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Schweiz: Mulmige Gefühle bei Konzernen

Die OECD und die G-20 erörterten in Paris: Konzerne sollen in jenen Ländern ihre Steuern entrichten, wo sie ihre Umsätze erzielen. Und für sie soll ein Mindest-Steuersatz gelten. Dagegen regt sich Widerstand – so in der Schweiz – dem Sitz großer Konzerne. Diese Analyse biete ich ehrenamtlich auf unserem Blog als Engagierter in der „Vereinigung der Medienkultur . Spenden sind willkommen. IBAN: AT 31 2011 1300 0310 1325

Hans Högl

Es kreisen Bilder von Medien um kuriose Clowns, TV-Politikkomiker und Schauspieler auf der größten Bühne der Welt, dem Fernsehen. So stand gestern der Brite Boris Johnson im Zentrum, vor ein paar Tagen galt der Blick dem siegreichen TV-Star und politischen Komiker und neuen Präsidenten in der Ukraine. Ohne Unterlass vernehmen wir Tweets vom Egozentriker und Geschäfts-Politik-Dealer der USA, dann wieder von politischen Spielernaturen in Italien. Es sind kuriose männliche Politikclowns, die von den Massen aus Verzweiflung über das öffentliche (Un) Wohl gewählt werden. Doch bahnt sich eine Hoffnung an?

In der Schweiz geht eine Angst um. Schweiz liebt internationale Steuer-Flüchtlinge. Doch Konzerne sollen laut OECD nicht sosehr dort Steuern entrichten, wo sich ihren Sitz, ihr Gesäß niederlassen, sondern wo sie ihre Umsätze erzielen. Und es soll eine Mindeststeuer gelten. Da erschrickt der Verband der Konzerne in der Schweiz: das käme einer „substantiellen Erosion des Steuersubstrats“ gleich.

Ecce: Vokabeln mit klassisch-antiken Sprachwurzeln: substantiell, Erosion und Substrat- ein Schleier für das Gemeinte. Und da orten maßgebliche Schweizer Kreise dies als gefährlichsten Angriff der internationalen Gemeinschaft auf die Schweiz. Das käme noch teurer als jener auf das Bankgeheimnis. Aber ereignet sich denn das erörterte Wunder?

Der Schweiz als beliebten Sitz größter Firmen drohen Milliardenausfälle, schreibt die „Neue Zürcher“ am 22. Juli 2019 auf der Titelseite. Denn 400 Fachleute der G-20 Staaten trafen sich bei der OECD in Paris und diskutierten über neue Regeln der Besteuerung. „Doch so gut die Laune des OECD-Steuerchef war, so mulmig dürfte den Teilnehmern aus der Schweiz zumute gewesen sein. Denn die Schweiz gehört zu den Ländern, die wohl die Rechnung für diese „Party“ zahlen müssen. Eine Party – welche Sinn-Verdrehung von etwas, das die Alltagsmoral Vergehen heißt, aber was bisher die Weltpolitik als legal betrachtete.

Und so will der Schweizer Bund, den Schaden begrenzen – mit Bündnispartnern, die da sind: Niederlande, Irland, Luxemburg und – siehe da – auch mit dem so hochgelobten Skandinavien und mit Kanada und Singapur. In der Aufzählung fehlen mir die Londoner City und Steueroasen in den USA.

Und da handelte ein angesehener Kleinstaat im Herzen Europas Jahrzehnte im wohlverstandenen ach` so liberalen Eigeninteresse: Er bietet größten Wirtschaftskonzernen und Leuten mit Supergehältern an, ihren Steuersitz in einem wunderschönen Kantönli zu wählen und Brosamen ihrer Riesengewinne zu versteuern, was dann anderen Ländern und ihren Budgets fehlt. Während kleine und mittlere Betriebe und die Mittelschichten und die kleinen Leute ihren Steuervorschreibungen nachkommen und die Staatsbudgets einigermaßen füllen, entziehen sich die Manager der Großkonzerne und dahinter ihre Financiers ihrer Pflicht und dies ganz legal und mit bisheriger stillschweigender internationaler Zustimmung.

Viele Staaten Europas bieten Sozialleistungen oft nur auf Pump, sind zwar nicht so
hochverschuldet wie Griechenland und Italien, aber doch in einem so gefährlichen Ausmaß, dass sie eines Tages ihre Sozialleistungen nicht mehr stemmen und als Bankrotteure zur Kasse gebeten werden.

Brände in Griechenland und Fotos in „El Pais“

Hans Högl

In der spanischen Qualitäts-Zeitung El Pais finden sich  30 sehr aussagekräftige Fotos zu den Bränden in Griechenland. Die Qualität der Fotos ist exzellent und diese vermitteln  einen sehr guten Überblick über dieses furchtbare Geschehen im weiteren Umfeld von Athen.- El Pais bringt immer wieder Fotoreihen von wichtigen Ereignissen.

arte TV -Medientipps April

Hans   H ö g l

DIE WHO – im Griff der Lobbyisten?  Die 4.4. ab 20:15 Themenabend. Wie u. warum entwickeln sich weltweit Epidemien? Arbeitet die Welt-Gesundheitsorganisation korrekt? Wer finanziert sie? Erfolge.

RUMÄNIEN –  im Schatten der Karpaten. 8.4.   19:30  Aus scheinbarer Rückständigkeit entstehen neue Perspektiven für Europa. Unterschiedliche Traditionen in Rumänien.

Kleine Geschichte der Anarchie. „Kein Gott, kein Kaiser“. 11.4.   22:10

Vanessa Paradis „Love Songs“ Konzert  14.4.   23:15

ATHOS– Republik der Mönche. 2-teil. Dokumentarfilm  15.4   ab 20:15

Tourismus extrem  -Fluch und Segen.  Thema. 18.4 ab 20:15

Wir sind alle Millionäre. Britisches Gesellschaftsporträt  20.4 ab 20:15

Krankes System Gesundheit in Europa. 25.4 ab 20:15 Themenabend

Griechenland: Medizinische Versorgung

Brief  von der Fach-Ärztin  Frau Dr. Elisabeth Frank

Wie Ihr sicher wisst, ist das Budget für das griechische Gesundheitssystem massiv gekürzt worden (so z.B.  für das älteste Spital Athens von 19 auf 6 Mill. Euro pro Jahr), dazu kommt, dass bereits etwa ein Drittel der Griechen nicht mehr krankenversichert ist. Leider haben   etliche Ärzte das Land verlassen, um bessere Arbeitsbedingungen in anderen Ländern zu suchen. Die, die geblieben sind, arbeiten unter schwierigsten Bedingungen weiter: lange Arbeitszeiten, wenig Gehalt (wenn überhaupt bezahlt wird). Am schlimmsten für sie ist aber, dass es an nötigen Medikamenten und medizinischen Sachgütern mangelt und sie hilflos zusehen müssen, wie sie Menschen aus diesen Gründen nicht mehr helfen können.

Die Auswirkungen sind drastisch: So steigt etwa die Säuglingssterblichkeit- ein wichtiger Parameter in der Beurteilung der Situation eines „ Entwicklungslandes“-  in Griechenland drastisch an. Die Gründe sind oben angeführt, insbesondere sind viele (werdende) Mütter nicht mehr krankenversichert und können sich die nötigen Untersuchungen und Therapien nicht leisten. Lebenswichtige Medikamente werden rationiert, weil es sie nicht mehr gibt. Durch die vielen Flüchtlinge in Griechenland sind Erkrankungen- wie Kinderlähmung, Tuberkulose…- vermehrt aufgetreten und können mangels Medikamenten nicht behandelt werden… Der Beispiele gibt es viele!

Ich finde es traurig und beschämend, dass wir es  innerhalb Europas nicht  schaffen, für alle Menschen lebensmögliche Grundlagen zu schaffen und die wichtigen materiellen Güter gerecht zu verteilen! Es macht mich auch wütend und erzeugt ein Gefühl der Hilflosigkeit, dem ich aber nicht nachgeben will!

Hingewiesen durch einen Hilfeaufruf der Wiener Ärztekammer bin ich auf die Griechenlandhilfe Österreich gestoßen, die sich intensiv mit den medizinisch schwierigen Bedingungen in Griechenland befasst und aktiv hilft. Ich habe mir die geleistete Arbeit auf der Website angeschaut, mit dem Gründer dieser Initiative, der gerade in Athen ist, und anderen Mitarbeitern telefoniert und bin beeindruckt, wie gezielt und professionell sie die Hilfe anbieten– ein Tropfen auf dem heißen Stein – aber der ist mehr als keiner! Falls es auch euch ein Anliegen ist, Griechenland mit Solidarität zu begegnen- die Griechenlandhilfe Österreich gibt Gelegenheit dazu:

www.griechenlandhilfe.at

 

 

Griechenland: „In der Mangel der Inquisition“

Machtmissbrauch durch Berlin ?

Udo Bachmair

In der öffentlichen wie veröffentlichten Meinung überwiegt die Erkenntnis, dass der konservative deutsche Finanzminister Schäuble gegenüber dem linken griechischen Premier Tsipras besondere Härte und Unnachgiebigkeit an den Tag gelegt hat. Dass Deutschland seine Vormachtstellung in der EU schamlos ausnützen würde, sehen Zeitungskommentatoren allerdings generell nicht so.

Liegt ein Machtmissbrauch Deutschlands vor ? Hans Rauscher beantwortet diese Frage in seinem jüngsten Standard-Kommentar mit „Nein“. Um dann aber gleich abschwächend hinzuzufügen : „Nein,aber“. Denn das Vorgehen Deutschlands in der Griechenlandfrage sei immerhin„hart an der Grenze“. Merkel sollte jetzt „rasch vertrauensbildende Maßnahmen setzen“.

Weniger schaumgebremst auf derselben Standard-Seite unter „Kommentar der Anderen“ ein besonders bemerkenswerter Kommentar des renommierten Zeithistorikers Gerhard Botz. Unter der Überschrift “Griechenland: In der Mangel der Inquisition“ heißt es da u.a. :

„Wir haben eben eine Neuauflage der Inquisition erlebt, noch dazu in ‚Beichtstuhl-Gesprächen‘; dabei haben eine Ex-DDR-Protestantin und ein laizistischer Franzose einem ex-griechisch-orthodoxen Sündenbock für jahrelanges Sündigen seiner Vorgänger die Daumenschrauben angesetzt“

Gerhard Botz weiter:

„Den Griechen sollte als abschreckendes Beispiel für Podemos und andere Kritiker des ungefesselten Finanzkapitalismus das Rückgrat gebrochen werden. Viele europäische Sozialdemokraten haben den Schwanz eingezogen und nicht einmal gewinselt, geschweige denn gebellt“.

Jedenfalls sieht der Historiker und Leiter des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Historische Sozialwissenschaft „die europäische Einheit, wie immer das Griechenlanddrama ausgeht, katastrophal geschwächt“.

Griechenland: Zeitungen der Oligarchen und Feindbilder

Hans  H ö g l

Medienkonzentration ist eine enorme Gefahr für die politische Meinungsbildung. Wählen wir das Beispiel Griechenland. Die wichtigsten Zeitungen sind in den Händen der Oligarchen, der reichsten Familien Griechenlands. Vor einigen Tagen brachten wir dafür die Belege im Detail.  Die Oligarchen vermochten sich  sogar in der griechischen Verfassung mit Zweidrittelmehrheit abzusichern  –  und in den Zeiten der sozialdemokratischen und konservativen Regierungen galt dies, dass sie, die Allerreichsten,  minimale Steuern zahlen mussten und  Profite ins Ausland transferieren konnten.  

Nun fürchten die oligarchischen Familien nichts mehr, als  zur Kasse gebeten zu werden.  Erstaunliches teilte am Donnerstag, den 16. Juli 2015, ein Schweizer Experte im ORF-Morgenjournal mit:  Auch die jetzige griechische Linksregierung hat bisher noch keine Anstalten gemacht,  auf die griechischen Schwarzkonten in der Schweiz zuzugreifen – nach dem Muster der  österreichischen Regierung.

Da bietet sich an,  von den eigenen Verwicklungen der Oligarchen und dem eigenen Verschulden Griechenlands abzulenken und mit unglaublich aggressiven Äußerungen gegen  die Gläubigerinstitutionen zu agitieren und vor allem gegen Deutschland. – Wir können hier nur Bekanntes andeuten,  dass die deutsche Industrie von Griechenland enorm profitierte und dass von den enormen Summen, die an Griechenland überwiesen werden, der größte Teil vor allem an französische und deutsche Banken zurückfließt. Uns geht es hier primär im Sinne von Medienkultur festzustellen, dass griechische Zeitungen anstelle auch eigenes  Mit- Verschulden einzubekennen, extreme Feindbilder aufbauen und darum eine Problemlösung erschweren.

Griechenland: Solidarität statt Demütigung

Ökonomen und Vertreter christlicher Kirchen für Solidarität mit Griechenland

Udo Bachmair

Und es gibt sie doch: Alternative Stimmen zum weithin antigriechischen journalistischen Eintopf. Stimmen, die nicht ständig griechische Unfähigkeit und Kompromisslosigkeit brandmarken, sondern Stimmen, die – ökonomisch, sozial und humanitär begründet -Solidarität mit Griechenland bekunden.

In der hiesigen Öffentlichkeit wird das Bild einer inkompetenten griechischen Regierung aufgebaut. Es liege ausschließlich an Athen, sich in der „Schuldenkrise“ zu bewegen. Doch selbst renommierte Ökonomen argumentieren, dass die Krisenpolitik der EU versagt habe.

Nobelpreisträger Joseph Stieglitz von der Columbia University in New York stellt in einer Analyse für den STANDARD fest, dass die Politik der Troika (der „Institutionen“) von Beginn an keine solide Grundlage hatte. Stieglitz zeigt sich überzeugt, dass die griechische Regierung mit ihren Vorschlägen den Forderungen ihrer Gläubiger sehr entgegengekommen sei. Doch, meint Stieglitz, es gehe gar nicht ums Geld :

„Es geht darum, Griechenland mittels Deadlines dazu zu bringen, sich zu unterwerfen und das Unakzeptable zu akzeptieren – nicht nur Austeritätsmaßnahmen, sondern auch andere repressive, strafähnliche politische Strategien“.

Für die Nichtsolidarisierung von EU- Politik und Medien mit Griechenland sieht Stieglitz u.a. folgenden Aspekt:

Viele europäische Spitzenpolitiker wollen erleben, wie die linke Regierung von Premierminister Tsipras scheitert. Schließlich ist es unerfreulich, in Griechenland eine Regierung zu haben, die allen Formen von Politik, die die so viel dazu beigetragen haben, die Ungleichheit innerhalb so vieler fortschrittlicher Länder zu vergrößern, entgegentritt; und die so bestimmt auftritt, die entfesselte Macht des Reichtums zu drosseln“.

Nach dem überwältigen Referendums-Nein der Griechen zu weiteren von der EU verordneten Sparauflagen haben mehrere deutsche Ökonomen einen offenen Brief an Kanzlerin Merkel gerichtet. Darin wird die mächtige EU-Politikerin aufgefordert, das „Spardiktat“ noch einmal zu überdenken:

„Wie von den meisten vorhergesagt, haben Europas finanzielle Forderungen die griechische Wirtschaft zu Fall gebracht, Massenarbeitslosigkeit und den Zusammenbruch des Bankensystems verursacht und die externe Schuldenkrise deutlich verschärft. Die Schulden sind auf unbezahlbare 175 Prozent des Bruttoinlandsprodukts angestiegen. Die Wirtschaft liegt nun am Boden, Steuereinkommen sinken im Sturzflug, Leistungs- und Beschäftigungszahlen sind niedrig und Unternehmen mangelt es an Kapital.

Die humanitären Auswirkungen sind kolossal: 40 Prozent der Kinder leben nun in Armut, die Säuglingssterblichkeit ist in die Höhe geschossen und die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei fast 50 Prozent. Korruption, Steuerflucht und falsche Buchführung der Vorgängerregierungen in Griechenland haben zu diesem Schuldenproblem beigetragen. Doch die Griechen haben ihre Sparpolitik befolgt – sie haben Gehälter, Regierungsausgaben und Renten gekürzt, privatisiert, dereguliert und die Steuern erhöht“.

Solidarisch mit Griechenland erklären sich auch zahlreiche christliche Stimmen aus Österreich, die kaum Eingang in unsere Medien finden. Daher im Folgenden eine kleine Auswahl:

Michael Bünker, Bischof der Evangelischen Kirche A.B., Generalsekretär der Evangelischen Kirchen in Europa:

„Wir warnen seit Jahren davor, dass die Sparpolitik zu Lasten der sozial Schwachen geht. Heute sehen wir die desaströsen Folgen, die eine solche Politik hat. Die Menschen in Griechenland müssen es am eigenen Leib erleben“.

Thomas Hennefeld, Landessuperintendent der Evangelischen Kirche H.B. in Österreich:

„Mit großer Sorge blicke ich auf Griechenland…Die Austeritätspolitik der europäischen Institutionen und anderer internationaler Geldgeber hat vor allem die ärmeren Menschen in Griechenland in eine immer ausweglosere Situation gebracht.“

Jussuf Windischer, Generalsekretär von Pax Christi Österreich :

„Mit Erschrecken verfolge ich die Unbeugsamkeit einer EU-Finanzpolitik, die Griechenland ohne Perspektiven belässt. Die Auflagen und Bedingungen drohen die griechische Bevölkerung in noch größere Armut, ja sogar ins Elend zu treiben“.

Adalbert Krims, Journalist, Vorsitzender Aktion Kritisches Christentum (AKC):

„Die Situation in Griechenland in den letzten Jahren ist der Beweis für die Richtigkeit der päpstlichen Worte „Diese Wirtschaft tötet!“. Griechenland, die Wiege der europäischen Demokratie, kann heute wieder eine führende Rolle für Europa spielen, wenn es das Diktat der Austerität ablehnt“.

 

 

 

 

Griechenland als Opfer von Politik und Medien ?

Anti-Griechenland-Mainstream provoziert Gegenöffentlichkeit

Udo Bachmair

Nun ist eingetreten, was die meisten Journalisten und Politiker offenbar überrascht hat: Ein klares Nein der Griechen zu weiteren von der EU verordneten Sparvorgaben. Überrascht hat das Ergebnis hingegen jene nicht, die die Lage der von den Sparmaßnahmen schmerzlich betroffenen Bevölkerung richtig eingeschätzt haben. Die Kürzungen haben die schwächsten Bevölkerungsgruppen schon bisher am stärksten zu spüren bekommen. Und mit weiteren empfindlichen Einschnitten sollten sie noch weiter in die Armut getrieben werden. 4 von 10 Kindern leben in Armut, die Jugendarbeitslosigkeit ist auf annähernd 50 Prozent gestiegen.

„Griechenland soll sich endlich bewegen und den Reformen zustimmen“, tönt es unterdessen unermüdlich aus Brüssel. Aber wo und wohin soll sich ein ausgeblutetes Land überhaupt noch bewegen können ?

Ungeachtet solcher Überlegungen wird Griechenland-Bashing in vielen deutschen und österreichischen Medien ungehindert fortgesetzt. Und wie im Falle des Ukraine-Konflikts dominiert auch in der Causa Griechenland undifferenzierter Mainstream unter der Devise „Die Griechen sind schuld an der Misere“. Boulevard und Qualitätsmedien werden einander auch in dieser komplexen Frage in ihren Kommentaren immer ähnlicher…

Aus diesem Grund im Folgenden einige Stimmen der Gegenöffentlichkeit zur Griechenlandfrage :

Stephan Schulmeister auf Facebook :

Habe mir gerade das von Sozial- und Christdemokraten der Eurogruppe als „großzügig“ bezeichnete letzte Angebot an Griechenland angesehen, daraus nur die beiden konkretesten Punkte: 1) Im Juli muss die MWSt so stark erhöht werden, dass zusätzlich 1% vom BIP pro Jahr rausspringen – hauptbelastet: die Schwachen. 2) Das Pensionssystem ist so zu adaptieren (z. B. durch Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge um 50%), dass wieder 1% vom BIP pro Jahr rausspringen – hauptbelastet sind die Schwachen (die meisten Pensionen liegen schon jetzt unter der Armutsgrenze). Ihr führenden Sozial- und Christdemokraten seid nicht mehr befähigt, die Lage der Betroffenen Eurer Maßnahmen wahrzunehmen. Es ist Eure Unfähigkeit zu anteilnehmendem Denken, die denen den Weg bereitet, die Anteilnahme spielen.

Sogar in der konservativen Springer-Zeitung DIE WELT kann man so etwas lesen:

Gleich drei von Amerikas prominentesten Wirtschaftswissenschaftlern haben die Griechenland-Politik der EU und speziell von Deutschland scharf kritisiert. Jeffrey Sachs, Paul Krugman und Barry Eichengreen zeigten sich entsetzt über die „inkompetente Politik“ in Brüssel und Berlin. Alle drei veröffentlichten am Wochenende Artikel, in denen sie der Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) die Hauptschuld an der Krise in Griechenland gaben.

http://m.welt.de/wirtschaft/article143285340/US-Oekonomen-empoeren-sich-ueber-Europas-Inkompetenz.html

Und auf Spiegel-Online stellt Jakob Augstein fest:

„Es kann keinen Zweifel geben: Tsipras soll aus dem Amt gedrängt werden. Er ist der einzige, der sich dem Dogma der Austerität entgegenstellt. Er kämpft gegen eine Politik, in deren Folge die Ungleichheit in vielen Ländern zugenommen hat. Seine Regierung hat sich vorgenommen, die zügellose Macht des Geldes einzuhegen. Kein Wunder, dass der Mann ein Balken im Auge des neoliberal beherrschten Kontinents ist.“

http://www.spiegel.de/politik/ausland/augstein-zu-griechenland-nein-zum-referendum-kolumne-a-1041705.html

Die deutsche Zeitung „Der Freitag“ schlagzeilt :

Im Dschungelcamp der deutschen Medien

Eine Kolumne von Georg Diez

Kein Unterschied, ob „Bild“, „Zeit“ oder ARD: In den deutschen Medien schwingen sich Journalisten reihenweise zu pöbelnden Parteigängern auf, statt Fakten und Analysen zur Griechenlandkrise zu bringen.

Es ist wir gegen die. Es ist Vernunft gegen Wahnsinn. Es ist eine „griechische Tragödie“. Es geht um „unser Geld“ (Anja Kohl), es geht um „unsere Leute“ (Sigmar Gabriel). Es ist Showdown, und die Waffen werden gezückt: Das „Handelsblatt“ zeigt Alexis Tsipras, der sich die Knarre an den Kopf hält, und findet, dass das noch Journalismus ist.

Viele fallen gerade aus der Rolle, viele zeigen ihr wahres Gesicht. Das ist so ziemlich das einzig Gute an dieser mal wieder desaströsen Woche im Dschungelcamp der deutschen Medien.

Anja Kohl zum Beispiel. Eine Frau, die seit Jahren nichts anderes tut, als dem Dax das Händchen zu halten, wenn es ihm mal nicht gut geht, und den Finanzkapitalismus anzufeuern, der im Kern die Ursache der Griechenlandkrise überhaupt ist. Griechenland als Opfer von Politik und Medien ? weiterlesen

Griechenland: Steuerprivilegien der Reeder im Verfassungsrang

Hans   Högl

Heute fiel im Oe 1 –  Morgenjournal kurz  eine sehr wichtige Information. Die Reeder Griechenlands  haben sich ihre steuerlichen Privilegien in der Verfassung verankern lassen. Da sind sie gut aufgehoben und können nur mit Zwei-Drittel-Mehrheit geändert werden. Und so scheffeln die Allerreichsten ihre Sümmchen beiseite und die Nation als Ganze leidet.  Das verdankt Griechenland seinen traditionellen Großparteien. Zu bedenken gilt auch:  Heute haben rund ein Viertel der Griechen keine Krankenversicherung.