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Christian Kern – Buch über Österreichs Kanzler. Informativer als ORF-Sommergespräch?

Hans Högl. Eine Rezension

Schicksal von Büchern ist es, davon gehört zu haben….Gestern fand ich in der Bücherei der Stadt Wien den Bestseller „Christian Kern“. Der Verfasser: Robert Misik. Für die Historikerin Dr. Barbara Toth ist es „absolut lesenswert“. Im Prinzip stimmt das wohl.

Ich las die 191 Seiten, die inhaltlich gut sind, auch wenn sie ein persönlicher Freund von Kern schrieb. Und es ist teilweise niveauvoll und nicht einfachhin vor der Wahl hingeschmissen. Unterschwellig findet sich Nachdenkliches zum Politiker Kern, der angeblich Grundsätze über politische Strategie stellt.

Christian Kern wuchs im Wiener Randbezirk Simmering auf. Sein Vater war Arbeiter (Installateur), die Mutter besuchte eine Handelsschule, war Sekretärin und tat alles, damit ihr Sohn eine gute Ausbildung erhielt, obwohl die Volksschul-Lehrerin ihn zuerst als nicht reif für das Gymnasium beurteilte.

Das Buch gibt ein schlüssiges Portrait vom Kanzler – von seiner Studienzeit, der Tätigkeit als Wirtschaftspublizist, dann in der E-Wirtschaft und Bundesbahn: Und es spart nicht mit kritischen Notizen zur Partei. Es legt Interna dar, die Medien nicht aufgreifen – so nennt Misik die Namen eines Strategiekreises, so erfahren wir, dass Kerns frühere ÖBB -Sekretärin nun das Dr. Karl-Renner-Institut, die Partei-Akademie, leitet.

Differenziert legt Kern seine Solidarität mit Flüchtlingen dar und nimmt auch Abstiegsängste und kulturelle Irritationen der kleinen Leute ernst. Es klingt an, dass liberal-soziale Intellektuelle sich bisher zu sehr den Genderfragen und ethnischen Minderheiten widmeten.

Erst am Buchende finden sich die brisanten Texte: „Wenn Migration nicht nur Bereicherung ist“ und „Wie patriotisch dürfen Progressive sein?“. Verlegenheit des Autors. Dazu füge ich ein Wort, das den gordischen Knoten löst – vom russischen Philosophen W. Solowjow: Liebe deine Volk und achte die anderen Völker (Politisch korrekt: „Ethnien!“…). Mit dem belasteten Wort Heimat befasse ich mich im Buch Bin kein Tourist, ich wohne hier. Das war 2002 –zu früh. Ja ein Buch…Vergiss es und amusiere Dich, Publikum, mit dem köstlichen Film „Monsieur Claude und seine Töchter“! Jede heiratet „ mulitkulturell“, und da entsteht hintergründige Komik.

 

 

Das Tragen von Dirndln faschistoid?

Hans H ö g l

Für  viele Grüne war es eine Zumutung, dass bei der Wahl von Van der Bellen das Wort Heimat einen positiven Klang bekam. Der Wahlkampfleiter begriff, dass es nicht klug ist, elementare, positive Haltungen zum eigenen Land in Frage zu stellen. Wir erleben auch den Enthusiasmus bei österreichischen Siegen im Skifahren, oder wenn Deutsche ihre Fußballerfolge feiern. Sicherlich: Manchmal entgleitet dies in Maßlosigkeit.

Und wenn es um tief verwurzeltes, altes Brauchtum geht, das im Nazismus missbraucht wurde, verdächtigt eine bestimmte Intelligentsia  dahinter das Fortwirken des Dritten Reiches.  Dies wird im Standard-Interview (10.7.17) der grünen Kärntner Landessprecherin Marion Mitsche (39, Psychologin) evident:

Seit der Wahl Alexander Van der Bellens bröselt es nur noch. Und dann noch der Rückzug von Peter Pilz! ….. Ich war immer eine Landessprecherin, die Dinge machen wollte. Ich habe gesehen, dass wir bei den Frauen eine Schwäche haben, da hab ich die Grünen Frauen in Kärnten gegründet. Das hat nicht allen gepasst. Ich wollte die Partei breiter aufstellen, bin auch auf Kirtage gegangen. Sie können sich nicht vorstellen, was los war, weil ich ein Dirndl angezogen habe. Ich habe mich auch sehr für Basisdemokratie eingesetzt.“

Und Marion Mitsche enthüllt nebenbei Seltsames: „Die Asylwerber, die mitgestimmt haben, wurden statutenkonform aufgenommen. Aber es geht darum, ob die Abstimmung ungültig war, weil einige von ihnen nicht Deutsch konnten. Es ist bezeugt, dass man ihnen auf den Abstimmungsgeräten zeigte, wo sie drücken sollen. Bei der Landesversammlung hatten wir Abstimmungsgeräte. Aber auch bei den Wahlkreiswahlen, wo man auf Papier abgestimmt hat, wurde mir aus Klagenfurt gemeldet, dass gezeigt wurde, wo sie ankreuzen sollen. Das wollten Menschen sogar eidesstattlich erklären“. „Konnten sie Englisch?“ Mitsche: „Manche nicht einmal das.“

Der Verfasser überlässt seinem Publikum den Kommentar.-Im Übrigen: In der Zeitschrift Falter  widerspricht  ein maßgeblicher Funktionär dieser Darstellung und betont, dass die mitstimmenden Asylanten die deutsche Sprache gut beherrschten.

 

 

 

 

 

 

 

 

Wer ist guter Staatsbürger?

Hans H ö g l

Als ich meine vielen Unterlagen und Zeitschriften sichte und reduziere, stoße ich auf Inhalte, die mir bisher – meiner Erinnerung nach – nie in Massenmedien aufgefallen sind, und ich frage mich, warum dies so ist. Da heißt ein Beitrag: „Die Vorstellung vom guten Staatsbürger“ (Soziologie heute, Juni 2012). Daraus hier sehr gekürzt: „An der Bringschuld der Politiker gibt es keinen Zweifel. Doch ist die Frage zu stellen, welche Pflichten Bürger gegenüber der Gemeinschaft haben.

Der Sozialpsychologe Gerhard Schmidtchen erinnert daran, dass in alten Demokratien der Gratisbürger, der nichts für das Gemeinwesen tut, aber alles von ihm erwartet, auf Verachtung stieß. Notwendig sei es daher, einen „Demokratiespiegel“ zu entwerfen, in dem jeder Citoyen prüfen kann, ob er dem Bild eines aktiven und aufgeklärten Bürgers entspricht.

Das Forschungsinstitut IMAS hat sich bei 1.100 Österreichern erkundigt, nach welchen Grundsätzen ein guter Staatsbürger ihrer Meinung nach leben sollte. Das Ergebnis: dass man die Meinungsfreiheit verteidigt (57 %);  möglichst viel Eigenverantwortung übernimmt (56 %); sich nicht auf Kosten der Allgemeinheit bereichert (53 %);  sich regelmäßig an Wahlen beteiligt (52 %);  für Schwache und Hilfsbedürftige eintritt, aber keine Sozialschmarotzer duldet (50 %) und ebenfalls sehr hoch ist der Wert, dass man die Sprache und kulturelle Überlieferung seines Landes pflegt  (50 %). Und knapp unter 50 % notieren die Postulate, sich für Recht und Ordnung im Staat einzusetzen sowie Heimat und Vaterland zu lieben.

 

Zeitgeist: Sehnsucht nach neuem Autoritarismus

Manfred Prisching (Univ. Prof. in Graz).

Univ. Prof. Manfred Prisching hielt gestern, am 17. Oktober, in Wien einen weitausholenden Vortrag über den Zeitgeist und die Entzauberung der Welt (Säkularisierung) und darüber, welche Folgen aus einer vielfachen Überforderung erwachsen, was Menschen geneigt macht – zu neuen Formen des Autoritarismus. Resumé von Prof. Dr. Hans Högl.

Der moderne Mensch hat ein Integrationsproblem im Hinblick auf die Sinnstiftungs-Potenziale: Die Religion w a r im Mittelalter ein Baldachin, dann kam die Vernunftgeschichte (Aufklärung),  und Religion wurde zu einem Residuum und abgelöst vom Glauben an den Staat, an das Volk, an den Nationalismus, an die Wissenschaft,   und Ersatzreligionen mit Heilsversprechen entstanden so der Kommunismus und Faschismus. Eine Minderheit von Intellektuellen wie Nietzsche und Camus suchte eine Lösung im heroischen Nihilismus. Ferner treten kleine Ideologien wie Feminismus und Veganismus auf….

Was soll angesichts dessen heute das Individuum tun? Jeder ist auf sich angewiesen, jeder soll sein Leben anders entwerfen als in seiner Herkunftsfamilie, jeder muss alleine seinen Weg finden. Das wird Individualisierung genannt. Wir suchen danach, als Individuum echt (authentisch) zu sein und basteln unsere Identität aus verschiedenen Komponenten. Das Individuum pflegt die Selbstzentrierung, einen Narzissmus, hat Wohlstandserwartungen, erwartet Rechte. Pflichten treten in den Hintergrund.

Die Folge: Der moderne Mensch ist vielfach überfordert. Laut Prof. Manfred Prisching (Univ. Graz) hat diese Überforderung drei Komponenten: den Wertebaldachin, den Tribalismus und die Komplexität.

Wegen der Komplexität der Lebenswelt fragen sich die Menschen, was ist los? Sie erfahren Stress, Überforderung. Und da wird erwartet, dass ein Führer den gordischen Knoten mit einem Schlag löse. Das gehe nicht.

Die drängende Frage: Wo bin ich zu Hause berührt die Komponente Tribalismus, also eine Art modernes Stammesdenken. Es ist die Sehnsucht nach Beheimatung, Gemeinschaft, Nation. Der Wunsch entsteht auch darum, weil sich die Nationen auf Europa hin auflösen und die Globalisierung Angst macht.

Die dritte Komponente ist der „Wertebaldachin“. Was gilt überhaupt von den Werten? Es löst sich alles auf in Pluralismus. Das formulierten die Postmodernisten. Deren Denker drückten aus: Die großen Erzählungen gelten nicht mehr. „Endlich gilt nichts nichts mehr. Das Chaos ist großartig.“

Dieses verwobene Zeitgefühl erweckt die Sehnsucht nach Autoritarismus,  und lässt Menschen hören auf Versprechungen eines neues Autoritarismus.