Schlagwort-Archive: Franz Stefan Gady

Verengtes Meinungsspektrum

In Medien und Politik häufen sich neutralitäts-kritische und NATO-freundliche Stimmen. Auch im öffentlich-rechtlichen ORF, der auch in der außenpolitischen Berichterstattung auf Objektivität Bedacht nehmen müsste. Der folgende Beschwerdebrief eines bekannten Ex-ORF-Journalisten an den zuständigen Chefredakteur steht stellvertretend für wachsende Kritik auch an mangelnder Ausgewogenheit jüngster Ö1-Mittagsjournale.

Klaus Ther *

Ö1-Mittagsjournale der letzten Tage ** haben bei mir Fragen ausgelöst, sie hatten starke Schlagseiten, die an der Objektivität, der unsere Anstalt verbunden sein müsste, zumindest zweifeln lassen.

Beispiel: Das Interview mit Franz-Stefan Gady, ein – salopp gesagt – „NATO Freak“, der kann endlos lang zu Wort kommen, hatte Prämissen, die nie hinterfragt werden. Das westliche Bündnis sichere Frieden und Stabilität in der EU, die lange Vorgeschichte des Ukraine-Konflikt bleibt unreflektiert und wird nicht angesprochen.
Es wird ständig suggeriert: Alles begann mit der Aggression Russlands. Die daraus abgeleitete Militarisierung der Gesellschaft wird als alleinige Sicherheitsgarantie für unsere Zukunft gesehen. Kein Hinterfragen dieses Mainstream- Klischees.

Am Tag darauf dann im MiJ: Christoph Chorherr, Helmut Brandstätter und ein ÖVP-Mann zum Thema, alle vertreten Ansichten, die das Ende der bisherigen Neutralität Österreichs latent implizieren. Keine Gegenstimme, kein Audiatur et altera pars. Das ist ärgerlich! Das Mittagsjournal als subkutan bellizistischer Transmissionsriemen. Könnte man zugespitzt behaupten?!

Eine solche Verengung des Meinungsspektums ist das wirklich wünschenswert!? Nur weil Leute aus 3 Parteien zu Wort kommen.

Würde mich interessieren, wie Sie das sehen? Unsere Anstalt hat m. E. besseres verdient. So werden wir uns nur Ärger derer zuziehen, die den öffentlich rechtlichen Auftrag einschränken wollen.

* Dr. Klaus Ther, langjähriger ORF-Redakteur, nun freier Journalist.

** Bezugnahme auf die Ö1-Mittagsjournale vom 24. und 25.2.2025

Dominanz militaristischen Denkens

Höchst aufschlussreich war das jüngste ZiB2-Interview mit dem Militäranalytiker Franz-Stefan-Gady. Es zeigte, wie eiskaltes militaristisches Denken inzwischen unsere gesamte Gesellschaft erfasst hat. Und somit auch die Medien.

Wolfgang Koppler *

Gady lenkte zunächst geschickt vom Verhandlungsunwillen Selenskyjs ab (welcher diesbezügliche Gespräche erst nach einem vollständigen Abzug der russischen Truppen – also nach einem Sieg der Ukraine in Erwägung zieht), indem er sich – ebenso wie die westlichen Politiker auf den Standpunkt zurückzieht, dass Putin den Krieg ja jederzeit beenden könnte. Wobei er natürlich genau weiß, dass dieser damit sein Gesicht verlieren würde und solches daher völlig illusorisch ist. Putin hat angefangen – Punkt. Immerhin gestand der zu, dass die ukrainische Armee der russischen derzeit durchaus standhalten könne, zumal genug Munition zur Verfügung stünde. Die Unterstützung des Westens dürfe halt nicht nachlassen.

Auch Trumps Präsidentschaft sieht der Militäranalytiker nicht unbedingt als Katastrophe für die Ukraine an, zumal Trump ja auch den Abzug der US-Truppen aus Afghanistan gestoppt hätte, als die Gespräche mit den Taliban nicht so erfolgreich verliefen wie erwartet. Er würde wohl auch die Ukraine nicht völlig im Stich lassen.

Aber die Russen machten doch Fortschritte und man müsste die Ukrainer durch weitere militärische Unterstützung in eine vorteilhaftere Position für allfällige Verhandlungen bringen. Auch dies hat man in den zweieinhalb Jahren Krieg schon all zu oft gehört. Damit wird der Krieg mit seinem ewigen Hin und Her zu einer Endlosschleife. Zumal man sich immer wieder einredet, dass es nur Putin sei, der nicht verhandeln wolle. Während Selenskyj immer wieder dezidiert Verhandlungen ablehnt und die Russen – wenn auch mit Kriegsrhetorik und Maximalforderungen – immer wieder Signale ausgesandt haben.

Schließlich wird von Gady auch noch die Angst geschnürt, Putin könnte nach einem Kompromissfrieden nochmals angreifen. Man brauche Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Dass der Westen in den Verhandlungen zu Beginn des Krieges solche abgelehnt und die Gespräche damit zum Scheitern gebracht hat, verschweigt der ORF-Studiogast. Dafür fordert er eine Erhöhung der westlichen Militärbudgets auf 3 – 4 % des BIP. Woher das Geld angesichts überlasteter Budgets kommen soll, sagt er natürlich nicht.

Gegen Ende des Interviews wird schließlich der „Personalmangel“ der ukrainischen Armee beklagt. Sie brauche neue Kräfte. Das Verheizen von Menschenleben derart zynisch zu versachlichen, ist denn doch irgendwie neu.

Zu all dem natürlich keinerlei Widerspruch von ZiB2-Moderator Martin Thür.. Wo soll das noch enden ?

* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler ist Journalist und Jurist und lebt in Wien