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Jörg Haiders zwölf Ausländer-Forderungen 1992/93. Neue Rechte heute

Hans    H ö g l

Vor 34 Jahren, am 21. Oktober 1992, listet „Die Presse“ Jörg Haiders zwölf Forderungen auf – zum Umgang der Regierung mit Ausländern und Zuwanderern. Diese Forderungen mündeten Ende Jänner 1993 in das Volksbegehren „Österreich zuerst“ – unterstützt von 416.531 Menschen (also damals nur von 7,35 Prozent der Wahlberechtigten).

Diese 12 Forderungen sind – verpackt in Juristendeutsch – fast völlig einseitig und de facto ähnlich der Schwarz – Weiß- und Feindbild-Propaganda der 30iger Jahre: So sind Maßnahmen gegen Sozialmissbrauch der Ausländer zu treffen; ausländische Straftäter sind abzuschieben; die Fremden- und Kriminalpolizei gilt es, aufzustocken; Haider fordert einen Einwanderungsstop für Ausländer; Zugewanderte dürfen nicht wählen: die Staatsbürgerschaft ist erst nach zehnjähriger Wartefrist zu erteilen; Deutschkurse sind vor dem Eintritt in die Pflichtschule anzubieten; in den Schulklassen darf es maximal einen 30-prozentigen Anteil von Schülern geben, die nicht Deutsch als Muttersprache haben.

Dieser Anteil an Wiener Pflichtschulen beträgt 2016 im Schnitt 45 %. Die 12 Positionen spiegeln wider, was 2015/16 angesichts der Kriegsflüchtlinge aus diffuser Angst aufgegriffen wird. Relativ neu ist, dass Straches FPÖ-Forderungen im Namen des Christentums formuliert werden. Aber hat nicht Jesus zu Werken der Barmherzigkeit und Achtung und Hilfe für die Fremden aufgerufen und appelliert, dem verachteten, fremden Mann aus Samaria zu helfen?

Für den Umgang mit den Fremden und Einwanderern und mit anderen Ländern kann jener hervorragend treffliche Satz gelten, den der russische Philosoph Nikolai Berdiajew formulierte:

                 Liebe das eigene Volk und achte die anderen Völker.

Dieses Wort drückt in der inter-nationalen Dimension das aus, was auch für richtig verstandene Nächsten-„Liebe“ gilt, nämlich eine heikle Balance zu finden zwischen dem Du und dem Selbst, dem Eigeninteresse und dem des Anderen. Dies ist weder Selbstaufgabe noch Selbstzentriertheit.

Auf der Ebene der Staaten bedeutet es Selbstachtung und Respekt vor anderen Völkern und Ethnien. In Skandinavien ist die Hochachtung des eigenen Landes selbstverständlich. Meine schwedischen Verwandten hissten die Landesfahne, als wir aus Österreich auf Besuch kamen. Aber Skandinaviens Geschichte hat nicht jene Belastungen wie wir in Mitteleuropa.

Der dramatische Mangel an Sprachverständnis und an politischer Bildung besteht darin, dass breite Kreise nicht gelernt haben, gedanklich zu differenzieren. In Österreich krallen sich noch zu viele an die Vergangenheit, in Deutschland kennen große Kreise nur die Extreme: entweder unablässige Selbstbeschuldigung oder die Hysterie vor eigenem Untergang.

 

 

 

Emotionen versus Fakten in Medien

Hans H ö g l

Stefan Petzner, früher erfolgreicher Kampagnenchef von Jörg Haider, gab dem Medienmagazin „Zapp“ ein Interview. Petzner erläutert darin, dass die Leute auf Einzelfälle reagieren und so emotionalisiert werden. Den Einzelfall eines Tschetschenen, berichtet in Medien, hat Stefan Petzner aufgegriffen und kampagnisiert und sozusagen ganz Kärnten tschetschenen-frei gemacht.

Die gefühlten  Wahrheiten sind stärker  als objektive, korrekte statistische Daten.   Zapp in 3-sat war für 15.Oktober vor Mitternacht geplant, de facto war die Sendung ab 1:02. Und Medien springen auf Provokationen, anstelle diese zu ignorieren (Petzner).

Medienberichte über gravierende Vorfälle, Einzelfälle, im Jargon des Journalismus werden dies G`schichten genannt, erregen die Aufmerksamkeit, erhöhen die Quote, peitschen die Gefühle auf. Und für die Masse, für die Leut`, sind solche Emotionen DIE WAHRHEIT. So entstehen maßlose Ängste, Übertreibungen, Ausländerhorror… Es geht ums Zuspitzen, um hörbar zu werden. Und offensichtlich verlangt dies der Volksmund.

Fakten sind Grundlage für den Diskurs.

Dass dies im Journalismus täglich passiert, ist keine Frage – vor allem im Boulevard, aber nicht nur. Auch Qualitätsmedien kennen das Begehren nach intensiver Aufmerksamkeit. Das ist Gold für die Werbekasse. Durch die AfD und die maßlosen Vorwürfe „Lügenpresse“ sind auch die traditionellen Medien aufgewacht, dass auch sie vielleicht Fehler machen. Früher wurde auch geflunkert und gelogen, vielleicht nicht so krass wie in der AfD. „Die Härte der Lügen hat zugenommen“, so der Spiegel-Onlinechef augenzwinkernd. Auch die Faktenlage über Stars in Freizeitjournalen kann spärlich, manchmal frei erfunden sein.  

Wachsende Sehnsucht nach dem „starken Mann“: Was tun ?

Buchtipps: Von „Schmutziger Demokratie“ bis zur „Bewegung für eine bessere Welt“

Udo Bachmair

1.)    „Schmutzige Demokratie“

Die Alarmglocken läuten im Land. 2016 sehnen sich vier Mal so viele Menschen hierzulande nach dem „starken Mann“ als noch vor 10 Jahren. Schockierendes Ergebnis einer Umfrage des SORA-Instituts. Demokratiemüdigkeit hat den jüngst erhobenen Daten zufolge ein beängstigendes Ausmaß erreicht. Am Ende könnte ein unheilvoller Führerkult stehen, der nicht nur einmal in der Geschichte zur Katastrophe geführt hat. Aber was tun gegen den weiter um sich greifenden Rechtspopulismus, der über FPÖ und Kronenzeitung hinaus zunehmend auch bisher liberal Gesinnte zu erfassen droht ?

Gute Analysen und Antworten zur Causa liefert Sachbuch-Autor Jürgen Roth in seinem neuen Buch

„Schmutzige Demokratie“ – erschienen im Verlag Ecowin

Für Jürgen Roth haben die Rechtspopulisten die liberale Demokratie im Visier. Sein Befund: „Autoritäre Führer sind die größte Gefahr in und für Europa“ (Kurier, 26.9.2016).

Viele AfD- oder FPÖ-Wähler würden sich nur noch von bestimmten Medien beeinflussen lassen, die ihre Vorurteile und Ressentiments bestärken. Zudem glauben sie den Lügen, etwa dass die FPÖ nichts mit den „Identitären“ zu tun habe, so der Autor.

2.)    „Ach Österreich!“ erschienen bei Zsolnay

Sorgen um die politische Entwicklung in Österreich und Europa macht sich auch Armin Thurnher von der Wochenzeitung „Falter“, die sich als eines der wenigen Medien hierzulande investigativem Journalismus verpflichtet fühlt. In seinem jüngsten Buch

„Ach Österreich! Europäische Lektionen aus der Alpenrepublik“

versucht er die bange Frage zu beantworten:

Ist es zum Fürchten um Europa, besteht noch Hoffnung ?

Die „New York Times“ illustriert übrigens den Aufstieg rechter Kräfte in den Ländern der EU graphisch: Den kräftigsten roten Balken erhält Österreich..

Nicht unmittelbar zum Thema gehörig, aber doch im Sinne von Ideen für eine bessere Welt sei auch das jüngste Buch des Philosophen, Religionspädagogen und Friedensforschers Erwin Bader empfohlen:

3.)    „Riccardo Lombardi und das Konzil – Kann Liebe die Welt verändern ?“

Das im LIT-Verlag erschienene wissenschaftliche und spirituelle Buch handelt u.a. von den zahlreichen Predigten Lombardis, in denen er immer wieder zu einer „radikalen Reform der Kirche“ aufgerufen hat.

Erwin Baders Buch befasst sich auch mit der „Bewegung für eine bessere Welt“, in der der Geist Lombardis weiterlebt.

Buchpräsentation am 13. Oktober 19 Uhr : „Quo Vadis“, Stephansplatz 6 A-1010 Wien

VfGH-Urteil mit gefährlichen Konsequenzen ?

Annullierung des Wahlsieges von Van der Bellen ein historischer Unfall ?

Udo Bachmair

Die Debatte rund um die vom VfGH aufgehobene Präsidentschaftswahl geht weiter. Eine komplexe Causa, die differenzierender Argumentation bedarf. Einerseits sind Urteile der Höchstrichter unjuridisch ausgedrückt „sakrosankt“. Sie gelten, ob es einem passt oder nicht. Dennoch darf die Frage erlaubt sein, welche Konsequenzen eine Entscheidung nach sich zieht, die nicht auf Beweisen basiert , sondern auf bloßem Verdacht auf Manipulationen.

Verfassungsjuristen schätzen das Urteil des Höchstgerichts höcht unterschiedlich ein, auch in Leserbriefspalten und Zeitungskommentaren scheiden sich die Geister in diesem heiklen Fall. Die einen sprechen von einem „Sieg des Rechtsstaates“, andere wiederum von „Gefahr für die Demokratie“. Was zudem bleibt, ist der Eindruck, dass die Anfechtung der Stichwahl durch die FPÖ weniger dem Wahlverfahren gegolten hat, sondern dem Einspruch gegen ein unpassendes Wahlergebnis. Der VfGH missbraucht als parteipolitisches Instrument ?

„Aus der Geschichte und der Gegenwart lernen wir, dass am Beginn von totalitären Regimen, von Autokratien und Diktaturen fast immer Anfechtungen und Verleumdungen freier Wahlen standen und stehen. Und dazu wurden oft rechtsstaatliche Mittel benutzt. Die wahren Absichten werden später offenbar“, befindet etwa Ex-Burgtheaterdirektor Nikolaus Bachler in einem Gastkommentar für den KURIER.

Und im FALTER analysiert ORF-Korrespondent Raimund Löw :

„Die Annullierung einer fairen und freien Wahl durch die österreichischen Höchstrichter ist einzigartig. Es gibt international kein anderes Beispiel, dass eine demokratische Präsidentenwahl aus rein formalen Gründen außer Kraft gesetzt wurde. In einer politischen Extremsituation, in der die Verhältnisse in der gesamten westlichen Welt ins Rutschen geraten, ein verheerender Vorgang.

Die Richter haben argumentiert, dass auch die Möglichkeit einer Manipulation ausgeschlossen sein muss. Nicht einmal die FPÖ behauptet, dass es eine Fälschung tatsächlich gegeben hätte. Die einzigen, die den Wählerwillen manipulieren, indem sie die Wahl annullieren, sind die Richter selbst.

Die formaljuristischen Argumente, mit denen der VfGH den am 22.Mai 2016 zum Ausdruck gekommenen Wählerwillen außer Kraft setzt, stehen in merkwürdigem Gegensatz zur politischen Sprengkraft der Entscheidung. In Europa brechen gerade die Dämme gegenüber einer nationalistischen Rechten, die ausgezogen ist, die liberale Demokratie zu zerstören.

Die Wahl Van der Bellens wurde weltweit beachtet, weil sie den Weg der FPÖ an die Staatsspitze blockierte. Diese Möglichkeit wird jetzt wieder hergestellt. Sollte der FPÖ-Kandidat Hofer im zweiten Anlauf erfolgreich sein, wird der Weg für H.C. Strache geebnet. In zukünftigen Geschichtsbüchern würde die Annullierung des Wahlsieges Van der Bellens dann wohl als historischer Unfall gewertet werden, herbeigeführt aus juristischem Purismus aber mit der objektiven Wirkung eines Coups, selbst wenn von den Richtern etwas ganz anderes intendiert war.

Weil die Kuverts in österreichischen Gemeinden von den falschen Personen aufgeschlitzt wurden, bleibt die Gefahr einer weiteren politischen Destabilisierung Europas vorläufig bestehen. Eine Unverhältnismäßigkeit, die die Höchstrichter ignoriert haben.“

www.loew.at

 

BP-Wahl: VGH-Urteil „fragwürdig“ ?

Entscheidung der Höchstrichter nicht unumstritten

Udo Bachmair

Selbstverständlich ist eine Entscheidung der Höchstrichter zu akzeptieren. Unabhängig von politisch-taktischen Erwägungen. Der Verfassungsgerichtshof hat auch in der Causa der stattgegebenen Anfechtung der Bundespräsidentenwahl ausschließlich juridische Begründungen als Motiv für seine Entscheidung geltend gemacht. Das entspricht seinem gesetzlichen Auftrag und der Erwartungshaltung der Öffentlichkeit.

Aber: Auch ein VGH agiert nicht im politik- und wertfreien Raum. So ist gerade auch im konkreten Fall die Frage legitim, ob die Verfassungsrichter realpolitische Konsequenzen einer solchen schwerwiegenden Entscheidung sorgfältig genug überlegt haben. Jedenfalls sind entgegen dem überwältigenden Lob für den VGH in Medien und Politik vereinzelt auch Bedenken und Kritik vernehmbar.

So hält der Autor Robert Misik im STANDARD die Entscheidung des VGH für „fragwürdig“ :

  1. hätte der Verfassungsgerichtshof auch anders entscheiden können.
  2. fällt er seine Urteile immer in einem politischen Kontext. Und selbstverständlich spielte für die Richter eine Rolle, dass sie der FPÖ nicht weiteren Anlass für ihre Kampagnen liefern wollten.
  3. Aber hat der Verfassungsgerichtshof das wirklich bis zum Ende gedacht?
  4. Hat er sich eigentlich überlegt, welche Verfassungskrise entstünde, wenn Norbert Hofer, dem ein zweiter Versuch geschenkt wurde, bei der Neuaustragung gewinnen würde?

Es steht zu befürchten, dass der Verfassungsgerichtshof das nicht überlegt hat. Im Grunde ist dieses Urteil selbst zirka so schlampig wie die Wahlorganisation in einem kleinen Dorf in der Provinz.

Er hat so entschieden, um sich ein Problem billig vom Hals zu schaffen: Er wollte der aggressiven FPÖ-Kampagne den Wind aus den Segeln nehmen, wollte sich den erwartbaren Angriffen von Strache, Hofer & Co nicht aussetzen.

Das ist verständlich und auch nicht unklug.

Aber er hat damit sofort ein anderes Problem geschaffen: Er hat 50,3 Prozent der Wähler gesagt: „Ich annulliere Eure Stimme. Eure Wahlentscheidung ist weniger wert als das aufgeregte Gefuchtel der FPÖ.“

Die Stimmen von 2.254.484 Wählerinnen und Wählern werfen wir einfach so weg.

That’s it, in the End. Er hat gesagt: Die Stimmen der Mehrheit der Wähler sind weniger wert als die Empörungsbewirtschaftung der Verliererpartei.

In einer Güterabwägung – wie stärke ich das Vertrauen der Verliererpartei? Und wie respektiere ich zugleich den Wählerwillen der Mehrheit? – hat er sich allein auf eine Seite gestellt.

Wie das mit dem Geist der demokratischen Verfassung in Einklang zu bringen ist, soll mir erst einmal ein Verfassungsrichter erklären. (Robert Misik, 3.7.2016)

 

Medieninitiative „Gegen Hass im Netz“

Begrüßenswerte Aktion von „profil“ und „Kurier“

Udo Bachmair

„Führt eine strenge Selektierung der Asylanten ein, schickt die Parasiten endlich zurück.“

„Ich sage es immer wieder-Torpedieren die Boote damit die alle absaufen“ .Die wolln unsere weise Grosrasse zerstören!!!!!!“ (sic!)

„Die Glawischnig gehört an die Wand gestellt wegen Hochverrat.“

„Gebt dem Schwein eine Kugel [Faymann]“

„Hirnlose „Steuergeldverschwendung“ für diesen „Schwuchtelwahn“ (Posting wurde von einer FPÖ Bezirksorganisation verfasst)

Solche und ähnliche andere Zitate von Hasspostings und Aufrufen zur Gewalt haben sich laut Recherchen eines Wiener Aktivisten auf Facebook-Seiten der FPÖ gefunden. Er will hetzerische Nutzerkommentare nun systematisch dokumentieren und hat dafür das Projekt „Eau de Strache“ gestartet. Angegeben ist der jeweilige Link, über den jede Äußerung auf Facebook zurückverfolgt werden kann.

Angesichts der weiter um sich greifenden Verbalaggressionen wollen auch „profil“ und „Kurier“ Hass und Hetze im Internet nicht mehr länger hinnehmen. Die beiden Medien wollen mit ihrer Initiative „Gegen den Hass im Netz“ notfalls rechtliche Maßnahmen ergreifen, jedenfalls Aufklärung betreiben.

„Kurier“-Herausgeber Helmut Brandstätter: „Wir werden uns natürlich auch sehr genau ansehen, welche Politiker uns unterstützen, gegen den Hass im Netz vorzugehen.“

In den kommenden Tagen und Wochen werden „Kurier“ und „profil“ intensiv über dieses Thema berichten, auch Plattformen wie Facebook werden zum Austausch eingeladen. „Es braucht einen gesellschaftlichen Schulterschluss gegen den Hass im Netz“, sagt „profil“-Medienredakteurin Ingrid Brodnig.

Einmal mehr empfohlen sei in diesem Zusammenhang Brodnigs kürzlich im Brandstätter-Verlag erschienenes Buch „Hass im Netz“. Darin bietet sie konkrete Tipps und Strategien an, der um sich greifenden Hasskultur zu begegnen. Die Autorin grundsätzlich:

„Es ist wichtig, dass wir als Gesellschaft auch im Internet klarmachen: Hetze und Gewaltaufrufe werden nicht akzeptiert!“

Hassparolen ohne Ende ?

Rechtspopulisten und Rechtsextremisten:
Werden wir die Geister, die sie riefen, wieder los ?

Udo Bachmair

Genervt von Attacken der FPÖ hat sich Bundeskanzler Christian Kern jüngst im Parlament zu einem Plädoyer für einen „zivilisierten Tonfall in der Debatte“ veranlasst gesehen, „ weil wir ja aus der Geschichte wissen, dass sich die Gewalt der Worte sehr rasch in einer Gewalt der Taten entladen kann.“

Der Regierungs- und SPÖ-Chef war tags zuvor auf der Facebook-Seite von FPÖ-Obmann Strache mit einer „schnellen Kugel“ bedroht worden. Weitere Hass- und Hetz-Postings mit Gewaltaufrufen gegen Van der Bellen-Anhänger, „Linkslinke“ und „Gutmenschen“ geben zunehmend Anlass zur Sorge.

Auch in Deutschland werden rechtsextreme Positionensichtbarer“, wie nun eine Studie der Universität Leipzig zutage gefördert hat. „Brandanschläge auf Asylheime, Übergriffe auf Ausländer und Hassparolen im Netz seien der traurige Ausdruck einer größer werdenden Enthemmung“, so der Befund der Studienautoren.

Unterdessen rücken FPÖ und die ebenfalls rechtspopulistische Aktion für Deutschland näher zusammen. Weitere Gespräche mit AfD-Chefin Frauke Petry sowie mit der rechten Front National-Führerin Marine Le Pen sollen gemeinsame Positionen, wie die gegen „Überfremdung“ durch ausländische Schutzsuchende, weiter vertiefen.

Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund erteilt die neue Wiener SP-Managerin Sybille Straubinger einer Zusammenarbeit mit der FPÖ eine klare Absage. Auf eine entsprechende KURIER-Frage sagt sie: „Ich hab die FPÖ noch nie konstruktiv erlebt. Egal, um welches Thema es geht: Sie landet immer beim Thema Ausländer, weil sie populistische, hetzerische Politik macht“.

Die FPÖ hingegen sieht einmal mehr eine Verschwörung gegen sich und kann damit rechnen, dass ihr die Opferrolle weiteren Zulauf bringt. Da stört es offenbar nicht, dass von ihr keine Kritik an Übergriffen und Störaktionen der als rechtsradikal eingestuften „Identitären“ hörbar wird.. Im Gegenteil: Die Stürmung einer Lehrveranstaltung durch Identitäre in Klagenfurt beschönigte FPÖ-General Kickl im Parlament mit den Worten: „Was ist denn gestürmt worden, geh bitte!“.

Verharmlosungen dieser Art und die (Rechts-)Radikalisierung von Worten geben nicht nur Anlass zur Sorge, sondern machen auch vielen Menschen Angst. Um gegensteuern, ist u.a. profunder aufklärungsorientierter Journalismus nötiger denn je.

Jüngstes positives Beispiel dafür STANDARD-Redakteur Hans Rauscher. Er schreibt in der heutigen Ausgabe seines Blattes unter dem Titel

 Hasskrankheit

„Es wird Zeit. Es wird Zeit, sich zunächst einmal über das Phänomen der Hasskrankheit klar zu werden, das jetzt bei uns überall zutage tritt.

Wenn auf Straches Facebook-Seite einer schreibt, „eine schnelle Kugel“ sei das Wahre für Bundeskanzler Kern, und einer dazuschreibt „9 mm!!!“, dann wird es Zeit.

Wenn prominenten liberalen Journalistinnen massenweise die Vergewaltigung durch Asylwerber gewünscht wird, und zwar in klinikreifen Formulierungen, dann wird es Zeit.

Wenn Wiener FPÖ-Funktionäre verhindern wollen, dass eine Schule nach einem kindlichen Opfer eines berüchtigten NS-Arztes und vielbeschäftigten Gerichtsgutachters der Republik benannt wird, und so dem Opfer ins Grab nachspucken, dann wird es Zeit.

Zeit, sich darüber klar zu werden, was sich da im Windschatten erfolgreicher rechter Bewegungen und Parteien in den sozialen Medien aufgebaut hat: Facebook wird zu Hatebook und Freakbook. Zu erkennen, dass sie immer frecher und siegesgewisser werden; dass es dringend einer Gegenstrategie bedarf.

Diese muss einerseits vom Staat, vor allem von der Justiz kommen. Die Mischung aus offiziellem Verdrängen, Verharmlosen und Blödstellen muss aufhören. Zugleich muss die Zivilgesellschaft, die es ja gibt, ihre Kräfte bündeln, direkt in den sozialen Medien kontern und den Freaks nicht mehr die Hegemonie lassen.“

 

 

Notstand

Udo Bachmair

Demnächst also soll ein weiter verschärftes Asylgesetz beschlossen werden, das in Österreich den Flüchtlings-Notstand erklärt. Getrieben von rechten Populisten in Politik und Boulevardmedien geht die SPÖ/ÖVP-Koalition allen Ernstes davon aus, der FPÖ mit einem scharfen Rechtsruck das Wasser abgraben zu können. Doch weit verfehlt.

Vor allem die SPÖ hat mit ihrer „Strategie“, einen radikalen Wechsel von einer humanen Flüchlingspolitik zu einer radikalen Abschottungspolitik zu vollziehen, totalen Schiffbruch erlitten.

Die österreichische „Sozialdemokratie“ unter dem glücklosen Vorsitzenden Werner Faymann hat gemeinsam mit der rechtspopulistischen Kronen-Zeitung zu einem nicht unwesentlichen Teil den fulminanten Erfolg des FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer mit verursacht und mit zu verantworten.

Die frühere SPÖ-Spitzenpolitikerin Brigitte Ederer hat es in einem Interview mit der Tiroler Tageszeitung auf den Punkt gebracht: „ Es bringt nichts, den Populisten nachzulaufen. Man muss Probleme dort lösen, wo es sie gibt, aber die Sozialdemokratie darf ihre Werthaltungen nicht über Bord werfen.“ Doch das ist offenbar bereits passiert.

Eine kleine Minderheit in der SPÖ – von der engagierten Jungsozialistin Julia Herr bis zu besonnenen „elder statesmen“ wie Wolfgang Petritsch oder Hannes Swoboda – hat längst vor dieser Entwicklung gewarnt. Vergeblich. Die Tore in Richtung Orbanismus erscheinen nun weit geöffnet.

Gerfried Sperl dazu in einem STANDARD-Kommentar: „Mit dem Etappensieg von Norbert Hofer zeigt ein hoher Anteil der österreichischen Bevölkerung eine Präferenz für die in Ungarn und Polen entwickelte autoritäre Politik: Schwächung der Parlamente, Aushebelung der Gewaltenteilung, Einschränkungen der Medienfreiheit“.

Und Gerfried Sperl weiter: „Wer in jedem Flüchtling einen islamistischen Terroristen sieht, macht die Angst zum Ratgeber und die Vernunft zum Irrlicht. Leider war diese Stimmung ausschlaggebend für die Wahlentscheidung. Sie wird in vier Wochen kaum zu drehen sein.“

Den Pessimismus des STANDARD-Kommentators wollen die Anhänger des Hofer-Gegenkandidaten Alexander Van der Bellen nicht teilen. Sie sind überzeugt davon, dass es trotz des Rechtstrends in Politik und Medien gelingt, die Mehrheit der Menschen bis zum 2. Wahlgang am 22. Mai für eine besonnene, humane und an Menschenrechten orientierte Politik zu gewinnen.

Notstand herrscht in diesem Land nicht wegen der Flüchtlinge, Notstand besteht für die Regierung, im Besonderen für eine Sozialdemokratie, die ihre Prinzipien aufgegeben hat. Im Notstand müsste sich eigentlich auch die ebenfalls nach rechts gerückte ÖVP-Führung sehen, die die mahnenden Stimmen bürgerlich Liberaler und Christlichsozialer bisher ignoriert hat.

Sozialdemokratie abgetaucht

SPÖ schielt zunehmend nach rechts

Udo Bachmair

Sind Österreichs Sozialdemokraten noch sozialdemokratisch ? Dies bezweifeln immer mehr politisch wache Bürger_innen. Auch SPÖ-intern wächst Kritik und es kursiert die bange Frage : Wo ist er geblieben, der Geist der Sozialdemokratie ? In der Flüchtlingsfrage ist er jedenfalls nicht mehr erkennbar. Da muss sich der in Richtung rechtspopulistischen Boulevard umgefallene SPÖ-Vorsitzende Werner Faymann von Deutschlands Christdemokratin Angela Merkel im beeindruckenden Gespräch gestern abend bei Anne Will daran erinnern lassen, dass trotz aller schwierigen Herausforderungen auf Humanität nicht vergessen und verzichtet werden darf.

„Mein Asylkurs bleibt hart“, hält Faymann in der„Krone“ stolz dagegen. Österreichs bisher humanitäres Image im Ausland bröckelt. Unmut über den Kurswechsel seiner Partei äußert neben anderen der langjährige renommierte SPÖ-Europa-Politiker Hannes Swoboda. Dazu ein Zitat aus einem Profil-Interview:

Ich finde besonders fatal, dass die SPÖ zugelassen hat, dass Sebastian Kurz seine Aufgabe als Außenminister nicht wahrnimmt, sondern nur auf die innenpolitische Situation schielt. Die Regierung hätte ihn von Land zu Land in der EU schicken müssen, um eine Lösung zu verhandeln. Davor drückt sich Kurz – und führt große Töne. Er agiert wie ein Oppositionsführer, nicht wie ein Minister. Und die SPÖ lässt ihn polemisieren und wagt nicht, Kontra zu geben. Diese Gegenstimme fehlt mir schmerzlich.

Und Hannes Swoboda weiter:

Für mich als Sozialdemokraten ist es traurig, dass ich nur auf Angela Merkel hoffen kann. Es stellt ein Riesenproblem dar, dass die europäische Sozialdemokratie derart abgetaucht ist. Es ist erbärmlich, dass es nicht einmal ansatzweise eine Idee gibt, was weiter geschehen soll. Europa müsste jetzt handeln. Und natürlich müsste die Sozialdemokratie viel offensiver Vorschläge auf den Tisch legen. Es kann doch niemand ernsthaft glauben, dass man die Flüchtlingsfrage dem ohnehin gebeutelten Griechenland umhängen kann.

Auch der bekannte Politikwissenschafter Anton Pelinka befindet, dass die Sozialdemokraten aus opportumisticshen Gründen Grundsätze immer mehr über Bord werfen. In einer Analyse für DIE ZEIT konstatiert er unter dem Titel

Die rote Domino-Theorie

Die Sozialdemokraten demonstrieren, was ein Dominoeffekt ist. Der Vorsitzende eröffnet die Partie mit einer Unterstützungserklärung für die Flüchtlingspolitik der deutschen Kanzlerin Angela Merkel: Eine „Obergrenze“ für Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, dürfe es nicht geben. Doch dann sieht Werner Faymann, dass Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, die Grenzschützerin des konservativen Koalitionspartners, genau auf dieser „Obergrenze“ beharrt. Der Bundeskanzler nennt das zunächst einmal einen Richtwert. Aber bald ist klar, was tatsächlich gemeint ist: ein Limit, am besten täglich. Faymann fällt um – nicht in Richtung Merkel, sondern in Richtung Mikl-Leitner.

Beispiel Nummer zwei: Die FPÖ trommelt, Österreich müsse seine Grenzen dichtmachen – auch die Grenzen zu anderen EU-Staaten. Faymann lehnt das ab – zunächst. Aber schließlich plant der Verteidigungsminister, der neue Star der roten Regierungsriege, im Paarlauf mit der schwarzen Innenministerin einen Zaun, der laut Faymann eigentlich keiner ist. Die FPÖ gibt die Richtung vor – und die SPÖ folgt.

Die SPÖ fällt um und fällt um und fällt um. Und sie fällt immer in eine bestimmte Richtung: immer in jene der FPÖ. Sozialdemokratie abgetaucht weiterlesen

„Krone“ als FPÖ-Organ

Massenblatt verstärkt Stimmungsmache gegen Flüchtlinge

Udo Bachmair

Seit Jahren bereits fällt die größte Zeitung des Landes mit Kampagnen gegen Ausländer unterschiedlicher Herkunft auf. In Glossen und vor allem auf Leserbriefseiten schürt das Kleinformat nun aber immer unverblümter die Stimmung gegen Asylwerber und Flüchtlinge. Bewusst oder unbewusst besorgt die „Krone“ damit auch das Geschäft der Strache-FPÖ.

Das Massenblatt scheint sich dabei gar nicht einmal mehr die Mühe zu machen, auf subtile Weise auf Kopf und Bauch der Menschen einzuwirken. Anti-Flüchtlingspropaganda wird immer offener und plumper auch durch raffinierte Kombination von Bildern und Text verstärkt. Typisches Beispiel die jüngste-besonders viel gelesene-Sonntagsausgabe der Kronen Zeitung.

Unter der Überschrift „Der IS auf dem Weg zu uns“ ist eine Aufnahme zu sehen, auf der Flüchtlinge gerade ihre Zelte ansteuern… Auf dem Bild daneben sieht man ein Schlauchboot voll mit Flüchtlingen auf dem Weg Richtung Europa. Darunter der Satz: „Getarnt als Flüchtlinge werden Islamisten des IS nun verstärkt nach Westeuropa eingeschleust, um noch mehr blutige Zeichen zu setzen“.

Als Quellen des Ängste schürenden Artikels mit dem Untertitel „Wie der Terror nach Österreich kommt“ wird ein anonymer Geheimagent genannt sowie ein ebenfalls anonymer „Insider der heimischen muslimischen Gemeinde“. Beide haben „bestätigt“, dass der IS „den Krieg auch im Westen so richtig zum Ausbruch bringen“ wolle. Jedenfalls wird der Eindruck des Generalverdachts erweckt unter der Devise: Achtung, die meisten der Flüchtlinge sind nichts anderes als getarnte IS-Terroristen, die sich bei uns Schutz erschleichen wollen. Also ganz im Sinne der Propaganda der Strache-FPÖ, die sich über die Gratis-Wahlkampfhilfe die Hände reiben kann.

Ein paar Seiten weiter in derselben Ausgabe des Boulevardblatts eine überraschend direkte FPÖ-Wahlempfehlung des Krone-Kolumnisten Peter Gnam. Im Anschluss an die bewundernde Frage „Wie macht das nur der H.C. Strache?“ erwähnt dessen Sympatisant genugtuend den Vormarsch der FPÖ in Umfragen und merkt an, dass die Wähler sich eben „nichts sagen lassen, bei welcher Partei sie ihr Kreuzerl machen“. Um dann gleich seine leicht nachvollziehbare Empfehlung nachzuschießen: „Wer wählt schon Chaos in der Asylpolitik, Griechenlanddesaster, EU-Versagen usw“. Die Botschaft kommt an: Es gibt also nur eine Partei, die man wählen kann..

Damit nicht genug: Ein paar Seiten weiter lobt der Glossist Michael Jeannee Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl für dessen Koalition mit der FPÖ. Er würdigt ihn als einen, dem „die zornigen Zurufe des großen roten Häupl-Bruders aus Wienherzlich egal sind“. Und Niessl gehöre auch zu denjenigen, die auf das „Geplärre“ gegen die FPÖ „nichts geben“.

Selbstverständlich ist es der „Krone“ unbenommen, sich als Propagandaorgan der FPÖ zu verstehen. Der politisch wache Beobachter fragt sich nur : Warum wird das rechtspopulistische Blatt mit Millionen-Inseraten-Geldern aus dem Umfeld der SPÖ gefüttert ? Wann gehen den Sozialdemokraten die Augen auf über den wahren Kurs der „Krone“, die ihre Politik und Grundsätze klar konterkariert ? Nicht zuletzt Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl selbst wird sich die Frage gefallen lassen müssen: Nimmt er diese Erkenntnisse zur Causa „Krone“ wissentlich in Kauf..?