblatt damit einmal mehr einen schweren Schlag versetzt.

P.S. Biro hat unterdessen die Konsequenzen gezogen und zieht sich eine Zeitlang aus der Redaktion der „Steirer-Krone“ zurück. Er gesteht einen Fehler ein.

 

Flüchtlingsdrama: Verantwortung und Versagen der „westlichen Wertegemeinschaft“?

Gabriele Matzner-Holzer, Diplomatin und Ex-Botschafterin

(Teilnehmerin der Podiums-Diskussion zum Ukraine-Konfikt und der Verantwortung von Medien und Politik am 24. 9. ab 18.30 Uhr im Presseclub Concordia in Wien)

Geschätzte FreundInnen!

Oftmals wird gefragt, warum sie zu uns kommen, und gerade jetzt in größerer Zahl. Richtig: man sollte dafür sorgen, dass sie in ihren Herkunftsländern und den Nachbarländern, wohin sie – meist vor Krieg und extremer Not – geflüchtet sind, bleiben.

Aber wie? Sicher nicht, indem die „internationale Staatengemeinschaft“, wie geschehen die dafür nötigen Mittel kürzt oder schlicht nicht bereit stellt (es handelt sich um Beträge, die diese Gemeinschaft quasi aus der Portokassa bezahlen könnte, denkt man einmal an die aufgewandten vergleichsweise viel höheren Mittel für „Terrorismusbekämpfung“, Aufrüstung, Bankenrettung, Flüchtlingsabwehr etc.). Es gab bereits genügend Warnungen, und vor vielen Monaten, was passieren würde, wenn die „Gemeinschaft“ weiterhin zahlungsunwillig ist.

Ich frage mich, und Euch, warum derartige Warnungen nicht nur bei den „Verantwortlichen“ verhallen (die geforderten und zugesagten Mittel für UNHCR liegen immer noch bei einem schwachen Drittel des Benötigten), sondern kaum in unseren Medien kritisch aufgegriffen wurden und werden?

Nun ist von Schlepperbekämpfung und „Schifferlversenken“ (beides Kurieren am Symptom) und „Lagern“ in den angrenzenden außer-europäischen Ländern („Externalisierung“ des Problems) als Lösung die Rede. Welche Länder will man mit solchen Lagern betrauen? Libyen? Und würden dafür, anders als derzeit, wirklich ausreichende Mittel zur Verfügung gestellt werden, sodass die Menschen dort nicht wie die Tiere nur vegetieren müssen?

Ich frage mich weiters, ob man den Konnex zwischen der Interventionspolitik der „westlichen Wertegemeinschaft“ in diversen (zugegebenermaßen diktatorischen, aber funktionierenden) Ländern in den letzten Jahren und dem nunmehrigen Chaos („failed states“ mit allen grauenvollen Begleiterscheinungen, was natürlich keinen IS oder dergleichen entschuldigt) nicht sehen kann – oder will? Aber warum thematisieren unsere Medien (und PolitikerInnen) diese Frage nicht oder kaum? Es könnte bewusstseinserweiternd wirken und eine öffentliche Meinung gegen weitere derartige Interventionen aufbauen helfen (derzeit wird mit westlicher, US-Deckung der Jemen in einen „failed state“ verwandelt, die Hälfte der Bevölkerung ist bereits auf der Flucht).

Natürlich kann „Europa“ nicht alle Bedrängten der Welt aufnehmen. Es könnte sich aber als Friedensnobelpreisträger fragen, was es selbst zum Unfrieden und zu den Fluchtbewegungen beiträgt und beigetragen hat,

meint mit friedlichen Grüßen

Gaby Matzner

www.matzner-holzer.at

„Krone“ als FPÖ-Organ

Massenblatt verstärkt Stimmungsmache gegen Flüchtlinge

Udo Bachmair

Seit Jahren bereits fällt die größte Zeitung des Landes mit Kampagnen gegen Ausländer unterschiedlicher Herkunft auf. In Glossen und vor allem auf Leserbriefseiten schürt das Kleinformat nun aber immer unverblümter die Stimmung gegen Asylwerber und Flüchtlinge. Bewusst oder unbewusst besorgt die „Krone“ damit auch das Geschäft der Strache-FPÖ.

Das Massenblatt scheint sich dabei gar nicht einmal mehr die Mühe zu machen, auf subtile Weise auf Kopf und Bauch der Menschen einzuwirken. Anti-Flüchtlingspropaganda wird immer offener und plumper auch durch raffinierte Kombination von Bildern und Text verstärkt. Typisches Beispiel die jüngste-besonders viel gelesene-Sonntagsausgabe der Kronen Zeitung.

Unter der Überschrift „Der IS auf dem Weg zu uns“ ist eine Aufnahme zu sehen, auf der Flüchtlinge gerade ihre Zelte ansteuern… Auf dem Bild daneben sieht man ein Schlauchboot voll mit Flüchtlingen auf dem Weg Richtung Europa. Darunter der Satz: „Getarnt als Flüchtlinge werden Islamisten des IS nun verstärkt nach Westeuropa eingeschleust, um noch mehr blutige Zeichen zu setzen“.

Als Quellen des Ängste schürenden Artikels mit dem Untertitel „Wie der Terror nach Österreich kommt“ wird ein anonymer Geheimagent genannt sowie ein ebenfalls anonymer „Insider der heimischen muslimischen Gemeinde“. Beide haben „bestätigt“, dass der IS „den Krieg auch im Westen so richtig zum Ausbruch bringen“ wolle. Jedenfalls wird der Eindruck des Generalverdachts erweckt unter der Devise: Achtung, die meisten der Flüchtlinge sind nichts anderes als getarnte IS-Terroristen, die sich bei uns Schutz erschleichen wollen. Also ganz im Sinne der Propaganda der Strache-FPÖ, die sich über die Gratis-Wahlkampfhilfe die Hände reiben kann.

Ein paar Seiten weiter in derselben Ausgabe des Boulevardblatts eine überraschend direkte FPÖ-Wahlempfehlung des Krone-Kolumnisten Peter Gnam. Im Anschluss an die bewundernde Frage „Wie macht das nur der H.C. Strache?“ erwähnt dessen Sympatisant genugtuend den Vormarsch der FPÖ in Umfragen und merkt an, dass die Wähler sich eben „nichts sagen lassen, bei welcher Partei sie ihr Kreuzerl machen“. Um dann gleich seine leicht nachvollziehbare Empfehlung nachzuschießen: „Wer wählt schon Chaos in der Asylpolitik, Griechenlanddesaster, EU-Versagen usw“. Die Botschaft kommt an: Es gibt also nur eine Partei, die man wählen kann..

Damit nicht genug: Ein paar Seiten weiter lobt der Glossist Michael Jeannee Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl für dessen Koalition mit der FPÖ. Er würdigt ihn als einen, dem „die zornigen Zurufe des großen roten Häupl-Bruders aus Wienherzlich egal sind“. Und Niessl gehöre auch zu denjenigen, die auf das „Geplärre“ gegen die FPÖ „nichts geben“.

Selbstverständlich ist es der „Krone“ unbenommen, sich als Propagandaorgan der FPÖ zu verstehen. Der politisch wache Beobachter fragt sich nur : Warum wird das rechtspopulistische Blatt mit Millionen-Inseraten-Geldern aus dem Umfeld der SPÖ gefüttert ? Wann gehen den Sozialdemokraten die Augen auf über den wahren Kurs der „Krone“, die ihre Politik und Grundsätze klar konterkariert ? Nicht zuletzt Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl selbst wird sich die Frage gefallen lassen müssen: Nimmt er diese Erkenntnisse zur Causa „Krone“ wissentlich in Kauf..?

Asyl, Flucht, Auswanderung und Marshallplan für Afrika

Hans H ö g l

Vergangenes Jahr nahm ich an der Sommerakademie in Zakynthos (Griechenland) teil und hoffte, Fische in Restaurants essen zu können, aber die Speisekarte enthielt kein Fischangebot.  Anlässlich eines Ausfluges fragte ich eine Fremdenführerin, woran das liege. Ich musste noch einmal nachfragen, um die schüchterne Antwort  zu erhalten:  Es liegt an der Überfischung.

Der internationale Fischfang entzieht vielen Menschen die Lebensgrundlage, so auch in Afrika. Ein Kurzhinweis in der „Furche“ (23. April 2015) hilft mir zu einer Präzision:  50 Millionen Menschen sind weltweit (in)direkt vom Fischfang abhängig. In Somalia nahmen europäische und japanische Fischkutter den somalischen Kleinfischern die Lebensgrundlage und trugen dazu bei, auf Piraterie umzusatteln. – Europäische Firmen  exportieren minderwertiges Hühnerfleisch nach Afrika und zerstören die einheimische Produktion.  Diese und andere Hintergründe  (z.B. massive Korruption der afrikanischen Eliten selbst ) sind maßgeblich für die Flucht vieler Afrikaner aus dem Elend.  Das kurzsichtige Verhalten des Westens versus Afrika wird  in Spezialmagazinen wie „Südwind“ thematisiert, aber diese Infos erreichen nicht  die breite Öffentlichkeit.

Umso begrüßenswerter ist es, dass kürzlich der Chef der Bundeswirtschaftskammer Dr. Christoph Leitl die bekannte Idee von Dr. Josef Riegler in einem Oe-1-Journal genannt hat,  es sollte für  Afrika einen Marshallplan geben, um die Lebensbasis von Afrikanern in ihren Ländern s e l b s t    zu bessern und so die Auswanderung zu vermindern.  Bei meinem mehrwöchigen Aufenthalt in  Westafrika (Benin, Togo und Ghana) baten mich immer wieder schwarze Kellner  in Restaurants um meine Adresse. Meine Frage nach dem Zweck:  Über europäische Adressen zu verfügen,  bedeutet eine Hilfe für die Auswanderung.  Sie alle wollen auswandern….Das kann nicht die Lösung sein.